Einvernehmliche Scheidung

  • Guten Abend,


    ich brauche bitte mal eure Hilfe. Demnächst steht meine Scheidung an. Der Anwalt meiner Noch-Frau hat bei Gericht einen Dringlichkeitsantrag gestellt, da sie in einem Monat ein Kind vom neuen Partner erwartet, aber dazu später mehr.


    Mir geht es in erster Linie darum, ob ich etwas übersehe in meiner Situation. Ich möchte keine böse Überraschung vor Gericht o. ä. erleben. Aktuell bin ich mir nur nicht sicher, ob ich vielleicht zu blauäugig handele.


    Es soll eine einvernehmliche Scheidung werden. Wir haben ein Kind ( sieben Jahre) und eine gemeinsame Wohnung, aus der sie ausgezogen ist. Der Versorgungsausgleich ist schon berechnet worden. Das Verhältnis zwischen uns ist gut. Wir wollten so wenig wie möglich festschreiben an künftigen Regelungen. Das Kind wohnt bei ihr und ich zahle für das Kind Unterhalt, allerdings nicht nach Düsseldorfer Tabelle, sondern etwas weniger. Dafür trage ich die Raten der gemeinsam gekauften Wohnung alleine weiter, die uns beiden gehört. Wir sprechen uns beim Umgang mit dem Kind flexibel ab, was auch gut funktioniert. Zumal sie nur drei Straßen weiter lebt. Gemeldet ist das Kind bei ihr.


    Habe ich es richtig verstanden, dass wir unsere flexiblen Regelungen so beibehalten können und das Gericht keine Konkretisierung sehen will? Also wenn wir sagen, dass alles geregelt ist in den Punkten, reicht das aus?


    Außerdem habe ich mehr mit mir selber das Problem, dass sie mich wegen eines neuen Partners verlassen hat und nun auch noch ein Kind von ihm bekommt. Ist mehr eine psychische als rechtliche Sache bei mir. Denn gefühlt kommt sie aus der ganzen Nummer gut raus und ich gebe bei vielen Dingen nach. Für mich war es ein Ausbruch aus intakter Ehe damals, daher hätte ich keinen Ehegattenunterhalt an sie gezahlt. Sie hatte keinen verlangt, das machte es einfacher.


    Ich war vor gut einem Jahr bei einer Anwältin, die mich beraten hat. Allerdings konnten wir uns im Rahmen einer Mediation schnell ohne Anwälte einigen und bis heute läuft es. Daher will ich aus finanziellen Gründen auf meine Anwältin bei Gericht verzichten und hoffe damit keinen groben Fehler zu machen...


    Danke für euer Feedback und liebe Grüße

  • Hi,


    Faustregel bei einer Scheidung ist heute, dass mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs im Scheidungsverfahren nur das geregelt wird, was beantragt ist. Andere Sachen interessieren den Richter nicht.


    Ich habe allerdings meine Zweifel, dass der Dringlichkeitsantrag durchgeht, es sei denn, der Richter hat ohnehin freie Termine. Es ist ankerkannte Rechtsprechung, dass es in so Fällen durchaus zumutbar ist, das übliche Verfahren einzuhalten. Stell dich also darauf ein, dass es dauern kann, eben ein ganz normales Scheidungsverfahren ist. Da das Scheidungsverfahren bei Gericht anhängig ist, habt ihr allerdings die Möglichkeit, ohne gerichtliche Ehelichkeitsanfechtung für das "neue" Kind schon jetzt zum Jugendamt zu gehen (du, die Demnächst Ex und der glückliche Vater) und dort die Vaterschaft des Nachfolgers feststellen zu lassen. Dann bist du hinsichtlich dieses Kindes auf der sicheren Seite.


    Du solltest beim Scheidungsverfahren aufpassen, dass dort kein Vergleich geschlossen wird, über Unterhalt, Abzahlung Wohnung, was weiss ich. Denn aus so was wieder raus zu kommen, das ist halt sehr schwer. Achte drauf, dass es nur um die "nackte" Scheidung und eben den VA geht, dass in das Verfahren nicht mehr reingedocktert wird. Wenn das funktioniert, bist du auf der sicheren Seite.


