100 TEUR Grenze evtl. überschritten, Wechsel in Teilzeit seit langem geplant

  • Hallo liebe Leser,


    meine Mutter ist seit kurzem im Pflegeheim und mein Vater zahlt solange es das Sparguthaben hergibt (minus Schonvermögen) den Eigenanteil der Pflegeheimkosten, dies sind ca. 1000 EUR pro Monat. Da die Einnahmen meiner Eltern sehr gering sind wird das Sparguthaben in absehbarer Zeit aufgebraucht sein. Ein Antrag auf Unterstützung ist deshalb beim Sozialamt bereits gestellt. Jetzt habe ich über das Angehörigenentlastungsgesetz gelesen und je nachdem wie man mein Jahresbruttoeinkommen nun berechnet bin ich knapp über der 100 TEUR Grenze. Somit müßte ich für den Eigenanteil aufkommen und nicht das Sozialamt. Ich habe seit Jahren einen Wechsel meines Vollzeitarbeitsvertrages in einen Teilzeitarbeitsvertrag vor, damit wäre ich auf jeden Fall unter der 100 TEUR Grenze. Leider scheint sich dies aber nicht auszuwirken, da es nach meiner Kenntnis den Punkt "fiktives Einkommen" bei der Berechnung des Jahresbruttoeinkommens gibt. D.h. ich kann zwar auf einen Teilzeitarbeitsvertrag wechseln, aber muß dann trotzdem noch den vollen Unterhaltsbetrag bezahlen weil ich ja freiwillig auf Arbeitslohn verzichten würde. Ist das richtig?

    Zweite Frage: Eine Staffelung für den Unterhalt gibt es nicht, d.h. bei einem Jahresbruttoeinkommen von 100001 EUR ist man bereits 100 % Unterhaltspflichtig?

    Im Voraus vielen Dank für Eure Antworten!


    Grüße!


    Michael


    P.S. Das mit dem fiktiven Einkommen habe ich hier gelesen. Dieses Juristendeutsch kann man Leider nicht als "einfache Sprache" bezeichnen, d.h. ist für mich teils schwer verständlich.

  • Ich habe seit Jahren einen Wechsel meines Vollzeitarbeitsvertrages in einen Teilzeitarbeitsvertrag vor, damit wäre ich auf jeden Fall unter der 100 TEUR Grenze. Leider scheint sich dies aber nicht auszuwirken, da es nach meiner Kenntnis den Punkt "fiktives Einkommen" bei der Berechnung des Jahresbruttoeinkommens gibt. D.h. ich kann zwar auf einen Teilzeitarbeitsvertrag wechseln, aber muß dann trotzdem noch den vollen Unterhaltsbetrag bezahlen weil ich ja freiwillig auf Arbeitslohn verzichten würde. Ist das richtig?

    Die Gefahr eines fiktiven Einkommens ist nicht unrealistisch, dann könnte das eintreten, wie von dir befürchtet.

    Gibt es denn Gründe warum du auf Teilzeit wechseln willst, außer dem Grund, dem Elternunterhalt zu entgehen?

    Eventuelle gesundheitliche Aspekte?


    Damit das Auskunft überhaupt Auskunft verlangen kann, muss es entpsrechende Anhaltspunkte haben, liegst eventuell über der Grenze

    Wurde beim Antrag auf Sozialhilfe etwas zum Einkommen oder Beruf abgefragt, und wie war die Antwort?

  • Die Gefahr eines fiktiven Einkommens ist nicht unrealistisch, dann könnte das eintreten, wie von dir befürchtet.

    Gibt es denn Gründe warum du auf Teilzeit wechseln willst, außer dem Grund, dem Elternunterhalt zu entgehen?

    Eventuelle gesundheitliche Aspekte?

    Bei meinem Teilzeitplan will ich nicht dem "Elternunterhalt entgehen" sondern mein Leben verbessern, der Plan bestand lange vor dem Pflegeheim und wurde von mir dummer weiße (?) immer wieder aufgeschoben, da ich zu viel Arbeit habe und meine Kollegen nicht hängen lassen will.

    Damit ... überhaupt Auskunft verlangen kann, muss es entpsrechende Anhaltspunkte haben, liegst eventuell über der Grenze

    Wurde beim Antrag auf Sozialhilfe etwas zum Einkommen oder Beruf abgefragt, und wie war die Antwort?

