Veränderung der wirtschaftlichen Situation

  • Hallo liebe Forumsmitglieder,


    in der Regel melden sich die Sozialämter alle zwei Jahre wieder beim UHP. Wie muss man sich verhalten, wenn sich die persönliche oder wirtschaftliche Lage des UHPs schon während dieser zwei Jahre massiv verändert, z.B. wegen eingetretener Arbeitslosigkeit des UHPs, Gehaltserhöhung etc.?


    Im einem Bescheid des letzten Jahres des SAs steht folgendes: „Gleichzeitig weisen wir darauf hin, dass Sie gem. § 117 SGB XII verpflichtet sind, uns Änderungen in Ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen jeweils umgehend bekanntzugeben.“


    Laut § 117 SGB XII ist der UHP auf Verlangen vom SA zur Auskunft verpflichtet. Darin steht auch nichts von Änderungen, die man umgehend melden muss.


    Bedeutet dieser Satz aus dem Bescheid aber nicht doch schon, dass das SA bereits in diesem Schreiben prophylaktisch eine Auskunft vom UHP „verlangt“, sollte sich dessen wirtschaftliche Situation verändern?


    Bisher ist der UHP zwar noch nicht dazu verpflichtet Elternunterhalt zu zahlen; die Frage stellt sich prinzipiell dennoch, ob man bis zur nächsten Auskunftsaufforderung des SA abwarten sollte oder man von sich aus Auskünfte vorab abgeben muss.


    Und noch ein viel diskutierter Streitpunkt im Netz: Kann das SA rückwirkend Elternunterhalt fordern? Laut § 1613 Unterhalt für die Vergangenheit (BGB) nicht.


    Wer findet darauf eine Antwort?


    Viele Grüße
    Tippi23

  • Hallo Tippi23,


    willkommen im Forum. :)


    Bei Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit usw. hat ein UHP ein ureigenes Interesse, dem SHT seine schlechter gewordene Lage mitzuteilen, um eine Reduzierung seiner Zahlungen zu erreichen, vorausgesetzt er zahlt bereits, egal ob ein gerichtlicher Titel vor liegt oder nicht.


    Bei einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, z.B. Gehaltserhöhung usw. kommt es darauf an, ob ein gerichtlicher Titel vor liegt oder nicht.


    Liegt ein gerichtlicher Titel vor, dann hat das Gericht die Maßstäbe festgesetzt, nach denen man zahlen muss und man muss man eine Gehaltserhöhung mitteilen.


    Liegt kein Titel vor und befindet man sich im außergerichtlichen Verfahren, dann würde ich auf §1605 BGB verweisen, denn Verwandtenunterhalt ist im BGB geregelt und nicht im SGB.


    Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1605 Auskunftspflicht


    (1) Verwandte in gerader Linie sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Über die Höhe der Einkünfte sind auf Verlangen Belege, insbesondere Bescheinigungen des Arbeitgebers, vorzulegen. Die §§ 260, 261 sind entsprechend anzuwenden.


    Auf Verlangen, denn ein Sozialamt hat nicht mehr Rechte als das Elternteil selbst.


    Kann das SA rückwirkend Elternunterhalt fordern? Laut § 1613 Unterhalt für die Vergangenheit (BGB) nicht.


    Rückwirkend ab dem Monat, in dem die RWA eingegangen ist.


    Sollte das SA nach der RWA längere Zeit nichts von sich hören lassen und untätig bleiben, dann können Unterhaltsforderungen nur für die letzten 12 Monate ab Eingang der Forderung geltend gemacht werden.


    Beispiel:


    Die RWA kam im Januar 2015.
    Der UHP gibt Auskunft und reicht alle geforderten Unterlagen ein.
    Danach herrscht Funkstille, es gibt keine weitere Nachfrage usw.


    Im August 2018 meldet sich das SA und will rückwirkend ab Januar 2017 Geld haben.


    Pustekuchen.


    Zahlen muss man nur ab August 2017


    Gruß
    awi

  • Hallo awi,


    vielen Dank für Deine ausführliche Erläuterung. Die Erklärung zur rückwirkenden Zahlung bestätigt meine Vermutung.


