Elternunterhalt - Berechnungsgrundlage

  • Hallo liebe Forum Mitglieder,


    ich habe eine Frage zum Thema Elternunterhalt und würde gern eure Einschätzung dazu hören. Folgende Situation liegt vor:

    - meine Mutter ist pflegebedürftig und kann für die Kosten nicht selbst aufkommen

    - Mein Brutto Jahreseinkommen in 2020 betrug 94000 EUR

    - ich erhalte alle 6 Monate Aktien Zuteilungen durch meinen Arbeitgeber, die über die Gehaltsabrechnung laufen und daher auch in mein Gesamteinkommen fließen; somit setzen sich die 94000 EUR Brutto Einkommen aus 65000 EUR fixem Brutto Gehalt und 29000 EUR halbjährlicher Aktien Zuteilungen zusammen. Diese Aktien halte ich dann und liquidiere sie nicht, sodass sie auch kein „nutzbares" Gehalt darstellen.

    - da ich befördert wurde, kann es sein, dass ich in 2021 knapp über die 100000 EUR komme. Dies hängt auch maßgeblich von Aktienkurs ab.


    Meine Fragen:

    - wie erfolgt die Berechnung durch das Sozialamt? Letztes abgeschlossenes Kalenderjahr (2020) oder letzte 12 Monate (zB Mai 2020 - April 2021)

    - da mein fixes Bruttogehalt deutlich unter 100000 ist, ist mein monatliches Nettogehalt auch dementsprechend unterhalb der eigentlichen Bemessungsgrundlage: wie geht das Sozialamt in so einem Fall mit der Berechnung der Unrerhaltspflicht um? Sicher kann ich ja erst Ende des Jahres sagen, ob ich über die 100000 EUR bin. Müsste ich dann für 12 Monate rückwirkend zahlen?

    - ich plane Ende diesen Jahres ein Sabbatical, in dem ich 1,5 Monate kein Gehalt erhalte, somit werden die 100000 EUR vss dadurch schon nicht zustande kommen. Ich nehme an, dass das Sozialamt dagegen keine Einwände haben kann?

    - darf man die 5% des Bruttolohns in private Altersvorsorge investieren und vom Brutto Jahreseinkommen abziehen?


    Danke für euren Rat!

    Andrea

  • Hallo Andrea,


    hast du schon eine RWA erhalten?

    Diese Aktien halte ich dann und liquidiere sie nicht, sodass sie auch kein „nutzbares" Gehalt darstellen.

    Das wird vom Gesetzgeber vermutlich anders beurteilt.

    Eine Vermögensbildung zu Lasten eines Unterhaltsberechtigten wird nicht anerkannt werden.


    Gruß frase

  • Hi frase,


    eine RWA habe ich nicht erhalten. Danke schon mal für deine Einschätzung.


    Viele Grüße

    Andrea

  • Erst ab dem Zugang der RWA kannst du zum Regress herangezogen werden.

    Das setzt dann auch noch die Tatsache voraus, dass überhaupt Leistungen von Sozialamt fließen (in Form von Hilfe zur Pflege), also ein Antrag beim Amt gestellt wurde. In diesem Antrag können schon die gemachten Angaben eine nicht unerhebliche Bedeutung haben und auch wer den Antrag stellt.

    Macht es deine Mutter allein, kann Sie über dein Einkommen und deine berufliche Situation nur angeben, was ihr bekannt ist.

    Solltest du aber der Antrag stellen, dann bist du auch zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet.


    Aktuell sagt das AEG, es gibt die Vermutung, dass du unter der Grenze liegst und nur wenn entsprechende Anhaltspunkte vorliegen, kann das Amt bei dir eine Einkommensprüfung durchführen. Gerade die Sache mit dem Aktienpaket ist daher eine Information, die diese Vermutung stützen könnte.

    Also sollte man sich dazu eher vorsichtig äußern.


    Gruß


    frase

  • Hallo frase,


    danke dir. Das Amt hat mir bereits in 2015 und 2017 RWAs gesendet mit dem Ergebnis dass ich nicht unterhaltspflichtig bin zum damaligen Zeitpunkt. Wenn nun eine erneute RWA kommt, bin ich trotzdem erst ab Zeitpunkt des Eingangs ggf unterhaltspflichtig?

    Sollte man sich beim Sozialamt melden, sobald man voraussehen kann dass man über die 100K Grenze kommt in 2021?


    Danke

    Andrea

  • wie erfolgt die Berechnung durch das Sozialamt? Letztes abgeschlossenes Kalenderjahr (2020) oder letzte 12 Monate (zB Mai 2020 - April 2021)

    Dein Brutto-Einkommen für 2020 wird entscheiden, ob du Elternunterhalt zahlen musst oder nicht.

    Falls dein Brutto-Einkommen über 100T liegt, werden die letzten 12 Monate Gehaltsabrechnungen herangezogen um dein Netto-Einkommen bzw. deine Leistungsfähigkeit berechnen zu können.


