Angehörigen-Entlastungsgesetz, "100.000 Euro"-Grenze, Entwurf: die Angehörigen der Grundsicherung-Empfänger werden schlechter gestellt?

  • Hier wurde schon paar mal Heinrich Schürmann zitiert (z.B. #149, #158), der die Erhöhung der Selbstbehalte damals dargelegt hat und stellvertretende Vorsitzende der Unterhaltskommission des Familiengerichtstages ist.

    Im aktuellen Familiengerichtstag sind Elternunterhalt und Selbstbehalte kein Thema. Somit erwarte ich auch keine Änderungen in der Düsseldorfer Tabelle, was Elternunterhalt angeht, sie wird bei einer schwammigen Formulierung bleiben. Das kann man so und so interpretieren, aber die betroffenen UHP haben nach meiner Einschätzung in den meisten Fällen sowieso keine großartige Wahl: sie sollen darauf bestehen, dass der Selbstbehalt angemessen angesetzt wird, z.B. bei 5000 Euro

  • Es hat sich im Jahr 2023 erwartungsgemäß nichts geändert. Ob leider oder zum Glück, darüber lässt sich streiten. Ich sage - leider.

    Ob die Begriffe "Selbstbehalt" und "angemessener Eigenbedarf " als Synonyme in den Elternunterhaltssachen betrachtet werden sollen, wage ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu beurteilen. So oder so, sie sind nicht mit konkreten Zahlen unterlegt.

    Ich habe Meinungen gehört, dass Selbstbehalt als Pauschale und angemessener Eigenbedarf als nachgewiesene Ausgaben zu verstehen wären, aber auch da habe ich keine belastbare Rechtsgrundlage bis jetzt gefunden.



    Ein UHP hat im Wesentlichen nur diese Möglichkeiten, wenn man vom SHT zu Zahlungen aufgefordert wird und Selbstbehalt vom SHT vergleichsweise niedrig eingesetzt wird.


    1. Sich damit abfinden und zahlen.

    2. Versuchen mit dem SHT zu verhandeln um den Selbstbehalt auf einen akzeptablen Maß setzen zu lassen.

    3. Eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem SHT eingehen.


    Eine Kombination davon ist natürlich zulässig. Keine von diesen Möglichkeiten ist von vorne rein falsch, obwohl ich die 1. in den meisten Fällen aus der UHP Sicht als schlecht bewerten würde.

    Die 3. halte ich für am meisten zukunftsorientiert, da sie eher eine Sicherheit bringen kann.

  • Die Düsseldorfer Tabelle (am Beispiel 2024) unterscheidet zwischen den Begriffen

    notwendiger Eigenbedarf = Selbstbehalt = § 1603 Abs. 2 BGB

    angemessene Eigenbedarf = § 1603 Abs. 1 BGB

    wenn es um Kindesunterhalt geht.



    Den Begriff angemessener Eigenbedarf“ mit Bezug auf Elternunterhalt gibt es eigentlich gar nicht. Stattdessen wird "angemessener Selbstbehalt "verwendet.

    Zitat

    Angemessener Selbstbehalt gegenüber den Eltern: Dem Unterhaltspflichtigen ist der angemessene Eigenbedarf zu belassen. Bei dessen Bemessung sind Zweck und Rechtsgedanken des Gesetzes zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigenentlastungsgesetz) vom 10.12.2019 (BGBl I S. 2135) zu beachten.

  • Hallo Meg,


    wie auch immer die Begrifflichkeit verwendet wird, es signalisiert Verhandlungsspielraum.

    Das sollte der UHP, der über der Grenze liegt beachten und eben die starren (alten) Selbstbehalte angreifen, wenn diese in der Berechnung der Ämter zur Anwendung kommt.


    Gruß


    frase

  • Es scheint zum Thema Selbstbehalt gute Entwicklungen zu geben. Allerdings kann ich sie nicht verifizieren. Also, ohne Gewähr.


    Selbstbehalt = 5000 Euro von AG München anerkannt (!?)


