würde der Selbstbehalt auf 5.000 € angehoben werden, dann hätte kein Kind mehr zu bezahlen,
Genau, so wie die UHP die jetzt unter der Grenze liegen.
Arbeitet Deine Anwältin für den Sozialhilfeträger ?
Woher weißt du das?
VG frase
würde der Selbstbehalt auf 5.000 € angehoben werden, dann hätte kein Kind mehr zu bezahlen,
Genau, so wie die UHP die jetzt unter der Grenze liegen.
Arbeitet Deine Anwältin für den Sozialhilfeträger ?
Woher weißt du das?
VG frase
Genau, so wie die UHP die jetzt unter der Grenze liegen.
die Befürworter der Anhebung des Selbstbehalts auf 5.000 € gehen offensichtlich von einer Ungleichheit aus, weil sie der Auffassung sind, es dürfte zwischen einem Kind mit Einkommen von 99.000 € p.a. und bei einem Kind mit 101.000 € keinen Unterschied geben,
diese Differenzierung halten sie somit für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung
ob diese Ansicht haltbar ist und vor Gericht standhalten würde,
aus meiner Sicht liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor
Begründung:
zuerst ist die Frage zu beantworten, darf der Gesetzgeber Differenzierung vornehmen?
ja
"Art. 3 I GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. "
Die eine Gruppe sind Kinder, die über der Grenze liegen = Unterhaltspflichtige
Die andere Grupp sind Kinder, die unter der Grenze liegen = keine Unterhaltspflichtige
> dürfen beide Gruppen (Normadressaten) unterschiedlich behandelt werden?
ja
den Zweck des Gesetzes hat der Gesetzgeber, also die Entlastung der Kinder unter 100.000 €, eindeutig benannt
wenn dieses Ziel verfassungsmäßig ist, für mich ist es so,
dann kann ein Kind mit Einkommen über 100.000 € nicht das gleiche Recht fordern
Fall1
Elternteil hat ein Kind mit Einkommen unter 100.000 €, ist somit nicht unterhaltspflichtig und auch nicht auskunftpflichtig
Fall 2
Elternteil hat mehrere Kinder, davon eins über der Grenze, die anderen Kinder liegen unter der Grenze, sind somit auch nicht auskunftspflichtig
Folge: das Kind aus Fall1 und die nicht auskunftspflichtigen Kinder aus Fall 2 gehören somit zur gleichen Gruppe der "nicht Auskunftspflichtigen", mit der Folge, sie sind bezüglich Auskunft gleich zu behandeln
das Sozialamt steht aber auf dem Standpunkt, die Kinder aus Fall2 haben Auskunft zu geben, damit die Geschwisterquote berechnet werden kann
ist dieses Argument so gewichtig, das es den Grundsatz der Gleichheit aushebeln kann?
die Antwort liegt auf der Hand, ein klares Nein,
denn der Gesetzgeber hat mit Abs.1a des § 94 SGB XII eine eindeutige gesetzliche Regelung geschaffen, die keine Ausnahme zulässt
Alles anzeigenFall1
Elternteil hat ein Kind mit Einkommen unter 100.000 €, ist somit nicht unterhaltspflichtig und auch nicht auskunftpflichtig
Fall 2
Elternteil hat mehrere Kinder, davon eins über der Grenze, die anderen Kinder liegen unter der Grenze, sind somit auch nicht auskunftspflichtig
Folge: das Kind aus Fall1 und die nicht auskunftspflichtigen Kinder aus Fall 2 gehören somit zur gleichen Gruppe der "nicht Auskunftspflichtigen", mit der Folge, sie sind bezüglich Auskunft gleich zu behandeln
das Sozialamt steht aber auf dem Standpunkt, die Kinder aus Fall2 haben Auskunft zu geben, damit die Geschwisterquote berechnet werden kann
ist dieses Argument so gewichtig, das es den Grundsatz der Gleichheit aushebeln kann?
die Antwort liegt auf der Hand, ein klares Nein,
denn der Gesetzgeber hat mit Abs.1a des § 94 SGB XII eine eindeutige gesetzliche Regelung geschaffen, die keine Ausnahme zulässt
Hallo Unikat,
beim Auskunftsanspruch mit dem Grundgesetz zu argumentieren ist schon arg lustig. Aber gut:
Die 2 Fälle sind eben leider überhaupt nicht gleich, Du vergleichst Äpfel mit Birnen!
