wenn die 100.000 Grenze kommt ...

  • Danke für die Erläuterung.

    Somit kann man sich nicht darauf verlassen, durch die Unschuldsvermutung in irgendeiner Form geschützt zu sein. Denn Eltern, die in dem Alter sind, in dem der EU relevant wird, können sich evtl. bei den Angaben irren. Und wenn man eine akademischen Ausbildung hat, dann ist ein Einkommen >100k aus Sicht des SHT zumindest nicht ganz unwahrscheinlich.

    Schade.

  • was die Prüfung der 100.000 € Grenze anbelangt, siehe das Urteil des LSG Niedersachsen


    Gemäß § 16 SGB IV ist Gesamteinkommen die Summe der Einkünfte i. S. des Einkommenssteuerrechts. Hierunter fallen nach § 2 Abs 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit, nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung. Bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zählt der Gewinn vor Steuern. Bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung ergeben sich die Einkünfte aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Einkünfte aus Kapitalvermögen sind unter Abzug des Sparerfreibetrages zu berücksichtigen, § 2 Abs 2 Satz 2, § 20 Abs 9 EStG (vgl. BSG, Urteil vom 22. Mai 2003 - B 12 KR 13/02 R -; BFG, Urteil vom 26. September 2000 - VI R 85/99 -; Klattenhoff, in: Hauck/Haines, Kommentar zum SGB IV, § 16, Rdnr 25). Die in den einzelnen Einkommensarten errechneten Ergebnisse werden schließlich zur Summe der Einkünfte zusammengefasst. Hierbei kommt im Rahmen eines die Einkunftsarten übergreifenden - vertikalen - Verlustausgleichs eine Verrechnung negativer und positiver Einkünfte verschiedener Art in Betracht (vgl. Klattenhoff, a. a. O., Rdnr 2).

  • ob man vor dem Auskunftsersuchen geschützt ist.

    Wenn keine Anhaltspunkte für die Überschreitung vorliegen!

    wo das Problem sein soll erschließt sich mir nicht, liege ich unter 100.000 € würde ich dem Sozialamt eine entsprechende Mitteilung machen und die Jahreslohnsteuerbescheinigung vorlegen, dann hab ich Ruhe, wo ist das Problem,

    Prinzipienreiterei ? unnötige Ängste? eventuell was zu verbergen ... ? das wäre Prozessbetrug

  • in diesem Zusammenhang möchte ich auf einen weiteren Aspekt aufmerksam machen,

    Zitat aus § 94 SGB XII


    "(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden."


    wenn das Sozialamt seinen Anspruch auf das Elternteil rücküberträgt, dann stellt sich die Frage, ob auch dann die 100.000 € Grenze zieht, weil ja das Elternteil das Kind verklagt

    bei Rückübertragung gilt die 100.000 € Grenze nicht,


    siehe dazu Urteil des OLG Hamm vom 17.12.2013, AZ: II-7 UF 165/13



    "Auf den Sozialhilfeträger nach § 94 Abs.1 S.1 SGB XII übergegangene Ansprüche sind an die Antragstellerin rückübertragen worden. Die Einkommensgrenze von 100.000,00 € gilt insoweit nicht."


  • meinst Du wirklich, dass der SHT sich mit solch einem Taschenspielertrick den Kosten entziehen möchte?


    Ich kann mit nicht vorstellen, dass da nicht das Angehörigen-Entlastungsgesetz greift.

  • meinst Du wirklich, dass der SHT sich mit solch einem Taschenspielertrick den Kosten entziehen möchte?


    Ich kann mit nicht vorstellen, dass da nicht das Angehörigen-Entlastungsgesetz greift.

    das genannte Urteil steht im Zusammenhang mit Grundsicherung, und deren Regelungen werden 1:1 übernommen, auch der § 94 Abs. 5 (Rückübertragung) bleibt unverändert


    ich beschreibe die Rechtslage, was ein Sozialmt daraus macht .... ?

  • Ja, aber was bedeutet das in der Praxis? Durch die Überleitung erhält das SA ja erstmal das Recht sich bei den Kindern "umzusehen". Wird Ihnen der Weg verbaut, weil weil alle UHPs unter 100k€ liegen, übertrage ich die Ansprüche zurück. Deswegen kann sich das SA ja nicht vor Zahlungen drücken und es kann den SH-Empfänger ja auch nicht zwingen, von den Kindern Unterhalt einzufordern. Es kann auch nicht im Namen des SA-Empfängers einfach Klagen versenden. Sollten die Ämter in Nachgang durch irgendwelche Zeitungsdrückertaktiken versuchen, an das Geld heranzukommen, wird man dem hoffentlich ganz schnell Steine in den Weg legen.


