Ist aus gegebenem Anlass und auf Wunsch des Kindes ein verkürzter Besuch beim Kindesvater möglich?

  • Guten Tag.


    Meine Lebensgefährtin und ihr Ex – Mann sind seit geraumer
    Zeit von einander geschieden. Der gemeinsame Sohn (9 Jahre) lebt bei der
    Mutter. Der Vater hat ein Besuchsrecht, das vorsieht, seinen Sohn an den
    Wochenenden der ungeraden Wochen von Freitag 16:00 bis Sonntag 16:00 zu sich zu
    nehmen.


    Der gemeinsame Sohn hat für das nächste Besuchswochenende
    eine Einladung einer Klassenkameradin zu einer Geburtstagsfeier erhalten. Es
    handelt sich um eine Übernachtungsparty, die Freitag nach der Schule beginnt
    und am Samstagvormittag endet. Der gemeinsame Sohn möchte an dieser Feier
    teilnehmen und seinen Vater am Samstag besuchen.


    Der Vater verweigert die Teilnahme des Sohnes an der Geburtstagsfeier
    mit der Begründung, dass dies „sein Wochenende“ sei und er, entgegen dem
    expliziten Wunsch des Kindes, auf das Besuchsrecht bestehe.


    Anmerkung: Wegen diverser Vergehen hat das Familiengericht
    dem Vater das Sorgerecht in den Punkten Gesundheit und Bildung bereits
    entzogen, hier entscheidet die Mutter allein. Darüber hinaus darf sich der
    Vater dem Haus der Mutter nur bis zur nächsten Straßenecke nähern und muss das
    Kind dort in Empfang nehmen und nach Hause entlassen. Als Wohnort des Kindes
    ist die Wohnung der Mutter festgelegt.


    Frage: Darf das Kind an der Feier teilnehmen und den Beginn
    des Besuches beim Vater bis Samstag 11:30 verschieben, oder muss es entgegen
    dem eigenen Wunsch den Besuch des Vaters bereits am Freitag antreten und auf
    die Teilnahme an der Feier verzichten?


    Danke vorab.

  • Hi,


    das ist eine blöde Situation. Einerseits sind die festen Umgangszeiten gerade in problematischen Elternbeziehungen unbedingt erforderlich. Andererseits gibt es natürlich Wochenendplanungen aller Betroffenen, die eigentlich Flexibilität erfordern. Ich fänds am sinnvollsten, wenn das Papa-Wochenende um eine Woche verschoben wird. Ist das ein Vorschlag? Wie weit wohnt denn der Vater von der Mutter entfernt?


    Herzlichst


    TK

  • Guten Morgen,


    der KIndesvater wohnt nur wenige Autominuten entfernt, das ist nicht das Problem. Allerdings ist das verbindliche Besuchsrecht aus gegebenem Anlass und auf Wunsch der Mutter eingerichtet worden. "Verschiebungen" sind sehr schwierig, da der Kindesvater diese in der Vergangenheit immer wieder genutzt hat, um die Besuchsreglungen generell aufzubrechen und immer wieder weitere Verschiebungen zu erwirken und "Ansprüche" zu generieren, auf Wochenenden die man ihm angeblich noch schulde usw. Das Ziel dabei ist wohl vor allem Unruhe zu stiften. So hat er in der Vergangenheit schon versucht unsere Familienurlaube zu verhindern, in dem er den Sohn (während des laufenden Unterrichtes) aus dem Schulunterricht geholt hat und versucht hat mit ihm über das Wochenende zu verschwinden, da wir ihm angeblich noch "Wochenenden schulden". Zu einem kooperativen Umgang mit einander auf Basis gegenseitigen Entgegenkommens ist er generell nicht bereit. Darum sind Einigungen wie unter Erwachsenden leider fast ausgeschlossen und wir sind gezwungen ausschließlich auf Basis rechtlicher Reglungen zu handeln. Darum eben die Eingangsfrage, wie die rechtliche Grundlage ist. Nach meinem laienhaften Dafürhalten, dient das Besuchsrecht dem Kindeswohl und nicht dem "Vaterego", dementsprechend sollte das Kind, zumal in diesem Alter, auch das Recht haben zu sagen: Ich möchte da heute nicht hin. (Zumal es ja nicht darum geht, dass das Kind einfach unwillig ist, es gibt einen triftigen Grund.)


