Frage zum Thema Heimkosten/Antrag auf Sozialhilfe/Elternunterhalt

  • Hallo,
    Ich habe einige Fragen zum anfänglichen Prozedere rund um das Thema Heimunterbringung und Elternunterhalt. Ich habe mich zwar grundsätzlich informiert und hatte auch schon einen Beratungstermin, trotzdem sind noch Fragen offen.
    Kurz zum Hintergrund: Meine Mutter wird nach mehrmonatigem Krankenhausaufenthalt nicht mehr in ihre Wohnung zurückkehren können und muss in ein Pflegeheim ziehen. Wir haben bereits einige Heime angeschaut, dabei haben wir auch Merkzettel zum Sozialhilfeantrag bekommen.
    Zum Sozialhilfantrag: Wann kann/muss dieser gestellt werden? Ab dem Tag, an dem sie in ein Heim kommt, oder auch erst dann, wenn die Kurzzeitpflege endet?
    Meine Mutter kann den Antrag nicht mehr selber stellen, wenn ich das richtig sehe, muss aber persönlich vorgesprochen werden, so steht es zumindest auf dem Merkblatt. Wir haben eine Vorsorgevollmacht, heißt das, es kann ein Angehöriger zum Sozialamt gehen, um das zu erledigen?
    Kann das Sozialamt dann z.B. direkt die Einkommens- bzw. Vermögensverhältnisse der Kinder abfragen? Ich lese immer von der Rechtsgewahrungsanzeige, ab der man entsprechend seiner finanziellen Verhältnisse verpflichtet wäre, sich an den Heimkosten zu beteiligen. Kann dieser Vorgang, also die Rechtsgewahrungsanzeige, dann direkt beim Vorsprechen für den Antrag vollzogen werden oder muss das schriftlich geschehen?
    Eine weitere Frage noch, wer kommt für die Heimkosten auf, bis über den Sozialhilfeantrag entschieden wird? Müssen die Angehörigen in Vorleistung gehen oder wie läuft das ab?


    Vielen Dank! :)

  • Hallo Guybrush,


    willkommen im Forum. :)



    Tipp:


    Wenn die Mutter den Heimvertrag nicht mehr selbst unterschreiben kann sollten die den Heimvertrag nur mit dem Zusatz "in Vertretung und mit Vollmacht" unterschreiben.
    Die Kinder sollten beim persönlichen Vorsprechen sich nicht zu ihren Einkünften und Vermögen äußern.
    Antrag abgeben und fertig. Alles andere dann wegen einer eventuellen Beweisbarkeit nur schriftlich abwickeln.

  • Hallo awi47,


    Vielen Dank für deine ausführliche Antwort!


    Ein Heimplatz ist mittlerweile gefunden, der sich auch preislich im Vergleich im Rahmen bewegt. Das heisst, meine Mutter wird jetzt in Kürze über Kurzzeitpflege einziehen.
    Es gibt keine Vater oder Partner mehr, nein. Ich hätte noch ein paar Rückfragen zu deinen Ausführungen:


    Mir wurde bisher immer gesagt, die Kurzzeitpflegekosten könnten nicht über das Sozialamt laufen, das wäre demnach nicht korrekt? Da meine Mutter kaum Rücklagen hat, gehe ich davon aus, das sie max. die 2 Monate Kurzzeitpflege tragen könnte, dann wäre das Geld spätestens verbraucht...


    Es wird dann eine größere Deckungslücke geben, da meine Mutter nur eine kleine Rente bezieht. Dürften über 1000 € sein, die da beim Eigenanteil fehlen. So, dann käme also der Antrag auf Sozialhilfe ins Spiel? Das Heim sagt, wir müssten den Antrag selber stellen, habe extra nochmal gefragt. Ich möchte keine formellen Fehler begehen, der mich hinterher zu Leistungen verpflichtet und bin da jetzt relativ unsicher? Wie gehe ich am besten vor?


