Komplizierte Situation

  • Hallo zusammen, zunächst vielen Dank an jeden der mir bei meiner Situation helfen kann. Ich versuche erstmal die Lage zu erklären :
    Ich habe mich vor 3 Monaten von meiner Freundin getrennt. Seit 14 Monaten leben wir zusammen, sind aber 10 Jahre in einer Beziehung gewesen. Unser Sohn ist jetzt sechseinhalb jahre alt und lebt auch noch mit uns zusammen. Da ich nur 1500 Euro brutto verdiene, habe ich eingewilligt (von Geburt an) jeden Monat 133 Euro Unterhalt zu bezahlen(wurde damals vom Jugendamt so vorgeschlagen). Jetzt habe ich erfahren, dass ich in der Zeit in der wir zusammen gewohnt haben garkeinen Unterhalt hätte zahlen müssen.
    Meine ex möchte nicht mehr arbeiten gehen und hat 1 Jahr Krankengeld bezogen und hat sich jetzt arbeitslos gemeldet.
    Grundsätzlich steht einem Kind in dem Alter 390 Euro zu abzüglich der Hälfte vom Kindergeld, also ca 295 Euro monatlich. Kindergeld erhält sie.
    Bitte nicht falsch verstehen, ich möchte dass mein Sohn das bekommt was ihm zusteht, in vollem Umfang. Aber muss ich die 295 Euro voll bezahlen obwohl wir noch zusammen wohnen? Bei meinem Verdienst müsste ich nicht zahlen, aber da ich keine Schulden bei der Unterhaltsvorschusskasse aufbauen möchte, wüsste ich jetzt gerne was ich bezahlen muss. Einen Anwalt kann ich mir momentan nicht leisten und das zuständige Jugendamt verweigert mir jegliche Beratung bzw Berechnung.
    Ich hoffe, dass ihr mir helfen könnt. Vielen Dank, Gruß Jan

  • Ausschlaggebend ist Dein (bereinigtes) Nettogehalt (also gezahltes Netto minus 5% arbeitsbedingte Kosten und Altersvorsorge, usw.). Dein Selbstbehalt liegt bei 1080 Euro, alles was drüber kann prinzipiell als Unterhalt gezahlt werden. Der Unterhalt für ein 6-jähriges Kind sind 289 Euro (Zahlbetrag, also Kindergeld ist davon bereits abgezogen). Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass Du das bei 1500 brutto leisten kannst.


    Voraussetzung für den Unterhaltsanspruch ist aber auch, dass er überhaupt gefordert wurde: das muss die Kindsmutter schriftlich mit der Aufforderung tun, Dein Einkommen offen zu legen, damit die Höhe des Unterhalts bestimmt werden kann. Wenn sie das nicht gemacht hat, gibt es keinen Anspruch. Rückwirkend kann der Anspruch nicht geltend gemacht werden. Nachdem Ihr aber ja zusammen gelebt habt, ist das wohl hinfällig. Der Unterhaltsanspruch gilt bei getrennt lebenden Eltern, da einer Natural- und der andere Barunterhalt leistet. Bei zusammen lebenden Eltern leisten ja beide im Rahmen ihrer Fähigkeiten beides.


    Getrennt lebend muss aber auch nicht unbedingt heißen, dass Ihr getrennte Wohnungen habt. Aber jeder muss seinen "Bereich" haben und ihr dürft nicht den Haushalt füreinander führen. Wie auch immer das in Praxis aussehen soll, wenn man mit einem gemeinsamen Kind in einer Wohnung getrennt lebt.


    Mit welcher Begründung lehnt das Jugednamt die Zusammenarbeit und Unterstützung ab?


    Gibt es einen Titel für die 133 Euro, die Du geleistet hast?

  • Danke für die schnelle Antwort.
    Die Kommunikation mit der Kindesmutter ist nicht so einfach. Habe aber nen Brief vom Amt gesehen, den Sie ausfüllen soll um das mit dem Unterhalt zu klären.
    Ich weiß nicht genau wie so ein Titel aussieht, den Betrag habe ich damals mit dem Jugendamt ausgemacht, weil ich noch weniger verdient habe.
    Die Dame vom Jugendamt sagte mir, dass ich bei Fragen zum Unterhalt einen Anwalt aufsuchen muss oder Google nutzen solle, sie dürfe mir keine Beratung geben, nur der Mutter.


    edit: Wir kümmern uns beide gleichermaßen um Wohnung und Kind, sprich kochen, putzen, etc. "jeder hat seinen Bereich" ist nicht möglich, da wir Wohnzimmer, Küche und Bad ja gemeinsam nutzen.


    edit: Hab danach gegoogelt und nein, es gibt keinen Titel, das war ne mündliche Vereinbarung die notiert wurde, aber da lief nichts über das Gericht.

