Senkung des Lebensstandard für Ehepartner

  • In fast allen Urteilen lese ich immer folgenden Satz:


    Zitat

    Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltspflichtige grundsätzlich keine spürbare und dauerhafte Senkung seines Lebensstandards hinzunehmen braucht.


    Die Definition des Lebensstandard lautet:

    Zitat

    Lebensstandard drückt das reale Niveau des Besitzes und Konsumierens von Gütern und Dienstleistungen aus und ist als quantitative Größe objektiv messbar. Demnach wird damit der materielle Wohlstand und das physische Wohlbefinden für einen Menschen, eine soziale Gruppe, einer sozialen Schicht, eines bestimmten Gebietes oder eines Staates vergleichbar gemacht.

    Der Ehepartner wird aber in den Urteilen mit keinem Wort erwähnt. Für ihn müsste dieses Aussage doch erst recht gelten, da er ja nicht zum EU verpflichtet ist.


    Wenn dem so ist und er laut BGB mit seinem Geld machen kann was er will, solange der Familienunterhalt gesichert ist, müssten doch folgende finazielle Dispositionen vor Gericht anerkannt werden:


    Der Lebensstandard des Ehegatten vor der RWA war:

    - sich alle 5 Jahre ein neues Auto kaufen (dafür hat er jeden Monat Geld zur Seite gelegt)

    - alle 5 Jahre eine "Weltreise" zu unternehmen (dafür hat er jeden Monat Geld zur Seite gelegt)

    - jedes Jahr Sondertilgungen bei den Hypothekendarlehen zu leisten, damit beim Auslauenf der Darlehen die Restschuld nicht mehr so hoch ist (Wohlbefinden) und er somit im Alter mehr Geld zur Verfügung hat

    - Geld für zu erwartende Steuernachzahlungen zur Seite zu legen (Wohlbefinden), damit nicht Steuernachforderungen und Steuervorauszahlungen im kommenden Jahr zur einer hohen finanziellen Belastung führen

    Nehmen wir mal an:

    UHP bereinigtes Einkommen von 1600 €

    Ehegatte Nettoeinkommen von 3000 €

    für die 4 Strichaufzählungen legt der Ehepartner jeden Monat 1300 € zur Seite (wie in der Vergangenheit gewohnt), dann hat er ein bereinigtes Einkommen von 1700 € und trägt damit immer noch mit 51% zum Familienunterhalt bei.


    Was spricht jetzt Eurer Meinung nach (abgesehen davon, dass man auf hoher See und vor Gericht .....) dagegen?


    Gruß Pensionär

  • Was spricht jetzt Eurer Meinung nach (abgesehen davon, dass man auf hoher See und vor Gericht .....) dagegen?

    eine Rücklagenbildung ist auch für den Ehepartner nur begrenzt möglich, so wie beim Unterhaltspflichtigen selbst

    auch bei Ausgaben sind Grenzen zu beachten, es gelten die gleichen Aspekte wie beim Unterhaltspflichtigen, ist nur großzügiger

    im übrigen dürfte eine Anerkennung von Rücklagen eventuell auch daran scheitern wenn Vermögen vorhanden ist, das nicht Schonvermögen für die Altersvorsorge ist


    versuchen kann ein Unterhaltspflichtiger alles beim Sozialamt, wird aus meiner Sicht jedoch scheitern, würde ich auch vor Gericht so sehen

  • eine Rücklagenbildung ist auch für den Ehepartner nur begrenzt möglich, so wie beim Unterhaltspflichtigen selbst

    auch bei Ausgaben sind Grenzen zu beachten, es gelten die gleichen Aspekte wie beim Unterhaltspflichtigen, ist nur großzügiger

    ein Beispiel dazu


    der Unterhaltspflichtige kann 5% als Sparen für die Altersvorsorge als unterhaltsmindernde Position geltend machen

    der Ehepartner nicht unbegrenzt, sondern nur. ca. 10%

  • http://juris.bundesgerichtshof…t=en&nr=24458&pos=0&anz=1

  • Was spricht jetzt Eurer Meinung nach (abgesehen davon, dass man auf hoher See und vor Gericht .....) dagegen?

    Nichts. Ich sehe das genau so.

    Aber wie du schon schreibst: "Auf hoher See und vor Gericht...."

    Ich gehe jedoch davon aus, dass man eventuell erst vor dem Bundesverfassungsgericht recht bekäme. Eine lange Durststrecke.

    eine Rücklagenbildung ist auch für den Ehepartner nur begrenzt möglich

    Wer setzt die Grenze, in welcher Höhe und mit welcher Begründung?


    Wenn der UHP nachweisen kann, dass sein Ehepartner in gegenseitiger Absprache das immer schon so gehandhabt hat, dann ist das vom Elternteil des UHP zu akzeptieren.


    @ pensionaer,


    Mading - ist sicher noch ein Begriff - hat im alten Forum genau dieses Szenario beschrieben und kam zu der obigen Schlussfolgerung.


    Dieses Beispiel einer Verfassungsbeschwerde


    Beispiel einer Verfassungsbeschwerde


    hat einen ähnlichen Hintergrund.