§ 117 XII SGB wurde eingeführt um den Nachrang der Sozialhilfe wiederherzustellen zu können. So gut wie alle Versuche ihn per Klage ausser Kraft zu sind gescheitert. Die Urteile sind Dir bekannt.
Im Fall2 geht eben genau darum, daß der Sozialhilfeträger den Anspruch gegen das eine Kind durchsetzen will und dazu den Auskunftsanspruch braucht. Das ist eine komplett andere Situation als in Fall1.
Aber: Vielleicht gewinnt ja mal ein Kind (unter der Grenze) oder eher ein Ehepartner von ihr/ihm den Prozess gegen den Sozialhilfeträger, weil sie/er keine Auskunft geben möchte. Kann ja sein, daß ein Gericht die Persönlichkeitsrechte des Ehepartners eines Kindes, gegenüber welche keine Ansprüche seitens des Sozialhilfeträgers bestehen, höher einschätzt als das (zur Herstellung des Nachranges) nötige Auskunftsbegehren des Sozialhilfeträgers. Dann hätte der Sozialhilfeträger das Nachsehen. Die Urteile in ähnlichen Fällen deuten aber überhaupt nicht darauf hin. Daher sind die echten Experten ja auch einhellig der Meinung, es besteht in diesem Falle ein Auskunftsanspruch nach § 117 XII SGB.
Es würde mich sehr freuen, wenn der Auskunftsanspruch gegen die Kinder unter der Grenze nicht möglich wäre nach § 117 XII SGB. Dann wäre der Elternunterhalt erstmal tot (bis der Gesetzgeber eingreift)
Viele Grüße,
mustermann
Alles anzeigenHallo frase,
denken wir doch mal weiter...
was unstrittig ist: Es ist nur der Anspruch gegen das Kind, welches über der Grenze von 100.000 Euro liegt, auf den Sozialhilfeträger übergegangen. Mehr als diesen Anteil kann der Sozialhilfeträger nicht einfordern (Oder besser gesagt: Fordern kann er natürlich schon, wer dann bezahlt, ist halt selbst schuld)
Wie geht es jetzt weiter?
Kommt jetzt ein Brief, in dem der Sozialhilfeträger mich auffordert, Informationen zu meinen Geschwistern zu liefern? Warum sollte ich dieser Bitte nachkommen? Rechtsgrundlage?
Und selbst wenn ich dumm genug wäre, meine Geschwister nach Infos zu fragen und sie dem Sozialhilfeträger schicke: Die Anteile der Geschwister kann der Sozialhilfeträger immer noch nicht ausrechnen, ihm fehlen die Auskünfte der Lebens/Ehepartner der Geschwister (und an die Auskünfte komme ich auf keinen Fall ran!)
Also wird die Forderung wieder von mir zurückgewiesen, da unschlüssig...
Arbeitet Deine Anwältin für den Sozialhilfeträger ?
Viele Grüße,
mustermann
Hallo frase und Unikat,
habt ihr Euch schon ausgedacht, wie ihr das Kind über der Grenze dazu bringt, seine armen Geschwister zu verklagen? Bin sehr gespannt...
Viele Grüße,
mustermann
Hallo mustermann,
habt ihr Euch schon ausgedacht, wie ihr das Kind über der Grenze dazu bringt, seine armen Geschwister zu verklagen? Bin sehr gespannt...
dann hier was zum nachlesen...
https://www.iww.de/fk/archiv/e…nd-deren-ehegatten-f32510
VG frase
Wäre es nicht besser die Geschwisterquote und die damit verbundene Auskunft in einem Separaten Thread zu behandeln.. eigentlich gibt es schon mehrere solche
Ja, du hast vollkommen recht Meg,
sorry, habe nicht darauf geachtet.