    Die Erläuterung über den § 1605 Auskunftspflicht Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) finde ich besonders interessant und erklärt genau
    die Sachlage: nur auf Verlangen.
    Nur warum kommt das SA in besagtem Bescheid mit dem § 117 SGB XII um die Ecke, der dazu auch noch anders zitiert wird (siehe bezüglich Änderungen der Verhältnisse). Für einen Nichtjuristen wie mich sind Paragraphen nicht gerade leicht zu lesen und zu verstehen.


    Viele Grüße
    Tippi23

  • Nur warum kommt das SA in besagtem Bescheid mit dem § 117 SGB XII um die Ecke, der dazu auch noch anders zitiert wird (siehe bezüglich Änderungen der Verhältnisse).


    Warum?


    Da würde ich mal den Sachbearbeiter fragen, der den Bescheid unterschrieben hat.


    Wer sich von EU betroffen ist und sich näher mit EU beschäftigt wird schnell feststellen, dass sich Sachbearbeiter oft nicht an gesetzliche Vorschriften halten, sei es, sie wissen es nicht anders, sei es sie hoffen, mehr Druck ausüben zu können.


    Grundlage für die Handhabung der Unterhaltspflicht ist das bürgerliche Gesetzbuch (BGB), nicht das Sozialgesetzbuch, denn der Unterhaltspflichtige und seine Familie sind keine Sozialhilfeempfänger und in der Überschrift des § 94 SGB XII steht unmissverständlich: „Übergang von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen“.

  • Hallo awi,


    auch für diese ausführliche Antwort vielen lieben Dank!


    Das ist genau das was ich auch schon vermutet hatte, dass nicht alle Sachbearbeiter so arbeiten, wie sie es sollten ... und
    verunsichern damit eine ganze Menge UHPs. Eigentlich ist das erschreckend, aber wenn man darüber Bescheid weiß,
    kann man zumindest damit besser umgehen.
    Deswegen finde ich es sehr gut, dass es dieses Forum gibt.


    Die Sachbearbeiterin kann ich leider nicht mehr fragen; sie arbeitet nicht mehr dort.


    Viele Grüße
    Tippi23

  • zusätzliche Frage zu § 1605 BGB und § 117 SGB XII


    2015 kommt RWA; Auskunft wird erteilt; Schriftverkehr geht hin- und her;
    Ende 2017 wird UHB vermögend, also es besteht keine Unterhaltspflicht nach BGB mehr;
    2018 fordert SHT unbeachtet dessen Einkommenssteuerbescheide für 2016 und 2017 an;
    Gehe ich richtig in der Annahme, dass SHT keine Legitimation mehr hat Unterlagen für 2016 und 2017 anzufordern?
    Dies hätte er meiner Meinung nach bis Ende 2017 machen können, aber nicht mehr danach.


    Gruß
    Pensionär

  • Gehe ich richtig in der Annahme, dass SHT keine Legitimation mehr hat Unterlagen für 2016 und 2017 anzufordern?
    Dies hätte er meiner Meinung nach bis Ende 2017 machen können, aber nicht mehr danach.


    So würde ich das auch sehen, allerdings bin ich unsicher, wie ein Gericht entscheiden würde.
    Der springende Punkt könnte die erforderliche Zeitgleichheit zwischen Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit sein.


    War denn die Erbschaft schon bei Beginn der Bedürftigkeit zu erwarten?

  • Zitat

    War denn die Erbschaft schon bei Beginn der Bedürftigkeit zu erwarten?


    nein, es war ja auch keine Erbschaft sondern ein Lottogewinn.


    Ich meine in anderen Beiträgen gelesen zu haben, dass man nicht verpflichtet ist, dem SHT Änderungen in seinen Einkommensverhältnissen mitzuteilen.
    Dies ist aber für den UHP doch nur dann von Vorteil und ist auch nur dann sinnvoll, wenn der SHT nicht aufgrund zwischenzeitlich eingetretener gestiegener Leistungsfähigkeit rückwirkend höhere Unterhaltszahlungen fordern kann.
    Oder habe ich etwas falsch verstanden?