Überobligatorisches Einkommen und Verringerung des Einkommens durch Steuernachzahlung

  • Hallo alle Zusammen,


    ich benötige in einigen offenen Fragen zum Elternunterhalt Eure Meinung und Unterstützung.


    Hier eine kleine Zusammenfassung der vorliegenden Fakten:

    Meine Schwiegervater ist im Pflegeheim (seit 4 Jahren) und wir haben im Frühjahr 2019 eine 2. Rechtswahrungsanzeige des SHT erhalten. Währen der ersten drei Jahre war mein Mann nicht unterhaltspflichtig, da seine Rente zu gering und er außerdem seiner 1. Ehefrau gegenüber unterhaltspflichtig war. Da wir vor knapp 2 Jahren geheiratet haben, war ich bei der 2. RWA als Ehefrau auskunftspflichtig. Die Unterhaltsforderung kommt ausschließlich aufgrund meines Einkommens als Ehefrau zustande.


    Seit einigen Monaten befinden wir uns nunmehr mit dem SHT im Austausch über strittige Fragen der Einkommensermittlung und der sich daraus resultierenden Höhe des Elternunterhalts.

    Unsere Einwände haben bei der zweiten Berechnung nur insoweit Berücksichtigung gefunden, dass eine einmalige Sonderzahlung wegen einer Tarifanpassung für mich im Vorjahr in die Berechnung nicht mehr einfloss. Überstunden wurden dafür weiterhin voll angerechnet, obwohl sie nur im letzten Jahr krankheitsbedingt zur Auszahlung gelangt waren. Mein Einkommen fiel dadurch ein paar Mal deutlich höher als üblich aus. Außerdem wurden Überstunden, die nicht unmaßgeblich auf die Teilnahme an einem Pilotprojekt zurückzuführen waren, als berufstpypisch voll angerechnet. Ich arbeite aber nicht in der IT-Branche (es ging um die Einführung neuer Software zu Dokumentationszwecken)…..


    Ferner wurden hohe, per Quittung nachgewiesene Gesundheitskosten von mir, (in diesem Jahr entstanden) überhaupt nicht bei der Berechnung berücksichtigt.

    Meine wichtigste Frage ist aber die folgende: in beiden uns vorliegenden Berechnungen wurden überobligatorische Einkünfte meines Mannes (der Altersrentner ist und einer Nebentätigkeit nachging) NICHT zur Berechnung des Elternunterhalts herangezogen (wir hatten diese natürlich angegeben!). Wir hatten den SHT nach der Erstberechnung außerdem darüber unterrichtet, dass wir nach Abgabe unserer Steuererklärung für 2018 eine hohe Steuernachzahlung zu leisten hatten und sich unser Einkommen für das Jahr wie auch für das Folgejahr entsprechend verringert, da wir auch Steuervorauszahlungen leisten mussten. Jetzt argumentiert der SHT dahingehend, dass er diese Steuernachzahlung nicht berücksichtigen kann, da mein Mann überobligatorische Einkünfte erzielt hat. Die überwiegende Nebentätigkeit hat er im Sommer dieses Jahres aber eingestellt, so dass dieses Einkommen zukünftig entfällt. Außerdem hat sich mein Einkommen in den letzten Monaten deutlich verringert, da keine Überstunden mehr ausgezahlt werden und wir außerdem die Steuerklassen aufgrund der hohen Nachzahlung geändert haben. Ich verdiene dadurch einige hundert Euro weniger pro Monat.....

    Kann es nun sein, dass der SHT eine Steuererstattung aus 2017(ausgezahlt in 2018) in die Einkommensermittlung für 2018 einrechnet, die Steuernachzahlung für 2018 mit Verweis auf überobligatorische Einkünfte des Ehemannes jedoch nicht anerkennt?????


    Ich würde mich über Antworten von Euch sehr freuen und bedanke mich schon mal!!!

    Viele Grüße G.

  • Überstunden wurden dafür weiterhin voll angerechnet, obwohl sie nur im letzten Jahr krankheitsbedingt zur Auszahlung gelangt waren.


    Das verstehe ich nicht.

    Warum krankheitsbedingt zur Auszahlung?


    Außerdem wurden Überstunden, die nicht unmaßgeblich auf die Teilnahme an einem Pilotprojekt zurückzuführen waren, als berufstpypisch voll angerechnet. Ich arbeite aber nicht in der IT-Branche (es ging um die Einführung neuer Software zu Dokumentationszwecken)…..


    Werden die Überstunden weiterhin gemacht?

    Ein wichtiger Grundsatz ist, dass Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit zeitgleich vorliegen müssen.


    Ferner wurden hohe, per Quittung nachgewiesene Gesundheitskosten von mir, (in diesem Jahr entstanden) überhaupt nicht bei der Berechnung berücksichtigt.

    Ein wichtiger Grundsatz ist, dass Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit zeitgleich vorliegen müssen.



    Jetzt argumentiert der SHT dahingehend, dass er diese Steuernachzahlung nicht berücksichtigen kann, da mein Mann überobligatorische Einkünfte erzielt hat.

    M.E. kann man das nicht gegen rechnen.


    Kann es nun sein, dass der SHT eine Steuererstattung aus 2017(ausgezahlt in 2018) in die Einkommensermittlung für 2018 einrechnet, die Steuernachzahlung für 2018 mit Verweis auf überobligatorische Einkünfte des Ehemannes jedoch nicht anerkennt?????


    Steuererstattungen und - nachzahlungen werden im Jahr der Erstattung berücksichtigt. Zuflussprinzip.

