das Angehörigen-Entlastungsgesetz aus der Sicht von RA Hauß

  • Mal sehen ob und wann die Gerichte auf diesen Sachverhalt hinweisen werden und das Gesetz dann eine Korrektur bekommt.

    das Gesetz wirft unzweifelahaft eine Reihe von Fragen auf, ob die Gerichte dies so einfach beantworten können, da habe ich so meine Zweifel, denn


    aus Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Elternunterhalt:



    "2. Die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den Einzelfall sind Sache der dafür zuständigen Gerichte. Nur wenn hierbei durch die Gerichte Verfassungsrecht verletzt wird, kann das Bundesverfassungsgericht auf eine Verfassungsbeschwerde hin eingreifen. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn eine Entscheidung am einfachen Recht gemessen objektiv fehlerhaft ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>). Setzt sich die Auslegung jedoch in krassen Widerspruch zu allen zur Anwendung gebrachten Normen und werden damit Ansprüche begründet, die keinerlei Grundlage im geltenden Recht finden, so beanspruchen die Gerichte Befugnisse, die von der Verfassung eindeutig dem Gesetzgeber übertragen sind. Die Gerichte begeben sich damit aus der Rolle des Normanwenders in die einer Norm setzenden Instanz, entziehen sich also der Bindung an Recht und Gesetz im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG"


    > es ist eindeutig, Gerichte haben sich strikt an die Gesetze zu halten und dürfen diese nicht eigenmächtig "großzügig" auslegen



    ich kann mir nicht vorstellen, das der Gesetzgeber Korrekturen am Gesetz vornimmt, nur weil es da und dort etwas hakt, das ist halt hinzunehmen


  • Setzt sich die Auslegung jedoch in krassen Widerspruch zu allen zur Anwendung gebrachten Normen und werden damit Ansprüche begründet, die keinerlei Grundlage im geltenden Recht finden, so beanspruchen die Gerichte Befugnisse, die von der Verfassung eindeutig dem Gesetzgeber übertragen sind.

    wenn sich ein Gericht über dieses Verfassungsgebot hinwegsetzen würde, also einen Auskunftanspruch bejaht, wenn das Kind unter der Grenze liegt, dann ist dies eindeutig verfassungswidrig, das Urteil ist dann aufzuheben


    wenn die Folge der Einfügung des Absatzes 1a in § 94 SGB XII bedeuten sollte, es kann in einigen Fällen keine Geschwisterquote gebildet werden, dann hat das Sozialamt dies hinzunehmen, ob es den Herrschaften passt oder nicht

  • wenn sich ein Gericht über dieses Verfassungsgebot hinwegsetzen würde, also einen Auskunftanspruch bejaht, wenn das Kind unter der Grenze liegt, dann ist dies eindeutig verfassungswidrig, das Urteil ist dann aufzuheben


    wenn die Folge der Einfügung des Absatzes 1a in § 94 SGB XII bedeuten sollte, es kann in einigen Fällen keine Geschwisterquote gebildet werden, dann hat das Sozialamt dies hinzunehmen, ob es den Herrschaften passt oder nicht

    Ganz eindeutig finde ich diesen Passus immer noch nicht:


    Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden


    Gegen wen richtet sich der Auskunftsanspruch in diesem Falle? Gegen das reiche Kind oder alle Unterhaltspflichtigen?

    Auch wenn das Urteil oben eindeutig erscheint, sollte man hier mal weiterdenken. So einfach ist die Sache nicht ....

  • Also ich habe jetzt nochmal die Begründung des Urteils studiert (als juristischer Laie selbstverständlich) :


    ""

    Für die hier streitbefangene Auskunftspflicht nach § 117 Abs. 1 SGB XII, die - wie bereits eingangs dargelegt -
    verfahrensrechtlich die Vorstufe zum Übergang von Ansprüchen nach §§ 93 ff. SGB XII insbesondere gegen
    Unterhaltspflichtige bildet, gelten keine strengeren Anforderungen (BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 - 5 C 22/90 zu
    der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 116 Abs. 1 BSHG); denn ihr Zweck ist es, dem Sozialhilfeträger erst
    die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) durch
    Inanspruchnahme Dritter, namentlich des zur Auskunft Herangezogenen, hergestellt werden kann (BVerwG, Urteil
    vom 21.01.1993 - 5 C 22/90), und bei Ungewissheit einer Unterhaltsverpflichtung zur Sachverhaltsklärung
    beizutragen (Blüggel, a.a.O., § 117 SGB XII Rn. 26). Dieser Zweck gebietet es, als "Unterhaltspflichtige" im Sinne
    von § 117 Abs. 1 SGB XII alle Personen anzusehen, die als Unterhaltsschuldner in Betracht kommen, d.h. nicht
    offensichtlich ausscheiden (BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 - 5 C 22/90 zu § 116 Abs. 1 BSHG).

