Berechnung 100.000 Euro Grenze. Welches Einkommen wird berücksichtigt ?

  • Guten Abend zusammen,


    zu allererst ein großes Lob an dieses Forum, wirklich ein toller Informationspool.


    Es gibt jedoch eine Frage, welche mir derzeit im Kopf herumgeistert, deren Beantwortung ich aus den von mir bisher gelesenen Beiträgen nicht genau herausfiltern konnte.


    Folgendes Beispiel:

    - Angestellter im Vertrieb.

    - Die letzten drei Jahre nie über 100k€ Jahresbrutto.

    - Im Jahr 2020 voraussichtlich über 100k€ Jahresbrutto dank einer üppigen Provisionszahlung, welche im Berufsleben allerdings ziemlich einmalig sein dürfte.
    - Im Jahr 2021 dann wiederum deutlich unter 100k€


    Wie genau würde eurer Meinung nach diese Thematik des schwankenden Einkommens gewertet?


    Wird auf das Jahreseinkommen des Jahres in dem der Pflegefall eintritt geschaut oder gilt das Bruttogehalt der letzten 12 Monate.


    Vorab vielen Dank für eure Mühen und bleibt gesund

    Beste Grüße und schönes Restwochenende

  • Zum Beispiel ?

    Bei Steurklassenwahl 3/5 kann ein Zuschlag durch das Gericht vorgenommen werden.

    Hat also der UHP die ungünstige Steurklasse 5 gewählt ( um sein Einkommen zu mindern), so kann ein "Ausgleichszuschlag" erfolgen, der das einzusetzende Einkommen erhöht. Die Urteile sind schon älter, zielen aber genau auf meine Befürchtung hin.


    Gruß frase

  • Hallo Kokolores

    Wie genau würde eurer Meinung nach diese Thematik des schwankenden Einkommens gewertet?

    erhält das Amt Kenntnis von der Überschreitung, werden wohl alle Vorgänge der Berechnung des EU gestartet.

    An dem geschilderten Beispiel fällt mir noch auf, das es zwei Knackpunkte geben könnte, die ohne einen versierten Anwalt teuer werden könnten.

    Bisher galt immer, Einkommen der letzten 12 Monate und das auf die Zukunft berechnet.

    Ergeben sich Anhaltspunkte, die eine deutliche Veränderung des Einkommens betreffen, sollte der handeln, der davon betroffen ist.

    1. Überschreitung in 2020.

    2. Unterschreitung in 2021.

    Konsequenz zu 1.: für 2020 muss EU gezahlt werden.

    Ob das in der Praxis auch so sein wird, will ich nicht einschätzen.

    Was aber sehr spannend wäre ist ja das Zuflussprinzip in 2020 ins Spiel zu bringen.

    Das Amt rechnet also einen Betrag x für das Jahr/die Monate aus.

    Die Provisionszahlung erfolgte aber im Monat x und hat nur in diesem Monat ein erheblichen Einkommenszuwachs ergeben.

    Irgendwo habe ich mal gelesen, das man eine monatsgenaue Berechnung anstreben kann.

    Dann wäre der "Provisionsmonat" anders zu berechnen als der Rest des Jahres.

    Konsequenz zu 2.: Es wird kein EU zu zahlen sein.

    Darum muss man sich aber selber kümmern, wie man dem Amt das verständlich macht, ist nun Sache des UHP.

    Klar kann man auf die Klage warten und dann mit dem eindeutigen Zahlen das Amt auflaufen lassen.

    Man braucht gute Nerven würde ich sagen.


    Gruß


    frase

  • Hallo frase,


    vielen Dank für deine ausführliche Schilderung.


    Ich muss dazu sagen, dass derzeit noch kein Pflegefall besteht und dies hoffentlich auch noch lange so sein wird. Aber die Gedanken kreisen immer mal wieder um dieses Thema, wenn im näheren Umfeld ein solcher Fall auftritt.

    Eine letzte Verständnisfrage hätte ich aufbauend zum vorangegangenen Beispiel allerdings noch:


    Sollte ein Pflegefall zum Beispiel im Juli 2021 auftreten, wären dann die Gehaltszahlen aus 2020 hinfällig bzw. man wurde dann die bisherigen Gehaltszahlen Jan-Jun 2021 auf das Gesamtjahr 2021 hochrechnen oder würden hier einfach die letzten 12 Monate, sprich Jul 2020 - Jun 2021 herangezogen.


    Beste Grüße und einen schönen Abend

  • Bei Steurklassenwahl 3/5 kann ein Zuschlag durch das Gericht vorgenommen werden.