    Eine Verrechnung ist m.E. nicht möglich.


    Wenn überobligatorische Einkünfte eines Rentners keine Berücksichtigung finden (dazu gibt es Urteile), dann sind sie nicht vorhanden und können auch nicht gegengerechnet werden.

  • Hallo Geronimo,


    Steuererstattungen und Nachzahlungen sind im Jahr in dem diese angefallen sind bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen.

    Sollte das Einkommem sinken ist dies dem SHT anzuzeigen und eine Neuberechnung zu verlangen.

    Alles mit Belegen nachweisen, es gilt das Zuflussprinzip auch in die andere Richtung.


    VG frase

  • Hallo Awi,


    erst mal recht vielen Dank für Deine Antworten und Nachfragen!!!


    Zu den Überstunden. Sie gelangen in diesem Jahr nicht mehr zur Auszahlung, da ich sie in Freizeitausgleich umwandele. Das ging im letzten Jahr nicht, weil ich 2 Mal operiert worden bin. Diese finanziellen Ausschüttungen haben mein Einkommen in 2018 einige Male deutlich erhöht. Es wird also in diesem Jahr ein höheres Einkommen vorausgesetzt als ich tatsächlich erzielen werde.


    Noch zwei Fragen: Verstehe ich das Zuflussprinzip richtig, dass ich die üppige Steuernachzahlung für das letzte Jahr nicht zum Abzug bringen kann, da ich sie erst in diesem Jahr überwiesen habe? Und kann ich beim SHT dann geltend machen, dass sich mein aktuelles Einkommen verringert, da ich bereits eine Vorauszahlung zu leisten hatte? IDies betrifft auch die Gesundheitskosten. Wann kommen diese denn zum Abzug? Erst im nächsten Jahr? Der SHT hat doch sicher auch schon dem geplanten Gesetz gehört........


    Die 2. Frage: Zeitgleiche Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit: Verstehe ich es richtig, dass mir Kosten jetzt entstanden sind, die somit meine finanzielle Unterhaltspflicht aktuell vermindern???? So ganz schlau werde ich daraus noch nicht.


    Es ist für die Entscheidung wichtig, ob ich den für diverse Monate rückwirkend geforderten Unterhalt bezahlen sollte......


    Freue mich auf Antwort!


    VG G.

  • Diese finanziellen Ausschüttungen haben mein Einkommen in 2018 einige Male deutlich erhöht. Es wird also in diesem Jahr ein höheres Einkommen vorausgesetzt als ich tatsächlich erzielen werde.

    Dann solltest du das reklamieren.

    Das Einkommen (Durchschnitt) des letzten Jahres dient lediglich dazu, einen Anhaltspunkt zu haben. Man geht dann davon aus, dass sich in Zukunft nichts ändern wird.


    Wenn du in diesem Jahr Steuer nachgezahlt hast, dann vermindert diese Steuernachzahlung das Einkommen dieses Jahres, also die aktuelle Forderung. Das Gleiche gilt für Krankheitskosten und sonstige Ausgaben.


    Wenn es Überschneidungen gibt, dann verlange eine monatsgenaue Berechnung.


    Ein Gericht würde, sollte es zu einer Klage kommen, ebenfalls monatsgenau rechnen.

  • Danke, Awi,


    ich bin nach gründlichem Überlegen auch zu diesem Schluß gekommen und habe nochmals ein Schreiben aufgesetzt. Allerdings habe ich Sorge, dass der SHT dann das überobligatorische Einkommen nachträglich zur Berechnung heranzieht???? Das ist wahrscheinlich nicht korrekt, aber wer weiß schon, ob es nicht doch so gemacht wird. Subtil schwang es als Ankündigung ja mit.


    Muss der SHT eigentlich eine Klage ankündigen oder kann er diese ohne konkrete Mitteilung an den Unterhaltspflichtigen auf den Weg bringen????


    Danke schon mal für Eure Antworten!!!!!#


    VG G.

  • Siehe das Urteil des BGH AZ XII ZR 83/08



    a) Eine vom Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist - entsprechend der Lage für den Unterhaltsberechtigten - sowohl hin-sichtlich des Ehegattenunterhalts als auch des Kindesunterhalts regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist.

  • Muss der SHT eigentlich eine Klage ankündigen oder kann er diese ohne konkrete Mitteilung an den Unterhaltspflichtigen auf den Weg bringen????

    Ankündigen muss er nicht, aber so schnell klagt kein SHT, vor allem bei dem geschilderten Sachverhalt.

    Klageandrohungen sind normal.

    Man will den UHP einschüchtern und verunsichern.

    Da braucht man halt Nerven.

    Wir erhielten monatlich Klageandrohungen.

    Gezahlt haben wir nicht.

    Dann hörten wir nichts mehr.

  • Awi, das macht mir Mut. Vielen Dank! Nerven hab ich und auch einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Ich war sehr viele Jahre mit hohem zeitlichen Aufwand als gesetzliche Betreuerin ehrenamtlich tätig und bin fassungslos über ein solches Gebaren......!!!!!!

    Wie hier schon ein anderes Mitglied geschrieben hat, es geht nicht darum, zu zahlen. Mir geht es um das Prinzip und die Tatsache, dass der SHT das Recht nicht nur nach seinem Gutdünken auslegen kann und wie es ihm argumentativ gerade zuträglich ist.

    Ich habe mich den letzten Monaten sehr intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt und hoffe für alle Betroffen sehr, dass das geplante Gesetz in 2020 kommen wird.