    Mein Vater hat den Antrag ohne mich aufgesetzt (wohne 4 h weit weg) und keine Kopie gemacht. Er meint er hätte im Antrag nur meinen Namen angeben müßen. Leider ist auch er, was das Gedächtnis angeht, nicht mehr wirklich Fit. Ob da nun Anhaltspunkte drin sind oder nicht, ich weiß es nicht wirklich.

    "... die Antwort?" Der Antrag wurde eingereicht und ist in Bearbeitung.

  • Bei meinem Teilzeitplan will ich nicht dem "Elternunterhalt entgehen" sondern mein Leben verbessern, der Plan bestand lange vor dem Pflegeheim und wurde von mir dummer weiße (?) immer wieder aufgeschoben, da ich zu viel Arbeit habe und meine Kollegen nicht hängen lassen will.

    wenn das Sozialamt Auskunft verlangen sollte, dann gilt das "alte" Einkommen, ein späterer Wechsel inTeilzeit hat dann die bereits angesprochenen Folgen

    "... die Antwort?" Der Antrag wurde eingereicht und ist in Bearbeitung.

    da hilft im Moment nur eins, abwarten

    wenn kein Anhaltspunkt zur Auskunftspflicht vom Sozialamt genannt wird, kannst du die Auskunft verweigern

  • Hallo Michael,


    es geht um Elternunterhalt und damit um die Anwendung des AEG.

    Hier gibt es eine, von dir schon beschriebene Grenze.

    Wird diese überschritten, so erfolgt die Prüfung deiner Leistungsfähigkeit.


    Ich sehe hier den Ansatz des "fiktiven Einkommens" als sehr fraglich an.

    Da sich hier verschieden Rechtsformen überschneiden, gilt zuerst das Steuerrecht.

    Gerade, wenn du nur knapp über der Grenze liegst, wird man auch akzeptieren müssen, das du nun darunter fällst, die Gründe können ja vielschichtig sein und gehen das Sozialamt erst etwas an, wenn du über der Grenze liegst.


    Nun zu deinem konkreten Fall:

    Ein Antrag auf Unterstützung ist deshalb beim Sozialamt bereits gestellt. Jetzt habe ich über das Angehörigenentlastungsgesetz gelesen und je nachdem wie man mein Jahresbruttoeinkommen nun berechnet bin ich knapp über der 100 TEUR Grenze.

    Nicht je nachdem, schau was in deinem letzten EStB unter der Summe der Einkünfte steht und checke ab, wie die Sache für 2020 aussehen kann.


    Erst wenn Sozialhilfe geleistet wird, "rollt der Ball".

    Daher vermute ich, du hast noch keine RWA erhalten.

    Erst ab diesem Datum, kann der Regress eingefordert werden.

    Es macht also schon Sinn, seine Einkünfte zu steuern, wenn man das kann.

    Das Amt kann ja nicht wissen, was vor Jahren bei dir los war.

    Es geht von heute in die Zukunft, daher also möglichst wenig Anhaltspunkte liefern, die auf dein Einkommen schließen lassen.


    Gruß


    frase

  • Das Sozialamt verlangt immer Auskunft für die letzten 12 Monate, was in Zukunft sein wird interessiert ein Sozialamt herzlich wenig, außer der Unterhaltspflichtige kann trifftige Gründe vorlegen, warum er plötzlich auf Teilzeit geht

  • was in Zukunft sein wird interessiert ein Sozialamt herzlich wenig, außer der Unterhaltspflichtige kann trifftige Gründe vorlegen, warum er plötzlich auf Teilzeit geht

    Hier hast du vergessen, dass jedes Amt auch in die Zukunft schaut.

    Besonders bei Angehörigen, die knapp unter der Grenze lagen.

    Hier wird die Vermutung vorgebracht, das Einkommen wäre gestiegen!


    Da in dem konkreten Fall noch keine Auskunft verlangt wurde, geht es also um die Frage, gelingt es Michael für 2020 das Gesamteinkommen unter der Grenze zu halten und hat das Amt berechtigte Anhaltspunkte (das wird sich ja dann ergeben, wenn die RWA ins Haus flattert)

    Selbst wenn es gelingt, die Grenze knapp zu unterschreiten, so sollte in Zukunft damit gerechnet werden, das eine jährliche Überprüfung stattfindet.