    Auf Kindesunterhalt kann man nicht verzichten, das ist ein eigener Anspruch des Kindes. Man kann sich nur einigen, derzeit eben nur den Betrag xy zu zahlen, also darauf, dass die Mutter mehr nicht geltend macht. Das ist natürlich jederzeit widerrufbar, und dann müsste man auch gucken, wie es mit der Wohnung weiter geht.


    Also, Zusammenfassung:


    Vaterschaft jetzt beim Jugendamt klären. Das ist zumindest bei uns gratis. Drauf achten, dass Gegenstand des Scheidungsverfahrens nur, die Scheidung und der VA sind. Keinen Vergleich bei Gericht schliessen.


    Viel Erfolg!


    Herzlichst


    TK

  • Herzlichen Dank. Das hilft mit weiter. Der Vater des Kindes sollte auch kein Interesse daran haben, dass es als ehelich gilt.


    Mittlerweile habe ich erfahren, dass der Versorgungsausgleich vom Verfahren abgetrennt wird und später erfolgt. Das Problem dabei ist, dass ich eine betriebliche Altersversorgung haben, bei der die Versicherungsgesellschaft die Angaben nicht liefert. Die haben wohl große technische Probleme bei der Berechnung und ohne den Wert hätte es wohl vorerst keinen Termin geben können...

  • Ich habe mir die Schreiben des Anwalts sowie des Familiengerichts nochmal angesehen. Es wird dabei auf die Anwendung vom § 1599 Absatz 2 hingewiesen. Ist das eine gute Alternative zur jetzigen Klärung beim Jugendamt?

  • Hi,


    also es hat mit einem kurzfristigen Termin in der Tat geklappt. Am 13.11.hat der Richter Zeit. Vorausgesetzt, dass ich einer Abtrennung des Versorgungsausgleiches zustimme und auf die Einhaltung der Ladungsfrist verzichte. Zudem soll auf Einlegung der Rechtsmittel verzichtet werden. Dabei muss ich mich anwaltlich vertreten lassen.


    Hört sich alles soweit gut an oder?

  • Hi,


    wenn es nur um die nackte Scheidung geht, dann ist das völlig in Ordnung. Dir muss klar sein, dass du keine Anträge stellen kannst, das kann bei Anwaltszwang eben nur der Anwalt. Und das Umgekehrte, nämlich einen Rechtsmittelverzicht, der kann dann logischerweise auch nicht ausgesprochen werden. Wird dir aber einerlei sein. Ist in Ordnung. Nur, lass dich bitte, bitte auf keinen Vergleich ein. Nur die Scheidung, dann folgt später noch der Versorgungsausgleich, das geht auch im schriftlichen Verfahren. Und dann sieht man weiter.


    Herzlichst


    TK

  • Vielen Dank für die Auskunft. Das mit dem Vergleich habe ich soweit verinnerlicht und auch meine Frau so gesagt. Ich hadere gerade mit den Kosten. Der Anwalt meiner Frau meinte, dass die anwaltliche Vertretung so rund 200 Euro kosten würde. Die Anwaltsgehilfin meiner Anwältin kam auf rund 600 Euro - doch ein enormer Unterschied. Daher stellt sich die Frage, ob wir doch nicht lieber zum Jugendamt gehen und ich 600 Euro spare.


    Herzliche Grüße zurück

  • Meine Frau geht Vollzeit arbeiten und verdient 2100 Euro netto, bei mir sind es 3500 Euro.


    Die Anwaltsgehilfin meiner Anwältin kam auf rund 600 Euro - doch ein enormer Unterschied. Daher stellt sich die Frage, ob wir doch nicht lieber zum Jugendamt gehen und ich 600 Euro spare.


    Es gibt Situationen im Leben, da darf man auf gar keinen Fall geizen. Schnelle Scheidung kann mit Rechtsmittelverzicht funktionieren. Rechtsmittelverzicht funktioniert aber nur mit Anwalt. :D Die - vorherige - Abtrennung des Versorgungsausgleich geht auch ohne Anwalt (§ 114 Abs. 4 Nr. 4 FamFG).


    Viel Erfolg für den 13.11.


    @exAnwälte: Im Scheidungverbund (§ 137 FamFG, in Kraft seit 1.9.2009) gilt Anwaltszwang, also ohne Anwalt kein Vergleich über Scheidung und Folgesachen möglich. Logisch, gelle.