Elternunterhalt abwenden

  • Hallo zusammen,


    meine Frage ist, ob sich ein Elternunterhalt vermeiden lässt, wenn die Mutter ihre finanzielle Notlage selbst herbeiführt und keine Hilfe annimmt.


    Hier eine kurze Zusammenfassung der Situation. Meine Mutter (60 Jahre) erhält seit vielen Jahren eine Arbeitsunfähigkeitsrente und hat nach dem Ableben der Großeltern 2 Häuser geerbt, das ehemalige Familienhaus mit 3 Wohnungen und ein vermietetes 6-Familienhaus. Aufgrund eines sehr massiven Verfolgungswahns hatte sie vor einigen Jahren das Familienhaus verlassen; seitdem ist es ziemlich zerfallen, Wasserschäden etc. nichts wurde repariert. Mit dem vermieteten 6-Familienhaus ist es nicht besser, auch hier ist erheblicher Investitionsstau, 3 Wohnungen sind nur noch vermietet, die Mieter mindern berechtigterweise die Miete, selbst das Heizöl müssen sie selbst kaufen. Inzwischen steht eine Zwangsversteigerung an, allerdings steht der Termin noch nicht. Ich biete meiner Mutter seit mehreren Jahren an, ihr beide Häuser abzukaufen, damit sie ihre Schulden zurückzahlen kann, sich ein eigenes Haus kaufen kann, und den Rest des Kaufpreises als eine Art monatliche Zusatzrente von €1000 bekommt, da ihre Altersrente nur rund €250 betragen wird. Obwohl ihr ihr Steuerberater und 6 Notare, bei denen wir inzwischen waren, alle gesagt haben, dass dies ein Superangebot sei, möchte sie es nicht annehmen und ihre finanzielle Situation verschlechtert sich weiterhin.


    Da sie keinerlei Hilfe annehmen möchte und die Situation kontinuierlich schlechter wird, sehe ich ehrlich gesagt nicht ein, eines Tages für einen möglichen Elternunterhalt aufzukommen. Zumal es sonst keine weiteren Angehörigen mehr gibt, würde alles auf mich zukommen. Ich habe den Kontakt zu meiner Mutter nun abgebrochen, da mich diese Situation sehr belastet.


    Gibt es hier Möglichkeiten, dies durch gute Dokumentation oder sonstiges in Zukunft abzuwenden?


    Vielen Dank!

  • Hallo Cyclone,


    ich gehe davon aus, das dein Einkommen p.a. deutlich über 100.000€ bereinigtem Brutto liegt.

    Erst wenn deine Mutter einen Antrag auf Sozialhilfe stellen muss, wird es spannend.

    Vorher muss Sie, bis auf einen Schonbetrag alles Verwertbare einsetzten.

    Der Unterhaltsanspruch kann durch Fehlverhalten des entsprechenden Elternteils verloren gehen.

    Dazu zählen auch die selbstverschuldete Bedürftigkeit oder der unzureichende Aufbau einer Alterssicherung.

    Mir ist aber ehlich kein Fall bekannt, wo ein UHP mit diesem Vortrag erfolg hatte.

    Du kannst also versuchen durch Dokumentation und Aussagen von Steuerberater/Notar deine Position zu untermauern, ob das vor Gericht reicht, das kann man schlecht einschätzen.


    Gruß


    frase

  • Hallo frase,


    vielen Dank für Deine ausführliche Nachricht, das Stichwort "selbstverschuldete Bedürftigkeit" ist gut zu wissen. Wie Du schon sagst, ist es keine Garantie für einen erfolgreichen Ausgang, aber immerhin macht es das lohnenswert, den Verlauf gut zu dokumentieren.


    Ich kann mein direktes Einkommen in gewissen Maße steuern, da ich GF meiner eigenen GmbH bin. Aber im Zweifelsfall wird dann sicherlich auf das Einkommen oder auch Vermögen der GmbH geschaut.


    Gruß

    Cyclone

  • Hallo Cyclone,


    es war in der Vergangenheit bei solchen Fällen sehr schwierig, sich gegen die übergeleitete Forderung zu wehren.

    Bei Selbständigen wird die Bilanz der letzten drei Jahre und die entsprechenden Einkommenssteuerbescheide zur Prüfung eingefordert.

    Dies passiert aber erst, wenn das Amt einen Hinweis darauf erhält, das der UHP über der Grenze liegt.

    Es kommt also auch darauf an, wie sich die Dinge in der Zukunft entwickeln.

    Stellt deine Mutter mal den Antrag selber und gibt an, das du ein GF bist, würde ich als SB, dies als eindeutigen Hinweis ansehen.

    Stellst du den Antrag für deine Mutter als Bevollmächtigter, dann kannst du auch deine Berufsbezeichnung (z.B. ing. usw.) angeben.

    Vorsicht ist aber geboten, wenn im Antrag nach deinem Einkommen direkt gefragt wird, da bist du auch als Bevollmächtigter zur Wahrheit verpflichtet.

    Es gibt also noch andere Stellschrauben und jedes Amt hat so seine Eigenheiten, wie auch die LL der OLG.

    Es ist daher immer günstiger, keine Sozialhilfe zu beanspruchen.


    Gruß


    frase

  • Hallo frase,


    vielen Dank für die zusätzlichen Informationen. Sie wird wahrscheinlich selbst keinen Antrag stellen (sie hatte auch bereits am Bahnhof gelebt trotz den zwei Häusern). Ich denke wenn eher mal, falls sich ihre Lage weiter verschlechtert, kommt vielleicht mal ein Betreuer oder so auf mich zu. Wobei sie auch von dieser Seite freiwillig keine Hilfe annehmen würde und vermutlich Reißaus nimmt, wenn sie nur das Wort hört. Ich werde jetzt mal abwarten wie es weitergeht mit der Versteigerung und auf jeden Fall weiterhin alles gut dokumentieren. In naher Zukunft wird ja noch nichts passieren, da sie erstmal noch Vermögen hat, aber besser beizeiten um die Dinge kümmern als später dann kaum noch handlungsfähig zu sein.


    Vielen Dank und ein schönes WE

    Cyclone



  • Eine solche Möglichkeit würde auf § 1611 BGB beruhen.

    Zitat

    Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

    § 1611 Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung

    (1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.


    Allerdings wird in deinem Fall die Anwendung von § 1611 dadurch erschwert, dass deine Mutter nach deiner Beschreibung krank ist (Verfolgungswahn).


    Grüße,

    m

  • s. auch

    Zitat

    BGH, Urteil vom 15.09.2010 - Aktenzeichen XII ZR 148/09


    Der Unterhaltsanspruch der Mutter des Beklagten sei auch nicht gemäß § 1611 BGB verwirkt. Das einmalige Zerschneiden der Kleidung der Kinder, die Verursachung des Waschzwangs und das mehrfache - seinem Umfang nach nicht näher dargelegte - Aussperren aus der Wohnung stellten vor dem Hintergrund der psychischen Erkrankung der Mutter des Beklagten ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine schwere Verfehlung dar.

    ...

    Im Übrigen fehle es an einem für eine Verwirkung erforderlichen Verschulden der unterhaltsbedürftigen Mutter des Beklagten. Die vom Beklagten beschriebenen Betreuungsausfälle und ihre Unfähigkeit, spätestens ab 1971 für den Naturalunterhalt und ab dem Zeitpunkt der Trennung vom Vater des Beklagten für seinen Barunterhalt aufzukommen, beruhten unstreitig auf der Erkrankung seiner Mutter an schizophrener Psychose.