Unterhalt, welche Optionen gibt es, wie funktioniert das System

  • Hallo,


    ich fang mal an, mein Versprechen von heute morgen umzusetzen, und werde das dann so nach und nach fortsetzen. So, dass dann auch diejenigen, denen das System nicht so ganz klar ist, im Ansatz wissen, wie es funktioniert. Ich werde es ganz einfach darstellen, es gibt immer Ausnahmen, komplizierte Sachverhalte, die hier den Rahmen sprengen würden. Das zu meiner Entschuldigung, ehe ich wieder zusammengestaucht werde.


    Um das System zu verstehen, etwas vorweg. Man sollte sich klar machen, dass wir uns in zwei Systemen bewegen, einmal im privatrechtlichen, aber dann auch im öffentlichrechtlichen. Die sind zunächst einmal streng getrennt, gewissen Verlinkungen sind natürlich da. Und dann gibt es Prinzipien, z.B. das Regel/Ausnahmeprinzip, also die Regelung dahingehend, was zu tun ist, wenn die Regel nicht greift oder wenn eben besondere Umstände vorliegen.


    Privatrecht, das ist nicht nur Familienrecht, sondern bestimmt unser ganzes Leben. Ich kaufe in der Früh ein Brötchen beim Bäcker, ich betanke mein Auto u.s.w. Öffentliches Recht bestimmt unser Leben genau so. Ich muss mich anmelden, wenn ich umziehe, ich darf nicht im Parkverbot parken, ich muss Müllgebühren und Steuern zahlen u.s.w. Man sollte sich zunächst einmal darüber klar sein, in welchem Bereich man sich bewegt. Dann kann man Vorgänge auch leichter einordenen und versteht, um was es geht.


    So, nun zum Unterhaltsrecht.


    Wenn ein Kind auf die Welt kommt, dann hat das erhebliche zivilrechtliche Folgen. Die Regel ist, die Eltern sind verheiratet, damit ist die vollständige Verantwortung für das Kind auf sie übertragen. Also die Erziehung, aber auch eben die finanzielle Ausstattung des Kindes. So, jetzt zur Ausnahme. Die Eltern leben nicht zusammen, einerlei, ob sie jetzt verheiratet sind oder nicht (das spielt seit etwa 20 Jahren keine Rolle mehr), dann müssen die Aufgaben aufgeteilt werden. Ein Elternteil ist eben für die Erziehung, die Betreuung des Kindes zuständig, das andere Elternteil für den finanziellen Teil. Hier greifen die Regelungen des BGB, Familienrecht, in Verbindung mit den gerichtlichen Entscheidungen, oder aber auch z.B. mit der "Düsseldorfer Tabelle." All diese Entscheidungen/Hilfsmittel füllen die unbestimmten Rechtsbegriffe des Gesetzes für den Einzelfall aus. Aber, wir bewegen uns immer noch ausschliesslich im Zivilrecht.


    "Unbestimmter Rechtsbegriff" was ist das? Im Unterhaltsrecht z.B. der Begriff "angemessener Unterhalt." Das Gesetz kann nicht jeden Einzelfall erfassen, deshalb diese Begriffe, die dann auszufüllen sind. Wie, das habe ich aufgezeigt.


    So, jetzt springen wir ins öffentliche Recht. Es wäre vermessen, zu glauben, dass in intakten Beziehungen das öffentliche Recht keine Rolle bei der "Aufzucht der Brut" spielt. Wir haben Kitas, die subentioniert werden, Nachmittagsbetreuung in Schulen, subentionierte Schulkantinen u.s.w. Aber diese "verdeckte" Subventionierung soll jetzt kein Thema hier sein. Da gibt es individuelle Gebührenordnungen die von Ort zu Ort verschieden sein können. Im übrigen gibt es etwa 150 Töpfe im öffentlich rechtlichen Bereich, aus denen Kinder direkt oder auch indirekt subventioniert werden. Die will ich hier nun wirklich nicht auflisten.

  • Die offene Subventionierung, das sind das Kindergeld, der Unterhaltsvorschuß und ALG II. Kindergeld, das kann jeder einordnen. Wir an ein Elternteil ausgezahlt, in der Regel an das, bei welchem das Kind lebt, ob und wie es im Innenverhältnis der Eltern zu teilen ist, interessiert den Staat nicht. Das Kindergeld ist maximal bis zum 25. Geburtstag des Kindes zu zahlen, bei behinderten Kindern auch länger, ebenso gibt es andere Gründe für die Verlängerung. Ab Volljährigkeit ist das Kindergeld immer voll auf den Unterhalt anzurechnen, das Kind kann einen Abzweigungsantrag stellen, wenn es nicht mehr bei einem Elternteil lebt und die Eltern mit ihren Unterhaltszahlungen das Kindergeld in seiner Höhe unterschreiten.


