Elternunterhalt - Verwirkung - Alkohol

  • Hallo,


    in diesem abstrakten Fall ginge es um eine Aufforderung, die Einkünfte darzulegen (1. Mal wäre bereits letztes Jahr erfolgt). Es ginge um den Vater, der Hilfe zur Pflege (Putzhilfe, 200€/Monat) bekäme. Eine Unterhaltspflicht selbst würde zZt eindeutig ausscheiden, da Einkommen unter dem Selbstbehalt. Eine Sachbearbeiterin hätte aber geraten, schon jetzt Unterlagen bzgl. Verwirkung einzureichen, da späteres Einreichen (zB wenn man dann zahlungspflichtig werden würde), unglaubwürdig wäre.


    Mögliche Verwirkungsgründe:


    a) Trennung als das Kind 4 war (Scheidung als es 6 war mit alleinigem Sorgerecht der Mutter), seit der Trennung keine Kontaktaufnahme durch den Vater. Keine Anstalten, ein gemeinsames Sorgerecht oder Umgangsrecht zu erwirken. Erste Kontaktaufnahme erfolgte letztes Jahr in Bezug auf die Unterhaltsforderung. D.h. 40 Jahre kein Kontakt, keine Geburtstagsgrüße, keine Karte zum Geburtstag, meist noch nicht einmal keine Unterstützung in Form von Auskünften bzgl. des Bafög-Bezuges des Kindes während des Studiums etc. Die Nachweise musste das Bafög-Amt immer über Amtshilfe einholen (kein Nachweis darüber vorhanden, leider).


    b) Vater zahlte für das Kind und die Mutter fast nie Unterhalt. Beide lebten seit der Trennung von Sozialhilfe. Er hätte zwar laut Gericht zahlen müssen, das Sozialamt hatte auch einen vollstreckbaren Titel, diesen aber wohl nie vollstreckt, so dass er wohl recht gut davon kam all die Jahre. Auch bei Studienbeginn musste er nichts zahlen, weil er durch Alkoholismus immer schlechtere Jobs bekam und schließlich arbeitslos bzw. Frührentner wurde.


    c) durch den Alkoholismus selbst verschuldeter Abstieg und dadurch weniger Geld als Rentner: von öff. Dienst über Personentransport über Kurier über Führerscheinverlust (Alkoholfahrt mit Unfall und >3 Promille) in die Arbeitslosigkeit, mit 42 Jahren alt, d.h. ihm würden somit über 20 Arbeitsjahre fehlen. In einem der fraglichen Jahre hatte er z.B. insgesamt 10 Bewerbungen geschrieben, also wohl auch das ein Zeichen dafür, dass kein ernsthaftes Interesse bestand, etwas an seiner Situation zu verändern.


    Aussagen beim Gutachter "ich trinke aus Lust auf Alkohol, Alkohol ist kein Problem, eine Entzugskur habe ich nie gemacht und halte ich nicht für nötig, kann mir nicht vorstellen, mich darauf einzulassen, auch nicht Gruppengespräche bei den AA". Gutachter: Bagatellisierungs-, Verdrängungs- und Verleugnungstendenzen, Diagnose. Alkoholabhängigkeit. Entzug wäre als erfolgreich zu beurteilen, jedoch aufgrund mangelnder Krankheitseinsicht und Introspektionsfähigkeit sowie der demotivierenden Unterhaltsverpflichtungen nicht erfolgsversprechend. Chancen ein wenig größer, wenn sich der Proband den Unterhaltsverpflichtungen entledigen könnte.

    Nun, 26 Jahre nach diesem Gutachten und ebenso vielen Jahren in Arbeitslosigkeit und ohne Unterhaltsverpflichtung trinkt der Proband noch immer.


    Nun meine Fragen:


    - Ist es überhaupt richtig oder sinnvoll, diese Dinge jetzt schon beim Sozialhilfeträger darzulegen? Oder geht es auch noch später? Anwalt ratsam (und wie bezahlen?) oder reicht Anwalt später?