    ""


    Das alles geschieht, BEVOR etwas übergeleitet wird und es kommen alle Unterhaltspflichtigen in Betracht.


    Zur Negativ-Evidenz:

    Hier geht es nicht darum, ob ein Anspruch offensichtlich überleitbar ist oder nicht, sondern ob der Anspruch offensichtlich besteht oder nicht. Das tut er aber in unserem Fall. Zitat: "es sei denn, er bestehe offensichtlich nicht"

    Der Unterhaltsanspruch besteht! Er ist nur nicht überleitbar


    Ich weiß, das ist alles sehr spitzfindig, aber ganz abzuweisen ist es auch nicht...


    Viele Grüße,

    mustermann

  • wenn die Folge der Einfügung des Absatzes 1a in § 94 SGB XII bedeuten sollte, es kann in einigen Fällen keine Geschwisterquote gebildet werden, dann hat das Sozialamt dies hinzunehmen, ob es den Herrschaften passt oder nicht

    Dem Sozialamt kann das ja egal sein, denn wenn ein UHP über der Grenze liegt, dann ist der EU auch zu zahlen.

    Dem UHP kann es aber nicht egal sein. Hat er noch Geschwister und es kann keine Quote gebildet werden wird er benachteiligt.


    VG frase

  • Dem Sozialamt kann das ja egal sein, denn wenn ein UHP über der Grenze liegt, dann ist der EU auch zu zahlen.

    Dem UHP kann es aber nicht egal sein. Hat er noch Geschwister und es kann keine Quote gebildet werden wird er benachteiligt.


    VG frase

    Das sehe ich nicht so. Der Anspruch des Sozialamtes beläuft sich nur auf eine Teilschuld. Mehr ist nicht übergegangen. Es muss dann schlüssig die Forderung aufstellen, sonst kann es den Anspruch nicht einfordern und scheitert auch vor Gericht.


    VG,

    mustermann

  • Das sehe ich nicht so. Der Anspruch des Sozialamtes beläuft sich nur auf eine Teilschuld. Mehr ist nicht übergegangen. Es muss dann schlüssig die Forderung aufstellen, sonst kann es den Anspruch nicht einfordern und scheitert auch vor Gericht.


    VG,

    mustermann

    Mein Gedanke von oben:

    der SGB 117 dient dem Sozialamt dazu, festzustellen, welche Ansprüche überhaupt auf ihn übergehen, um den Nachrang der Sozialhilfe wieder herzustellen. Nur wenn ein Anspruch offensichtlich nicht besteht, dann ist die Auskunft rechtswidrig. Was übergeleitet werden kann, kommt erst nach der Auskunft dran.


    Bin mal auf die ersten Auskunftsaufforderungen gespannt...

  • Das sehe ich nicht so. Der Anspruch des Sozialamtes beläuft sich nur auf eine Teilschuld. Mehr ist nicht übergegangen. Es muss dann schlüssig die Forderung aufstellen, sonst kann es den Anspruch nicht einfordern und scheitert auch vor Gericht.

    Das wäre ja super, dann hätten wir die Diskussion hier nicht gebraucht und alle UHP, die Geschwister unter der Grenze haben wären fein raus.

    Für Einzelkinder wäre das aber eine Ungleichbehandlung.

    Bin mal auf die ersten Auskunftsaufforderungen gespannt...

    Für Altfälle, die knapp unter der Grenze liegen, gibt es schon solche Schreiben.


    VG frase

  • Das wäre ja super, dann hätten wir die Diskussion hier nicht gebraucht und alle UHP, die Geschwister unter der Grenze haben wären fein raus.

    Für Einzelkinder wäre das aber eine Ungleichbehandlung.

    Für Altfälle, die knapp unter der Grenze liegen, gibt es schon solche Schreiben.


    VG frase

    Das wäre nur dann super, wenn die Auskunftspflicht gegenüber den Geschwistern unter der Grenze rechtswidrig wäre und da bin ich mir überhaupt nicht sicher, in keine Richtung...

