Statistik zum Thema Elternunterhalt

  • Hallo,


    die folgende Passage wurde dem Buch "Aszendentenunterhalt - Eine Kritik der normativen Grundlagen" von Martin Hillebrecht entnommen. S. 218 ff
    Ich habe viele Beiträge des Verfassers in einem anderen Elternunterhaltsforum gelesen und war immer beeindruckt von seiner Sachkenntnis.


    Zitat


    "Nach der Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes waren im Dezember 2007 ca. 2,25 Mio. Menschen in Deutschland pflegebedürftig im Sinne des SGB XI. Von diesen wiederum gehörten rund 85 % (ca. 1,9 Mio.) der Altersgruppe „60 Jahre oder älter“ an. Die Sozialhilfeträger übernahmen im Laufe des Jahres 2007 im Rahmen der „Hilfe zur Pflege“ bei höchstens 300.000 Pflegebedürftigen (aller Altersstufen) ganz oder teilweise die ambulanten oder stationären Pflegekosten, soweit diese nicht durch Leistungen der Pflegeversicherung und Eigeneinkünfte abgedeckt werden konnten. Bezogen auf die Altersgruppe der über 60-Jährigen erhielten mithin ca. 255.000 Pflegebedürftige Leistungen der „Hilfe zur Pflege“. Der Anteil der „Selbstzahler“, d. h. derjenigen Personen, die ihre pflegeleistungen allein aus Eigenmitteln sowie den Leistungen der Pflegeversicherung bezahlen können, betrug demgegenüber bei der stationären pflege rund 75 % und bei der ambulanten Pflege über 95 %. Eine Ubernahme von Pflegekosten durch die Sozialhilfeträger ist jedoch noch nicht gleichbedeutend mit einer Überleitung von Unterhaltsansprüchen auf den Leistungsträger. Vielmehr wurden von den Sozialhilfeträgern im Jahr 2007 zwar insgesamt rund 3,2 Mrd. € (brutto) im Rahmen der „Hilfe zur Pflege“ aufgewandt, jedoch nur 43,2 Mio. E (also 1,35 % der aufgewandten Summe) an Unterhaltsansprüchen gegen bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflichti ge übergeleitet. Nachdem in der entsprechenden Statistik nicht nur Fälle des Eltemunterhalts erfasst Werden, sondern auch solche des Kíndesunterhalts (insbesondere bei p?egebedürftigen Kindem) sowie Ansprüche auf Familien-, Trennungs- und Nachscheidungsunterhalt, muss hier ein angemessener Abschlag von der Überleitungssumme vorgenommen werden. Für die nachfolgende Berechnung soll - in einer sehr vorsichtigen Schätzung - davon ausgegangen werden, dass 85 % der übergeleiteten Ansprüche in der Altersgruppe der über 60-Jährigen solche des Elternunterhalts betreffen. Nachdem, wie oben ausgeführt, 85 % der pflegebedürftigen Menschen der Altersgruppe der über 60-Jährigen angehören, entfallen mithin rund 31 Mio.€ p.a. auf Ansprüche aus Elternunterhalt.


    Nachdem die durchschnittlichen (Brutto-)Ausgaben der Sozialhilfeträger pro „Hilfe zur Pflege“-Fall ca. 10.650 € p.a. betragen, würde eine einfache Division der vorgenannten Werte zu einer Fallzahl von etwa 2.900 E1temunterhaltsfällen pro Jahr führen. Hierbei bliebe jedoch unberücksichtigt, dass infolge der Selbstbehaltssätze nur in den allerwenigsten Fällen ein vollständiger Sozialhilferegress möglich ist. Es soll daher angenommen werden, dass durchschnittlich nur die Hälfte der Aufwendungen (ca. 5.000 €) beim jeweiligen Unterhaltsschuldner realisiert werden kann. Eine realistische Größenordnung der Zahl der Aszendentenunterhaltsfälle dürfte daher in einem Bereich von ungefähr 6.000 Fällen pro Jahr liegen.


    Anders ausgedrückt: Die in Deutschland lebende Wohnbevölkerung über 60 Jahren umfasst zurzeit ca. 20,8 Mio. Menschen.“ Von diesen sind 1,9 Mio. (9,1 %) pflegebedürftig im Sinne des SGB XI. Bei höchstens 255.000 von diesen P?egebedürftigen (oder 1,2 % der Wohnbevölkerung über 60 Jahren) übernehmen die Sozialhilfeträger ganz oder teilweise die P?egekosten im Rahmen der „Hilfe zur Pflege“. Bei lediglich 6.000 von diesen erfolgt anschließend ein Rückgriff gegenüber unterhaltsp?ichtigen Kindern. Mithin sind im Ergebnis weniger als 0,03 % oder jeder Dreitausendvierhundertste der in Deutschland lebenden Wohnbevölkerung über 60 Jahren (mittelbar) Empfänger von Leistungen des Aszendentenunterhalts. Die im Schrifttum geäußerte Behauptung, dass nahezu jeder in die Lage kommen könne, Elternunterhalt leisten zu müssen, entbehrt daher jeglicher statistischen Grundlage. Vielmehr ist die Wahrscheinlichkeit, im Laufe seines Lebens jemals für den Unterhalt seiner Eltern oder gar der Voreltern aufkommen zu müssen - mit deutlich unter 1 % - äußerst gering."


    Gruß
    awi