    Hat also der UHP die ungünstige Steurklasse 5 gewählt ( um sein Einkommen zu mindern), so kann ein "Ausgleichszuschlag" erfolgen, der das einzusetzende Einkommen erhöht. Die Urteile sind schon älter, zielen aber genau auf meine Befürchtung hin.


    Gruß frase

    Diese Beschreibung betrifft den unterhaltsrechtlichen, familienrechtlichen Fall, wenn ein UHP seine Leistungsfähigkeit aus dem Netto-Einkommen mindert.


    Solche Rechtsprechung läßt sich nicht auf den "Brutto 100T-Grenze Fall" übertragen, wenn zuerst überprüft werden soll, ob die Unterhaltsansprüche sozialrechtlich an den SHT überhaupt übergehen oder nicht.


    Grüße,

    m

  • Kurzer Nachtrag:

    Diese Information - ob korrekt, kann ich nicht beurteilen - habe ich auf einer Anwaltsseite im Netz gefunden, daher meine Ausführung:


    Auszug: ... Es kommt nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur auf das Jahreseinkommen an und nicht auf das Einkommen der letzten 12 Monate. Und auch nach Vollendung des Kalenderjahres muss erst noch die steuerrechtliche Aufarbeitung erfolgen, um den Begriff der Gesamteinkünfte mit Zahlen zu füllen ...


    Quelle: https://www.erstberatung-familienrecht.de/elternunterhalt

  • Wird auf das Jahreseinkommen des Jahres in dem der Pflegefall eintritt geschaut


    Wenn das Jahreseinkommen des Jahres in dem der Pflegefall eingetreten ist die 100T-Grenze überschreitet, kann der UHP vom SHT zum Unterhalt herangezogen werden, falls es deine Frage war. (ich verstehe halt nicht was du mit dem Wort "geschaut" genau meinst)

    Das Einkommen der vorigen Jahren kann nicht vom SHT als Begründung einer Unterhaltspflicht gemacht werden, auch wenn dieses Einkommen über 100T lag.


    Grüße,

    m

  • Hallo Meg

    Solche Rechtsprechung läßt sich nicht auf den "Brutto 100T-Grenze Fall" übertragen, wenn zuerst überprüft werden soll, ob die Unterhaltsansprüche sozialrechtlich an den SHT überhaupt übergehen oder nicht.

    Da stimme ich dir schon zu, es geht ja genau um dieses Problem.

    Wird es dem Amt gelingen, die Grenze in Frage zu stellen.

    Welche Gründe würden als Anhaltspunkte anerkannt, eine Überprüfung zu veranlassen.

    Das Einkommen der vorigen Jahren kann nicht vom SHT als Begründung einer Unterhaltspflicht gemacht werden, auch wenn dieses Einkommen über 100T lag.

    Das könnte aber doch ein Anhaltspunkt sein, die Vermutungsregel ins Spiel zu bringen, oder?


    Gruß


    frase

  • Das könnte aber doch ein Anhaltspunkt sein, die Vermutungsregel ins Spiel zu bringen, oder?

    In dem oben genannten "Angestellter im Vertrieb" Beispiel wurde die Frage nach den Anhaltspunkten noch gar nicht gestellt und beantwortet.

    Ich dachte, es geht dem Fragesteller hier primär um die Theorie, darum welches Kalenderjahreinkommen betrachtet wird wenn der UHP denn überhaupt zur (rechtmäßigen) Auskunft aufgefordert werden würde.

  • GuMo

    Wie genau würde eurer Meinung nach diese Thematik des schwankenden Einkommens gewertet?


    Wird auf das Jahreseinkommen des Jahres in dem der Pflegefall eintritt geschaut oder gilt das Bruttogehalt der letzten 12 Monate.

    Bisherige Praxis der Ämter: Ab Eintritt Sozialhilfeleistung wird das Einkommend er letzten 12 Monate als Grundlage genommen.

    Es folgte eine jährliche Überprüfung mit Anpassung des EU, wenn das Einkommen gestiegen ist.


    Tritt der Fall jetzt aktuell ein, muss das Amt zuerst Anhaltspunkte besitzen um Auskünfte fordern zu dürfen.

    Darin sind wir uns doch einig. Kann also Auskunft gefordert werden, dann darf sich der Fragesteller in dieser Situation auch auf regelmäßige Überprüfungen einstellen, so zumindest meine Meinung.


    Das Bestreben des Fragestellers sollte es aber sein, dann dem Amt verständlich zu machen, das es eine einmalige Überschreitung gab.

    Offen bleibt für mich also die Frage, für welchen Zeitraum kann eigentlich EU gefordert werden?


    Für ein Jahr ab Sozialhilfebeginn, für die restlichen Monate des Kalenderjahres, bis zur nächsten Überprüfung oder bis der UHP selber aktiv wird, weil sein Einkommen die Grenze unterschritten hat?


