Wird man unterhaltspflichtig infolge von Investitionen?

  • Hallo an alle, die das hier lesen.
    Ich selbst bin noch Student und nicht elternunterhaltspflichtig; allerdings lebt meine Großmutter väterlicherseits seit ca. 4 Jahren in einem Pflegeheim, wobei mein Vater bislang nicht elternunterhaltspflichtig war. Nun beschäftige ich mich aktuell etwas mit dem Thema „Geld anlegen“ (z.B. ETFs, Fonds..) und möchte meinen Eltern, die sich noch nie mit so etwas auseinandergesetzt haben, eventuell raten einen Teil der Einkünfte langfristig anzulegen.


    Mein Vater verdient im Durchschnitt 2960€ Brutto pro Monat, die Mutter 1160€ Brutto. Die beiden haben eine Altersvorsorge bei der Sparkasse abgeschlossen. Der Vater zahlt laut der Sparkasse den max. möglichen Betrag von 162€ ein (keine Ahnung wie die Sparkasse darauf kommt, es sind jedenfalls mehr als 5% des Bruttoeinkommens). Nun haben sie auch noch einen Bausparvertrag, welcher vor der Einlieferung der Großmutter ins Pflegeheim, geschlossen wurde.
    Meine Frage wäre folgende: Dürfen die beiden etwas vom Ersparten sowie einen Teil der zukünftigen Einkünfte in bspw. ETFs, Wertpapiere o.ä. investieren OHNE, dass der Vater dann (nachträglich) zur Kasse gebeten wird?

    Bin jedem für eine hilfreiche Antwort dankbar.
    LG

  • Hallo Werweiss,


    willkommen im Forum. :)


    allerdings lebt meine Großmutter väterlicherseits seit ca. 4 Jahren in einem Pflegeheim, wobei mein Vater bislang nicht elternunterhaltspflichtig war


    Heißt das, dass deine Großmutter das Heim noch aus eigenem Einkommen + Vermögen bezahlen kann und das SA noch nicht involviert ist
    oder
    leistet das SA schon und dein Vater wurde bereits angeschrieben, war jedoch nicht leistungsfähig?


    Meine Frage wäre folgende: Dürfen die beiden etwas vom Ersparten sowie einen Teil der zukünftigen Einkünfte in bspw. ETFs, Wertpapiere o.ä. investieren OHNE, dass der Vater dann (nachträglich) zur Kasse gebeten wird?


    Grundsätzlich kann jeder mit seinem Vermögen machen was er will. Die Anlageform selbst kann nicht vorgeschrieben werden.
    Ich verstehe jedoch nicht was du mit "nachträglich zur Kasse gebeten" meinst.



    Gruß
    awi

  • Vielen Dank für deine Antwort, awi!


    Zweites trifft zu: Das SA leistet schon, hat den Vater zwei mal angeschrieben, damit er die Einkünfte offen legt. Er war bislang jedoch nicht leistungsfähig.


    Mit "nachträglich" meine ich folgendes:
    Mein "gesunder Menschenverstand" sagt mir, dass wenn man als Kind ein Vermögen, welches börsengehandelt wird, aufbaut, dem SA es als naheliegend erscheinen könnte, dass das Kind "zu viel" Geld hat. Da es ja bereitwillig in etwas investiert, das risikoreicher als herkömmliche Geldanlage ist. Und wenn das Kind nun, sagen wir nach 5 Jahren, erfolgreich ein Sondervermögen von 15.000 bis 20.000 € aufbauen konnte, dass das SA dann nicht für die bereits vergangenen Jahre eine Entschädigung verlangt.

  • Der Vater hat also bereits zweimal Auskunft gegeben und wurde als nicht leistungsfähig eingestuft, also weder leistungsfähig aus Einkommen noch leistungsfähig aus Vermögen.
    Damit ist für ihn die Angelegenheit für die Vergangenheit erledigt. Rückwirkend kann er nicht mehr zur Kasse gebeten werden.


    Sollte er in Zukunft ein höheres Einkommen bzw. ein höheres Vermögen haben, könnte eine Leistungsfähigkeit erst ab dem Zeitpunkt der erneuten Überprüfung entstehen.


    Wie er sein Vermögen anlegt geht das SA nichts an.


    Bei einem Bruttoeinkommen von ca. 3000 EUR kann er 5% des Brutto = 150 EUR einkommensmindernd geltend machen. Er könnte mehr für seine Altersvorsorge anlegen, das "mehr" würde jedoch nicht sein Einkommen bereinigen. Er würde das aus seinem Selbstbehalt finanzieren. Was er mit seinem Selbstbehalt macht, ist alleine seine Sache.