    Nachfolgend käme der RWA an die Kinder. Davon gibt es deren zwei. Beim andere Geschwisterteil ist nichts zu holen. Bei mir ist die Situation so, das ich vom Gehalt her wohl nichts dazuzahlen müsste, weil ich unter der Grenze bleibe, allerdings höhere Rücklagen aus einem Erbe habe, die ich eigentlich in ein Eigenheim investieren wollte, aufgrund der momentan absurden Preise aber dieses Vorhaben verschoben habe. Dumm gelaufen, denn ein selbst bewohntes Eigenheim wäre ja sicher. Für meine Auskunft gegenüber dem SA sollte ich mir dann wohl einen Anwalt für Familienrecht nehmen, oder wie siehst du das? Eine Zusatzbelastung von über 1000 € im Monat wäre schon hart... :/


    Danke schonmal! :)

  • Mal bei der KK der Mutter nachfragen ob sie die Kurzzeitpflege übernehmen. Vielleicht können sie auch entsprechende Tipps geben.


    Zum Sozialhilfeantrag


    Einfach formlosen Brief an das Sozialamt schreiben:


    Sehr geehrte Damen und Herren,


    meine Mutter befindet sich seit/ab Februar 2018 in einem Pflegeheim. Die Heimkosten überschreiten ihre Rente. Vermögen ist keines vorhanden. Ich bitte sie, entsprechend tätig zu werden.


    Da ich eine Vollmacht meiner Mutter habe, bitte ich Sie, alle Korrespondenz in Zukunft mit mir zu führen.


    MfG
    Sohn


    Anlage:
    Gutachten des MdK über den Pflegegrad
    Vollmacht

    Einen Anwalt würde ich jetzt noch nicht empfehlen. Der kostet nur und bringt jetzt noch nichts.


    Wie hoch ist denn das Vermögen um das du dich sorgst?

  • Guten Morgen,


    Nochmal danke schön!


    Heisst das, es gilt noch zwischen Pflegekasse und Krankenkasse zu unterscheiden? Ich dachte immer, es gibt genau den Anspruch auf Kurzzeitpflege in Höhe von 1.612 Euro + dasselbe aus der Verhinderungspflege? Das Heim meinte, da bleibt für die Kurzzeitpflege ein Eigenanteil von ca. 30 € pro Monat...


    Es geht um ca. 250 Tsd Euro. Die Frage wäre ja, ob sich ein Antrag auf Sozialhilfe da überhaupt lohnt oder ob ich das Geld, welches über meinem zu berechnenden Selbstbehalt liegt, komplett für die Heimkosten einsetzen muss?

  • [quote='Guybrush','http://www.familienrecht-heute.de/forum/index.php/Thread/2435-Frage-zum-Thema-Heimkosten-Antrag-auf-Sozialhilfe-Elternunterhalt/?postID=10635#post10635']


    Heisst das, es gilt noch zwischen Pflegekasse und Krankenkasse zu unterscheiden?
    Die zuständige KK ist auch die zuständige Pflegekasse. Auf jeden Fall können die dich in dem Fall beraten.



    Es geht um ca. 250 Tsd Euro. Die Frage wäre ja, ob sich ein Antrag auf Sozialhilfe da überhaupt lohnt oder ob ich das Geld, welches über meinem zu berechnenden Selbstbehalt liegt, komplett für die Heimkosten einsetzen muss?


    Ich würde auf jeden Fall einen Antrag auf Sozialhilfe stellen.


    Um die Höhe des AVV zu beurteilen zu können:
    Wie hoch ist/war dein letztes Bruttogehalt?
    Wie alt bist du?

  • Wenn man von einem Jahresbrutto von 36.000 EUR aus geht und 35 Jahre Erwerbstätigkeit annimmt kommt man auf ein AVV von ca. 130.000 EUR.


    + Notgroschen 10.000 EUR


    => 140.000 EUR Schonvermögen.


    Du solltest dir überlegen, wie du 110.000 EUR vernünftig investieren kannst, bevor das SA seine Hand auf hält. Es ist nicht auszuschließen, dass das SA auf dieses Vermögen zugreifen möchte.

  • Hallo,


    Ich habe nochmal eine Frage zu diesem Thema: Könnte das SA tatsächlich verlangen, das ich den gesamten monatlich Eigenanteil für die Heimunterbringung (ca. 1300 €) selber aus Rücklagen trage oder nur anteilig?