    - wer ist in der Beweispflicht? Wie soll das Kind beweisen, dass kein Kontakt stattfand, es war ja noch klein und ein nicht-Kontakt ist kaum beweisbar? Die Mutter ist nicht auffindbar. Wer ist in der Beweispflicht ob Unterhalt bezahlt wurde oder nicht? Das Kind oder der Vater? Für ihn müsste das ja eigtl. leichter möglich sein, denn das Kind hatte ja nun im Alter ab 4 keine Möglichkeit, sich für den Fall, dass es in 40 Jahren einmal Unterhalt zahlen müsste, Kopien zu machen und Dinge bescheinigen zu lassen :-(

    Auch Unterlagen, als das Kind schon älter war, gibt es nicht mehr, diese wurden leider durch unglückliche Umstände (von meiner Mutter verschuldet) verloren. Woher bekommt man nach bis zu 40 Jahren noch Nachweise? Die Urteile sind zum Teil vorhanden, dort steht drin, was er zahlen hätte müssen, man bräuchte ja aber die Nachweise, was er überhaupt gezahlt bzw. nicht bezahlt hat. Die Ämter haben vermutlich nichts mehr, oder? Könnten die Anwälte noch was haben, auch wenn es die Kanzleien teils schon nicht mehr gibt? Oder die Gerichte? Ein paar Urteile habe ich noch, zB Abänderungsklagen, bei denen er geklagt hatte, weil er durch den Abstieg immer weniger verdiente, er könne dann auch weniger Unterhalt zahlen (was er ja oft gar nicht tat).


    - sollte man den Alkoholismus überhaupt erwähnen? Manche raten ja, das komplett rauszulassen, da es ja Krankheit sei. Der Alkoholismus kommt allerdings in jedem Schreiben/Urteil zur Sprache, das mir noch vorliegt. Dh. entweder ich reiche was ein (mit Alk-Bezug) oder ich habe gar nichts zum Einreichen. Auch, dass er nie eine Krankheitseinsicht zeigte und nie einen Entzug gemacht hat. Ist es dann als Krankheit zu werten, wenn er sich selbst nicht um Besserung bemüht und sich einem Entzug verweigert? Wo ist hier die Grenze zwischen selbstverschuldet und Krankheit zu ziehen?


    Ich hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen, wie ich das am Besten angehe.

    Viele Grüße

    Marcy

  • Hallo Marcy,


    willkommen im Forum.:)

    Erste Kontaktaufnahme erfolgte letztes Jahr in Bezug auf die Unterhaltsforderung

    Hat der Vater Kontakt aufgenommen?


    Eine Sachbearbeiterin hätte aber geraten, schon jetzt Unterlagen bzgl. Verwirkung einzureichen, da späteres Einreichen (zB wenn man dann zahlungspflichtig werden würde), unglaubwürdig wäre.

    Die SB hat meiner Meinung insofern recht, dass es zumindest logischer wäre. Sie hat unrecht, wenn sie meint, dass das spätere Einreichen unglaubhafter wäre. Meistens kommt eine solche Aufforderung ganz unverhofft und ein UHP ist völlig überrascht, hat sich noch nie mit dem Thema beschäftigt und stößt erst im Laufe der Zeit auf den § 1611 BGB.


    Wenn die Verwirkung eindeutig zu beweisen ist, dann sollte man auch keine Auskunft geben. Wenn die Beweislage schwach ist, dann sollte man zweigleisig vor gehen.


    Auskunft geben, aber gleichzeitig einen Wegfall der Unterhaltspflicht nach § 1611 BGB beantragen. Dabei sollte man die eigene Situation gut beschreiben, nicht übertreiben, möglichst Dokumente beziehungsweise Zeugenaussagen vor legen, die einen Wegfall der Unterhaltspflicht nach § 1611 BGB untermauern könnten.


    Beide lebten seit der Trennung von Sozialhilfe. Er hätte zwar laut Gericht zahlen müssen, das Sozialamt hatte auch einen vollstreckbaren Titel, diesen aber wohl nie vollstreckt,

    Wahrscheinlich konnte man nicht vollstrecken, weil er nichts hatte.


    wer ist in der Beweispflicht?


    In erster Linie der UHP, denn er will ja die Unterhaltszahlung abwenden.


    Die Mutter ist nicht auffindbar.

    Das sollte über Meldeämter möglich sein. Die Mutter wäre eine wichtige Zeugin. Gibt es andere Verwandte, die man als Zeugen benennen könnte?


    Liegt die obige Aussage des Gutachters vor?