    Wenn der Vater in 5 Jahren ein Vermögen von 15000 EUR aufbauen könnte dann wäre dieses Vermögen für sich alleine betrachtet uninteressant. Es käme dann auf sein verwertbares Gesamtvermögen an, also Wertpapiere + Sparvermögen + Bargeld.


    Bei einem Brutto von 3000 EUR gehe ich von einem geschützten Altersvorsorgevermögen von mindestens 120.000 EUR aus. Hinzu käme ein Notgroschen von ca. 10.000 EUR.


    Seine Ehefrau ist in ihrer Altersvorsorge nicht in gleichem Maße auf 5% beschränkt. 10% ihres Brutto sollte sie einkommensmindernd anlegen können. Im übrigen wäre ihr Vermögen in voller Höhe vor dem Zugriff des SA sicher. Daraus ergibt sich fast zwingend, dass deine Eltern getrennte Vermögenskonten haben sollten. Damit wären die Vermögensverhältnisse für das SA völlig klar.

  • Hallo AWI, diese Aussage beschäftigt mich schon seit langem.


    Zitat

    Sollte er in Zukunft ein höheres Einkommen bzw. ein höheres Vermögen haben, könnte eine Leistungsfähigkeit erst ab dem Zeitpunkt der erneuten Überprüfung entstehen.


    Gibt es für diese Aussage Urteile / Paragraphen ?


    Ich würde es zwar genauso sehen, bin aber bei meinen Recherchen im Internet auf keine eindeutige Antwort gestossen.


    Gruß Pensionaer

  • Hallo pensionaer,


    der Grundsatz, dass Leistungsfähigkeit des UHP und Bedürftigkeit des UHB zeitgleich zusammen fallen müssen, wurde schon 2005 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt


    BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
    - 1 BvR 1508/96 -
    Verkündet am 7. Juni 2005


    Zitat


    1. Nach § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren, also auch Kinder gegenüber ihren Eltern. Voraussetzung dafür ist einerseits, dass der Unterhalt beanspruchende Elternteil außerstande ist, sich aus eigenen Mitteln selbst zu unterhalten (§ 1602 Abs. 1 BGB), bei ihm damit Bedürftigkeit vorliegt. Andererseits muss das zum Unterhalt herangezogene Kind unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen imstande sein, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts dem Elternteil Unterhalt zu gewähren (§ 1603 Abs. 1 BGB), es muss also leistungsfähig sein. Dabei müssen Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit zeitgleich zusammenfallen. Nur wenn und solange während der Zeit des Unterhaltsbedarfs der Unterhaltspflichtige leistungsfähig ist, entsteht ein Unterhaltsanspruch. Diese Auslegung von § 1603 Abs. 1 BGB entspricht nicht nur der einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. BGH, FamRZ 1985, S. 155 <156>; Staudinger/Engler/Kaiser, BGB, <2000> § 1603 Rn. 7), sondern wird schon von den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch gestützt, in denen ausgeführt wurde, dass für die Dauer der Leistungsunfähigkeit eine Unterhaltsverpflichtung nicht zur Entstehung gelange. Es bedürfe deshalb keiner ausdrücklichen Bestimmung, die im Falle eines späteren Vermögenszuwachses beim Leistungsunfähigen eine Verpflichtung zur Nachzahlung von Unterhalt für die Vergangenheit ausschließe (vgl. Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. IV, 2. Aufl. 1896, S. 687 f.).


    Siehe https://www.bundesverfassungsg…s20050607_1bvr150896.html


    Gruß
    awi

  • Hallo AWI,


    widerspricht dieser Satz im Urteil

    Zitat

    Es bedürfe deshalb keiner ausdrücklichen Bestimmung, die im Falle eines späteren Vermögenszuwachses beim Leistungsunfähigen eine Verpflichtung zur Nachzahlung von Unterhalt für die Vergangenheit ausschließe


    nicht Deiner Aussage

    Zitat

    Sollte er in Zukunft ein höheres Einkommen bzw. ein höheres Vermögen haben, könnte eine Leistungsfähigkeit erst ab dem Zeitpunkt der erneuten Überprüfung entstehen


    oder wo ist hier mein Gedankenfehler?


    Gruß
    Pensionaer

  • Hallo pensionaer,


    ich verstehe die Aussage des Bundesverfassungsgerichts so:


    Da Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit zeitgleich zusammenfallen müssen, ist es nicht erforderlich, Ausnahmen überhaupt zu formulieren. Diese Ausnahmen wären sowieso unwirksam.


    Gruß
    awi

  • Hallo AWI,


    ich habe das Gefühl, wir reden aneinander vorbei.