    Müsste ich dann für 12 Monate rückwirkend zahlen?

    Meine Einschätzung: ja



    plane Ende diesen Jahres ein Sabbatical, in dem ich 1,5 Monate kein Gehalt erhalte, somit werden die 100000 EUR vss dadurch schon nicht zustande kommen. Ich nehme an, dass das Sozialamt dagegen keine Einwände haben kann?

    Ob der SHT Einwände hat oder nicht ist nicht so wichtig. Wichtig ist was die Rechtslage ist. Vielleicht hilft dir dieser Link: Angehörigen-Entlastungsgesetz, "100.000 Euro"-Grenze, Entwurf: die Angehörigen der Grundsicherung-Empfänger werden schlechter gestellt?. Das mit Sabbatical ist eine Frage, die von Gerichten noch nicht geklärt wurde. Meine Einschätzung: dein Sabbatical soll dir gegönnt sein (ohne Gewähr)



    darf man die 5% des Bruttolohns in private Altersvorsorge investieren und vom Brutto Jahreseinkommen abziehen?

    Altersvorsorge mindert dein Brutto-Einkommen nicht. Mindert aber deine Leistungsfähigkeit, falls du tatsächlich mit dem Brutto über 100T liegst und Elternunterhalt zahlst.



    eine RWA habe ich nicht erhalten

    Das Amt hat mir bereits in 2015 und 2017 RWAs gesendet mit dem Ergebnis dass ich nicht unterhaltspflichtig bin zum damaligen Zeitpunkt

    Du machst hier widersprüchliche Angaben. Ich gehe davon aus, dass die RWA vorliegt.

    Gleichzeitig ist es so, dass dem SHT keine Anhaltspunkte vorliegen dürften, dass dein Einkommen über 100T liegen könnte, weil dein Einkommen 2015 und 2017 ja gering war. Es ist mir aus deiner Beschreibung nicht klar, warum du überhaupt vom SHT demnächst überprüft werden solltest.


    Sollte man sich beim Sozialamt melden, sobald man voraussehen kann dass man über die 100K Grenze kommt in 2021?

    Nein

  • bereits in 2015 und 2017 RWAs gesendet



    da ich befördert wurde, kann es sein, dass ich in 2021 knapp über die 100000 EUR komme

    ist mir aus deiner Beschreibung nicht klar, warum du überhaupt vom SHT demnächst überprüft werden solltest.


    ich spekuliere mal ein bisschen rum :)

    du bist Jahrgang 1991, in den Jahren 2015 und 2017 hast du noch studiert bzw. warst Berufseinsteigerin mit geringem Einkommen. Aus deinem Werdegang und vielleicht auch aus dem Internet kann der SHT den Eindruck gewinnen, dass du eine erfolgreiche Führungspersönlichkeit wirst und schon mit 30 Jahren durchaus die 100T Einkommensgrenze überschreiten kannst.

    Falls es so ist, dann liegen dem SHT vielleicht doch Anhaltspunkte vor, die eine erneute Überprüfung deines Einkommens rechtfertigen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass der SHT tatsächlich und erfolgreich so vorgeht, schätze ich als gering ein


    Grüße,

    m

  • Hallo Meg,


    zur RWA: ich habe in den letzen 3 Jahren keine erhalten. Ich habe in 2015 & 2017 jeweils eine erhalten, die mit dem Ergebnis „geschlossen“ wurden, dass ich damals nicht unterhaltspflichtig war. Ich hatte die Frage, ob eine RWA vorliegt daher mit Nein beantwortet. Vllt ist das so aber nicht richtig.


    In den vorherigen Kommentaren lese ich, dass der Unterhaltsanspruch erst ab Eingang der RWA gültig ist. Hierfür wäre bei mir nun wichtig zu verstehen, ob sich das Amt auf die zuletzt in 2017 gesendete RWA berufen kann und auch theoretisch rückwirkend Unterhalt einfordern könnte.
    Für 2020 habe ich zwar nichts zu befürchten, da ich unter den 100K liege, jedoch erhalte ich im Juni einige Mitarbeiteraktien und wäre in Summe der letzten 12 Monate (Juli 2020-Juni 2021) dann ggf über den 100K, je nach Aktienwert am Zuteilungstag. Daher auch meine Frage, ob das Sozialamt abgeschlossene Kalenderjahre betrachtet oder die letzten 12 Monate bzgl der Prüfung des Bruttojahreseinkommens. Im Gesetzestext ist von „Jahreseinkommen“ die Rede und darauf basierend ist ein Jahr von 01.01-31.12 terminiert. Somit sollte doch eigentlich ausreichen, dass ich in 2021 nicht über die 100K komme auch wenn ich unterjährig in der „letzte 12 Monate“ Betrachtung (zB Juli 2020-Juni2021) zwischenzeitlich über 100K liegen würde? Diese Summe gleicht sich übers Jahr ja aus, da ich nur 2x pro Jahr die Aktien Zuteilungen erhalte.