    Schöne Wohce zusammen

  • Alles schön und gut, tut aber überhaupt nichts zur Sache.


    Wenn es eine Gerichtsentscheidung gibt, dann ist diese einzuhalten. Sind dort keine Möglichkeiten zur Änderung des Umgangs festgelegt, dann gibt es keine.


    Ob das jetzt, insbesondere gegenüber dem Kind, sinnvoll ist oder nicht ist eine andere Frage, die rechtliche Lage ist sehr eindeutig.

  • Hallo erstmal.


    Das halte ich offen gestanden für keineswegs haltbar, sondern betont laienhaft. Das Besuchsrecht dient einem bestimmten Zweck, nämlich dem Kindeswohl, in dem der soziale Kontakt zu beiden elterlichen Bezugspersonen aufrecht erhalten wird. Natürlich kann das Besuchsrecht ausgesetzt werden, z.B. im Falle der Gefährdung des Kindeswohls. Die Frage ist, in wie weit die Entscheidung eines 9jährigen hier berücksichtigt werden muss und ab wann das Wohl des Kindes und seine Entwicklung durch einen Zwangsbesuch gegen seinen erklärten Willen und die Störung seiner sozialen Kontakt innerhalb seiner Peergroup gefährdet ist.

  • Hi,


    in der Schule abholen, das geht überhaupt nicht. Ich wundere mich da immer wieder über Lehrer, die das zulassen.


    Und, es ist kein Besuchsrecht (besuchen tue ich meine Nachbarin), es geht um Umgangsrecht. Aber das Umgangsrecht ist kein Selbstzweck, es muss auch dem Kindeswohl dienen. Meine Kernfrage deshalb, das Kind ist ja nicht mehr so ganz klein: was will es in der Zukunft? Ganz konkret?


    Und die Rechtslage ist auch nicht so eindeutig, wie mein Vorschreiber meint. Es gibt eben durchaus Ausnahmen, in welchen das System durchbrochen wird. Auch das ist rechtens. Die Frage ist, wie oft das passiert.


    Ich kenne mehrere Fälle, in welchen sich dann das Kind irgendwann geweigert hat, aus dem Auto auszusteigen und zum Umgangselternteil zu gehen. Was dann?


    Herzlichst


    TK

  • Guten Morgen,



    das Kind hat sich lange Zeit gefreut, seinen Vater überhaupt
    zu treffen und die Besuche beim Vater gerne wahrgenommen. Inzwischen hat er ein
    Alter erreicht, in dem er merkt dass bei und mit seinem Vater vieles nicht
    korrekt abläuft. Zudem beschäftigt sich der Vater während der Besuche nicht
    wirklich mit seinem Sohn, sondern "stellt" ihn eher ab und
    beschäftigt ihn mit Videospielen oder dem Fernseher. Außerdem sind die aktuelle
    Lebensgefährtin und ihre Kinder dem Sohn sehr unangenehm. Er drängt seinen Vater
    schon länger dazu, die Wochenenden mit ihm zu verbringen und etwas zu
    unternehmen und die Lebensgefährtin nicht zu besuchen, findet aber kein Gehör.



    Von daher war die jetzige Situation, dass das Kind anmeldet:
    "Ich hab heute keine Lust Papa zu besuchen" schon länger absehbar. So
    weit sich von seinem Vater ganz zu lösen ist der Junge aber noch nicht. Einen
    konkreten Wunsch für die Zukunft kann er entsprechend auch noch nicht
    formulieren.



    Wir haben den Vater jetzt erstmal informiert dass sein Sohn,
    inzwischen wiederholt, von sich aus und unmissverständlich angemeldet hat, dass
    er diesen Geburtstag besuchen will. Wir haben ihm auch mitgeteilt, dass wir es
    für die Entwicklung des Kindes für richtig halten seine Wünsche zu seiner
    eigenen Person nicht einfach zu übergehen und den Kontakt zu seiner
    Altersbezugsgruppe, insbesondere bei "besonderen Events" nicht zu
    erschweren.



