Trennungsunterhalt - Einkommensänderungen nach Trennung

  • Hallo zusammen,


    ganz kurz zur Vorgeschichte:
    meine Frau hat sich von mir getrennt, das "offizielle" Trennungsjahr läuft nun. Sie hat sich eine eigene Wohnung gesucht (bzw. lebt dort mit jemandem zusammen). Unsere beiden Kinder betreuen wir im wöchentlichen Wechsel.
    Wir haben mal vor einiger Zeit (ohne Anwalt) vereinbart, dass ich ihr Unterhalt zahle da ich ein Einkommen habe und sie zu der Zeit nicht (was auch während unserer gesamten Ehe so war). Zu der Zeit wußte ich nicht, dass es sowas wie Trennungsunterhalt überhaupt gibt, ich habe sie einfach finanziell im Rahmen meiner Möglichkeiten unterstützt. Nun habe ich damit aber aufgehört, da sich zum Einen ihre finanzielle Situation verändert hat (sie hat durch eine Teilzeit-Ausbildung ein Einkommen von gut 900 EUR) und zum Anderen durch den Wechsel in Steuerklasse 1 mein Einkommen ein gutes Stück (rund 300 EUR) gesunken ist und dementsprechend meine Möglichkeiten. Sie will weiterhin Unterhalt haben und dafür u.A. unsere ältere Tochter von der Privatschule nehmen. ("Privatschule" klingt jetzt nobler als es ist, es ist einfach eine Schule die aus verschiedenen, hier erstmal nicht relevanten Gründen für unsere Tochter eine gute Wahl war.) Meine Frau fordert regelmäßig, sie zur staatlichen Schule umzuziehen damit sie die rund 200 EUR Ersparnis bekommen kann und das sehe ich aus verschiedenen Gründen überhaupt nicht ein.


    Nun aber zu meiner eigentlichen Frage: Ich meine gelesen zu haben, dass der Trennungsunterhalt den Lebensstandard zum Zeitpunkt der Trennung erhalten soll. Ich habe das immer so interpretiert, dass in unserem Fall nur mein Einkommen als "Verfügungsmasse" heranzuziehen ist, da sie zum Zeitpunkt der Trennung kein Einkommen hatte. Um es mal stark zu vereinfachen würde ich das so berechnen:


    2100 (mein Einkommen mit Steuerklasse 1) + 0 (ihr Einkommen zum Zeitpunkt der Trennung) = 2100 (Gesamtsumme zum Zeitpunkt der Trennung)
    2100 * 3/7 = 900
    Ich müsste ihr also ein Trennungsunterhalt von 900 EUR zahlen. Da sie mittlerweile (seit nach der Trennung) ein eigenes Einkommen von 900 EUR hat reduziert sich das auf 0.


    Ist das so in etwa richtig?


    Besten Dank im Voraus!
    Karsten

  • Hallo Karsten,


    Zunächst muss dein Nettoeinkommen bereinigt werden.


    Danach wird der Kindesunterhalt ermittelt.( und abgezogen)


    Dein Selbstbehalt der Ex gegenüber beträgt 1200€.


    Ist nach Abzug des KU noch Geld über, kann Trennungsunterhalt bis zum Selbstbehalt (1200€) gefordert werden.


    lg
    edy

    Eine freundliche Begrüßung bei jedem Beitrag, ist eine Werschätzung gegenüber den Antwortgebern
    z.B. "Hallo"
    Das ist ein Laienforum, die Antworten sind nicht rechtsverbindlich. edy (Admin)

  • Hallo edy,


    danke für Deine Antwort. So habe ich das bisher im Grunde auch verstanden, nur ist mir noch nicht klar was passiert, wenn sich die Einkommensverhältnisse (insbesondere die meiner Ex) während der Trennung verbessern. Das muss mir doch irgendwie angerechnet werden können und dürfte nicht zum ehelichen Gesamteinkommen zählen, denn die Trennung ist doch bereits aktiv.
    Also angenommen ich zahle unmittelbar nach der Trennung 900 EUR Unterhalt (weil das eben der errechnete Betrag ist) und nach ein paar Monaten beginnt sie zum ersten Mal während der bisherigen Ehe Geld zu verdienen, z.B. 900 EUR. Ich würde erwarten, dass die von mir zu zahlende Summe sinken müsste. Sehe ich das falsch? So eine Konstellation habe ich in der Literatur bisher nicht gefunden und das irritiert mich, oder sehe ich den Wald vor Bäumen nicht ... ?


    Danke und Grüße
    Karsten

  • Hi,


    Dein Denkfehler ist, dass du Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt in einen Topf wirfst, und außerdem dein Einkommen nicht bereinigst. Und die Schulkosten als Mehrbedarf nicht berücksichtigst. Es geht also nicht um absolute Zahlen, das Rechnen wirst du dir nicht ersparen können.


