Angehörigen-Entlastungsgesetz, "100.000 Euro"-Grenze, Entwurf: die Angehörigen der Grundsicherung-Empfänger werden schlechter gestellt?

  • mir geht es generell um das Armutsrisiko, das durch die Pflegekosten eintreten kann. Die Pflegebedürftigen sind heute kaum noch selber in der Lage diese Kosten zu decken. Wenn dann auch das einzusetzende Vermögen aufgebraucht ist, wissen wir ja was passiert. Die Pflegebedürftigen werden so kontinuierlich an die Armutsgrenze gedrängt.

    wer Sozialhilfe erhält, hat auch sein Vermögen komplett einzusetzen, dies halte ich für absolut richtig

  • Das AEG bewirkt hier nur, das Bürger vorher entlastet werden und so die Möglichkeit haben auch etwas mehr für das Alter zu tun.

    Wenn Sie das tun, dann fallen auch diese Menschen eben später in die Sozialhilfe, es erfolgt also eine Verswchiebung der Kostenentlastung nach hinten.

    es ist ja nicht unbekannt, das gerade die sog. Sozialaufsteiger vom Elternunterhalt betroffen sind, aus einem "armen" Elternhaus, eventuell noch bildungsfernen, sich herausgearbeitet haben


    und dann werden die Leistungsträger dieser Gesellschaft noch durch Elternunterhalt "bestraft"

  • Vergessen dürfen wir dabei auch nicht, wir werden alle länger Leben und die Pflegekosten werden gleichzeitig weiter steigen.

    die Nachbarländer zeigen durchaus mögliche Alternativen zu unserem System auf, aber wann schaut die Politik mal über über Gartenzaun

    wir brauchen einen kompletten Systemwechsel in der Pflege, auf sämtlichen Gebieten, aber diesen Mut hat die Politik nicht

  • wir brauchen einen kompletten Systemwechsel in der Pflege, auf sämtlichen Gebieten, aber diesen Mut hat die Politik nicht

    Altersarmut gehört aus meiner Sicht in das Gesamtpaket, es werden immer wieder fehlende Visionen für die Zukunft unserer Gesellschaft beklagt, in diesen Chor stimme ich ein

  • "Man kann nicht damit rechnen, dass das Gesetz dann noch "nachjustiert" wird"



    Das befürchte ich auch. Es scheint aber in Sachen Pflegeversicherung Bewegung zu entstehen.





    ich sehe es auch so, dass man das "Problem Elternunterhalt" über die Pflegeversicherung entschärfen kann, allerdings sehe ich nicht, dass die Politik das Problem damit komplett lösen will bzw. kann


    https://www.ndr.de/nachrichten…ministerkonferenz114.html (28.11.2019)

    Zitat


    Allen voran steht ein Leitantrag zu den Pflegekosten. Die Länder wollen erreichen, dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen entlastet werden. Denn ihr Anteil steigt seit Jahren. Hintergrund der zu erwartenden Kostensteigerungen seien unter anderem die notwendigen Verbesserungen bei der Bezahlung der Pflegekräfte, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchefin Stefanie Drese (SPD). Eine Möglichkeit sei ein Bundeszuschuss, der aus Steuermitteln finanziert wird. Wie genau, ist noch offen.

    ...

    Langfristig fordern die Minister obendrein eine grundsätzliche Reform der Pflegeversicherung


    konkret sind die pläne leider nicht

  • Herzlichen Glückwunsch an Euch alle und vielen Dank für die geleistete Arbeit.


    Ich war zwar grade noch nicht betroffen (Aufforderung wäre wahrscheinlich in den nächsten Wochen gekommen) konnte es aber trotzdem nicht verstehen, dass wenn man das Pech hat, einen kranken Elternteil hat, zum Sklaven des Staates wird.


    Genießt das Leben und seid nicht zu sparsam. Es lohnt sich nicht. Liebe Grüße

  • diese ehrenvolle Aufgabe wird wohl den OLG überlassen, die die Selbstbehaltssätze in der Düsseldorfer Tabelle anheben können.


    Ca. 5000 Euro wären ab dem 1.1.2020 ein angemessenes Niveau beim Elternunterhalt gewesen, so dass diejenigen, die über 100T Brutto verdienen dann nur von diesem "über 100T" was bezahlen müssten




    aktueller Kommentar zu dem Thema


    FamRB,

    Heinrich Schürmann

    VorsRiOLG a.D.

    3. Dezember 2019

    Zitat

    ...die bisherigen Maßstäbe des Unterhaltsrechts sind Makulatur. Denn der Zweck des Gesetzes, Familien wirksam zu entlasten und den Familienfrieden zu wahren, darf nicht dadurch in sein Gegenteil verkehrt werden, dass bei einem nur geringfügig höheren Einkommen ein geringerer Betrag für die eigene Lebensführung verbleibt, als einem Pflichtigen mit geringerem Einkommen zugestanden wird. Das Gesetz legt einen Bruttobetrag zugrunde, aus dem sehr unterschiedliche Nettoeinkommen folgen können. Der angemessene Eigenbedarf für einen Alleinstehenden dürfte jedoch nicht unter 4.500 Euro sinken – allerdings ohne dessen Verwendung im Regelfall zu überprüfen. Dies erspart die vielfach als unwürdig und unangebracht empfundene Kontrolle und Bewertung der Lebensführung des Unterhaltspflichtigen. Überlegungen, ob der Aufwand für das Auto zu hoch ausfällt, die Kosten einer Implantatversorgung noch angemessen sind oder die Haltung eines Reitpferds bereits den Luxusaufwendungen zuzurechnen sei, sollten daher der Vergangenheit angehören.