  • Das ist nicht getrennt. Kann ja sein, dass Ihr getrennte Kassen habt, aber das allein rechtfertigt wohl kaum einen Unterhaltsanspruch. Dann müsst Ihr Euch halt einigen. Wie ist das dann zu verstehen, dass Ihr Euch vor 3 Monaten getrennt haben wollt?


    Ein Kind, das unterhaltsberechtigt ist, hat Anspruch auf einen Titel. Ein Titel ist ein Dokument, das vollstreckt werden kann: das heißt, die Kindsmutter kann damit zum Amtsgericht gehen und Dir den Gerichtsvollzieher schicken. Der wird dann pfänden, wenn es was zum Pfänden gibt. Der Titel wird vom Gericht als Folge eines Rechtsstreits ausgestellt, oder aber, wenn sich die Parteien über die Höhe und Laufzeit einig sind, geht der Unterhaltspflichtige zum Jugendamt und lässt ihn ausstellen. So ein Titel ist unbedingt zu bedienen. Wenn es keinen gibt, gibt es auch nichts zu bedienen und ihr könnt verhandeln.

  • Ihr dürft die Küche schon beide benutzen, aber sie darf nicht für dich kochen oder einkaufen (oder umgekehrt). Jeder hat seinen eigenen Fernseher im eigenen Raum. Getrennte Lebensgestaltung halt. Getrennte Schlafzimmer verstehen sich wohl von selbst. Aber was derlei Dinge angeht, gehen die Meinungen der Gerichte wohl auch auseinander, und letztlich wird es ja ohnehin keiner wirklich überprüfen. Albern ist es ohnehin. Wenn man sich trennt, zieht üblicherweise einer von beiden aus, außer man wohnt vielleicht im gemeinsamen Haus, wo Platz genug und die finanzielle Belastung so hoch ist, dass eine zweite Wohnung nicht finanzierbar ist.

  • Also die Trennung ist keine räumliche. Die Beziehung zwischen uns ist zu ende. Aber sie will erst ausziehen wenn sie was gefunden hat, dass ihren Ansprüchen entspricht.


    Also kann sie eh erst Unterhalt verlangen wenn sie mit dem Kind ausgezogen ist?!
    Einen Titel gibt es keinen, ganz sicher.

  • Also, so lange Ihr zusammen lebt, wird das schwierig, denke ich. Da wird das Arbeitsamt zunächst mal auf eine Bedarfsgemeinschaft erkennen und davon ausgehen, dass Ihr gemeinsam von Euren beiden Einkommen lebt. Wie "liebevoll" Ihr Eure Beziehung gestaltet, ist dem Amt relativ egal, schätze ich. Wenn Ihr unter das Mindesteinkommen fallt und Ihr tatsächlich Leistungen bezieht, dann wird man nach dem Einkommen Eurer Eltern fragen usw., alle, die in gerade Linie mit Euch verwandt sind.


    Aber anscheinend hat Deine Ex auf dem Amt angegeben, dass Ihr getrennt seid, und das Amt hat sie los geschickt, den ihr in dem Fall zustehenden Unterhalt einzufordern. Und das muss sie jetzt tun, damit ihr Antrag bearbeitet wird. Also wird das Ganze wohl scheitern, wenn Du angibst, dass Ihr nicht getrennt lebt. Ende, aus Äpfel. So lange Ihr so unter einem Dach lebt, sehe ich da wenig Chancen.


    Wenn sie ausgezogen ist, kann sie zum Jugendamt gehen und dort um Beistandschaft ersuchen. Die sind dazu verpflichtet. Die werden dann an Dich herantreten, den Unterhalt bestimmen (289 Euro, siehe oben) und Dich auffordern, die Unterhaltspflicht titulieren zu lassen (= einen Titel darüber ausstellen zu lassen). Das machen die dann auch für Dich, da musst Du nur hingehen. Kostet meist auch nix.


    Dann musst Du nur noch bezahlen, und sie muss sehen, wie sie klar kommt. Würde mich ja brennend interessieren, wovon sie leben will, wenn sie nicht arbeiten will.

  • Sie hat sich wohl ausgerechnet, dass sie vom Amt mehr bekommt, als wenn sie arbeiten gehen würde. Nicht mein Problem, da ich auf Jobsuche bin und hoffentlich bald schon statt nur Werkstudent eine Ingenieursstelle besetzen kann. Dann werde ich den Unterhalt definitiv bezahlen können(auch wenns dann mehr wird) und ausziehen.