    Vielen Dank.

  • Ok, ich frage mal anders. Würde eine solche Forderung vor Gericht Bestand haben, wenn ich dagegen Einspruch einlegen würde? Ich kenne dazu keine aktuellen Urteile und tue mich schwer, die Lage für mich einzuschätzen. Oder gibt es Chancen, das ein Gericht die zu zahlende Summe zu meinen Gunsten mindert...

  • Leider kann ich nicht hellsehen.
    Vor Gericht und auf hoher See ist man bekanntlich in Gottes Hand.


    Ich kenne zwar kein Urteil, in dem ein noch Erwerbstätiger zu EU aus Vermögen verurteilt wurde, aber...


    - ich kenne ganz bestimmt nicht alle Urteile.
    - vielleicht gab es Klagen in der ersten Instanz. Der UHP wurde zu EU aus Vermögen verurteilt und hat das akzeptiert.
    - vielleicht ...


    Grundsätzlich ist Elternunterhalt aus Vermögen möglich. Das wurde bereits höchstrichterlich festgestellt.


    BGH, Urteil vom 30.08.2006 - XII ZR 98/04


    a) Auch im Rahmen des Elternunterhalts muss der Unterhaltsschuldner grundsätzlich den Stamm seines Vermögens einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach § 1603 Abs. 1 BGB sonstige Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich einer angemessenen Altersvorsorge nicht zu gefährden braucht


    Sollte es zu einer Klage kommen, dann passiert vor Gericht folgendes:


    Das SA behauptet, dass nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen nur ein Schonvermögen von 140.000 EUR notwendig sei und aus dem überschießenden Teil monatlich 1300 EUR ohne Weiteres bezahlt werden könnten


    Du musst nun so argumentieren und beweisen, dass du ein höheres als das vom SA berechnete für deine eigene angemessene Altersvorsorge benötigst


    Das Gericht wird von sich aus nichts selbst ermitteln. Es wird die Argumente prüfen und dann ein Urteil fällen.


    Wer die besseren Argumente hat wird gewinnen oder teilweise gewinnen.


    Versuch mal Argumente zu finden:


    Bist du verheiratet?
    Welche Rente hast du mal zu erwarten?
    Hast du einen sicheren Arbeitsplatz?
    Bist du gesund?


    Die gleichen Fragen für den Ehepartner

  • Hallo,


    Ich habe doch nochmal eine Frage dazu.....


    Nachdem ich mich jetzt nochmal weiter erkundigt und unter anderem den Elternunterhaltratgeber von Herrn Schausten gelesen habe, stellt sich das ganze jetzt für mich so dar:


    Nachdem mein Schonvermögen berechnet wurde, wird das übriggebliebene, also für den Elternunterhalt einsetzbare Vermögen nicht isoliert betrachtet sondern anhand einer Formel (Vermögen / 12 Monate / Vervielfältiger (Kapitalwert anhand Alterstabelle)) meinem/unserem sonstigen Einkommen hinzugerechtet und daraus dann abzüglich Selbstbehalt und aller in Frage kommenden einkommensmindernden Faktoren (z.B. Kinderunterhalt) meine Leistungsfähigkeit für den Elternunterhalt berechnet?


    Ist das korrekt so? Das würde ja voraussichtlich zumindest bedeuten, das ich nicht den ganzen Eigenanteil tragen muss.

  • Guten Abend,


    richtig ist, dass das verwertbare Vermögen niemals isoliert betrachtet werden darf.


    Die von dir angeführte Formel gilt nur für das Vermögen eines UHP, der das gesetzliche Rentenalter (67, bzw. 65 +) bereits erreicht hat. Ab dem gesetzlichen Rentenalter kann das verwertbare Vermögen nach dieser Formelverrentet werden, vorher nicht.


    Ich kenne immer noch kein Urteil, in dem ein noch Erwerbstätiger zu EU aus Vermögen verurteilt wurde.


    Kindesunterhalt?
    Wo kommt das Kind plötzlich her?