VG frase
Alles anzeigenHallo mustermann,
dann hier was zum nachlesen...
https://www.iww.de/fk/archiv/e…nd-deren-ehegatten-f32510
VG frase
Hallo frase,
danke für den link! Hast Du ihn gelesen? Da steht ganz genau das drin, was ich oben schrieb:
Der Sozialhilfeträger kann das reiche Kind nicht zwingen, Auskunft bei den Geschwistern einzuholen. Wenn der Sozialhilfeträger die Forderung nicht schlüssig darlegt, kann man sich zurücklehnen und Tee trinken:
"
Dies gilt nach Ansicht des BGH aber nicht für den Kläger unmittelbar gegenüber seiner Schwägerin. Er kann sich gegen die Inanspruchnahme des Trägers der Sozialhilfe aus dem gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 BSHG übergegangenen Unterhaltsanspruch wie folgt wehren: Er kann das Unterhaltsbegehren aus übergangenem Recht so lange zurückweisen, bis das Sozialamt ihm gegenüber den Anspruch schlüssig dargelegt hat. Dazu gehört auch die Darlegung der Haftungsanteile der übrigen Geschwister. Diese hängen wiederum von den Einkommensverhältnissen der jeweiligen Ehegatten ab. Dazu gehört auch eine plausible Erläuterung dafür, dass die Geschwister nicht leistungsfähig sind und deshalb nur er auf den Elternunterhalt haftet.
[Blockierte Grafik: https://www.iww.de/imgserver/iww/archiv/px.gif]
Auch in einem Rechtsstreit wäre er kein Kostenrisiko eingegangen. Mit der Erläuterung der Einkommensverhältnisse der Schwägerin im Laufe eines Rechtsstreits wäre die Klage schlüssig geworden. Der Kläger hätte sodann den Unterhalt sofort nach § 93 ZPO anerkennen können mit der Folge, dass dem Träger der Sozialhilfe die Kosten aufzuerlegen wären.
"
Schönen Abend,
mustermann
Alles anzeigenStellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes
03.07.2019
...
Vorschlag:
In Artikel 1 Nummer 4 (§94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII RefE) und in Artikel 3 Nummer 1 (§27 h
Abs.1a Satz 1 BVG RefE) wird jeweils die Angabe „100.000 Euro“ durch „das 3-fache der
jährlichen Bezugsgröße“ ersetzt.Begründung:
Die 100.000 Euro sollten dynamisiert werden. Der Betrag von 100.000 Euro galt bereits im
Jahr 2003 als die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Kraft trat. Damals
betrug er das 3,5-fach des Durchschnittsentgelts der Rentenversicherung, heute noch das
2,5-fache. Der Betrag sollte jährlich angepasst werden. Hier bietet sich die Entwicklung des
Durchschnittsentgelts der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. die Bezugsgröße als Ankerpunkte an. Für 2019 entspricht das 3-fache der Bezugsgröße einem Betrag von 112.000Euro. Alternativ wäre eine Anpassungsregelung für die 100.000 Euro zu verankern.
Wie man agiert und entschlossen gegen "harte willkürliche Grenzen" vorgeht, sieht man aktuell an einem Beispiel aus dem ganz anderen Sachgebiet.
ntv, 17.04.2020
"Die Essener Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hat Klage gegen die Sonderregeln des Landes Nordrhein-Westfalen in der Corona-Krise eingereicht.
...
Bund und Länder hatten sich unter der Woche geeinigt, die ersten Corona-Maßnahmen zu lockern. Nach vier Wochen Ladenschluss dürfen ab Montag kleine und mittelgroße Geschäfte wieder öffnen, wenn sie bestimmte Hygieneauflagen erfüllen.
Große Warenhäuser wie Karstadt oder Kaufhof mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern bleiben dagegen weiter geschlossen.
Mit dieser Regelung soll gewährleistet werden, dass nicht alle Läden auf einmal aufmachen und die Innenstädte dadurch wieder zu voll werden.
Gerade Einzelhandelsverbände halten diese "rote Linie" aber für Willkür. Auch deshalb, weil Nordrhein-Westfalen einen Sonderweg eingeschlagen... "
Ob man diese oder jene "Klage gegen Willkür" gewinnt oder nicht, kann man praktisch nie vorhersehen, trotzdem halte ich das Beispiel für bemerkenswert.