    Dein Fall lässt sich 1 : 1 übertragen.


    Was jahrelange Praxis in einer Ehe war, kann nicht plötzlich durch Außenstehende (Schwiegereltern, SHTs, Gerichte) anders definiert werden.


    Gruß

    awi

  • es gab schon viele "nette" Ideen, die hohe Erwartungen geweckt haben, nur

    was wurde davon in Urteile gegossen, nichts


    ich halte mich lieber an die Realität, bewahrt vor Enttäuschungen

  • ich halte mich lieber an die Realität, bewahrt vor Enttäuschungen

    Wenn sich immer alle an die jeweils herrschende Realität gehalten hätte, dann hätte es nie Forstschritte für UHP in Sachen Elternunterhalt gegeben.


    Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

  • Hallo awi


    Was jahrelange Praxis in einer Ehe war, kann nicht plötzlich durch Außenstehende (Schwiegereltern, SHTs, Gerichte) anders definiert werden.


    doch, Gerichte können es

    :(

    das weißt du sicherlich


    grüße,

    m

  • doch, Gerichte können es

    Sicher weiß ich, dass das gängige Rechtsprechung ist.


    Deshalb habe ich ja geschrieben:


    "Auf hoher See und vor Gericht...."

    Ich gehe jedoch davon aus, dass man eventuell erst vor dem Bundesverfassungsgericht recht bekäme. Eine lange Durststrecke.

    Ich würde mich bei dem oben geschilderten Sachverhalt auf diese Durststrecke einlassen.

  • Nun noch meine Laienmeinung dazu.


    Als Richter würde ich Pensionär fragen, ob er nicht etwas von seinen Einkünften für den bedürftigen Elternteil abzweigen wollte/könnte, es ist ja Familie.

    Das Auto könnte man auch alle 6 Jahre wechseln und die Weltreise wird dann eben etwas kürzer, die Sondertilgungen etwas kleiner.

    Ich verstehe die Argumente von Pensinär vollkommen, bin in einer ähnlichen Lage.

    Oft denke ich aber auch darüber nach, was wäre, wenn es kein Sozialamt gäbe, welches die Unterdeckung der Heimkosten für meine Mutter übernimmt.

    Würdet ihr eure Eltern selber pflegen, möglicherweise eure Arbeit aufgeben, euer Leben umkrempeln oder ein gutes Heim suchen?

    Das muss jeder selber entscheiden und jeder Fall liegt auch anders.

    Was ist aber wirklich eine deutliche Senkung des Lebensstandards?


    LG frase

  • Als Richter würde ich Pensionär fragen, ob er nicht etwas von seinen Einkünften für den bedürftigen Elternteil abzweigen wollte/könnte, es ist ja Familie.

    der Richter hat nichts zu fragen in dieser Art, das wäre eine glatte Verletzung seiner Neutralitätspflicht :cursing:


    im übrigen bekommt der Elternteil keinen Cent, sondern ausschließlich das Sozialamt

    ist das Sozialamt bedürftig, könnte es verhungern oder verdursten, hat es kein Dach über den Kopf ....?

  • Als Richter würde ich Pensionär fragen, ob er nicht etwas von seinen Einkünften für den bedürftigen Elternteil abzweigen wollte/könnte, es ist ja Familie.

    ein Anwalt würde bei dieser Sachlage unverzüglich einen Befangenheitsantrag stellen, Ablösung diese Richters

  • Zitat


    ... Unterhaltspflichtige grundsätzlich keine spürbare und dauerhafte Senkung seines Lebensstandards hinzunehmen braucht.

    Die Definition des Lebensstandard lautet ...



    Diese Definition gibt einem Richter Raum für Interpretationen.


    Was ist "spürbare und dauerhafte" - wieder genug Raum im Ermessen der Richter.


    Nach der aktuellen Rechtslage kann man einem UHP loker zumuten z.B. ein Viertel seines Einkommens an Elternunterhalt zu bezahlen und das wäre nach der aktuellen Rechtslage keine spürbare Senkung seines Lebensstandards gewesen.

  • Das Auto könnte man auch alle 6 Jahre wechseln und die Weltreise wird dann eben etwas kürzer, die Sondertilgungen etwas kleiner.

    Das mag zwar für die Zukunft hinhauen, aber nicht für die Vergangenheit, da ist das Geld schon weg oder auf dem Sparbuch.

  • Eine Frage, werden vor Gericht zuweilen auch Leitsatzurteile des BGH vorgebracht?

    es gibt den Grundsatz, der Richter kennt das Recht

    deswegen spielen Urteile vor Gericht nur eine untergeordnete Rolle,

    bei Themen zur Leistungsfähigkeit überhaupt nicht, da kennt sich das Gericht gut aus, ist ja das tägliche Brot (Ehegatten-Kindesunterhalt, Elternunterhalt), da werden von beiden Seiten ausschließlich Argumente vorgetragen, siehe auch die unterhaltsrechtlichen Leitlinien


    natürlich kann es durchaus hilfreich aus einem Urteil zu zitieren, jedoch nur zur Unterstützung der eigenen Argumentation bei Bedarf und Bedürftigkeit