    Wie sich die Rechtsprechung zu den wenigen verbliebenen Fällen des Elternunterhalts verhalten wird, lässt sich unter diesen weitreichenden Veränderungen nicht vorhersagen. Sicher ist aber, dass solche Veränderungen nicht in der Düsseldorfer Tabelle für 2020 berücksichtigt werden konnten und die Gesetzesänderungen im Angehörigen-Entlastungsgesetz die dort genannten Beträge überholt hat.

  • wenn ein ehemaliger Vorsitzender Richter eines OLG's solche Aussagen macht, dann sollte ihm auch bewußt sein, was dies faktisch bedeutet

    ein unterhaltspflichtiger Single mit mind. 170.000 € Jahresbrutto würde keinen Elternunterhalt mehr bezahlen müssen, wenn er so großzügige Abzugsmöglichkeiten hätte, und dann noch bei einem Selbstbehalt in der genannten Gößenordnung

    dann würden eventuell nur noch 1-2 % aller heutigen Unterhaltspflichtigen Elternunterhalt bezahlen


    warum plädiert er denn nicht gleich für die Abschaffung des Elternunterhalts, das wäre konsequent und richtig

    aber da fehlts eventuell an Mut, den er als Richter am OLG Oldenburg bei etlichen Urteilen bewiesen hat

  • ich vermute, dem ehemaligen Vorsitzender Richter geht es z.B. um #95 :


    "...Es wäre schwer zu verstehen, wenn ein Kind mit einem Einkommen von 99.000 € nicht, sein Bruder mit einem Einkommen von 101.000 € jedoch zu einem hohen, nach der derzeitigen Berechnungsmethode errechneten Unterhalt herangezogen würde."

  • Ja, aber das Problem besteht ja auch bei der GS schon seit vielen Jahren.


    VG frase


    korrekt, prinzipiell besteht dieses Problem,

    und es gab Ansätze es zu lösen.. hmm.. kann ich nicht sagen, es zu mindern, wie BGH XII ZB 56/14


    ich kann mir vorstellen, der ehemaligen Vorsitzender Richter weiß, dass diese "Ansätze" nicht ausreichend waren

  • der Gesetzgeber hat mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz eine eindeutige Aussage getroffen,

    und was ein ehemaliger Richter meint, ist unerheblich


    die Gerichte werden sich an das gesetzte Recht zu halten haben, mehr nicht

  • der Gesetzgeber hat mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz eine eindeutige Aussage getroffen,

    Du meinst das worüber wir letztens gesprochen haben oder ... ?

    (Gleichzeitig wird die Beschränkung des Unterhaltsrückgriffs auch auf die anderen Leistungen des SGB XII ausgedehnt. Diese Ausweitung ist zum einen im sozialpolitischen Kontext der Reform erforderlich und dient zum anderen der Vermeidung einer Ungleichbehandlung innerhalb der verschiedenen Leistungsarten im SGB XII, insbesondere bei besonders belasteten Familien. Denn ohne diese Regelung würde die Privilegierung der 100 000-Euro-Grenze im SGB XII zwar für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie der Hilfe zur Pflege Anwendung finden, für andere Leistungen nach dem SGB XII ....)

  • ich bezog mich auf die vorherigen Aussagen hier im Thread,


    Bundesverfassungsgericht:

    "2. Die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den Einzelfall sind Sache der dafür zuständigen Gerichte. Nur wenn hierbei durch die Gerichte Verfassungsrecht verletzt wird, kann das Bundesverfassungsgericht auf eine Verfassungsbeschwerde hin eingreifen. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn eine Entscheidung am einfachen Recht gemessen objektiv fehlerhaft ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>). Setzt sich die Auslegung jedoch in krassen Widerspruch zu allen zur Anwendung gebrachten Normen und werden damit Ansprüche begründet, die keinerlei Grundlage im geltenden Recht finden, so beanspruchen die Gerichte Befugnisse, die von der Verfassung eindeutig dem Gesetzgeber übertragen sind. Die Gerichte begeben sich damit aus der Rolle des Normanwenders in die einer Norm setzenden Instanz, entziehen sich also der Bindung an Recht und Gesetz im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG"


    das AEG ist eindeutig, daran werden die Gerichte sich zu halten haben





  • .. und auch hier wird über die neuen notwendigen Richtlinien und Maßstäbe gesprochen, was sich m.E. auf eine neue Dimension des Selbstbehaltes übertragen ließe.


    Ich finde es allerdings schade, dass ISUV solche plakative kontroverse Begriffe wie "Großverdiener und Reiche" wählt wenn man schon über die Einkommen etwas über 100T Brutto im Jahr spricht.

  • der Gesetzgeber hat mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz eine eindeutige Aussage getroffen,

    und was ein ehemaliger Richter meint, ist unerheblich


    die Gerichte werden sich an das gesetzte Recht zu halten haben, mehr nicht


    Heinrich Schürmann "ist Mitglied des Deutschen Familiengerichtstag".


    und


    "Die Düsseldorfer Tabelle ist eine Unterhaltsleitlinie des Oberlandesgerichtes Düsseldorf in Abstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten und dem Deutschen Familiengerichtstag."



    Da kann man schon annehmen, dass er weiss wovon er spricht und realistisch einschätzen kann welche Fragestellungen das neue Gesetz aufwirft. Und für diejenigen die immer noch zahlen müssen ist das sicherlich interessant.




  • Auch jetzt schon, nach der aktuellen Rechtslage und natürlich auch ab dem 1.1.2020 ist es für ein Gericht prinzipiell möglich einem UHP einen (deutlich) höheren Selbstbehalt zuzubilligen.