    Im Gegenzug haben wir dem Kindesvater angeboten, seinen Sohn
    am Samstagmorgen abzuholen und den Besuch am Sonntagabend zu verlängern.
    Außerdem haben wir bei einer Stiftung hier vor Ort, die für das Jugendamt
    Erziehungsberatungen durchführt und mit der wir in der Vergangenheit schon
    Kontakt hatten um einen Beratungs- und Vermittlungstermin zum Thema gebeten. Ob
    der Vater den dann allerdings auch wahrnimmt steht in den Sternen.

  • Natürlich kann das Besuchsrecht ausgesetzt werden, z.B. im Falle der Gefährdung des Kindeswohls.


    Sicherlich, allerdings obliegt die Entscheidung darüber nicht der KM, sondern eben jenes Gerichtes welches den Umgangsmodus auch festgelegt hat. Das ist ja auch völlig logisch, denn schon alleine die Erforderniss einer Gerichtsentscheidung besagt ja das die Eltern alleine NICHT in der Lage sind die Angelegenheit im Sinne des Kindes zu regeln. Könnte jetzt das Betreuungseltern einfach mal nach Gutdünken den Umgang unter der Überschrift "Kindeswohl" aussetzen, dann wäre eine solche Gerichtsentscheidung ansich ja völlig sinnfrei.


    Genauso übrigens wie Eltern nicht das Recht haben das Kind nicht in die Schule zu schicken, nur weil dieses nicht will uns sie meinen es wäre dem Kindeswohl nicht förderlich.

  • Hi,


    der Vergleich hinkt ein wenig. Wir haben die Schulpflicht eindeutig und unmißverständlich gesetzlich geregelt. Anders ist es beim Umgang. Es wird immer Fälle geben, in welchen es mit dem Umgang mal nicht klappt. Es gibt sogar Gerichtsurteile, die diese Selbverständlichkeit ausdrücklich aufnehmen. Nochmals, natürlich darf das Betreuungselternteil nicht willkürlich den Umgang aussetzen. Wenn es aber wie hier ein Ereignis ist, einmalig, dann ist das ein Grund. Umgang darf als Kehrseite nicht das zerstören sozialer Kontakte, soziales Eigenleben des Kindes zur Folge haben.


    Einige Beispiele für Umgangsverschiebung/Umgangsaussetzung, die auch gerichtsfest waren: Kurzurlaub mit der Konfirmandengruppe zur Vorbereitung der Konfirmation, Beerdigung der Großmutter, gemeinsames Vorbereiten einer Präsentation für die Schule, Veranstaltung des Vereins, in welchem das Kind Mitglied ist, Schulfest am Wochenende zum Verabschieden des Rektors mit Theateraufführung der Schüler.


    Das sind die Fälle, die mir spontan einfallen, wo ich weiss, wie das Gericht (teilweise im Eilverfahren) entschieden hat.


    Herzlichst


    TK

  • Ich sehe da kein gehinke.
    Wenn es einen Vergleich oder eine Gerichtsentscheidung zum Umgang gibt, dann ist diese genau so einzuhalten wie die gesetzliche Schulpflicht.
    Sind in dem Gerichtsentscheid Ausnahmen definiert, gelten diese natürlich auch.


    Genauso wie es bei Umgang gerechtfertigte Abänderungsgründe gibt, gibt es ja auch die Befreiung vom Schuluntericht in besonderem Fall.
    In beiden Fällen reicht aber ein "Keine Lust" oder eine nebulöse "Kindeswohlgefährdung" nicht aus.

  • Gobberblast, natürlich hinkt dein Vergleich. Die Beispiele, die ich oben genannt habe, die sind ausnahmslos gerichtlich genehmigt worden. Ich habe ausdrücklich auch gefragt, wie oft denn ein Verschieben bzw. eine Verhinderung denn vorkommt. Mit zunehmenden Alter der Kids kommt eben auch ein Eigenleben dazu. Deine Haltung hätte das komplette Kappen bzw. Nichtentwickeln eigener sozialer Kontakte zur Folge, das geht doch gar nicht.


    Und - in den von mir genannten Beispielen hätte es auch schulfrei gegeben.


    Herzlichst


    TK