    Ich würde also die Einnahmen ab sofort so steuern, das die Grenze nicht erreicht wird.


    Gruß


    frase

  • In dem geschilderten Fall wurde ja bereits ein Antrag auf Sozialhilfe gestellt, das Sozialamt wird sich somit auch mit der Frage beschäftigen, ob die Kinder eventuell unterhaltspflichtig sind, und eventuell Auskunft verlangen

    Auskunft ist immer für die letzten 12 Monate zu erteilen, daraus gewinnt das Sozialamt die Erkenntnis, ob der Unterhaltspflichtige unter oder über der Grenze liegt

    Liegt der Unterhaltspflichtige über der Grenze, dann ist ab Rechtswahrungsanzeige Elternunterhalt zu zahlen


    Kommt der Unterhaltspflichtige nach Rechtswahrungsanzeige auf die Idee, ohne trifftigen Grund auf Teilzeit umzustellen, dann wird dies kein Sozialamt so einfach hinnehmen, sondern ein fiktives Einkommen annehmen

  • nach meiner Kenntnis den Punkt "fiktives Einkommen" bei der Berechnung des Jahresbruttoeinkommens gibt. D.h. ich kann zwar auf einen Teilzeitarbeitsvertrag wechseln, aber muß dann trotzdem noch den vollen Unterhaltsbetrag bezahlen weil ich ja freiwillig auf Arbeitslohn verzichten würde


    Es mag zwar eine solche Rechtsauffassung geben, es gibt aber auch eine andere:

    Angehörigen-Entlastungsgesetz, "100.000 Euro"-Grenze, Entwurf: die Angehörigen der Grundsicherung-Empfänger werden schlechter gestellt?

    (bei dir geht es bei dieser Frage nicht um die Höhe der Elternunterhalt, sondern "nur" darum ob du weniger als 100T Brutto durch Teilzeit verdienen "darfst" ohne gegen irgendwelche Gesetze/Urteile zu verstoßen)


    Weil der Antrag auf Sozialhilfe im Jahr 2021 gestellt wurde, wird dein Brutto-Einkommen 2021 entscheidend sein, ob du über 100T liegst oder nicht, nicht dein Einkommen aus der Vergangenheit.


    Grüße,

    m

  • Weil der Antrag auf Sozialhilfe im Jahr 2021 gestellt wurde, wird dein Brutto-Einkommen 2021 entscheidend sein, ob du über 100T liegst oder nicht, nicht dein Einkommen aus der Vergangenheit.

    Für die Berechnung des möglichen Unterhalts ist das Jahr maßgeblich, in dem die Rechtswahrungsanzeige gekommen ist, denn ab Rechtswahrungsanzeige kann Unterhalt gefordert werden


    Die Auskunft selber ist für die letzten 12 Monate zu erteilen, bei unselbständiger Arbeit

    bei einem Selbständigen für die letzten 3 Jahre

    Für die Zukunft kann ja keine Auskunft erteilt werden

  • Die Unterhaltsberechnung für die Zukunft beruht immer auf den Daten der Vergangenheit, auf was sonst?

    Es ist nichts anderes als eine Prognose, unter Heranziehung der Vergangenheit.


    Wenn sich zukünftig etwas an der angenommenen Basis ändern sollte, dann hat der Unterhaltspflichtige ja die Möglichkeit dies beim Sozialamt vorzutragen und eine Änderung zu verlangen

  • Die Auskunft selber ist für die letzten 12 Monate zu erteilen, bei unselbständiger Arbeit

    bei einem Selbständigen für die letzten 3 Jahre


    Im Gesetz steht es so nicht. Im Gesetz steht:

    Zitat

    § 94 SGB XII


    (1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden

    Falls UHB im Jahr 2021 Sozialhilfe bekommt und SHT der Meinung ist, dass man überprüfen muss ob UHP über 100T verdient, dann kann SHT die Auskunft über das Jahr 2021 verlangen. Was potenzieller UHP davor im Jahr 2020 Brutto verdient hat ist nicht ausschlaggebend, weil auch wenn man 2020 über 100T verdient hat, so heißt es keineswegs, dass man auch 2021 über 100T liegen wird. Im Gesetz steht "jährliches Gesamteinkommen" und nicht etwa "Einkommen der letzten 12 Monate".