Ob man diese oder jene "Klage gegen Willkür" gewinnt oder nicht, kann man praktisch nie vorhersehen, trotzdem halte ich das Beispiel für bemerkenswert.
ach Meg,
gegen eine Allgemeinverfügung kann jeder klagen,
aber gegen ein Gesetz nicht, außer du hälst die Einfügung des Absatzes 1a in § 94 SGB XII für verfassungswidrig
hälst du das Angehörigen-Enlastungsgesetz für verfassungswidrig?
Verfassungswidrig wäre u.U. auch die Auslegung des Gesetzes durch ein Sozialamt oder ein Gericht,
dann gilt folgendes
aus Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Elternunterhalt:
"Setzt sich die Auslegung jedoch in krassen Widerspruch zu allen zur Anwendung gebrachten Normen und werden damit Ansprüche begründet, die keinerlei Grundlage im geltenden Recht finden, so beanspruchen die Gerichte Befugnisse, die von der Verfassung eindeutig dem Gesetzgeber übertragen sind. Die Gerichte begeben sich damit aus der Rolle des Normanwenders in die einer Norm setzenden Instanz, entziehen sich also der Bindung an Recht und Gesetz im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG"
weitere wichtige Punkte aus der "Anleitung der GKV über Gesamteinkommen" dürften sein
...
dass beim Arbeitnehmer seine Werbungskosten das Brutto-Einkommen mindern ist eindeutig, wurde schon oft gesagt;
...
Ein weiterer Abzugsposten vom Brutto-Einkommen bei der Definition der 100.000 Euro Grenze können evtl. noch Kinderbetreuungskosten (Anlage Kind der Steuererklärung) sein.
https://esth.bundesfinanzminis…ge/Anhang-19a/inhalt.html
ZitatKinderbetreuungskosten sind ab Veranlagungszeitraum 2012 einheitlich als Sonderausgaben abziehbar. Der Abzug wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist ab diesem Zeitraum entfallen. Soweit es sich um Kinderbetreuungskosten handelt, die unter den Voraussetzungen der bis einschließlich 2011 geltenden gesetzlichen Regelung des § 9c EStG wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden konnten, kann die Neuregelung Auswirkungen haben, soweit außersteuerliche Rechtsnormen an steuerliche Einkommensbegriffe anknüpfen, wie z. B. § 14 Absatz 1 Wohngeldgesetz. Diese Auswirkungen werden durch den mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingefügten § 2 Absatz 5a Satz 2 EStG vermieden: Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die Begriffe „Einkünfte“, „Summe der Einkünfte“ oder „Gesamtbetrag der Einkünfte“ an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 EStG abziehbaren Kinderbetreuungskosten. Auch bei Anwendung dieser Regelung wird nicht danach unterschieden, ob die Kinderbetreuungskosten erwerbsbedingt oder nicht erwerbsbedingt angefallen sind.
Guter Hinweis,
denn diese "Kinderbetreeungskosten" werden erst nach der Gesamtheit der Einkunfte als ungekürzte Sonderausgaben im Bescheid ausgewiesen.
Hier gleich noch ein Tip, wenn jemand an der Grenze liegt, dann sollte der auch alle Kinderbetreuungskosten zahlen und nachweisen.
Denn es geht ja um das bereinigte Brutte des möglichen UHP.
VG frase
Alles anzeigenjeder UHP, der aktuell mehr als 100T verdient und dem ein aus seiner Sicht zu geringer Selbstbehalt zugesprochen wird, kann und m.E. sollte sich dagegen wehren und sich dabei auch auf die Argumentation der derzeitigen Mitgliedern der Unterhaltskommission des Familiengerichtstages stützen:
.. und natürlich auf die aktuelle Düsseldorfer Tabelle 2020 hinweisen in der es vermerkt ist, dass der Selbstbehalt gegenüber den Eltern die aktuelle Rechtslage nicht berücksichtigt.
- - -
eine gute Zusammenfassung noch von
Dr. Rita Coenen, Fachanwältin für Familien- und Sozialrecht
Münster, 12.02.2020
...
...