    Ok hatte mir nur Sorgen gemacht, weil in dem Brief vom Amt stand, sie solle sofort Unterhaltsvorschuss beantragen.


    Vielen herzlichen Dank für deine Hilfe, sehr kompetent und freundlich hier :)


    edit: Wie sieht das eigentlich aus, der Titel ist dann ein fester Betrag? Sinkt der Unterhalt nicht mit steigendem Kindergeld?

  • Das kommt drauf an, was man in den Titel schreiben lässt.


    Am einfachsten ist ein sogenannter "dynamischer" Titel: da steht eine Prozentzahl drin, z.b. 110% des Mindestunterhalts. Dieser Satz ist an das bereinigte Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen gekoppelt. Siehe Düsseldorfer Tabellen. Ändern sich die Tabellen, das Kindergeld, oder kommt das Kind in eine neue Alterskategorie muss ein anderer Betrag gezahlt, aber der Titel nicht erneuert werden werden. Man kann den Titel auch befristen, z.B. bis zum Erreichen der Volljährigkeit des Kindes. Danach muss ja dann ohnehin neu verhandelt werden, da die Kindsmutter dann nicht mehr bezugsberechtigt für den Unterhalt ist, sondern das Kind selbst, und zwar dann ja auch gegen beide Elternteile.


    Ändert sich etwas anderes, z.B. die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen, so kündigt man das am besten der Gegenseite an und bittet um Herausgabe des Titels unter Hinweis darauf, dass die Rechtsgrundlage für das Zustandekommen des Titels nicht mehr gegeben ist, und tauscht ihn gegen einen neuen Titel ein. Leider geht das manchmal nicht ohne Einkommensüberprüfung oder Rechtsstreit.


    Man kann natürlich auch einen Festbetrag hineinschreiben, dann hast Du die Hudelei jedes Mal, wenn sich was ändert. Das will man ja vermeiden. Aber: was im Titel steht, gilt! Im Zweifelsfall ist der zuerst zu bedienen. Eventuell kann man hinterher feststellen und streiten, ob die Rechtsgrundlage dafür noch galt und wer es verschuldet hat, den Titel anzupassen bzw. neu auszstellen. Aber wenn die Kindsmutter mit dem Titel zu Gericht geht, kommt der Gerichtsvollzieher, da wird nicht mehr verhandelt.


    So in etwa. Ich hoffe, es ist ungefähr klar geworden.

  • Hi,


    die Angelegenheit ist doch relativ einfach. Solange aus einem Topf finanziell gewirtschaftet wird, es ein gemeinsames Kind ist, seid ihr eine Bedarfsgemeinschaft. Sozialrechtlich gesehen und auch familienrechtlich. Wie ihr jetzt das Geld aufteilt, wer wie seinen Anteil zahlt, dass ist euer Problem, interessiert weder die ALG-II Behörde noch das Familiengericht. Interessant wird es, wenn die Trennung tatsächlich vollzogen ist. Dann sollte man mit dem Rechnen für Kindesunterhalt anfangen. Du wirst ein Mangelfall sein. Wieviel dann zu zahlen ist, das wird man dann genauer rechnen können, da fehlen von dir noch ein paar Angaben.


    Ich weiss jetzt nicht, wer die Wohnung von euch behält. Wer ist zu wem gezogen? Wer steht im Mietvertrag? Wer kann die Wohnung alleine halten?


    Was die Frau bekommt, mit Kind, das kann ich dir in etwa sagen. Sie 405 €, das Kind 270 €, Alleinerziehendenzuschlag in Höhe von etwa (da hab ich jetzt den genauen Betrag nicht im Kopf) 100 €. Dazu kommt die angemessene Warmmiete für eine Wohnung, einmal im Jahr Zuschuss für Lernmittel (100 €) eventuell gratis Nachmittagsbetreuung und weitere Vergünstigungen. Deine Unterhaltszahlung wird dann voll auf diesen Bedarf angerechnet, ebenso das Kindergeld. Und du hast einen Selbstbehalt von etwa 1100€. Viel wirst du also nicht zahlen müssen, bei deinem Gehalt. Aber, das ändert an ihrer finanziellen Situation ohnehin nichts. Sinnvoller erscheint es mir dann, dem Kind mal was zusätzlich zu gönnen, vom großen Eisbecher bis hin zu neuen Schuhen, oder mal eine Eintrittskarte für ein Fußballspiel, was weiss ich.


    So, ich hoffe, das reicht erst mal zur Einführung.


    Herzlichst


    TK