  • Für Altfälle, die knapp unter der Grenze liegen, gibt es schon solche Schreiben.


    VG frase

    Und wer wird alles zur Auskunft aufgefordert? Nur die, bei denen es einen Hinweis gibt (also knapp drunter zum Beispiel) oder auch die Geschwister? Hast Du da Beispiele?


    VG,

    mustermann

  • Zu den Geschwistern kann ich leider nichts sagen, habe kein Beispiel.


    Hier im Forum sind nach dem AEG viele Teilnehmer nicht mehr in Aktion, da eine Überleitung der Ansprüche nicht mehr möglich wird.


    Wie läuft das in der Praxis bei den Ämtern?


    Ich kenne noch keine konkreten Arbeitsanweisungen und will da meine Quelle auch nicht anfragen, da ich ein ungeklärter Altfall bin.

    Wenn die zeitliche Verwirkung bei mir um ist, könnte ich da aktiv werden.

    Von meiner Anwältin ist mir nur bekannt, das selbst Ehepartner in der Vergangenheit die geforderte Auskunft erfolgreich verwehrt hatten.

    Einigen Ämtern war es wohl zu mühselig, hier zu §117 eine Klage anzustreben.

    Da gibt es in Dt. gewaltige Unterschiede bei der Arbeitsweise der SHT.


    Die Zahl der über der Grenze liegenden UHP scheint extrem überschaubar.

    Daher wird sich hier im Forum wohl kaum ein Beispiel finden lassen.


    VG frase

  • Wenn tatsächlich der Sozialhilfeträger alle Geschwister samt Partner erst mal befragen müsste und die sich dann auch noch schön dagegen wehren, weil das mit der Negativ-Evidenz alles andere als klar ist, dann würde ich meinen, daß es in Zukunft wirklich nur noch wenige Fälle von Elternunterhalt gibt.

    Ich vermute mal, einige Sozialämter gehen den einfachen Weg und schreiben nur die an, welche über der Grenze liegen und versuchen dort alles zu bekommen. Für Einzelkinder ist das natürlich tatsächlich blöd, da besteht kein Zweifel. Die Zeit wird es zeigen...


    VG,

    mustermann

  • Mir fällt auch noch ein fiktiver Fall ein, der etwas komisch ist und die Problematik noch mehr verdeutlicht (allerdings wohl so nie passieren wird)


    Angenommen 2 Brüder A und B. Die Brüder kennen ihre Einkommensverhältnisse. Die Frau von A ist Vorstand in einem Dax Konzern und verdient 10 Millionen Euro, B 100.001 Euro. A verdient nichts.


    Das Sozialamt hat Hinweise, daß B über 100.000 Euro verdient und fordert deshalb Unterhalt von ihm und zwar nur von ihm.


    Da wird sich B schön bei A bedanken. Eigentlich dachte ich, daß inter-familiärer Streit vom Gesetzgeber her vermieden werden sollte.

    Daher glaube ich fest, daß der Gesetzgeber davon ausging, daß Auskunft auch von Geschwistern und Partnern verlangt werden kann (bei hinreichender Vermutung mindestens eines Kindes)


    VG,

    mustermann


  • Auch lustige in diesem Fall:

    Wenn tatsächlich das Sozialamt den Teil von A übernehmen müsste, dann zahlt auch der reiche Bruder fast nichts mehr. Ob das so gewollt ist?

    Wenn nur B zahlen müsste, dann fühlt man sich auch nicht wohl mit der Gesetzeslage.


    Am besten man schafft den ganzen Kram ab...

  • Daher glaube ich fest, daß der Gesetzgeber davon ausging, daß Auskunft auch von Geschwistern und Partnern verlangt werden kann (bei hinreichender Vermutung mindestens eines Kindes)

    Ich habe in einem anderen Thema den §242 BGB genannt, der hier unter den Geschwistern zur Anwendung kommen kann.


    Zu deinem Beispiel würde mir einfallen, das es mir peinlich wäre, wenn ich in solchen Verhältnissen lebe und meine Eltern müssten Sozialhilfe beantragen.


    VG frase

  • Ich habe in einem anderen Thema den §242 BGB genannt, der hier unter den Geschwistern zur Anwendung kommen kann.


    Zu deinem Beispiel würde mir einfallen, das es mir peinlich wäre, wenn ich in solchen Verhältnissen lebe und meine Eltern müssten Sozialhilfe beantragen.