Jedoch bleibt aufgrund der starren 100.000 Euro-Grenze in Bezug auf die Grenzfälle bei bisheriger Anwendungspraxis die Einzelfallgerechtigkeit außer Betracht. Denn für den Fall, dass die Jahreseinkommensgrenze auch nur geringfügig überschritten wird, findet ein Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger wieder statt. Sodann bemisst sich die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen wiederum nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften (§ 1603 Abs. 1 BGB). Das vorhandene Einkommen wird von Steuerzahlungen, Vorsorgeaufwendungen wie z.B. Aufwendungen für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungen, berufsbedingte Aufwendungen, berücksichtigungsfähigen Schulden und Unterhaltsansprüchen vorrangig Berechtigter bereinigt. Zur Bemessung der Leistungsfähigkeit bleibt dann auch nicht mehr das Vermögen des unterhaltspflichtigen Kindes außer Acht. In diesem Zusammenhang müssten allerdings die bislang bestehenden Schonvermögensgrenzen noch einmal überdacht werden. Von diesem bereinigten Einkommen steht dem unterhaltsverpflichteten Kind gegenüber den Eltern ein Selbstbehalt von mindestens 2.000 Euro monatlich zu. Dieser Selbstbehalt wird wiederum um 50 % des über den Selbstbehalt hinausgehenden Einkommens erhöht. Ist das unterhaltsverpflichtete Kind verheiratet, so wird ein Familienselbstbehalt von 3.600 Euro angerechnet. Die Höhe des Sockelbetrages des Selbstbehaltes als pauschalisierter Betrag zur angemessenen Lebensführung, welcher in den Leitlinien der Oberlandesgerichte festgelegt ist, wurde jedoch nicht entsprechend der Erhöhung der Jahreseinkommensgrenze mit angepasst. Nach § 1603 Abs. 1 BGB soll die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsverpflichteten ausgeschlossen sein, wenn sein eigener „angemessener Unterhalt“ ansonsten gefährdet wäre. Eine solche Gefährdung soll nach Umschreibung des BGH dann gegeben sein, sofern der Unterhaltsverpflichtete „eine spürbare und dauerhafte Senkung des berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus ... jedenfalls insoweit nicht hinzunehmen [braucht], als er nicht einen nach den Verhältnissen unangemessenen Aufwand betreibt oder ein Leben im Luxus führt.“ Bei einem Jahreseinkommen von über 100.000 Euro kann man jedoch davon ausgehen, dass das berufs- und einkommenstypische Unterhaltsniveau deutlich über den monatlichen 2.000 Euro liegt. Es würde somit entgegen der Intention des neuen Angehören-Entlastungsgesetzes wiederum bereits ab einem unterhaltsrechtlich bereinigten Einkommen von mehr als 2.000 Euro zu einer Unterhaltspflicht kommen. So kann es vorkommen, dass ein Geschwisterteil, welches ein Bruttoeinkommen bezieht, das geringfügig über den 100.000 Euro liegt, aufgrund des verhältnismäßig geringen Sockelbetrages einen relativ hohen Unterhalt leisten muss, während der andere Geschwisterteil, dessen Einkommen nur knapp unter der Einkommensgrenze liegt, gar keine Leistungen zu erbringen hat. Um solche harten Übergänge zu vermeiden, müsste deshalb der angemessene Eigenbedarf deutlich angehoben werden. Für die Anpassung der Selbstbehaltsbeträge gibt es in der Literatur verschiedene Lösungsvorschläge. Eine Möglichkeit wäre, die 100.000 Euro Grenze als Gesamteinkommen eines sozialversicherungspflichtig Beschäftigten anzusehen, sodass nach Abzug von Sozialabgaben, Einkommenssteuer und (für 2020 noch) Solidarzuschlag ein Nettoeinkommen von ca. 58.000 Euro bleiben würde. Auf dieser Basis würde ein gerundeter Wert von monatlich 5.000 Euro Selbstbehalt als angemessen erscheinen. Schließlich entspricht es der gesetzgeberischen Wertung, dass bis zu einem Bruttoeinkommen von 100.000 Euro ein Rückgriff auf die Angehörigen nicht zumutbar ist. Ein anderer Ansatz wäre – in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zum Ehegattenunterhalt – den Betrag der höchsten Einkommensgruppe nach der Düsseldorfer Tabelle (zurzeit 5.101 - 5.500 Euro) anzusetzen. Nach BGH besteht nämlich bei einem unterhaltsrechtlich bereinigten ehelichen Einkommen von bis zu 11.000 Euro – mithin dem Doppelten des Höchstsatzes – die tatsächliche Vermutung eines vollständigen Verbrauchs dieses Einkommens ausschließlich für Konsumzwecke. Dieser Wert wäre im Falle eines Paarhaushaltes entsprechend zu verdoppeln, jedoch durch die Ersparnisse aufgrund gemeinsamer Haushaltsführung zu kürzen (ca. 9.000 – 10.000 Euro). Leben zusätzlich unterhaltsberechtigte Kinder im Haushalt, wäre für diese ein Selbstbehalt mindestens in Höhe der Höchstsätze der Düsseldorfer Tabelle zu berücksichtigen.
