Rückforderung der Sozialhilfe bei Überschreitung des Schonvermögens?

  • Hallo allerseits,


    da Rente und Pflegeversicherung für die Kosten des Pflegeheims nicht ausreichten, bezog unsere Mutter, nachdem ihr Geld aufgebraucht war, Sozialhilfe. Sie ist leider im Frühjahr verstorben. Sie hatte ein Sparbuch mit einem Guthaben von 5000,- und ein Girokonto, auf das monatlich vom Sozialamt das sogenannte Taschengeld einging. Davon wurden laufende Kosten wie Frisör, Hygieneartikel etc. bezahlt. Auch coronabedingt war die Möglichkeit des Geldausgebens in letzter Zeit begrenzt, so dass an ihrem Todestag etwa 200,- Euro Guthaben auf dem Girokonto waren.

    Der Sozialhilfeträger meint nun, damit sei die Freigrenze für das Schonvermögen um 200,- überschritten, meine Mutter damit niemals bedürftig gewesen und will den Sozialhilfebescheid insgesamt aufheben und von uns mehrere zehntausend Euro "Rückzahlung" einfordern. Kann das rechtens sein? Wie findet man einen Anwalt, der entsprechende Erfahrung aufweist?


    Gruß Klaus

  • Der Sozialhilfeträger meint nun, damit sei die Freigrenze für das Schonvermögen um 200,- überschritten, meine Mutter damit niemals bedürftig gewesen und will den Sozialhilfebescheid insgesamt aufheben und von uns mehrere zehntausend Euro "Rückzahlung" einfordern.

    Das ist eine seltsame Geschichte.. ich meine, der SHT hat die Summe, die er fordern will genau beziffert? Hat der SHT erklärt wie er auf diese Summe genau kommt? Evtl. möchtest du das Schreiben des SHT hier posten, zumindest die relevanten Auszüge.

    Wenn es dem SHT um ein paar Hundert oder paar Tausend Euro ginge, das hätte ich mir gut vorstellen können. Aber "mehrere zehntausend Euro"... da frage ich mich was dort wohl vorgefallen ist


    Grüße,

    m

  • Es gibt (noch) keinen Bescheid, sondern nur eine Mitteilung mit der Gelegenheit der Anhörung. Die wollen, soweit ich das verstanden habe, die gesamte in den letzten Jahren gezahlte Sozialhilfe zurück, in dem sie den damaligen Bescheid an meine Mutter aufheben wollen. Das ist wohl besonders clever, da ansonsten eine Rückzahlung wohl maximal auf das Erbe (was wir für Beerdigung und Grabstein ausgegeben haben), beschränkt wäre (zumindest habe ich das nach einer Google-Recherche so interpretiert).

  • Es handelt sich um eine Anhörung nach §24 des SGB X. Im Rahmen der Prüfung nach §102 SGB XII verfügte meine Mutter nach §90 Absatz 2 Nr. SGB XII an ihrem Todestag über ein Vermögen, das 200 Euro über der Freigrenze von 5000,- Euro lag.

    Dieses Vermögen/Einkommen habe zum Wegfall des Sozialhilfeanspruchs nach §48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geführt. Offenbar ist man der Meinung, deshalb habe dieser niemals bestanden.

    -> Bei dem Einkommen handelt es sich um das ihr aus der Sozialhilfe gezahlte Taschengeld. Die spinnen, die ... .

    Die Sozialhilfeleistungen seinen an meine Mutter wegen Überschreitung der Freigrenze zu unrecht gezahlt worden. Nach §50 Abs. 1 SGB X seinen die erbrachten Leistungen zu erstatten. Dabei handele es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, die von den Erben zu erstatten sei.


    Vor der Entscheidung zur Aufhebung des vor Jahren ergangenen Sozialhilfebescheides und Rückforderung aller seitdem gezahlten Leistungen erweißt man uns nach §24 SGB X die Gnade, uns zu dem Sachverhalt zu äussern.

  • Habt ihr denn das Erbe uneingeschränkt angenommen?


    Herzlichst


    TK

    Warum sollten wir das Erbe ausschlagen? Davon haben wir die Beerdigung/Grabstein zum Teil bezahlt. Mit sowas haben wir schliesslich niemals gerechnet. Als meine Mutter im Sterben lag, hätte ja gereicht, einfach 300 Euro vom Sparbuch abzuheben.

  • Davon hätte man auch bei Ausschlagung des Erbes alles bezahlen können. Weil nämlich zunächst einmal der Verstorbene selbst für die Beerdigungskosten sorgen muss. Nun ja, wir wissen immer noch nicht, um was es in der Anhörung geht. Deshalb kann man auch nicht weitere Vorgehensweise empfehlen.


    Herzlichst


    TK

  • .... Nun ja, wir wissen immer noch nicht, um was es in der Anhörung geht. Deshalb kann man auch nicht weitere Vorgehensweise empfehlen.