    Anders sehe ich das Problem bei Neuanträgen. Hier könnte das SA ja auf die Idee kommen, dass sich der Hilfesuchende vielleicht erstmal selbst bei der Verwandtschaft umschaut: Sehr geehte(r) Herr/Frau Mittellos, bitte verklagen Sie doch erst mal Ihre Bälger, bevor Sie sich an uns wenden. Diese sind Ihnen gegenüber nämlich zum Unterhalt verpflichtet (und das ohne 100k€ Grenze) ...


    In den tollen SA Anschreiben wird dann beim Antrag auf Unterhalt/Hilfe noch eine Spalte zusätzlich auftauchen:


    [ ] Kinder und Ehepartner auf Unterhalt verklagt (bitte entsprechendes ankreuzen)

  • wo das Problem sein soll erschließt sich mir nicht, liege ich unter 100.000 € würde ich dem Sozialamt eine entsprechende Mitteilung machen und die Jahreslohnsteuerbescheinigung vorlegen, dann hab ich Ruhe, wo ist das Problem,

    Prinzipienreiterei ? unnötige Ängste? eventuell was zu verbergen ... ? das wäre Prozessbetrug

    Ich versuche mir aktuell eine Strategie zu erarbeiten, mich vor möglichem EU in Zukunft bestmöglich abzusichern. Das kommende Gesetz scheint dazu das beste (einzige?) Mittel zu sein. Die Unschuldsvermutung wäre dabei die erste denkbare Verteidigungslinie, aber scheint ja dann wohl doch nicht wirklich effektiv zu sein.

    Mit "geschützt gemeint" meinte ich alle eventuellen Nachteile, die mit dem nachfolgenden Prozedere zusammenhängen könnten, wobei mir selber noch nicht klar ist, was das genau sein könnte. Da fehlt mir aktuell noch das nötige Wissen. (z.B. ist mir noch nicht klar, ob das, was nach der Widerlegung folgt schon die RWA ist, oder noch eine Vorstufe).

    Aber eine drohende Einschränkung der persönlichen Freiheiten wie die Möglichkeit in Teilzeit zu arbeiten oder das Vermögen aufzuzehren, wäre evtl. so ein Nachteil an den ich gedacht hatte (daher auch meine Frage hier: #58).


    Danke an alle.

  • Gerade als ich dachte mit dem neuen Gesetz sei man einigermaßen sicher kommt jetzt sowas :(

    Gibt es denn gar keinen Weg?

  • Mit "geschützt gemeint" meinte ich alle eventuellen Nachteile, die mit dem nachfolgenden Prozedere zusammenhängen könnten, wobei mir selber noch nicht klar ist, was das genau sein könnte. Da fehlt mir aktuell noch das nötige Wissen. (z.B. ist mir noch nicht klar, ob das, was nach der Widerlegung folgt schon die RWA ist, oder noch eine Vorstufe).

    wenn ein Sozialamt die Vermutung widerlegen kann, dann ist ja das Einkommen wahrscheinlich über 100.000 €, dann folgt das übliche Procedere, also konkrete Auskunftsforderung gegenüber den Unterhaltspflichtigen, die sog. Prüfungsphase


    in der Prüfungsstufe wird geprüft, ob der Unterhaltspflichtige über oder unter 100.000 € liegt, und das geht so:

    nur der Unterhaltspflichtige,

    wenn seine jeweiligen Einkunftsarten, wie unselbständige Arbeit, Mieteinnahmen, Kapitalerträge, etc. nach Abzug der jeweiligigen Werbungskosten, zusammengenommen unter 100.000 € liegen, dann ist er befreit,

    Vermögen spielt bei der Prüfung ob über oder unter 100.000 keine Rolle, genausowenig der Ehepartner


