Sozialamt sieht im Kauf einer Immobilie teilweise Schenkung

  • Hallo liebe Leute,


    ich beschäftige mich mit dem Elternunterhalt seit Jahrzehnten, weil mir schon von Jugend an klar war, dass mein Vater mit geringer Rente (800€) und hoher Verschuldung nie und nimmer selbst für sein Alter Vorsorge getroffen haben kann.
    Vor nunmehr 8 Jahren kaufte ich ihm hoch belastete, aber recht wertlose Immobilien ab. Inzwischen ist er im Pflegeheim angekommen. In seinem Namen beantragte ich Sozialhilfe bzw. einen Zuschuss zur Pflege. Nachdem sehr viele Nachweise vor der Entscheidung des Sozialamtes verlangt wurden, die ich auch alle (teilweise wiederholt) beibrachte, habe ich mein Mandat niedergelegt. Erwartungsgemäß kam jetzt der Brief mit der Aufforderung nachzuweisen, dass es sich beim Immobilienkauf nicht um eine gemischte Schenkung handele.


    Wie seht Ihr das?
    In einem anderen Thread habe ich schon gelesen, man könne recht sorglos in dieser Phase selbst die Auskünfte erteilen, und solle erst einen Rechtsbeistand hinzuziehen, wenn das SA konkrete Beschlüsse vorlege, die mit einer Rechtsbehelfsbelehrung ausgestattet sind. Woanders las ich es sei politisch/pädagogisch klug von Anfang an über Anwälte zu kommunizieren, damit das Amt weiß, es gäbe großen, professionellen und ernsten Widerstand.


    Ich befürchte ein bisschen, mich mit meinen Selbstauskünften um Kopf und Kragen zu schreiben...


    Auf der anderen Seite sehe ich bereits Phase II auf mich zukommen, wenn ich über meine eigenen Vermögens- und Einkommensverhältnisse Auskunft erteilen soll. Aus meiner Sicht ist da nicht viel zu fürchten, weil bei mir nichts zu holen ist. Ich habe zwar feste Arbeit, aber viele Verpflichtungen und wenig Altersvorsorge.


    Kann ich mir nicht die lange Auskunftspflicht zu Phase I verkürzen, indem ich gleich offensiv meine finanziellen Verhältnisse offen lege und damit jedes weitere Bestreben des SA verhindere?


    Vielen Dank für Eure Einschätzung!


    Bernd

  • Hallo edy,
    Ich habe im "Nachlass" meines Vaters Kontoauszüge gefunden, die meine Zahlungen teilweise dokumentieren. Diese habe ich noch nicht vorgelegt, weil mir das Ganze zu sehr in Richtung in-die-Länge-ziehen lief.
    Ferner habe ich eine im Verhältnis zum Wert der Immobilie hohe Grundschuld übernommen.
    Den Rest habe ich durch Dienstleistungen und Schuldversprechen beglichen.

  • Hallo,


    . Erwartungsgemäß kam jetzt der Brief mit der Aufforderung nachzuweisen, dass es sich beim Immobilienkauf nicht um eine gemischte Schenkung handele.


    Diese habe ich noch nicht vorgelegt, weil mir das Ganze zu sehr in Richtung in-die-Länge-ziehen lief.



    Na dann würde ich zunächst das vorhandene vorlegen.


    vG
    edy

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  • Hallo Bernd,


  • Danke für deinen ausführlichen Beitrag Awi47!


    Ich habe noch eine Anmerkung zu dem, was du hier schreibst:


    ...


    2. EU ist kein Verwaltungsakt. Es gilt ausschließlich das BGB. Es werden keine Beschlüsse gefasst und es wird nie eine Rechtsbehelfsbelehrung geben.


    Meine Rechtsschutzversicherung hat mir ebenso wie du (nachvollziehbar :D ) Mut gemacht, erst mal abzuwarten- bis zu dem Brief, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung kommt. Kannst du noch präzisieren, was du mit dem ersten Satz im Zitat sagen möchtest?
    Das SA selbst bezieht sich im aktuellen Brief auf §24 des zehnten Sozialgesetzbuchs. Wie meinst du das, hier gelte ausschließlich das BGB?