...
Problematisch an der neuen Jahreseinkommensgrenze ist darüber hinaus, dass aufgrund des Abstellens auf das Bruttoeinkommen von einer Begünstigung von Beamten gegenüber abhängig Beschäftigten und Selbstständigen auszugehen ist. Während einem abhängig Beschäftigten bei einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro bei Steuerklasse I und keinem Kinderfreibetrag ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von ca. 4.800 Euro, einem Selbstständigen von ca. 3.100 Euro übrig bleibt, steht einem nicht verheirateten Beamten ohne Kinder mit einem Einkommen von 100.000 Euro ein monatlicher Nettobetrag von mindestens 5.000 Euro zur Verfügung. Beamte werden somit bei einem deutlich höheren Nettoeinkommen von der Überprüfung einer Inanspruchnahme verschont. Dazu kommt, dass auch keine Rücksicht auf die unterschiedlichen Lebensverhältnisse – Singlehaushalt, wohlhabendes Ehepaar, kinderreiche Familie, hoch verschuldeter Unternehmer - genommen wird. Der Jahreseinkommensgrenze kommt daher nur die Funktion einer einfach zu handhabenden Nichtüberprüfungsgrenze zu. Dem Unterhaltsrecht ist eine Brutto-Einkommensgrenze aufgrund der völlig unterschiedlichen Nettoeinkommen bei gleichem Bruttoeinkommen aber eigentlich fremd. Die Konsequenzen einer Grenzüberschreitung für die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes hat der Gesetzgeber jedoch noch nicht weiter thematisiert.
Auf eine Haftungsgemeinschaft von Geschwistern hat die Gesetzesänderung hingegen nicht so große Auswirkungen. Nach § 1607 BGB haften mehrere Geschwister anteilig nach ihrer unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit. Hieran ändert auch die nun bestehende Jahreseinkommensgrenze nichts. Der zur Zahlung verpflichtete Geschwisterteil muss weiterhin nur entsprechend seiner Quote für den Unterhalt der Eltern aufkommen, während der wegfallende Anteil vom Sozialträger übernommen wird. Der Auskunftsanspruch nach § 117 SGB XII besteht in diesen Fällen dann auch gegen die Geschwister, für die die Vermutung des Unterschreitens der Einkommensgrenze weiterhin besteht. Denn ansonsten ließe sich die entsprechende Quote nicht ermitteln und der jeweilige Anspruch des Sozialhilfeträgers gegen den Pflichtigen, der die Grenze überschreitet, nicht beziffern.
Stiftung Warentest schrieb dazu mit Verweis auf einen Elternunterhaltsrechner
ZitatGudrun Doering-Striening, Fachanwältin für Sozial- und Familienrecht aus Essen, hat Zweifel, ob das neue Recht mit dem Gebot aus Artikel 3 Grundgesetz, wesentlich gleiche Fälle gleich zu behandeln, zu vereinbaren ist. Die Unterhaltsexpertin ist für die Abschaffung des Elternunterhalts. Der ehemalige Familienrichter Wolfram Viefhues fordert in seiner Kommentierung des Unterhaltsrechts eine Anpassung des gerade erst auf 2000 Euro angestiegenen Mindestselbstbehalts: „Denn der Zweck des Gesetzes [Angehörigen-Entlastungsgesetz], Familien wirksam zu entlasten und den Familienfrieden zun wahren, darf nicht dadurch in sein Gegenteil verkehrt werden, dass bei einem nur geringfügigen höheren Einkommen ein geringerer Betrag für die eigene Lebensführung verbleibt, als einem Pflichtigen mit geringerem Einkommen zugestanden wird.“ Es bleibt abzuwarten, welchen Selbstbehalt die Gerichte künftig bei Gutverdienern ansetzen.