    >dies ist Sozialhilferecht kombiniert Einkommensteuerrecht


    Gemäß § 16 SGB IV ist Gesamteinkommen die Summe der Einkünfte i. S. des Einkommenssteuerrechts. Hierunter fallen nach § 2 Abs 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit, nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung. Bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zählt der Gewinn vor Steuern. Bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung ergeben sich die Einkünfte aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Einkünfte aus Kapitalvermögen sind unter Abzug des Sparerfreibetrages zu berücksichtigen, § 2 Abs 2 Satz 2, § 20 Abs 9 EStG (vgl. BSG, Urteil vom 22. Mai 2003 - B 12 KR 13/02 R -; BFG, Urteil vom 26. September 2000 - VI R 85/99 -; Klattenhoff, in: Hauck/Haines, Kommentar zum SGB IV, § 16, Rdnr 25). Die in den einzelnen Einkommensarten errechneten Ergebnisse werden schließlich zur Summe der Einkünfte zusammengefasst. Hierbei kommt im Rahmen eines die Einkunftsarten übergreifenden - vertikalen - Verlustausgleichs eine Verrechnung negativer und positiver Einkünfte verschiedener Art in Betracht (vgl. Klattenhoff, a. a. O., Rdnr 2).


    liegt der Unterhaltspflichtige über 100.000, dann gilt folgendes:

    dann gelten die üblichen unterhaltsrechtlichen Regelungen des Elternunterhalts, wie jeweiliger Selbstbehalt, Einbeziehung des Ehepartners und auch die Vermögensprüfung

  • wenn ein Sozialamt die Vermutung widerlegen kann, dann ist ja das Einkommen wahrscheinlich über 100.000 €, dann folgt das übliche Procedere, also konkrete Auskunftsforderung gegenüber den Unterhaltspflichtigen, die sog. Prüfungsphase

    ...

    Hallo Unikat,

    vielen Dank für die Zusammenfassung. Ich lese indirekt heraus, dass diese Prüfungsphase noch nicht die RWA ist.


    Aber was mich noch umtreibt ist die Frage: Darf ich nach dieser Prüfung wenn ich unter 100.000 € geblieben bin, noch frei meine finanziellen Entscheidungen treffen (um z.B. dafür zu sorgen auch weiter unter 100k zu bleiben, oder Vermögen, was ich angespart habe, auszugeben)?

    Oder wird das Amt mir dann fiktives Einkommen/Vermögen unterstellen und sagen: ich wusste spätestens seit der Prüfung, dass ich eigentlich EU-pflichtig wäre, also hätte ich mein Einkommen/Vermögen nicht reduzieren dürfen (was ja nach der RWA tatsächlich so wäre)?

  • Ich lese indirekt heraus, dass diese Prüfungsphase noch nicht die RWA ist.

    was ist die RWA, sie ist eine Mitteilung des Sozialamts, das Sozialhilfe geleistet wird, und der Anspruch des Elternteils auf das Sozialmamt übergegangen ist, diese ist gesetzlich normiert


    wenn unter 100.000 € in der Prüfungsphase, so ist der Übergang zwar "vorübergehend" ausgeschlossen, also keine Unterhaltsforderung möglich, aber dieser Anspruch kann jederzeit wieder aufleben, deswegen werden die Sozialämter aus meiner Sicht eine RWA versenden, denn mit der RWA befindet sich der Unterhaltspflichtige in Verzug, solange Sozialhilfe geleistet wird


    und das bedeutet auch, so meine Sicht, der Unterhaltspflichtige ist nicht mehr so frei wie vor der Rechtswahrungsanzeige

    ein Urteil zu diesem Aspekt gibt es nach meinen Kenntnisstand nicht, ich bin jedoch sicher, diese Fragestellung wird sich in Zukunft öfter stellen, und somit auch gerichtlich zu klären sein

  • und das bedeutet auch, so meine Sicht, der Unterhaltspflichtige ist nicht mehr so frei wie vor der Rechtswahrungsanzeige

    ein Urteil zu diesem Aspekt gibt es nach meinen Kenntnisstand nicht, ich bin jedoch sicher, diese Fragestellung wird sich in Zukunft öfter stellen, und somit auch gerichtlich zu klären sein

    ob eine RWA notwendig ist, den Unterhaltspflichtigen "einzuschränken" ist aus meiner Sicht nicht der entscheidende Aspekt, sondern das Wissen des Unterhaltspflichtigen, das Elternteil ist "bedürftig", kann also seinen Lebensunterhalt nicht mehr alleine bestreiten


    diese Kenntnis könnte zu einer finanziellen Einschränkung führen, so meine Sicht