  • In die gleiche Richtung "Selbstbehalt = 5000 Euro" schient mir auch dieser Fall in NRW zu gehen.


  • Hallo Meg,


    herzlichen Dank für diese Informationen. Endlich kommt Bewegung in die Sache und es kommt auch zu ersten Urteilen. Das macht Hoffnung! Viele Grüße cookie

  • Danke für die Informationen!


    Es gibt (endlich) Aktenzeichen und Argumentationsgrundlagen aus gerichtlichen Entscheidungen. Ich mache mir ein dickes Kreuz in den Kalender und sende wärmste Dankesgrüße an Meg.


  • Nochmal zum Thema Selbstbehalt vs. angemessener Eigenbedarf.

    Ich habe mir die Düsseldorfer Tabelle 2024 nochmal angeschaut und ich denke ich hatte mich falsch ausgedrückt als ich "Den Begriff „angemessener Eigenbedarf“ mit Bezug auf Elternunterhalt gibt es eigentlich gar nicht" gesagt habe.

    Doch, angemessener Eigenbedarf wird als Begriff verwendet und zwar sehe ich ihn in der D.Tabelle als Synonym zum "Angemessener Selbstbehalt".

    "Angemessener Selbstbehalt gegenüber den Eltern" wird über "angemessenen Eigenbedarf" erklärt.


    Jetzt vergleichen wir das mal mit den Leitlinien für Berlin als Beispiel

    https://www.dfgt.de/resources/LL_Berlin_2024.pdf

    ...

    21.3 Angemessener Selbstbehalt

    ...

    21.3.3 Elternunterhalt

    Dem Unterhaltspflichtigen ist der angemessene Eigenbedarf zu belassen. Dessen Bemessung orientiert sich am Zweck und dem Rechtsgedanken des Angehörigen-Entlastungsgesetzes vom 10. Dezember 2019 (BGBl. I, 2135).

    ...



    Genau das gleiche. Selbstbehalt = Eigenbedarf.


    Den Unterschied kann ich nirgendwo sehen.

    Die Theorie, dass sich "Selbstbehalt" auf eine pauschale festgeschriebene Zahl bezieht und "angemessener Eigenbedarf" nicht pauschal ist sondern irgendwie "berechnet" wird bleibt eine Theorie, wer auch immer sie erfunden hat.

    Zumindest kenne ich keine Bestätigung.

  • Hallo Meg,


    es geht hier um den Begriff "angemessen". Der Mindestselbstbehalt wird ja um die Hälfte, des diesen Sockelbetrag übersteigenden bereinigten Einkommens aufgestockt. Damit ergibt sich eine dynamische Größe. Ob das aber angemessen ist bleibt offen und sollte jeder UHP für sich klären.


    Gruß


    frase

  • Selbstbehalt ~ 5000 Euro wurde zuletzt vom AG München (#466) und OLG Düsseldorf(#467) anerkannt.


    Jetzt geht das OLG München in die gleiche Richtung.


    Als nächstes werden sich die anderen OLG in den nächsten Monaten zum Thema Selbstbehalt melden. Nicht jedes OLG wird vermutlich hohe Selbstbehalte anerkennen wollen.

    Ob der BGH schon in diesem Jahr darüber entscheidet mag ich nicht vorhersagen.


    Nach dem aktuellen Stand: wenn ein UHP der Meinung ist, dass ihm ein Selbstbehalt von ca. 5000 zusteht und von Vorteil ist, soll der UHP es auch so hart dem SHT gegenüber vertreten.

  • Guten Morgen Meg,

    danke das du da die Augen offen hältst und die Sache nun offensichtlich wirklich ins Rollen gekommen ist. Verbindliche Rechtsentscheidung wird man wohl nur vom BGH bekommen. Aber bisher verläuft es der Sache entsprechend und auch gut.


  • Der SHT hat den BGH eingeschaltet.

    Aktenzeichen beim BGH: XII ZB 148/24