Schonvermögen / Altersvorsorge: Berechnung der Berufsjahre

  • Liebe Alle,


    da ich mich immer mehr in das Thema Elternunterhalt reinhänge, hier eine weitere Frage, zu der ich gerne eure Meinungen hören würde:

    Grds. erlaubt der BGH nach Rechtsprechung dem UHP die zusätzliche Altersvorsorge i.H.v. 5 Prozent des Bruttolohns. Wie werden denn Berufsjahre definiert? Zählt die Berufsausbildung mit? Zeiten während des Studiums, in denen man als Minijobber angestellt war? Ich habe auch gelesen, dass von 35 Berufsjahren gesamt ausgegangen werden kann.


    Danke und Grüße

  • Ich habe auch gelesen, dass von 35 Berufsjahren gesamt ausgegangen werden kann.

    Dies ist nur eine Beispielrechnung, was in 35 Jahren angesammelt werden könnte


    Das OLG Düsseldorf hat sich in seinem Urteil vom 21.06.2012 - II-9 UF 190/11 auf die Rechtsprechung des BGH bezogen und festgestellt:


    "Der Antragsgegner hat insoweit auf der Grundlage eines Jahresbruttoeinkommens in Höhe von 56.000,00 €, das er vor seiner Altersteilzeit erzielt habe, und eines Berufslebens von 43 Jahren seit dem 18. Lebensjahr bei Anlage eines Anteils von jeweils 5% und einer Verzinsung von 4% ein Schonvermögen von insgesamt 308.000,00 € errechnet, das unangetastet bleiben müsse. Es kann dahin stehen, ob dieser Berechnung im einzelnen zu folgen ist, ob also der Antragsgegner vor seiner Altersteilzeit tatsächlich ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 56.000,00 € erzielt hat, ob er seit seinem 18. Lebensjahr berufstätig ist und ob das Schonvermögen auf der Grundlage des zuletzt erzielten Bruttoeinkommens - berechnet auf das gesamte Berufsleben - oder auf der Grundlage des während des Berufslebens tatsächlich jeweils erzielten Bruttoeinkommens zu ermitteln ist. Der Senat lässt auch die Frage offen, ob die Berechnung des Schonvermögens auf der Grundlage von 5% des während des gesamten Berufslebens erzielten Bruttoeinkommens, verzinst mit 4%, ab dem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht kommt, zu dem der Unterhaltspflichtige unbelastetes Grundeigentum erworben hat, das ihm ab diesem Zeitpunkt und daher auch im Alter Mietkosten erspart"


    Für mich war immer klar, ab 18. Lebensjahr und unabhängig was in der Vergangenheit passiert ist und das letzte Jahresbrutto die Basis bildet


  • das OLG Nürnberg hat sich auf die Zeit der gesamten Berufstätigkeit bezogen, es waren insgesamt 40 Jahre, auch das wurde vom BGH bestätigt


    jeder Fall ist bekanntlich ein Einzelfall und somit nur bedingt übertragbar, wir haben alle unterschiedliche Erwerbsbiografien

  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass immer ab dem 18 Lebensjahr gerechnet wird. Das wäre ja geradezu paradox, wenn man sein Leben lang nicht gearbeitet hat nur das letzte Jahr vor der Rente mit einem Jahresbrutto von 50 000.


    Interessant wäre wirklich, wie z.B. Studienzeit oder Teilzeitjob im Studium, Arbeitslosenzeit oder Teilzeitjobs generell gewertet werden.

  • Grds. erlaubt der BGH nach Rechtsprechung dem UHP die zusätzliche Altersvorsorge i.H.v. 5 Prozent des Bruttolohns.

    Die Ursache für das Zugeständnis 5% zusätzlich zu der gesetzlichen Rente zu sparen war die Rentenreform von 2001, die ja erhebliche Einschnitte in Bezug auf die Rentenhöhe brachte. Die 5% sollten das kompensieren., was sie m.E. nicht tun.


    Wichtig sind diese 5% m.E. vor allem für die Abzugsfähigkeit der Sparraten zur Bereinigung des Einkommens, nicht so sehr für das zu belassene AVV.

    jeder Fall ist bekanntlich ein Einzelfall und somit nur bedingt übertragbar, wir haben alle unterschiedliche Erwerbsbiografien

    Genau.


    Wichtige Passagen des BGH Urteils vom 30.08.2006 - XII ZR 98/04


    Dem Unterhaltspflichtigen ist deshalb die Möglichkeit eröffnet, geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass er nicht seinerseits im Alter auf Unterhaltsansprüche oder sonstige staatliche Förderung angewiesen ist.


    und


    Nach ständiger Rechtsprechung des Senats steht es dem Unterhaltspflichtigen aber grundsätzlich frei, in welcher Weise er - jenseits der gesetzlichen Rentenversicherung - Vorsorge für sein Alter trifft. Wenn er sich angesichts der unsicheren Entwicklung der herkömmlichen Altersversorgungen für den Abschluss von Lebensversicherungen entscheidet, muss dieser Entschluss unterhaltsrechtlich im Allgemeinen akzeptiert werden. Allerdings kann der Abschluss von Lebensversicherungen nicht die einzige Alternative für eine private Altersversorgung sein. Vielmehr müssen grundsätzlich auch sonstige vermögensbildende Investitionen als angemessene Art der Altersversorgung gebilligt werden, soweit sie geeignet erscheinen, diesen Zweck zu erreichen.


    und


    In welchem Umfang vorhandenes Vermögen im konkreten Einzelfall dem eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich der eigenen Altersvorsorge dient und deswegen dem Zugriff der Unterhaltsgläubiger entzogen ist, kann wegen der besonderen Ausgestaltung des Elternunterhalts nur individuell beantwortet werden


    Im Einzelfall wären also durchaus andere Argumentationslinien möglich, um das vorhandene Vermögen vor dem Zugriff des SHT zu verteidigen. Ich kenne außerdem kein Urteil, in dem ein jüngerer noch berufstätiger UHP vor dem gesetzlichen Rentenalter zu EU aus Vermögen verurteilt wurde.