    Und ja, ich bin 2017 erst in den Job eingestiegen mit einem Bruttogehalt pro Jahr von circa 60K.


    Viele Grüße

    Andrea

  • ob sich das Amt auf die zuletzt in 2017 gesendete RWA berufen kann und auch theoretisch rückwirkend Unterhalt einfordern könnte.

    Ja, wenn dein Elternteil zwischen 2017 und jetzt durchgehend ohne Unterbrechungen Sozialhilfe/Grundsicherung bekam



    ausreichen, dass ich in 2021 nicht über die 100K komme auch wenn ich unterjährig in der „letzte 12 Monate“ Betrachtung (zB Juli 2020-Juni2021) zwischenzeitlich über 100K liegen würde?

    Ja



    Grüße,

    m

  • Hallo Meg,


    bzgl Rückzahlung: kann man in so einem Fall nicht den Ball zum SA zurückspielen, da sich dieses ja alle 2 Jahre melden kann, aber dies nicht getan hat?
    Für mein Laienverständnis galt bisher: Unterhalt kann nur ab Eingang der aktuellen RWA eingefordert werden und wenn die letzten von 2015/2017 „geschlossen“ sind, hätte das SA in 2019 nochmal neu an mich herantreten müssen bzgl erneuter Prüfung.
    Wenn ich nun für 2019 UH rückwirkend zahlen müsste, würde ich ggf einen Kredit aufnehmen müssen, da ich damals nicht bereits Betrag X auf die Seite gelegt habe.


    Danke

  • bzgl Rückzahlung: kann man in so einem Fall nicht den Ball zum SA zurückspielen, da sich dieses ja alle 2 Jahre melden kann, aber dies nicht getan hat?
    Für mein Laienverständnis galt bisher: Unterhalt kann nur ab Eingang der aktuellen RWA eingefordert werden und wenn die letzten von 2015/2017 „geschlossen“ sind, hätte das SA in 2019 nochmal neu an mich herantreten müssen bzgl erneuter Prüfung.
    Wenn ich nun für 2019 UH rückwirkend zahlen müsste, würde ich ggf einen Kredit aufnehmen müssen, da ich damals nicht bereits Betrag X auf die Seite gelegt habe.


    Zu dem Thema rückwirkende Elternunterhalt für die Vergangenheit gab es schon Diskussionen wie

    Elternunterhalt rückwirkend nachzahlen

    Veränderung der wirtschaftlichen Situation

    Muss ich Elternunterhalt rückwirkend zahlen?


    Du schreibst "Unterhalt kann nur ab Eingang der aktuellen RWA eingefordert werden". Es gibt aber normalerweise keine "aktuelle RWA", es gibt in der Regel nur eine RWA, die du vermutlich im Jahr 2015 bekommen hast. Alles was danach kommt sind Auskunftsersuche, keine erneute RWA. So viel zum Thema Begrifflichkeit.


    Dein "Laienverständnis" war auch meins, noch vor ein paar Jahren hätte ich es auch so gesagt: wenn der SHT sich jetzt bei dir wieder meldet und erneut Auskunft verlangt, dann kannst du erst ab jetzt zahlen, falls dein Einkommen entsprechend hoch ist.

    Inzwischen habe ich auch oft Argumente gehört, dass der SHT auch für die vergangenen 12 Monate oder für das vergangene Kalenderjahr rückwirkend Elternunterhalt fordern und bekommen kann, wenn die RWA schon lange genug in der Vergangenheit liegt. Ich würde diese Argumente nicht komplett ignorieren wollen.

    Du schreibst "Ball zum SA zurückspielen, da sich dieses ja alle 2 Jahre melden kann, aber dies nicht getan hat" - ja, korrekte Vorgehensweise, kann ich aber nicht garantieren, dass du damit recht bekommst.

    Dass du für die Jahre vor 2020 was nachzahlen müsstest, das würde ich ausschliessen, zumindest sind mir keine ernstzunehmende Argumente/Urteile/Kommentare bekannt, die das in deinem Fall rechtfertigen würden. In deinem Fall musst du auch für das Jahr 2020 nichts zahlen, weil du im Jahr 2020 weniger als 100T verdient hast


    Grüße,

    m

  • Auf keinen Fall selber beim Amt vorstellig werden.

    Du hast hier keinen guten Karten, denn deine RWA ist aus 2015.

    Du wirst nur dann zum EU herangezogen, wenn du über der Grenze liegst und auch nur für diese Zeit in der du über der Grenze gelegen hast.


    Wenn du Glück hast, wird das Amt sich nicht melden, denn deine alten Auskünfte waren klar unter der Grenze.

    Wir haben ja 2021 und seit der letzten Überprüfung sind bereits 4 Jahre vergangen.


    Gruß


    frase