    Gruß

    awi

  • Lieben Dank,


    bekomme das mit dem zitieren nicht hin, tut mir leid, daher so.


    Der Vater hat Kontakt aufgenommen (wie gesagt nach 40 Jahren das erste Mal), mich 30 Minuten zugelabert, wie sehr er mich vermisst hätte und dass er ja keine Möglichkeit gehabt hätte, Kontakt aufzunehmen, was gelogen ist, denn er hatte meine Adresse zuhause und ab Studium hatte er sie auch, weil ich ja alle 6 Monate Bafög-Unterlagen hingeschickt hatte. Keine Frage, was ich mache, wie es mir geht oder sonstwas. Nichts. Kein es tut mir leid. Nichts. Nur, wie schlecht es ihm geht. Am Ende des Gespräches kam dann die Aussage "es könnte sein, dass ich Post vom Amt bekomme". Der Brief kam einen Tag danach.


    Laut Aussage einer SB von damals wurde das Urteil nie vollstreckt. Und eben nicht, es gab nichts zu holen.


    Die Meldeämter haben wohl nichts gebracht, der SHT hatte es versucht. Ich selbst würde ja durch die DSGVO auch keine Auskunft bekommen. Sie ist psychisch krank, Messie (deshalb auch Verlust der Unterlagen), agiert mit verschiedenen Namen, fälscht Unterschriften etc. Mit ihr möchte ich ebenso wenig Kontakt, wie zu ihm...


    Bzgl. anderer Verwandter: ja ein paar gibt es noch, allerdings sind die 90+, das wird schwierig bzgl. Erinnerung.


    Das Gutachten liegt mir komplett vor, ja.


    VG Marcy

  • Am Ende des Gespräches kam dann die Aussage "es könnte sein, dass ich Post vom Amt bekomme". Der Brief kam einen Tag danach.

    mal ne einfache Frage, welche Art von Sozialhilfe bezieht der Vater?

  • mal ne einfache Frage, welche Art von Sozialhilfe bezieht der Vater?

    Leistungen nach dem SGB XII

    Hilfe zur Pflege - 200€/Monat (durch den Arbeiter-Samariterbund)

    in der Aufstellung steht "Hilfe zur Weiterführung des Haushalts §70 SGB XII", er lebt alleine zuhause


    Erwerbsunfähigkeitsrente 680€, und wohl Grundsicherung, zumindest sieht der Berechnungsbogen so aus.

    Habe nach meiner Aufforderung letztes Jahr, mir eine Übersicht über seine Einkünfte/Vermögen zu übersenden, auch nur zwei Berechnungsbögen für 2 Monate erhalten, kein Beleg für die Hilfe, kein Rentenbescheid oder sonstwas.


    Er ist Jahrgang 1950, warum bekommt er dann noch EU-Rente? Wird das nicht umgestellt?

  • wenn der Vater im Rahmen der Hilfe zur Pflege Unterstützung für den Haushalt bekommt, dann frage ich mich warum?

    ist er körperlich behindert, oder was hindert ihn selber zu putzen?


    zu § 70 SGB XII

    Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes § 70 SGB XII Stand 10.2017 1§ 70 (1) Personen mit eigenem Haushalt sollen Leistungen zur Weiterführung des Haushalts erhalten, wenn weder sie selbst noch, falls sie mit anderen Haushaltsangehörigen zusammenleben, die anderen Haushaltsangehörigen den Haushalt führen können und die Weiterführung des Haushalts geboten ist. Die Leistungen sollen in der Regel nur vorübergehend erbracht werden. Satz 2 gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Unterbringung in einer stationären Einrichtung vermieden oder aufgeschoben werden kann.

  • das Ja ist nicht eindeutig bzgl. Entscheidung Amt oder Gericht.

    zuerst entscheidet das Sozialamt, bei Ablehnung kann der Unterhaltspflichtige die Zahlung verweigern, dann wird das Sozialamt klagen

  • ja

    Worauf bezieht sich dein "Ja"?


    Wahrscheinlich nur darauf, dass die Ämter zunächst entscheiden.


    Zunächst entscheidet der SHT, ob er die vorgebrachten Argumente anerkennt oder nicht.

    Sollte er sie anerkennen und einen Wegfall der Unterhaltspflicht beschließen, dann hätte der UHP Ruhe und würde nicht mehr angeschrieben.