    Das Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit gleichzeitig vorliegen müssen ist klar.


    Zitat

    Der Vater hat also bereits zweimal Auskunft gegeben und wurde als nicht leistungsfähig eingestuft, also weder leistungsfähig aus Einkommen noch leistungsfähig aus Vermögen.
    Damit ist für ihn die Angelegenheit für die Vergangenheit erledigt. Rückwirkend kann er nicht mehr zur Kasse gebeten werden.


    Dass der Vater als nicht leistungsfähig eingestuft wurde ist eine Momentaufnahme, die auf Basis der eingereichten Unterlagen erstellt wurde. Diese momentane Einstufung (nicht leistungsfähig) schließt aber nicht aus, dass der Vater nach dem Zeitpunkt der Momentaufnahme einen Vermögenszuwachs erfährt.


    Zitat

    Es bedürfe deshalb keiner ausdrücklichen Bestimmung, die im Falle eines späteren Vermögenszuwachses beim Leistungsunfähigen eine Verpflichtung zur Nachzahlung von Unterhalt für die Vergangenheit ausschließe.


    Ich interpretiere jetzt o.a. Satz wie folgt:
    Sollte der zum Zeitpunkt der Momentaufnahme Leistungsunfähige nach diesem Zeitpunkt einen Vermögenszuwachs erfahren (wovon der SHT durch ein erneutes Auskunftsersuchen im Nachhinein erfährt), kann er
    auch für die Vergangenheit (ab dem Zeitpunkt des Vermögenszuwachses) zur Nachzahlung von Unterhalt herangezogen werden.


    Meine Interpretation steht aber meiner Meinung nach im Widerspruch zu Deiner Aussage:


    Zitat

    Rückwirkend kann er nicht mehr zur Kasse gebeten werden.


    Was übersehe ich hier oder interpretiere es falsch?


    Gruß Pensionaer

  • Was übersehe ich hier oder interpretiere es falsch?


    Ich kenne kein Urteil zu einem ähnlichen Fall.
    Ich würde aber wie folgt argumentieren.


  • Hallo AWI,


    Zitat

    Der Hintergrund ist, dass ein UHP die Chance haben muss, sich auf eventuelle Forderungen einstellen zu können.


    Dies ist auch meine Meinung, nur bin ich der Ansicht, dass es egal sein sollte, ob in der Vergangenheit Leistungsunfähigkeit vorlag oder ein Betrag X wegen Leistungsfähigkeit bereits bezahlt werden musste. In beiden Fällen muss sich der UHP auf eventuelle Forderungen / erhöhte Forderungen einstellen können.


    Zitat

    M.E. kann also eine Zahlungspflicht erst dann wieder entstehen, wenn sich der SHT wieder meldet.


    Auch hier sagt mir mein gesunder Menschenverstand, dass eine Zahlungspflicht / erhöhte Zahlungspflicht erst dann entstehen kann, wenn der SHT neue Unterlagen angefordert hat und ab diesem Zeitpunkt die 12 Monatsfrist zu laufen beginnt.


    Leider habe ich hierzu ebenfalls kein Urteil gefunden.


    Aber mir ist ein Gedanke gekommen, den ich gerne im Forum diskutieren möchte:


    Ich unterstelle einmal, dass der Gesetzgeber sich etwas dabei gedacht hat, als er den § 1605 BGB, Satz 2 wie folgt formulierte:


    Zitat

    (2) Vor Ablauf von zwei Jahren kann Auskunft erneut nur verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat.


    Lässt man die Ausnahme unberücksichtigt, bedeutet dies doch, dass der UHB das Recht hat alle 2 Jahre neue Unterlagen anzufordern (was er aber nicht wahrnehmen muss) und der UHP vor irgend etwas innerhalb der 2 Jahre geschützt werden soll.


    Die Frage ist, vor was er geschützt werden soll? Dass der UHB den UHP mit ständigen Aufforderungen neue Unterlagen einzureichen nervt, kann ich mir nicht vorstellen, denn der SHT hat ja das Recht jederzeit neue Unterlagen anzufordern.


    Meine Interpretation lautet: der UHP soll innerhalb dieser 2 Jahre vor ständig neuen finanziellen Forderungen geschützt werden.


    Im Umkehrschluss würde dies aber bedeuten, dass erst mit Anforderung neuer Unterlagen neue finanzielle Forderungen gestellt werden dürfen, aber nicht rückwirkend.


    Das gleiche gilt ja auch bei der RWA. Erst mit Eintreffen der RWA beim UHP kann Unterhalt verlangt werden und nicht rückwirkend.


    Wie steht das Forum zu meiner Interpretation?


    Gruß Pensionaer