    Herzlichst


    TK

    Ich dachte das hätte ich erläutert. Aber das Bürokratendeutsch ist sehr schwer zu lesen und noch schwerer zu verstehen. Also nochmals Zitate aus dem Schreiben, gekürzt, das Schreiben ist 3 Seiten lang plus Anlagen:


    Betr. Anhörung nach §24 SGB X


    Mit Bescheid vom x.x.xxxx wurde X X ab x.x.xxxx

    Hilfe zum Lebensunterhalt gem. §27 b SGB XII

    Hilfe zur Pflege gem. §§61 ff SGB XII

    bewilligt. Bis zum Todestag sind Nettoaufwendungen in Höhe von XX.XXX,XX € entstanden.


    Nach der im Rahmen der Prüfung der Kostenersatzes durch Erben nach § 102 des SGB XII abgegebenen Erklärung sowie eingereichten Belegen verfügte Frau X am Todestag über folgendes Guthaben:

    5000,- € + 2xx,xx €

    Summe: 5.2xx,xx Euro

    Überschreitung nach § 90 SBG XII: 2xx,xx €


    Das Vermögen der X lag damit um 2xx,xx € über der maßgeblichen Freigrenze von 5000 €.

    Nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII hatte Frau X keinen Anspruch auf die ihr mit eingangs bezeichneten Entscheidung bewilligten Leistungen.


    Ich beabsichtige daher, den Bewilligunsbescheid vom xx.xx.xxxx nach §48 SGB X zurückzunehmen soweit Sozialhilfeleistungen zu unrecht erbracht worden sind.

    Die in dieser Höhe erbrachten Leistungen sind nach §50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.

    Die Verpflichtung der Erstattung der zu Unrecht von mir an Frau X erbrachten Leistungen ist als Nachlassverbindlichkeit auf deren Erben übergegangen und von diesen zu erfüllen.


    Vor meiner Entscheidung über die Aufhebeung meiner Bewilligung vom xx.xx.xxxx und Rückforderung überzahlter Leistungen gebe ich ihnen gemäß §24 SGB X die Möglichkeit, sich bis spätestens X.X. zum dargelegten Sachverhalt zu äußern (Anhörung).



  • Hi,


    es geht um die Rückzahlung überzahlter Leistungen, das sind 200 €. Steht doch klar in dem Anschreiben. Ruf die Frau an, erkläre ihr, dass die zurückgezahlt werden und gut ist. Man könnte auch noch versuchen, die 200 € mit den Beerdigungskosten zu verrechnen, aber lohnt das?


    Herzlichst


    TK

  • Das wäre gut für unseren Blutdruck.

    Könnte so eine Behörde das nicht klar und einfach formulieren, damit das jeder versteht?

    Warum schreibt man, es wurden xtausend Euro bewilligt und gezahlt und anschliessend, man wirderrufe den ursprünglichen Bescheid? Da muss man doch befürchten, es werde alles zurückgefordert.

    Eine einfache zusätzliche Zeile mit wenigen Worten (es sind x Euro zurückzuzahlen) würde reichen.

  • Steht doch klar drinne. Man widerruft nicht den Bescheid, man nimmt ihn zurück, soweit Sozialhilfeleistungen zu Unrecht erbracht worden sind. Und das sind die 200 €. Das Wort Widerruf sehe ich da nicht, ober hab ich da was überlesen? Es wird von einer eingeschränkten Rücknahme geschrieben.


    TK


  • Von wann ist dieser Bescheid genau, das Datum des Bescheides der jetzt zurückgenommen werden wird?

  • Guten Morgen zusammen,


    ich denke, ich muss euch und insbesondere Pitter da leider enttäuschen.


    Mein Aufgabengebiet ist zwar die Prüfung privatrechtlicher Ansprüche der Heimbewohner, aber soviel habe ich von den Kollegen über die vielen Jahre mitbekommen:

    Sozialhilfe wird ab dem Zeitpunkt zu Unrecht gewährt, ab dem die Vermögensschongrenze von 5.000,-- € um nur einen Cent überschritten wird. Ab diesem Zeitpunkt besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Sozialhilfe und es können und werden sämtliche erbrachten Leistungen zurückgefordert. Einen Widerspruch gegen einen späteren Aufhebungsbescheid kannst du erheben, der wird aber zurückgewiesen.


    Es ist immer problematisch, genau 5.000,-- € auf dem Sparbuch zu haben, wenn dann monatlich das Taschengeld eingeht. Ab Eingang des Taschengeldes auf dem Girokonto ist die Person im Heim immer über der Grenze und wenn es verbraucht/abgehoben wird, wieder darunter. Für ein paar Tage besteht dann immer kein Anspruch auf Sozialhilfe, danach dann lebt der Anspruch wieder auf.


    Bei Neuanträgen haben wird das hier regelmäßig, dass für den Anfang des Monats keine Leistungen bewilligt werden können, weil die Rente reinkommt. Wird dann eine Heimrechnung bezahlt oder die Rente eins zu eins durch den Bevollmächtigten an das Heim weitergeleitet, kann ab dem Tag der Überweisung an das Heim Sozialhilfe bewilligt werden. Im folgenden Monat dann das gleiche Spiel: Ab Renteneingang liegt das Vermögen über 5.000,-- € und es kann nicht bewilligt werden, ab Rentenüberweisung an das Heim wird wieder bewilligt. Erst, wenn die Rente an das Heim übergeleitet wird, also die Rente jeden Monat direkt an das Heim überwiesen wird, kann durchgehend bewilligt werden.