    Sollte er sie nicht anerkennen und der UHP leistungsfähig sein, dann wird Unterhalt gefordert.

    Jetzt bestünde für den UHP noch die Möglichkeit, den Unterhalt zu verweigern und sich vor Gericht verklagen zu lassen und zu hoffen, dass seine Argumente das Gericht überzeugen könnten.

  • aus Urteil des Bundessozialgericht

    11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R


    3. Die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII setzt bei allen denkbaren Anspruchsgrundlagen voraus, dass der Kläger überhaupt im streitigen Zeitraum die geltend gemachten Kosten für eine Haushaltshilfe aufgewendet hat, er also im Wege der zulässigen “Selbstbeschaffung” eine Haushaltshilfe eingeschaltet und diese auf andere Weise bezahlt hat, oder dass er der Haushaltshilfe die Bezahlung noch schuldet. Aufgabe der Sozialhilfe ist es nämlich nicht, nachträglich Leistungen zu erbringen, wenn der Bedarf hierfür mittlerweile entfallen ist.

    4. Die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe setzt weiter voraus, dass die Einschaltung einer Haushaltshilfe überhaupt notwendig ist. Die Entscheidung hierüber verlangt genaue, nachvollziehbare Feststellungen des SG dazu, welche körperlichen Funktionsdefizite bei dem Kläger vorliegen und welche hauswirtschaftlichen Tätigkeiten von ihm deshalb nicht verrichtet werden können.

  • Er ist Jahrgang 1950, warum bekommt er dann noch EU-Rente? Wird das nicht umgestellt?

    Verstehe ich auch nicht.

    Jahrgang 1950.

    Eine Erwerbsminderungsrente sollte eigentlich schon in eine Regelaltersrente umgewandelt worden sein.

  • aus Urteil des Bundessozialgericht

    11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R


    3. Die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII setzt bei allen denkbaren Anspruchsgrundlagen voraus, dass der Kläger überhaupt im streitigen Zeitraum die geltend gemachten Kosten für eine Haushaltshilfe aufgewendet hat, er also im Wege der zulässigen “Selbstbeschaffung” eine Haushaltshilfe eingeschaltet und diese auf andere Weise bezahlt hat, oder dass er der Haushaltshilfe die Bezahlung noch schuldet. Aufgabe der Sozialhilfe ist es nämlich nicht, nachträglich Leistungen zu erbringen, wenn der Bedarf hierfür mittlerweile entfallen ist.

    4. Die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe setzt weiter voraus, dass die Einschaltung einer Haushaltshilfe überhaupt notwendig ist. Die Entscheidung hierüber verlangt genaue, nachvollziehbare Feststellungen des SG dazu, welche körperlichen Funktionsdefizite bei dem Kläger vorliegen und welche hauswirtschaftlichen Tätigkeiten von ihm deshalb nicht verrichtet werden können.

    3. der Bedarf ist nicht zwischenzeitlich entfallen, er besteht laut Schreiben seit 1.1.2018 (also vermutlich dauerhaft)


    4. das heißt, es müsste ein Urteil eines Sozialgerichts geben, was bei ihm konkret der Fall ist?


    Ich kann ja nicht mehr tun, als das Amt aufzufordern, mir relevante Dinge zu übermitteln. Ich erhielt trotzdem nur 2 Berechnungsbögen. Im Schreiben stand noch, dass es kein Vermögen gibt, keine vorrangigen Unterhaltsansprüche und bestehende Unterhaltsansprüche überprüft wurden.

  • Entzug wäre als erfolgreich zu beurteilen, jedoch aufgrund mangelnder Krankheitseinsicht und Introspektionsfähigkeit sowie der demotivierenden Unterhaltsverpflichtungen nicht erfolgsversprechend. Chancen ein wenig größer, wenn sich der Proband den Unterhaltsverpflichtungen entledigen könnte.

    Ich halte diesen Satz für einen sehr wichtigen.

    Ich lese daraus ab, dass sich der Vater nur deshalb nicht auf einen Entzug eingelassen hat, um keinen Unterhalt zahlen zu müssen.


    Man sollte versuchen, weitere Beweise zu sammeln und Aussagen von noch lebenden Verwandten zu sichern.