    1. Schritt: ermittle dein Einkommen der letzten 12 Monate, allerdings auf der Basis von der nunmehrigen Steuerklasse (incl. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien, Steuerrückzahlung, was auch immer), teile diesen Betrag durch 12, dann hast du ein Monatseinkommen.


    2. Schritt: bereinige das Einkommen um berufsbedingte Aufwendungen, zus. Altersvorsorge. Was anrechtenbar ist, das findest du auch im www.


    3. Schritt: lese aus der Düsseldorfer Tabelle die Höhe des Kindesunterhalts ab. Achtung, da du nur für ein Kind verantwortlich bist, kommt eventuell eine Höherstufung um eine Gehaltsklasse in Betracht. Von diesem Betrag ziehst du jetzt das halbe Kindergeld ab. Und addierst den hälftigen Mehrbedarf wegen der Privatschule (m.E. müsst ihr euch den Betrag teilen). Den so ermittelten Betrag ziehst du vom bereinigten Nettoeinkommen ab.


    4. Schritt: erst jetzt kommen wir zum Trennungsunterhalt. Die erste Frage, die sich stellt ist, was mit dem Einkommen der Ehefrau passiert. Dieses ist zunächst genauso zu bereinigen wie das deinige. Ist dieses Einkommen überobligatorisch, dann wird es m.E. hälftig auf einen möglichen Anspruch gegen dich angerechnet. Ist es nicht überobligatorisch, dann ist es voll anzurechnen, jedenfalls bleibt in beiden Fällen der Selbstbehalt in Höhe von 1200 €. Ob hier bereits deshalb von überobligatorischem Einkommen ausgegangen werden kann, weil sie während der gemeinsamen Zeit nicht gearbeitet hat und zumindest in dem ersten Jahr der Trennung keine Verpflichtung zur Arbeit besteht, das müsste ich jetzt erst einmal in einem Kommentar nachlesen. An den komme ich jedoch erst morgen wieder. Vielleicht findest du ja was im www. Bin jetzt zu faul, da nachzuschauen.


    Was folgt aus all dem? Es ist ein Irrglaube, dass bei normalem Einkommen der Standart der Ehe nach der Trennung aufrecht erhalten werden kann. Doppelte Haushaltsführung ist nun mal teurer als ein Haushalt. Die weitere Frage ist, wie taktisch am Geschicktesten vorzugehen ist. Für dich ist es wegen des Trennungsunterhaltes und auch der Rentenanwartschaften am günstigsten, so schnell wie möglich geschieden zu werden. Denn nachehelichen Unterhalt wird es eher nicht geben. Ist man sich einig, so kann man etwa 9 Monate nach der Trennung die Scheidung einreichen, so dass nach einem Jahr alles vorbei ist. Ist man sich nicht einig, so kann sich so eine Scheidung mit Unterhaltsfolgen noch über Jahre hinziehen. Also, mal rechnen, eventuell über Anwalt ein Angebot machen, das etwa so aussieht: Kindesunterhalt in Höhe von ....., tituliert vom Jugendamt (kostet nichts), Ehegattenunterhalt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht in Höhe von .....für die Zeit der Trennung unter der Voraussetzung, dass Frau der Scheidung zustimmt, dieselbe also einvernehmlich erfolgt.


    Oder eben spitz rechnen und das Risiko eingehen, zwar einen geringeren Unterhalt zu zahlen, dafür aber wesentlich länger. Das ist jetzt eine individuelle Entscheidung.


    Herzlichst


    TK

  • Hallo timekeeper,


    puh, das ist ja kompliziert, danke für die ausführlichen Erläuterungen. Insbesondere die Sache mit dem "überobligatorischen Einkommen" scheint mir der Knackpunkt zu sein, den ich aber gleichzeitig noch am wenigsten verstehe ;).


    Ich habe die Bereinigung und diese Dinge aus meinem Beispiel mal bewusst weggelassen weil es mir nur um den konkreten Fakt des neuen Einkommens nach der Trennung ging. Es ist aber natürlich richtig dass das vorher gemacht werden muss. Wegen des Kindesunterhalts habe ich z.B. bereits recherchiert da wir die Kinder (es sind 2) im wöchentlichen Wechsel betreuen und daher die Berechnung anders vorgenommen werden muss. Da hab ich ganz brauchbare Beispiele gefunden und mir ausgerechnet, dass ich auf grob 100 EUR zu zahlendem Unterhalt kommen müsste. Das mit den Mehrbedarfen habe ich jetzt auch verstanden, da fallen bei uns bspw. Kindergarten und Schule drunter, die Kosten müssten wir anteilig aufteilen. Und wenn ein Elternteil den Mehrbedarf lieber kappen will zugunsten des eigenen Unterhalts?


