Getrenntes Leben ist nicht gleichbedeutend mit Trennung
Das Finanzgericht Münster hatte folgenden interessanten Fall zu entscheiden:
Ein Ehepaar ist seit 26 Jahren verheiratet. Sie haben einen Sohn, der ebenfalls 26 Jahre alt ist. Vor 16 Jahren zog der Ehemann mit dem Sohn (der war damals 10) aus dem gemeinsamen Einfamilienhaus in eine Eigentumswohnung.
Ehegattensplitting
Trotz des Auszuges beantragte der Ehemann beim Finanzamt die steuerliche Zusammenveranlagung. Das Finanzamt lehnte dies jedoch an, weil das Ehepaar getrennt lebe.
Der Ehemann widersprach und begründete dies damit, dass sich die Eheleute regelmäßig an den Abenden sähen und sich an den Wochenenden träfen und gemeinsame Ausflüge und Urlaube unternähmen. Die Kosten hierfür und für den Unterhalt des Kindes trügen sie gemeinsam. Gegenwärtig sei geplant, auf einem gemeinsam gekauften Grundstück zu bauen und in dem Haus wieder zusammenzuziehen.
Zusammenveranlagung von Ehegatten
Ehepartner, die nicht dauern getrennt leben, können zwischen getrennter Veranlagung nach § 26a EStG und Zusammenveranlagung nach § 26b EStG wählen. Eine Zusammenveranlagung hat die Anwendung des Ehegattensplittings zur Folge.
Das Finanzgericht entschied im Sinne des Ehemannes, und zwar mit Urteil vom 22. 02. 2017 unter dem Az. 7 K 2241/15E. Es begründete dies wie folgt: Das Gesamtbild spricht dafür, dass die Kläger nicht dauernd getrennt lebten. In der Gegenwart sind auch Formen des räumlich getrennten Zusammenlebens üblich. Das Ehepaar hat seine persönliche Gemeinschaft dennoch aufrechterhalten. Der Plan, in einem gemeinsam zu errichteten Haus wieder zusammenzuziehen, bestätigt dies. Zudem – so das Gericht – hatten die Kläger auch ihre Wirtschaftsgemeinschaft fortgeführt. Beide trugen die Kosten für den Sohn und gemeinsame Unternehmungen.
Es kommt deshalb nicht darauf an, so die Begründung des Gerichts, dass die Eheleute im Übrigen getrennt wirtschaften und getrennte Konten führen. Das sei in der modernen Gegenwart auch bei räumlich zusammen lebenden Ehegatten üblich.
Moderne Entscheidung
Das Finanzgericht hat mit diesem Urteil die unterschiedlichen Formen einer ehelichen Gemeinschaft herausgearbeitet und staatlichen Vorgaben eine Absage erteilt.