Hallo Zusammen,
folgender Sachverhalt in Kurzform:
Mutter und Vater, nicht verheiratet, trennen sich nach der Geburt des gemeinsamen Kindes. Mutter hat das alleinige Sorgerecht. Kind ist momentan 1,5 Jahre alt. Der Vater stellt beim Familiengericht jetzt einen Antrag auf das gemeinsame Sorgerecht. Frist zur Beantwortung/Stellungnahme der Mutter 2 Wochen nach Erhalt des Briefes.
Mutter möchte zum Wohle des Kindes das alleinige Sorgerecht behalten und dem Vater das Sorgerecht verweigern. Gründe sind nachvollziehbar und stichhaltig: Der Vater hat eine Historie, welche von einer Alkohol- und Drogensucht/Problematik geprägt ist. Unzählige Vorfälle in diesem Zusammenhang fanden statt (vor und nach der Geburt). Die Mutter hat etwaige Vorfälle dokumentiert und in Form einer Chronik niedergeschrieben. Einige, wie z. B. MPU durch Fahren unter Alkoholeinfluss, Anmeldung/Genehmigung der Krankenkasse inkl. Abbruch einer Suchttherapie etc. sind aktenkundig. Verbale Auseinandersetzungen, Drogenfunde etc. sind dokumentiert, jedoch nicht beweisbar (niedergeschriebene Chronik mit Auseinandersetzungen/Vorfällen von Anfang bis heute). Zudem gestaltet sich die Kommunikation besorgniserregend; es wird nur gestritten.
- Welche überlegten Schritte sollte die Mutter gehen -erst Jugendamt, dann Anwalt-?
- Hat die Mutter in dieser Angelegenheit mit einem "Prozess" Aussicht auf Erfolg?
- Wer trägt die Kosten, geteilt oder der "Verlierer"?
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Hi,
man sollte sich als ersten Schritt mal damit befassen, wie das Sorgerecht genau definiert ist. Überspitzt formuliert sind es ein paar Unterschriften, die bis zur Volljährigkeit zu leisten sind. Selbst ohne Sorgerecht könnte der Vater ein Umgangsrecht haben. Letztlich müsste die Mutter darlegen können, dass er in wichtigen Angelegenheiten, die das Kind betreffen (nicht eigenes Fehlverhalten ist zu bewerten) eine Verweigerungshaltung eingenommen hat. Oder aber unerreichbar ist, etwa obdachlos. Das wird schwierig. Das sollte ein Fachmann bei Gericht vortragen, also ein Anwalt.
Herzlichst
TK
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Hallo und herzlichen Dank, timekeeper.
das ist mir bewusst. Die Kernfrage besteht aber darin, ob ein Rechtsstreit Sinn macht? Wie sind die Chancen für einen positiven Ausgang für die Mutter?
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Hi,
meine Kristallkugel zum Wahrsagen ist gerade an edy verliehen. Sorry, aber das kann niemand voraussagen. Nur, so ein Verfahren ist kein Selbstläufer.
Herzlichst
TK
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Eine Suchtproblematik und verbale Auseinandersetzungen können durchaus Gründe sein, die gegen das gemeinsame Sorgerecht sprechen.
Ob ein Rechtsstreit im konkreten Einzelfall Sinn macht, sollte man bei eigenen Zweifeln durch einen Rechtsanwalt prüfen lassen. Allerdings ist hier das Verfahren ja offensichtlich bereits eröffnet. Wenn man keine Stellungnahme abgibt, so greift die gesetzliche Vermutungsregel und dem Vater wird die gemeinsame Sorge einfach übertragen.
Die Kosten von Sorgerechtsverfahren werden in der Regel beiden Eltern auferlegt.
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Hallo Tabula rasa,
exakt, durch den Antrag ist das Verfahren eröffnet. Bedenken bestehen dahingehend, ob die Vorwürfe/Beweise ausreichen um etwas bewirken zu können. Das Jugendamt wird doch sicherlich dazu auch befragt. Macht es daher strategisch Sinn, vorher beim Jugendamt den Fall offenzulegen?
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TR, die Suchtproblematik hat doch viel eher was mit dem Umgangsrecht zu tun als mit dem Sorgerecht. Wir haben ja durchaus auch Eltern mit Suchtproblematik, die mit ihren Kindern zusammen leben. Und es funktioniert. Sie kann ein Puzzle-Stein sein in einer Entscheidung gegen gemeinsames Sorgerecht, muss aber nicht.
Deshalb - in dem Verfahren kann nur ein Anwalt wirklich substantiiert helfen. Vielleicht kann ja ein einem vor Gericht geschlossenen Vergleich auch noch mehr geregelt werden. Etwa, wie vorzugehen ist, wenn der Vater nicht erreichbar ist für eine Unterschrift oder was weiß ich. Ich bin eine absolute Freundin von umfassenden Lösungen, wenn man denn schon mal bei Gericht ist.
Herzlichst
TK
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Dass die Vorwürfe/Bedenken der Mutter ausreichen, damit die gemeinsame Sorge abgelehnt wird, ist in diesem Verfahrensstadium ausgeschlossen.Sie könnten aber zumindest erst mal dazu führen, dass aus dem vereinfachten Sorgerechtsverfahren ein ganz normales Verfahren wird.
Für diese Verfahren gibt es beim Familiengericht ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot. Soweit keine Stellungnahme der Mutter erfolgt oder aus Sicht des Gerichts keine kindeswohlgefährdenden Punkte vorliegen, soll das Gericht sogar gesetzlich vorgeschrieben ohne Anhörung des Jugendamtes und auch ohne persönliche Anhörung der Eltern nach Aktenlage entscheiden. (§155a FamFG)
Den Sachverhalt vorher/zeitgleich beim Jugendamt vorzutragen, bringt also nicht zwangsläufig etwas. Ob das Gericht den Fall vom vereinfachten Sorgerechtsverfahren in ein normales Verfahren überleitet, lässt sich nicht vorhersagen. Es ist jedoch stark davon auszugehen, wenn die Mutter gewichtige Anhaltspunkte vorträgt. Im normalen Verfahren wird dann auch das Jugendamt angehört und der Sachverhalt in einer mündlichen Anhörung erörtert.
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Ich hatte ja auch direkt zum Anwalt geraten.
TK
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Kurzes Update:
Die Auseinandersetzung mit dem Kindsvater ging, zwar vor Gericht, positiv für die Kindsmutter aus. Die Argumente mit den Kommunikationsschwierigkeiten in Verbindung mit der fehlenden Erziehungseignung des Kindsvaters waren so erdrückend, dass das Gericht von einer gemeinsamen elterlichen Sorge abgesehen hat. Die Mutter hat das alleinige Sorgerecht behalten.
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Danke für das Update, solche Verfahren sind ja auch immer individuelle Angelegenheiten.
Auch wenn der Vater hier ohne Sorgerecht bleibt, sollte man versuchen über eine vernünftige Umgangsreglung auch die Vaterposition zu erhalten.
Gruß
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