    VG frase

    Da hast Du vollkommen recht! Mir geht es aber nicht darum mit meinen Beispielen moralisch zu sein, sondern rauszubekommen, wie die Gesetzeslage sein könnte. Und da helfen seltsame Beispiele manchmal.


    Viele Grüße,

    mustermann

  • Wie ich gestern schon schrieb, so einfach ist die Sache nicht....


    Hier noch ein Urteil: LSG Baden-Württemberg Urteil vom 21.6.2018, L 7 SO 1715/16

    Auch hier geht es um die Negativ-Evidenz.


    Leitsatz (aus dem Urteil):

    Die Rechtmäßigkeit eines Auskunftsverlangens nach § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII setzt nicht voraus, dass dem Hilfeempfänger der Unterhaltsanspruch tatsächlich und nachweisbar zusteht. Nur wenn ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch nach objektivem, materiellen Recht offensichtlich ausgeschlossen ist, ist ein gleichwohl erlassenes, erkennbar sinnloses Auskunftsersuchen aufzuheben (vorliegend verneint).


    Weiter unten in der Urteilsbegründung:


    26:

    Weiterhin ist zu beachten, dass ein Interesse an der Auskunft ausnahmsweise selbst dann bestehen kann, wenn der Unterhaltsanspruch gegen einen potentiell Unterhaltspflichtigen tatsächlich ausgeschlossen ist. Wenn ein Unterhaltsanspruch nach § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB vollständig entfällt, was der Kläger hier geltend macht, kann die Hilfeempfängerin wegen des nach dieser Vorschrift eintretenden Wegfalls ihres Anspruchs gegen den Kläger nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen. Der Sozialhilfeträger benötigt daher die Auskunft, um den - hypothetischen, aber tatsächlich nicht geschuldeten - Unterhaltsanspruch berechnen zu können, damit der auf die übrigen (gleichrangigen) Unterhaltspflichtigen entfallende Anteil (§ 1606 Abs. 3 BGB) errechnet werden kann. Vorliegend hat zumindest die Tochter der Hilfeempfängerin nicht das Entfallen des Unterhaltsanspruches gem. § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB geltend gemacht.


    Das ist zwar nicht genau unser Fall (den gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht). Aber die Begründung, falls ein zur Auskunft Verdonnerter klagt, wird fast gleich aussehen. Ich spiele mal Hellseher. So könnte die Urteils-Begründung aussehen:


    Der Übergang des Unterhaltsanspruches ist zwar nach SGB 94 XII 1a) ausgeschlossen. Trotzdem besteht ausnahmsweise ein Interesse an der Auskunft. Der Sozialhilfeträger benötigt die Auskunft, um den -hypothetischen, aber tatsächlich nicht überleitbaren Unterhaltsanspruch berechnen zu können, damit der auf die übrigen (gleichrangigen) Unterhaltspflichtigen entfallende Anteil (§ 1606 Abs. 3 BGB) errechnet werden kann (hypothetische Urteilsbegründung von mustermann)


    Daher:


    1) Das Sozialamt kann von den Kindern über 100.000 nur die jeweilige Teilschuld einfordern (Siehe BGB 1606 Abs 3).

    2) Das Sozialamt kann in dem Fall (mindestens ein Kind über 100.000) die Geschwister samt Ehe/Lebenspartern zur Auskunft verdonnern. Will das Sozialamt den Anspruch gegenüber den Kindern, welche über 100.000 Euro verdienen durchsetzen, dann muss das Sozialamt sogar von allen Beteiligten Auskunft verlangen. Sonst wäre die Forderung nicht schlüssig darzulegen. Es kann auch nicht auf nur eine Auskunft (z.B. bei einem Schwiegerkind) verzichten, weil es sich die Mühe sparen will...


    Damit stelle ich mich eindeutig auf die Seite von Stiftung Warentest, Hauß, etc.

    Wir werden sehen, wie die Sozialämter agieren und wie die Gerichte entscheiden...


    Viele Grüße,

    mustermann


  • Hallo frase,


    hier haben wir schon das erste böswillige Sozialamt. Es bittet den potentiellen Unterhaltspflichtigen auf, den Steuerbescheid zu schicken. Es ist zum Glück nur als Bitte formuliert, aber ich denke ein seriöses Amt bittet Bürger nicht einfach irgendwelche Unterlagen zu schicken.