    Wenn also SHT im vorliegenden Fall eine Auskunft nach §117 vom potenziellen UHP verlangt, soll UHP m.E. dem SHT mitteilen, dass

    - SHT zuerst hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vorlegen soll

    - eine Auskunft für das Jahr 2021 kann nicht vor Januar 2022 verlangt werden


    Ich gehe jetzt im vorliegenden fall vom abhängigen Arbeitsverhältnis aus, keine Selbständigkeit

  • Hallo Meg,


    die Ämter versuchen aktuell wirklich, von möglichen UHP, Auskunft über die letzten 12 Monate zu erhalten.

    Man begründet das mit der bisher bestehenden Zahlungsverpflichtung und weist auf den grundsätzlichen Unstand hin, das eine Unterhaltspflicht besteht und diese weiter geprüft werden soll.

    Ein entscheidender Vorteil in diesem Fall ist aber, dass es noch keine RWA mit Auskunftsersuchen gab.


    Es geht also ganz erheblich um die Frage, ob Auskunft erteilt werden muss.

    Es sollte aber jeden UHP klar sein, wenn er diese Auskunft verweigert und dann über der Grenze liegt, ist eine vollständige Nachzahlung für den Zeitraum ab Sozialhilfeleistung fällig.


    Gruß


    frase

  • die Ämter versuchen aktuell wirklich, von möglichen UHP, Auskunft über die letzten 12 Monate zu erhalten.

    Niemand bestreitet das. Allerdings bleibt die Frage offen, ob sie es zu Recht versuchen oder nicht. Und das ist vom Einzelfall abhängig. Alles was ich hier im Thread geschrieben habe bezieht sich auf den hier im Thread behandelten Fall


    Grüße,

    m

  • Abseits des Themas:

    @ Meg: Ich finde es sehr gut, das Du in Deiner Fußzeile die wichtigsten Abkürzungen stehen hast! Das ersparte mir die Suche danach.


    Grüße!


    Michael

  • ... wenn kein Anhaltspunkt zur Auskunftspflicht vom Sozialamt genannt wird, kannst du die Auskunft verweigern

    Danke amadeus!

    Was ist den ein "berechtigter Anhaltspunkt"? Es gibt also auch "0815 Anhaltspunkte" die nicht zur Auskunftspflicht führen ... Beides wäre wichtig zu wissen.

  • Danke frase!

    1) Zu "... schau was in deinem letzten EStB unter der Summe der Einkünfte steht und checke ab, wie die Sache für 2020 aussehen kann."

    EStB: Im Einkommenssteuerbescheid unter "Summe der Einkünfte" stehen genau 1000 EUR weniger als auf der Lohnsteuerbescheinigung. Das ist jetzt nicht der riesen Effekt aber wer weiß. In 2020 wird es sehr ähnlich sein, weil auch ein Jahr zuvor war es so. Der Wert pendelt um die 90 TEUR.

    Meine Formulierung aus meinem 1sten Beitrag "... und je nachdem wie man mein Jahresbruttoeinkommen nun berechnet ..." muß ich hier dann erläutern: Ich bewohne meine Eigentumswohnung und dafür wird nach meiner Recherche eine fiktive Mieteinnahme auf die 90 TEUR aufgeschlagen. Da ich nicht weiß wie der Quadratmeterpreis festgesetzt wird (geschwiege denn ob ich meinen nutzlosen Balkon mit in die Gesamtzahl meiner Quadratmeter einrechnen muß) ist die Berechnung dieser fiktiven Summe der Knackpunkt.


    2) zu "RWA": Nein habe ich nicht erhalten. Ich wußte bis eben gar nicht was das ist.


    3) Wenn ich den Rest Deines Zitats richtig verstehe, dann würdest Du die Teilzeit "jetzt machen", ja?

  • Kmmt der Unterhaltspflichtige nach Rechtswahrungsanzeige auf die Idee, ohne trifftigen Grund auf Teilzeit umzustellen, dann wird dies kein Sozialamt so einfach hinnehmen, sondern ein fiktives Einkommen annehmen

    Wenn ich also vor dem RWA Brief auf Teilzeit gehe, dann paßt es? Es sind noch ca. 4 Monate hin, bis das Geld meiner Eltern aufgebraucht ist. Erst dann zahlt ja das Sozialamt.