  • Für den Elternunterhalt ist das BGB zuständig und das ist Privatrecht und nicht öffentliches Recht.


    Zitat

    § 1601 BGB
    UnterhaltsverpflichteteVerwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.


    Zitat

    § 528
    Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers(1) 1Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. 2Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. 3Auf die Verpflichtung des Beschenkten findet die Vorschrift des § 760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des § 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschrift des § 1615 entsprechende Anwendung.


    Das SA hat nicht mehr Rechte als sie der Vater hätte. Es handelt stellvertretend für den Vater und leitet dessen Rechte auf sich über.


    Zitat

    § 94 SGB
    Übergang von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen(1) 1Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über.

  • Geschenke zurück fordern ist für ein SA in der Regel der einfachere und schnellere Weg. Das scheitert nur, wenn die Geschenke nicht mehr vorhanden sind, z.B. wenn ein Geldgeschenk für eine Weltreise oder sonst was ausgegeben wurde.


    Während bei der Forderung von Elternunterhalt Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit zeitgleich vor liegen müssen ist das bei der Rückforderung von Geschenken nicht so. Kann der Beschenkte das Geschenk nicht sofort heraus geben, dann versucht man es eben später. Im Prinzip könnte die Rückforderung zeitlebens betrieben werden, auch noch nach dem Tod des Schenkers. Wenn ein Kind während der Bedürftigkeit der Eltern nicht leistungsfähig sein sollte, dann geht das SA leer aus, denn sollte das Kind später leistungsfähig werden, dann muss es nicht rückwirkend zahlen.

  • Hi,


    ganz so einfach ist es nicht. Wir haben hier durchaus Schnittstellen zwischen Zivilrecht (BGB) und öffentlichem Recht (die SGBs). Da die öffentliche Hand, also der Steuerzahler, nur dann einspringt, wenn nicht anderweitige Ansprüche bestehen, muss die Sozialbehörde prüfen, ob sich hier jemand durch Schenkung eben so arm gemacht hat, dass er nicht mehr für sich selbst sorgen kann. Wenn Grundbesitz verschenkt wurde, greifen die letzten 10 Jahre. Da kommt es auch nicht darauf an, ob jetzt bar Geld zur Verfügung steht oder nicht. Es ist nachzuweisen, dass der Vater unter Berücksichtigung der Schulden, die auf dem Haus lagen angemessen vergütet worden ist.


    Herzlichst


    TK

  • Sehr interessant, was ihr hier so wisst! Vielen Dank dafür!


    Was mir in dem Zusammenhang nicht ganz klar ist: wie misst man, ob sich ein Verschuldeten arm geschenkt hat?
    Die Situation war nämlich so: mein Vater ist im Zuge der Bankenkrise wie jeder Kunde der Bank durchleuchtet worden. Dabei kam raus er ist mit seinen 80 Jahren und Einkünften von rund 800 Euro nicht mehr in der Lage mehr als die bisher schon bezahlten Zinsen zu finanzieren- eine Tilgung war nicht möglich. Als das raus kam kündigte die Bank den Kredit mit sofortiger Wirkung.
    Ein Verkauf der anderen Immobilien kam nicht infrage, weil der Standort zu den wenigen gehört, die eine Schrumpfung des früheren Wertes hinzunehmen hatte.
    Er wäre also möglicherweise (idealerweise!) Ohne Schulden aber auch ohne Wohnung zurück geblieben.
    Daneben gab es noch das Problem langjähriger Nutzungsbeschränkungen durch Vermietung und Verpachtung. Das macht so ein Angebot weniger attraktiv.

  • Hallo seS!,


    Wenn du alles plausibel darlegen kannst, bestehen gute Chancen.


    Es entsteht halt kein Automatismus, den sonst jedermann zu einem "Sparmodell" ausbauen würde.


    edy

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  • Was mir in dem Zusammenhang nicht ganz klar ist: wie misst man, ob sich ein Verschuldeten arm geschenkt hat?


    @ Bernd,


    Das ist ganz einfach.
    Indem man konsequent den § 528 "Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers" anwendet.