    Der richtige Weg für das Sozialamt: Wenn das Sozialamt meint, daß hinreichende Anhaltspunkte bestehen, daß die Grenze 2020 überschritten wurde, dann könnte es mit § SGB 117 Abs 1) Auskunft verlangen und den potentiell Unterhaltspflichtigen nicht nur bitten, sonder sogar zwingen, den Steuerbescheid zu schicken. Ob es ein hinreichender Anhaltspunkt ist, wenn man 2019 an der Grenze gekratzt hat sei mal dahin gestellt. Das wird irgendwann mal ein Gericht entscheiden. (Meine persönliche Meinung: es reicht nicht, aber meine Meinung zählt nicht!)

    Einzige Ausnahme: Bei einem Geschwister gibt es hinreichende Hinweise über der Grenze zu liegen. Dann kann das Sozialamt auch von allen potentiell Unterhaltspflichtigen Auskunft verlangen (§ 117 SGB).

    Daher: die bloße Bitte einen Steuerbescheid zu schicken ist zwar nicht verboten, aber für ein Amt schlicht unseriös!


    Viele Grüsse,

    mustermann

  • im Rahmen des Elternunterhalts ab 2020 spielt das Thema Auskunft eine entscheidende Rolle,

    das Sozialamt hat grundsätzlich 2 rechtliche Möglichkeiten Auskunft vom Kind zu verlangen


    1. gemäß § 117 SGB XII (Sozialhilferecht), und

    2. gemäß § 1605 BGB, bürgerliches Recht


    der § 117 SGB XII wurde ja bereist ausführlich behandelt, ich wende mich daher der Fragestellung zu,

    ob ein Sozialamt gemäß § 1605 BGB für das Jahr 2020 Auskunft verlangen kann


    die Antwort auf die Frage befindet sich in § 94 SGB XII, die Voraussetzung der Anwendung des § 1605 BGB ist

    "(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über"


    > die Voraussetzung ist der Übergang von Ansprüchen, das bedeutet, erst dann,

    wenn Sozialamt den Anspruch des Elternteils auf sich überleiten kann, also im Namen des Elternteils Unterhalt fordern kann, kann ein Sozialamt auch gemäß § 1605 BGB Auskunft fordern


    mit der Einfügung des Absatzes 1a in § 94 SGB XII hat sich die Rechtslage verändert:

    "(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze)"


    der Gesetzgeber hat damit klargestellt, nur wenn das Kind über der Grenze liegt, liegt ein gesetzlicher Übergang vor, es kann Unterhalt gefordert werden und es besteht dann auch ein Auskunftsrecht gemäß § 1605 BGB


    liegt das Kind jedoch unter der Grenze, dann gilt folgendes:

    "Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind."


    dann findet kein gesetzlicher Übergang statt, mit der Folge, es kann kein Unterhalt gefordert werden, und es existiert somit auch kein Anspruch auf Auskunft gemäß § 1605 BGB


    der Versuch eines Sozialamts vor Gericht eine sog. Stufenklage durchzusetzen, scheitert am fehlenden Übergang

    eine Stufenklage ist:

    Kommt der Verpflichtete dem Auskunfts- oder Zahlungsverlangen nicht nach, muss der Berechtigte seinen Anspruch auf Auskunft und seinen Unterhalt einklagen bzw. seinen Unterhalt einfordern.


  • Hallo Unikat,


    Du zündest hier mal wieder eine Nebelkerze!


    Der Anspruch auf Auskunft nach § 117 SGB XII besteht rechtlich schon BEVOR etwas übergeleitet wird. Der Paragraph wurde vom Gesetzgeber eingeführt, um den Nachrang der Sozialhilfe wiederherzustellen. Wenn bei nur einem Kind von mehreren Geschwistern offensichtlich die Grenze überschritten wird, ist die einzige Möglichkeit eventuell diesem Anspruch zu entgehen die Negativevidenz. Ob die Negativevidenz bei Kindern, welche nachweisen können, daß sie unter der Grenze liegt zutrifft, werden die Gerichte entscheiden und nicht Du! Allerdings gibt es in den schon existierenden Urteilen zur Negativevidenz starke Hinweise, daß man auch hier dem Auskunftsersuchen nicht entkommt ( LSG Baden-Württemberg Urteil vom 21.6.2018, L 7 SO 1715/16 Absatz 26)

    § 117 SGB ist wesentlich mächtiger als der übergegangene Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB. § 1605 spielt hier keine Rolle.


    Viele Grüße,

    mustermann