    Die einzige Chance, die ich sehe, ist nachzuweisen, dass das Taschengeld in der Vergangenheit immer irgendwann abgehoben wurde und für den Folgezeitraum dann bis zum Eingang des nächsten Taschengeldes ein Anspruch auf Sozialhilfe bestand:

    Also z.B. so:

    Am 01.01.2021 waren auf dem Sparbuch 5.000,-- € angelegt. Am gleichen Tag ging das Taschengeld von 120,00 € auf dem Girokonto ein. Damit wurde die Vermögensschongrenze um 120,00 € überschritten und es bestand kein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen. Am 05.01.2021 wurde das Taschengeld abgehoben. Die Vermögensschongrenze wurde nicht mehr überschritten und es bestand wieder ein Anspruch auf Sozialhilfe. Folge: Rückforderung vom 01.01. bis 04.01.2021.

    Am 01.02.2021 waren auf dem Sparbuch 5.000,00 € angelegt. Am gleichen Tag ging das Taschengeld ein ......


    Im Grund müsstet ihr euch ab Bewilligung durch die Kontoauszüge eurer Mutter wühlen und nachprüfen, ab wann sie über den 5.000,-- € lag. Wenn das natürlich dauerhaft so war, dann gibt es jetzt ein Problem.


    Das Sozialamt kann euch auch mit der Aussage kommen, dass das Taschengeld ja auch durch die Abhebung vom Girokonto nicht wirklich verbraucht -sprich ausgegeben ist - sondern noch als Barvermögen vorhanden ist. Aber das bliebe erst einmal abzuwarten.


    Ich kann dir, Pitter, da nicht viel Hoffnung machen: Im Bewilligungsbescheid wird - da gehe ich davon aus - ganz klar darauf hingewiesen, dass Vermögen über 5.000,-- € dazu führt, dass kein Anspruch besteht.


    Wie das Ganze bei uns für die Erben ausgeht, kann ich euch leider nicht sagen.

    Haftet der Erbe nicht mit dem Erbe selbst? Da kann dann ja nachgewiesen werden, was nach Abzug der Bestattungskosten noch übrig ist.


    Pitter, versuch es! Ich halte dir die Daumen!!

  • Wie findet man einen Anwalt, der entsprechende Erfahrung aufweist?

    Ich denke, du brauchst einen Anwalt fürs Sozialrecht. Er sollte sich auch mit Erbrecht auskennen.

    Noch besser, ein Fachanwalt fürs Sozialrecht+Familienrecht+Erbrecht, aber so einen zu finden wird sehr schwer sein, insbesondere einen guten.


    Ob du jetzt schon wirklich einen Anwalt brauchst kann ich noch nicht endgültig beurteilen. In deinem Fall macht es tatsächlich Sinn, wie schon vorgeschlagen, den SHT anzurufen und fragen um welche Summe es genau geht, die zurückgefordert wird: um nur zwei hundert Euro oder um ein paar Tausend Euro oder um zehntausende. Dann entscheiden mit dem Anwalt.



    Meg, es ist doch noch kein Bescheid in der Welt.

    Doch, so wie ich es lese ist der Bescheid in der Welt. Plus die Anhörung ist in der Welt.


    Grüße,

    m

  • Ich korrigiere dich ungern, aber schau mal ins Gesetz. Die Anhörung erfolgt vor Erlass eines Verwaltungsaktes.


    Irgendwie denke ich heute in Etappen, es ist halt heiß. Fragesteller braucht keinen Anwalt für Erbrecht. Wenn die Mutter noch keine sechs Wochen tot ist, dann kann er das Erbe noch ausschlagen, das kann er direkt beim Amtsgericht machen, Termin in der Nachlassabteilung vereinbaren. Wenn sechs Wochen vorbei sind, ist die Frist eh vorbei.


    TK

  • Ich korrigiere dich ungern, aber schau mal unter #9. Du wirst dort lesen, dass es einen alten Bescheid gibt der jetzt zurückzunehmen werden soll, den meine ich.


    Meines Wissens ist es möglich auch nach mehr als sechs Wochen mit Anwalt und vor Gericht die Erbe auszuschlagen, wurde hier im Forum schon mal diskutiert.


    m

  • Warum sollten wir das Erbe ausschlagen?

    Um die Schulden der verstorbenen Mutter nicht übernehmen zu müssen. So würde ich es zumindest verstehen. Kann aber nicht sagen, ob du tatsächlich Schulden durch die Erbe mitgeerbt hast, dafür könnte ein Anwalt für Erbrecht+Sozialrecht hilfreich sein



    Mit sowas haben wir schliesslich niemals gerechnet.

    Das kann dir m.E. helfen die Erbe doch noch auszuschlagen, falls die gesetzliche Frist der Ausschlagung verstrichen ist.

    Beachte bitte, dass ich damit (noch) nicht behaupte, dass du die Erbe lieber ausschlagen sollst.