    Ganz egal was geschenkt wurde und welchen Wert die Schenkung hatte - außer den sog. üblichen Anstandsschenkungen. Innerhalb von 10 Jahren kann man eine Schenkung zurück fordern. Wenn die Immobilien noch in deinem Eigentum sind, dann kann man sie zurück fordern, wenn es sich tatsächlich um Schenkungen handelt. Das müsste zwar letztendlich das SA beweisen, aber die behelfen sich oft so:


    Aus dem Schreiben eines SA:


    Sehr geehrter Herr SeS,


    wir gehen davon aus, dass Ihr Vater Ihnen die Immobilien nicht zum vollen Marktwert übereignet hat. Es handelt sich damit um eine gemischte Schenkung. Bitte weisen Sie uns plausibel nach, dass Sie den vollen Marktwert zum Zeitpunkt x gezahlt haben. So lange kein Nachweis erfolgt ist gehen wir davon aus, dass Ihr Vater keinen Anspruch auf Sozialhilfe hat und werden keine Zahlung leisten


    Mit freundlichen Grüßen
    Sachbearbeiter


    Was nun?
    Der Vater hat keine Mittel und kann das Heim nicht bezahlen.
    Die Heimleitung macht Druck.


    Was glaubst du wie es weiter gehen könnte?


    Gruß
    awi47

  • Gegen wen kann die Heimleitung Druck machen?


    Ich vermute, dass die Finanzierungslücke zur stationären Pflege durch Pfändungen bei meinem Vater geschlossen werden sollte. Da das SA aber die Interessen meines Vaters vertritt, wird sie vermutlich das notwendige Geld einschießen und anschließend bei mir regredieren, richtig?


    Da fällt mir gerade ein: Das Pflegeheim möchte gerne, dass die Schulden, die vor dem Antrag auf Sozialhilfe entstanden sind, von mir auch beim SA angemeldet werden und Erstattung beantragt wird. Ich sehe darin dass Risiko, dass das SA auch diese Kosten übernimmt und mir in Rechnung stellt. Stelle ich den Antrag nicht, könnte bei meinem Vater vom Pflegeheim aus (fruchtlos) gepfändet werden. Soweit ich das einschätze könnte dieser Betrag aber nicht von mir verlangt werden, sofern ich das "Erbe" ausschlage. Richtig?

  • Mein Vater hat allein den Pflege Vertrag unterschrieben.
    Offiziell ist er geschäftfähig, aber er zeigt vermehrt demente Ausfälle. Einen Betreuer könnte man sicher beantragen, aber dadurch würde es tendenziell noch weniger steuerbar. Gibt es für meinen Vater oder mich einen Vorteil durch den gerichtlich bestellten Betreuer?
    Bisher hat er noch nie seinen Eugen Anteil bezahlt. Das was auf seinem Konto ist wäre unter normalen Umständen unter der Pfändungsgrenze von ca 1.000 Euro, bei Beanspruchung von Sozialhilfe dürfte er bekanntermaßen nur noch 200 Euro Taschengeld haben nach den Bedingungen des SA. Wenn er also nicht dem Pflegeheim die unter Pfändungsschutz stehenden 800 überweist holt sich diesen Betrag das SA, oder?
    Dann wäre es im Sinne des Friedens an seiner letzten Wohnstätte zu überweisen. Ansonsten kann er das Geld gut für "Luxus" wie Einzelzimmer Zuschlag aufbrauchen.



    Das SA hat mir gegenüber noch keine Zahlungs Bereitschaft angezeigt, meinem Vater jedoch schon. Der Zuschuss beläuft sich auf etwa 800 Euro monatlich.


    Das "Erbe" habe ich apostrophiert, weil es keine gibt und mein Vater noch nicht Tod ist. Aber mit seinem Tod enden ja nicht die Bestrebungen der Gläubiger an ihr Geld zu kommen.


    Dann wäre es also klug weder einen Antrag auf Begleichung der Schulden beim SA zu stellen, da diese das SA nicht interessieren noch die Schulden aus meiner Kasse zu begleichen, weil ich auch kein Geld habe.


  • Seit wann befindet sich der Vater im Pflegeheim?
    Welche Pflegestufe?