  • Zeiten während des Studiums,

    wenn ein Unterhaltspflichtiger erst später in das Berufsleben einsteigt, weil er vorher ein Studium absolviert hat, so hat er eine dadurch entstehende Versorgungslücke, denn diese Zeiten werden in der Rentenversicherung so nicht mehr berücksichtigt

    für diese Lücke ist aus meiner Sicht eine Erhöhung des Schonvermögens vorzunehmen


    bezüglich der Berechnung des Schonvermögens ab dem 18. Lebensjahr verweist RA Hauß u. a. auf § 851c ZPO:

    (2) Um dem Schuldner den Aufbau einer angemessenen Alterssicherung zu ermöglichen, kann er unter Berücksichtigung der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt, des Sterblichkeitsrisikos und der Höhe der Pfändungsfreigrenze, nach seinem Lebensalter gestaffelt, jährlich einen bestimmten Betrag unpfändbar auf der Grundlage eines in Absatz 1 bezeichneten Vertrags bis zu einer Gesamtsumme von 256 000 Euro ansammeln. Der Schuldner darf vom 18. bis zum vollendeten 29. Lebensjahr 2 000 Euro, vom 30. bis zum vollendeten 39. Lebensjahr 4 000 Euro, vom 40. bis zum vollendeten 47. Lebensjahr 4 500 Euro, vom 48. bis zum vollendeten 53. Lebensjahr 6 000 Euro, vom 54. bis zum vollendeten 59. Lebensjahr 8 000 Euro und vom 60. bis zum vollendeten 67. Lebensjahr 9 000 Euro jährlich ansammeln.


  • Guten Abend!


    Wie sieht es denn mit jüngeren Personen aus, denen Elternunterhalt droht? Wenn wir von dem fiktiven Fall ausgehen, dass jemand erst 10 Jahre arbeitet, aber durch Lottogewinn/Erbe oder wie auch immer bereits an hohe Rücklagen gekommen ist; das scheint mir das Worst Case-Szenario zu sein oder wie wird das in der Runde gesehen?


    LG!
    ahbs

  • Wenn wir von dem fiktiven Fall ausgehen, dass jemand erst 10 Jahre arbeitet, aber durch Lottogewinn/Erbe oder wie auch immer bereits an hohe Rücklagen gekommen ist; das scheint mir das Worst Case-Szenario zu sein oder wie wird das in der Runde gesehen?

    die Herkunft eines hohen Vermögens ist ohne Belang, entscheidend ist wie ein Unterhaltspflichtiger dieses Vermögen argumentativ verteidigt

    Rücklagen können geschützt sein, sofern die passenden Argumente vom Gericht anerkannt werden

  • Was aber, wenn man im Studium gearbeitet hat, sozialversicherungspflichtig? Ich habe als Tutor gearbeitet und frage mich, ob diese "Berufsjahre" auch gezählt werden.

  • Was aber, wenn man im Studium gearbeitet hat, sozialversicherungspflichtig? Ich habe als Tutor gearbeitet und frage mich, ob diese "Berufsjahre" auch gezählt werden.

    Diese Fragestellung ohne konkreten Sachverhalt ist zu allgemein und bringt hier nichts.


    Dem Schonvermögen wird m.E. viel zu viel Bedeutung beigemessen. Das wird erst relevant, wenn ein UHP die Regelaltersgrenze erreicht hat. Ich kenne keinen Fall, wo ein noch Berufstätiger zur Zahlung von Unterhalt aus Vermögen verurteilt wurde.

  • Was aber, wenn man im Studium gearbeitet hat, sozialversicherungspflichtig? Ich habe als Tutor gearbeitet und frage mich, ob diese "Berufsjahre" auch gezählt werden.

    das lässt sich ja anhand der Rentenauskunft nachweisen, damit ist es aus meiner Sicht als berufliche Tätigkeit anzuerkennen

  • awi


    Na doch, für mich ist es relevant, da ich evt. meine Immobilie verkaufen möchte und da muss das Schonvermögen sehr genau bekannt sein.


    Unikat

    Du meinst nicht den Rentenbescheid, den man regelmäßig bekommt!? Aus dem kann ich nicht meine Berufsjahre entnehmen.

  • Unikat

    Du meinst nicht den Rentenbescheid, den man regelmäßig bekommt!? Aus dem kann ich nicht meine Berufsjahre entnehmen.

    ich schrieb Rentenauskunft, und die kann man bei der Rentenversicherung beantragen, da steht alles notwendige drin

  • Du meinst nicht den Rentenbescheid, den man regelmäßig bekommt!?

    Wie hoch ist denn die voraussichtliche Rentenhöhe?

    Nur aus den jetzigen Daten kann ich nicht ansatzweise vorher sagen, wie ich ein Schonvermögen berechnen bzw. verteidigen könnte.