    Nun zum Unterhaltsvorschuß. Ursprünglich als Überbrückung gedacht, damit Alleinerziehende die Möglichkeit haben, die Unterhaltsproblematik mit dem zur Zahlung verpflichteten Elternteil zu regeln. Hinzu kam seinerzeit noch, dass die Vaterschaftstests erst etwa 9 Monate nach der Geburt aussagefähig waren. Die alleinerziehende Mutter hatte also in den ersten Monaten nach der Geburt ein Riesenproblem. Nur 50 DM Kindergeld, kein Elterngeld, keinen Zahler. Die Bedingungen für diesen Vorschuß waren etwas anders als heute. Der alleinerziehende Elternteil durfte nicht mit jemandem zusammenleben. Ansonnsten wie heute. Allerdings musste die Mutter den Erzeuger benennen können, wenn auch die Vaterschaft noch nicht nachweisbar war.


    Der Unterhaltsvorschuß, das sind Steuermittel. Überwiegend bereit gestellt vom Land, der Bund gibt was dazu, verwaltet wird das Geld im jeweiligen Ort in einer selbständigen "Unterabteilung" des Jugendamtes. Diese Auftragstätigkeit ist bei den Kommunen nicht unbedingt beliebt. Sie müssen eine Leistung erbringen, für die sie eigentlich nicht zuständig sind, d.h., Arbeitsplätze und Mitarbeiter zur Verfügung stellen. Diese Tätigkeit ist von allen anderen Tätigkeiten des JA streng getrennt. Hat also nichts mit Beistandsschaft, Hilfen zur Erziehung oder sonstigen Aufgaben des JA zu tun. Es geht um Steuermittel, hier sind wir jetzt streng im öffentlichen Recht. Die Prüfung der Vorschußkasse ist sehr einfach und pauschal. Wo lebt das Kind? Zahlt der andere Teil Unterhalt? Wenn ja, über oder unter dem Mindestbedarf nach der Düsseldorfer Tabelle, wie alt ist das Kind, ist der gesetzliche Rahmen schon ausgeschöpft, ist das betreuende Elternteil wieder verheiratet. Das wars. Das Einkommen des Elternteils, bei dem das Kind lebte, spielte keine Rolle.


    Der Unterhaltsvorschuß wird in Form eines Verwaltungsaktes bewilligt, ist auch so anfechtbar.


    Das System war/ist also auf eine vorübergehende Leistung ausgelegt, die, wie der Name schon sagt, letztlich wieder zurückgeholt werden sollte. Tut die Abteilung nach meiner Erfahrung eher lustlos. Aber, was solls. So, von wem zurückholen? Richtig, vom Verpflichteten, also von demjenigen, bei dem das Kind lebt. Und hier haben wir jetzt eine Verzahnung mit dem Zivilrecht/zivilem Unterhaltsrecht. Die Rückholung ist von der zivilenrechtl. Leistungsfähigeit des Elternteils abhängig. Es ergeht ein Verwaltungsakt, in welchem die Forderung des Landes konkretisiert wird, und dann muss der Verpflichtete zurück zahlen. Auch er kann gegen diesen Verwaltungsakt den Rechtsbehelf einlegen, wenn die Forderung überhöht ist oder wenn er eben gar nicht zurückzahlen kann. Er muss sich allerdings wehren, sonst wird der Verwaltungsakt bestandskräftig und ist wie jeder andere VA auch vollstreckbar. Er ist ein Titel.


    Wenn nun laufende Unterhaltszahlungen mit Schuldentilgung zusammen fällt, dann gehen die laufenden Unterhaltszahlungen vor, erst dann kommt die Schuldentilgung drann. Wenn also an die Unterhaltsvorschußkasse gezahlt wird, dann ist zunächst einmal zu klären, welchen Rechtscharakter die Zahlung hat. Wird auf laufenden Unterhalt gezahlt, bei dem die Vorschußkasse ergänzend in Vorlage geht oder aber auf eine Altlast zur Schuldentilgung. Oder auf beides? Jedenfalls sollte man nie vergessen, dass man sich hier im öffentlichen Recht bewegt und die dortigen Fristen gelten. Und, dass bei der Realisierung von Steuergeldern die zivilrechtlichen Pfändungsschutzgrenzen nicht gelten müssen.


    So, jetzt haben wir noch das ALG II. Auch hier bewegen wir uns im öffentlichen Recht. Hier kommt das Stichwort "Bedarfsgemeinschaft" dazu. Man bekommt von der ALG Behörde nur dann Geld für das Kind, wenn die Bedarfsgemeinschaft, in der das Kind lebt eben bedürftig ist. Da ALG II absolut nachrangig ist, also nur bezahlt wird, wenn alle anderen Quellen ausgeschöpft sind, ergibt sich jetzt eine klare Reihenfolge.


    Zunächst sind die Eltern dran, das Kind zu versorgen. Dann z.B. die Unterhaltsvorschußkasse, das BaföG Amt oder was es sonst noch so gibt. Dann das Job-Center.


    Ist doch gar nicht so schwer, oder?


    Herzlichst


    TK