    Zitat

    Es ist ein Irrglaube, dass bei normalem Einkommen der Standart der Ehe nach der Trennung aufrecht erhalten werden kann


    Das ist sicher richtig, ich hab das mal irgendwo gelesen und nur nachgeplappert. Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich gedanklich immer bei der Summe X hängengeblieben bin.


    Zitat

    Denn nachehelichen Unterhalt wird es eher nicht geben


    Wie kommst Du darauf?


    Zitat

    so kann man etwa 9 Monate nach der Trennung die Scheidung einreichen


    Ehrlich? Ich habe gelesen, dass man die 12 Monate unbedingt vorübergehen lassen sollte, da manche Gerichte auch schonmal Scheidungsanträge kostenpflichtig ablehnen wenn sie zu früh kommen. Hmm ... gut, da kann vermutlich ein Anwalt mehr sagen ...


    Nochmals ganz herzlichen Dank schonmal für die vielen Infos!


    Grüße
    Karsten

  • Hi,


    hinter der Regelung mit dem überobligatorischen Einkommen und dessen Anrechnung steht die Überlegung, dass zusätzliche Berufstätigkeit belohnt werden soll. Damit der überobligatorisch Arbeitende nicht aus Trotz seinen Arbeitsplatz aufgibt. Er soll also mehr Geld in der Hand haben, als nur mit Unterhalt, aber auf der anderen Seite soll auch derjenige, der den Unterhalt zahlt, was davon haben. Das ist mal die vereinfachte Begründung.


    Das www ist voll von der Idee, auch der sozial Schwächere soll seinen Ehestandart noch für eine gewisse Zeit aufrecht erhalten können. Nur, das funktioniert in der Praxis doch eigentlich nur in Ausnahmefällen. Wenn eben so viel da ist, dass permanent ein gewaltiger Überschuss erwirtschaftet wird, was ja wohl eher die absolute Ausnahme ist.


    Hinsichtlich der Trennungszeit/Scheidung regeln §§ 1567 f BGB die Fristen. Bei Einigkeit greift die unwiderlegbare Vermutung, die Ehe sei gescheitert, nach einem Jahr. Das Scheitern ist Voraussetzung für die Scheidung, folglich kann nach einem Jahr geschieden werden. Wenn man in klaren Fällen mal von einer Bearbeitungszeit von 3 Monaten ausgeht, dann ist es nachvollziehbar, dass es nicht mutwillig ist, den Scheidungsantrag etwa 3 Monate vor dem Eintritt der Scheidungsbedingung einzureichen. Die Fälle, die ich kenne, in denen ein Scheidungsantrag abgewiesen wird, das sind Fälle, in denen das Trennungsjahr nicht eingehalten werden sollte. Ansonsten wird der Richter, wenn z.B. bereits ganz fix, also etwa nach 10 Monaten alle Papiere für die Scheidung vorliegen (Versorgungsausgleich) den Termin zur mündl. Verhandlung eben erst für einen Tag nach Beendigung des Trennungsjahres bestimmen, und schon ist alles im grünen Bereich.


    Unser Versorgungsprinzip ist darauf ausgerichtet, dass im Prinzip jeder für sich selbst sorgen sollte. Der berühmte Spruch "einmal Arztfrau, immer Arztfrau", der gilt schon lange nicht mehr. Dieser Spruch hat früher die Versorgungssituation der Ehefrau sehr treffend umrissen. Hatte auch bis zu einem bestimmten Punkt seine Berechtigung. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, in der z.B. Lehrerinnen nach Ihrer Heirat den Staatsdienst verlassen mussten. Daher kommt auch das alte Synonym für Leherin "Fräulein." Es gab eben keine verheirateten Lehrerinnen, oder nur in (Kriegs)Zeiten, wenn Lehrer Mangelware waren.


    Heute haben wir die "Übergangszeit", für die der Trennungsunterhalt festgezurrt ist. Nach der Scheidung sollte jeder für sich selbst sorgen. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen. Bei Ehen von langer Dauer, wenn der Expartner krank ist, wenn es kleine Kinder zu versorgen gibt, behinderte Kinder u.s.w. Aber auch dann wird der nacheheliche Unterhalt zeitlich begrenzt sein, von ganz wenigen Ausnahmen mal abgesehen. Etwa, mit 20 geheiratet, nach 40 Jahren Scheidung, nie gearbeitet.


    Die Frage mit dem Schulgeld muss im Streitfall gerichtlich geklärt werden. Einerseits habt ihr beide dem Privatschulbesuch zugestimmt. Andererseits ist es gravierender Veränderung, wie sie bei euch ja auch vorliegt, möglich, eine Veränderung herbeizuführen. Wenn das Geld für die Privatschule nicht mehr da ist, dann muss ein anderer Weg gefunden werden.


    Herzlichst


    TK