    Das sind die Fragen, die mich eher beschäftigen.


    Gruß


    frase

  • Bisherige Rechtsauffassung war nach meiner Kenntnis, das es einem UHP nicht erlaubt war, seine Einkünfte zu schmälern, um damit auch seine Unterhaltsverpflichtungen zu verringern.

    Wie gesagt, dies ist erst im Rahmen des Unterhaltsrechst. Liegt der Gesamteinkommen unter 100k, kommt es zunächst zu keiner Anwendung des Unterhaltsrechts. Es gibt noch keinen UHP.

  • Hallo MF3

    Es gibt noch keinen UHP.

    Dieser Teilaussage folge ich nicht.

    Es gibt den UHP, er kann nur durch die Grenze im AEG nicht zu einer Regressleistung herangezogen werden, wenn er unter der Grenze liegt.


    Gruß


    frase

  • Tut mir leid, wenn ich jetzt in eurer Diskussion nochmal mit einem Thema dazwischen fahr, das hier am Wochenende schon mal angesprochen wurde und das sich zufälligerweise mit einer Frage deckt, die bei mir am Wochenende auch aufgekommen ist: Was ist das zugrunde liegende Bruttoeinkommen ? Ist es das Gesamtbrutto lt. Einkommensnachweis oder das steuerpflichtige Bruttoeinkommen lt. Einkommensnachweis bzw. Steuererklärung. Ich dachte nämlich immer es geht um das steuerpflichtige Brutto (u.a. weil ja Werbungskosten abgezogen werden, die es ja nur bei der Steuerberechnung gibt). Jetzt bin ich mir aber da nicht mehr so sicher, nachdem ich die Beiträge des Wochenendes gelesen habe. Zur Verdeutlichung ein konkretes Beispiel:

    Man verdient 7000 Gehalt. 250 Euro gehen lt. Vertrag (also zwangsweise, nicht, weil man es jetzt so will) in eine Alterversorgungskasse des Arbeitgebers. Diese 250 Euro werden vom Gehalt abgezogen. Ferner sind sie steuerfrei. Jetzt steht also in der Gehaltsabrechnung:

    Gehalt 7000

    - Alterversorgungskasse (steuerfrei) 250

    --> Gesamtbrutto: 7000

    Steuerbrutto : 6750

    In den steuerlich relevanten Vorgängen/Unterlagen wird jetzt natürlich immer 6750 Euro stehen. Besteht die Gefahr, dass doch die 7000 zu Berechnung der Grenze herangezogen werden ? Ich hätte gesagt: Nein. Aber so ganz sicher bin ich mir da jetzt auch nicht mehr. Was ist eure Meinung ?

  • Es gibt den UHP, er kann nur durch die Grenze im AEG nicht zu einer Regressleistung herangezogen werden, wenn er unter der Grenze liegt

    Salopp geantwortet, wenn jemand zum Zahlen nicht verpflichtet ist, ist er kein Pflichtiger.

    Aber was ich eigentlich sagen wollte, war der erste Teil. Laut meiner Recht Erstberatung kommt das Unterhaltsrecht (mit all seinen Einschränkungen) erst beim Überschreiten der 100k Grenze zum Einsatz.

  • In den steuerlich relevanten Vorgängen/Unterlagen wird jetzt natürlich immer 6750 Euro stehen. Besteht die Gefahr, dass doch die 7000 zu Berechnung der Grenze herangezogen werden ? Ich hätte gesagt: Nein. Aber so ganz sicher bin ich mir da jetzt auch nicht mehr. Was ist eure Meinung

    Das ist mehr oder weniger das hier:

    Gehaltsumwandlung in Langzeitkonto: welche Auswirkung hat dies auf die Berechnung des Bruttoentgelts?


    Sicher ist man nicht, weil es noch keine Urteile dazu gibt.

  • Es kommt nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur auf das Jahreseinkommen an und nicht auf das Einkommen der letzten 12 Monate.

    Hier würde ich sehr vorsichtig sein. Zur Bestimmung der Grenze laut Gesetz gilt das steuerliche Jahreseinkommen, das ist auch meine Meinung.

    Fur die Berechnung eines möglichen Elternunterhaltes bei Überschreitung der Grenze sind die alten Rechtsvorgaben ja nicht ausser Kraft gesetzt.

    Da sehe ich die letzten 12 Monate vor Antragstellung als relevant an.


    Gruß


    frase

  • Danke für den Hinweis, aber mir geht es rein nur um die Berechnung bzgl. der 100.000 Euro-Grenze. Ich denke aber, dass ich schlauer sein werde, wenn ich den von MF3 vorgeschlagenen Link durchgelesen hab.