RA ****** ist der bekannteste Anwalt in Sachen Elternunterhalt, bezüglich des Angehörigen-Entlastungsgesetz hat er einige Ausführungen zu dem Gesetz auf seiner Homepage veröffentlicht, s. ****
Etliche Beitragsersteller hier im Forum beziehen sich auf seine Meinung, es stellt sich somit die Fragestellung, was könnte richtig, was könnte falsch sein
"Ab 1.1.2020 können alle Kinder die Unterhaltszahlungen für ihre Eltern einstellen.
- In den Fällen, in denen die Zahlung durch ein Gericht festgelegt worden ist, sollten Sie sich vor Zahlungseinstellung jedoch fachkundig beraten lassen.
- Der Sozialhilfeträger kann Unterhalt für 2020 erst verlangen, wenn feststeht, dass die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 € für den nach 2019 liegenden Zeitraum überschritten wird. Dies kann erst festgestellt werden wenn die steuerliche Aufarbeitung des Jahres abgeschlossen ist - also am Jahresende oder noch später. Eine Überschreitung der Jahreseinkommensgrenze in der Vergangenheit reicht nicht aus, um eine Unterhaltsverpflichtung für das Jahr 2020 zu begründen.
- Wird 2021 oder später eine Überschreitung der Jahreseinkommensgrenze von 100.000 € für ein Jahr festgestellt, für das der Sozialhilfeträger Leistungen an die Eltern erbracht hat, sind Nachzahlungen fällig. Wenn Ihr Einkommen diese Grenze (voraussichtlich) übersteigen wird, sollten Rückstellungen gebildet werden.
Schon jetzt wird in diesen Fällen die Unterhaltsverpflichtung ggf. reduziert, weil die Leitlinienkonferenz der Oberlandesgerichte den
Selbstbehalt
bereits vor Verabschiedung dieses Gesetzes auf 2.000 € für das Kind und bei Zusammenleben mit einem Gatten den Familienselbstbehalt auf 3.600 € heraufgesetzt hat (statt wie bisher 1.800 € / 3.240 €). Die Leitlinienkonferenz der Oberlandesgerichte konnte noch nicht das Inkrafttreten des Gesetzes berücksichtigen, weil zum Zeitpunkt der Sitzung der Leitlinienkonferenz das Inkrafttreten des Gesetzes zum 1.1.2020 ungewiss war.
Da der Gesetzgeber mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz deutlich gemacht hat, dass er eine Heranziehung von Kindern zum Elternunterhalt dann für unangemessen hält, wenn das Einkommen des Kindes unter 100.000 € pro Jahr liegt, ist der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt an diese Grenze ab 1.1.2020 anzupassen. Unterhaltsrechtlich ist das Nettoeinkommen maßgeblich. Es erscheint daher aus heutiger Betrachtung ein Selbstbehalt von 4.500 - 4.700 € für das Kind und etwa 8.100 € bis 9.000 € bei Zusammenleben Verheirateter angemessen. Die Anhebung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts auf dieses Niveau sichert, dass nicht nur sozialrechtlich eine 100.000 €-Grenze besteht, sondern diese Grenze angemessen unterhaltsrechtlich abgebildet wird. Da das Gesetz eine
gesetzliche Vermutung
enthält, dass das Einkommen unterhaltspflichtiger Angehöriger die Grenze von 100.000 € nicht übersteigt,
entfällt
für die Zeit ab 1.1.2020 auch eine unterhaltsrechtliche und sozialrechtliche
Auskunftsverpflichtung
.
In den Fällen, in denen ein Sozialhilfeträger aus einer vor 2020 erfolgten unterhaltsrechtlichen Auskunft keine positive Kenntnis über ein Überschreiten der Einkommensgrenze hat, können allenfalls „
hinreichende Anhaltspunkte
“, beispielsweise aus Presse, Funk und Fernsehen oder durch die Angehörigkeit zu einer bestimmten einkommensstarken Berufsgruppe (Vorstandsvorsitzender eines DAX-Konzerns), für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze herangezogen werden. Lediglich in diesen Fällen wird das Kind noch Auskunft über die Höhe seines Einkommens zu erteilen haben. Bei
Geschwistern
besteht die die Auskunftspflicht fort, wenn eines der Geschwister offenkundig die Einkommensgrenze übersteigt. Eine Auskunft über Einkommensverhältnisse kann erst im Jahr 2021 für das Jahr 2020 verlangt werden. Falls aber der unterhaltsberechtigte Elternteil
bereits vor 2020 sozialhilfebedürftig geworden ist und sich der Sozialhilfeträger noch vor 2020 beim Kind gemeldet hat
, muss dieses die verlangte Auskunft erteilen - zunächst aber nur für vor 2020 liegende Zeiträume Unterhalt zahlen.
ich bin gespannt auf eure Beiträge, die Diskussion ist eröffnet