Auf der Internetseite der juristischen Fachzeitschrift „Familienrechtsberater“ finden Sie einen Elternunterhaltsrechner (Download des Excel-Rechners beginnt sofort nach Klick auf Link). Nutzer des Rechners können darin einen Mindestselbstbehalt von 2 000 Euro (für Ledige) einstellen (damit werden die Sozialämter sehr wahrscheinlich rechnen) oder aber mit einem Mindestselbstbehalt in Höhe von 5 000 Euro (den die Kritiker des Angehörigen-Entlastungsgesetzes favorisieren). Freilich werden viele Sozialämter unterhaltspflichtigen Kindern mit einem Jahreseinkommen von über 100 000 Euro einen Selbstbehalt von 5 000 Euro nicht ohne gerichtliche Auseinandersetzung zugestehen.
Meg, ich hab mich ja aus dieser Diskussion weitestgehend raus gehalten, einfach weil ich Probleme dieser starren Grenze habe, aus einer Reihe von Überlegungen heraus, konnte den allgemeinen Jubel hier auch nicht nachvollziehen.
Es wäre m.E. viel sinnvoller gewesen, die Bereinigungsfaktoren neu zu bestimmen, zu erweitern, den Selbstbehalt anzuheben auf ein Recht, den bisherigen Lebensstandart zu halten. Jetzt haben wir das Problem, dass die Gerichte wieder zurechtruckeln müssen, was da versaubeutelt worden ist.
Herzlichst
TK
Hallo in die Runde,
die Grenze ist politisch an die Sozialhilfegrenze der GS gebunden worden.
Zweifelsfrei ist das Gesetz für die "Besserverdiener" ein Schlag ins Gesicht.
Bei solchen Einkommen haben Eltern eher selten den Sozialhilfebedarf.
Der Kreis der Bettroffenen wird sich also statistisch wenig auffällig verhalten.
Wer in dieser Liga spielt, wehrt sich oder zahlt eben.
timekeeper : Ich finde deine Vorschläge hier wenig zielführend.
Die Lebensstandswahrung ist einer der größten Diskussionspunkte gewesen und hat die Gerichte auch schon lange beschäftigt.
Das Risiko hier als UHP zu scheitern, hat aber viele UHP "Gutverdiener" abgeschreckt gegen das Amt zu klagen.
Hier hatten Leute aus der Sandwitch-Generation sich aus eigener Kraft etwas aufgebaut, was nun angegriffen wurde.
Für mich ist das Thema auch noch nicht beendet.
Warten wir die nächsten Gerichtsentscheidungen dazu ab.
Gruß
frase
frase, ich habe erhebliche grundrechtliche Bedenken. Und viele Fachleute ja auch, da bin ich in guter Gesellschaft. Und da geht es letztlich nicht darum, ob viele benachteiligt werden oder wenige. Es geht um die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz, und nur darum.
Herzlichst
TK
konnte den allgemeinen Jubel hier auch nicht nachvollziehen
Wenn einem was schmerzt, möchte man dass der Schmerz aufhört. Also, wenn ein/e UHP im Jahr 2019 Elternunterhalt zahlte und unter 100T verdiente, wollte er/sie dass die Gesetze sich ab dem 1.1.2020 ändern und die Zahlungen aufhören.
die Gerichte wieder zurechtruckeln müssen, was da versaubeutelt worden ist
Die Bereinigungsfaktoren neu zu bestimmen - ja, sehe ich auch so. Sie zu erweitern - nicht unbedingt, kommt auf die Höhe des Selbstbehaltes an.
Grüße,
m
Hallo TK
Es geht um die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz, und nur darum.
Eine sehr spannende Frage, habe mir erlaubt dazu ein neues Thema zu eröffnen.
Ist das neue AEG mit dem Grundgesetz vereinbar?
Gruß
frase
kommt auf die Höhe des Selbstbehaltes an.
genau hier ist es weitere Kosmetik.
Natürlich würde ein angepasster SB von 4-5 tsd. € viele Fragen lösen.
Gruß
frase