    Gruß
    awi

  • Guten Morgen,


    Im Ratgeber von Herrn Schausten steht:


    "
    Solange der Unterhaltverpflichtete noch nicht die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht hat, ist das einzusetzende Vermögen nach wohl herrschender Meinung auf die statistische Lebenserwartung des unterhaltberechtigten Elternteils zu verrenten."


    Es folgt diese Formel. Was stimmt denn nun?

  • ist das einzusetzende Vermögen nach wohl herrschender Meinung auf die statistische Lebenserwartung des unterhaltberechtigten Elternteils zu verrenten."


    Diesen Ansatz könnte ein Beauftragter eines SHT durchaus vertreten.
    Ob er vor Gericht durch kommen würde, hinge sehr vom individuellen Fall ab.


    Für mich ergibt sich als erstes die Frage: "Welches Vermögen muss eingesetzt werden?"


    So pauschal und ohne weitere Hintergrundinformationen über einen speziellen Fall, die Höhe des Vermögens, Art des Vermögens, Einkommen, zu erwartende Rente, Familiensituation, Gesundheitszustand u.v.m. kann aus diesem Passus m.E. nichts schlussfolgern.

  • Guten Morgen,
    Mir ist schon klar, das man alle Details wissen muss, um einen EInzelfall wirklich beurteilen zu können. Andererseits hast du schon mehrfach darauf hingewiesen, das dir kein Fall bekannt ist, in dem ein noch Erwerbtätiger zu Elternunterhalt aus Vermögen verurteilt wurde. Offensichtlich ist es also möglich, den Restbetrag des Vermögens zu verteidigen?


    Du setzt bei der Berechnung des Schonvermögens 35 Arbeitsjahre an, aber ich lese immer wieder, es werden die Jahre ab dem 18. Lebensjahr genommen? Dann wäre die von dir oben genannte Summe ja zu hoch?


    Was ich bei mir noch an Argumenten finde, wären:


    - verheiratet, 2 Kinder
    - befristeter Arbeitsplatz
    - geplante Anschaffungen wie z.B. ein neues Auto
    - hohe Miete in einer Großstadt
    - hohe allgemeine Lebenshaltungskosten, für die ich regelmäßig auf Erspartes zurückgreifen muss
    - die zu erwartende Rente ist relativ gering


    Aber reicht das, um meine Rücklagen argumentativ zu verteidigen? Oder sollte ich andere Maßnahmen ergreifen, um mein Vermögen zu schützen?


    Danke und einen schönen Sonntag!

  • Du setzt bei der Berechnung des Schonvermögens 35 Arbeitsjahre an, aber ich lese immer wieder, es werden die Jahre ab dem 18. Lebensjahr genommen? Dann wäre die von dir oben genannte Summe ja zu hoch?


    Warum mindestens 35 Jahre?
    Ein 45-jähriger Erwerbstätiger hat (nach heutiger Gesetzeslage) noch 22 Jahre Erwerbsleben vor sich.
    Kein Mensch kann voraus sehen, was in dieser Zeit passieren könnte.
    Nur Beamte haben sichere Arbeitsplätze.
    Arbeitsplätze verändern sich heutzutage schneller als früher.
    Maschinen und Computer ersetzen die menschliche Arbeitskraft usw.. Durch eine Krankheit oder einen Unfall könnte man erwerbsunfähig werden.
    Für solche Fälle braucht man ausreichende Rücklagen.




    Noch mal


    BGH, Urteil vom 30.08.2006 - XII ZR 98/04


    a) Auch im Rahmen des Elternunterhalts muss der Unterhaltsschuldner grundsätzlich den Stamm seines Vermögens einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach § 1603 Abs. 1 BGB sonstige Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich einer angemessenen Altersvorsorge nicht zu gefährden braucht

    Um wirksam argumentieren zu können, braucht man natürlich Fakten.


    Meine Meinung:
    Auf das Vermögen des Schwiegerkindes oder der Enkel kann das SA nicht zu greifen.
    Vielleicht wäre alles einfacher, wenn eine rechtzeitige Vermögensverlagerung vor nimmt.