falscher Trennungsunterhalt wegen versäumter Nachfrage eines Karrieresprungs

  • Hallo,


    ich lebe seit fast vier Jahren getrennt und habe vor ein paar Monaten die Scheidung eingereicht. Mit Ankündigung mich scheiden lassen, wurde ebenfalls vor paar Monaten Trennungsunterhalt verlangt. Meiner anwaltlichen Vertretung habe ich meine üblichen letzten Verdienstbescheinigungen (wg. Gerichtskostenberechnung) eingereicht und der errechnete Unterhalt zahle ich nun. Mit Entsetzen muss ich nun nach ein bisschen "Internet" feststellen, dass ich wahrscheinlich deutlich zu viel bezahle, weil sich ein beachtlicher Karriersprung in der Trennungszeit ereignet hat, der anscheinend nicht berücksichtigt werden muss. Beim Anwaltstermin wurde trotz der langen Trennungszeit, nicht nach der beruflichen Entwicklung gefragt.

    Kann der Unterhalt sofort für die Zukunft geändert werden?

    Sollte man den Anwalt, der schon einen hohen Vorschuss erhalten hat, wegen nicht ausreichender Kompetenz wechseln (es gab noch andere "Irritationen")?

    Kann man den Anwalt wegen unterlassener Informationsbeschaffungspflicht in Regress nehmen, oder scheitert das schon an der Beweisführung?

  • Hallo Weg_und_Vorbei,


    Du fragst nach Trennungsunterhalt, dieser wird bis zur rechtskräftigen Scheidung


    gezahlt ( ab Zeitpunkt der Forderung) , danach könnte nachehelicher/Ehegattenunterhalt gefordert werden.


    Die Berechnung von deinem jetzigen Einkommen ist also richtig.


    Du kannst den Trennungszeitpunkt belegen/nachweisen? ( Steuerklassenänderung/getrennte Konten?).


    edy

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  • weil sich ein beachtlicher Karriersprung in der Trennungszeit ereignet hat, der anscheinend nicht berücksichtigt werden muss.

    oh in meiner nächtlichen Sitzung sind meine Gedanken galoppiert. Wollte schreiben weil sich ein beachtlicher Karriersprung in der Trennungszeit ereignet hat, der anscheinend nicht berücksichtigt werden kann.

  • Hallo WuV,


    ob das noch berücksichtigt werden kann, ist immer schwer zu beurteilen.

    Trennungsunterhalt wird eigentlich auf Grundlage der letzten 12 Monate, vor Zeitpunkt der Anhängigkeit berechnet.

    Wenn sich im Verlauf des Zahlungszeitraumes erhebliche Verschiebungen ergeben, würde das vermutlich auch erst nach einem Jahr eine neue Berechnung ermöglichen.


    Gruß


    frase

  • Hi frase,


    kleine Korrektur. In der Regel ist es so, wie du geschrieben hast. Es werden also die letzten 12 Monate (bei Selbständigen die letzten 36 Monate) als Anhaltspunkt für den Verdienst genommen. Und auf der Basis wird gerechnet. Wenn sich jedoch gravierende Veränderungen ergeben, die auch für die Zukunft zu erwarten sind, dann sind diese mit einzubeziehen. Das Ziel ist immer, den Unterhalt möglichst nahe und aktuell an den Gegebenheiten zu berechnen.


    Herzlichst


    TK

  • Hallo TK,


    danke für die Ergänzung. Ich habe den Fragesteller ja so verstanden, dass der Einkommenssprung nicht bei ihm, sondern bei der Gegenseite passiert ist.

    Sein Rechtsbeistand das aber nicht eruiert hat und so nun eine zu hohe Summe vereinbart wurde.

    Da geht es doch auch um eine Mitwirkunspflicht der Gegenseite, oder ist das hier anders geregelt?


    Gruß


    frase

  • Hallo, nochmals zu meinem Sachverhalt in Stichworten

    - lange Trennungszeit

    - ich bin Schuldner, ich muss zahlen (ich höheres Einkommen als...)

    - Ex ist Gläubiger (Privatier auf Kosten der Solidargemeinschaft und meinem Unterhalt)

    - Unterhalt nicht gerichtlich festgelegt ohne Bindungswirkung

    - Unterhaltsberechnung nach "Schema F" per letzten Entgeltbescheinigungen = Partizipation am Einkommen als ob die ehelichen Verhältnisse noch existieren würden

    - nicht aus den ehelichen Lebensverhältnissen erwartbarer, sondern erst später in im neuen Lebensabschnitt der Trennung eingetretener Karrierresprung mit der Folge von höherem Einkommen

    - es gibt nur gerichtliche Einzelentscheidungen dazu, mal ja mal nein, ob der aus dem Karrierresprung erwachsene Mehreinkommen mit der Ex zu teilen ist

    - daher nur "anscheinend" ist dieses Mehreinkommen nicht zu berücksichtigen.

    - Eine Neuberechnung und Kürzung vom Trennungsunterhalt ist noch nicht durchgeführt, daher noch keine gesicherte Erkenntnis ob der Gläubiger dies tolerieren oder ein Gerichtsurteil dies bestätigen würde


    Ich bin ja erst noch in der Eigenrecherche, und muss feststellen, das mein Rechtsbeistand den Aspekt Karrieresprung bei mir nicht ergründet hat, sondern als Fachanwalt nur "Schema F" bei mir anwendet und seiner Informationsbeschaffungspflicht nicht ausreichend nachgekommen is(t, um beim Karrieresprung seine Grenze der Überforderung nicht zu überschreiten).

    Welche Gedanken zum Rechtsbeistand würdet ihr haben, wenn ihr den Eindruck habt, dass er nicht vollumfänglich zu eurem Schaden euch vertritt (wechseln, Regress)?


    Schön, dass ihr da seid.

  • Hi,


    ich würde den Rechtsanwalt fragen, ob er den Karrieresprung in seine Überlegungen einbezogen hat. Nicht alle Eventualitäten, die dem Anwalt durch den Kopf gehen, wird er auch dem Mandanten vermitteln, einfach weil es viele einfach überfordert.


    So, nun zum Karrieresprung. Da bewegt man sich auf äußerst dünnem Eis. Letztlich soll in der Phase des Trennungsunterhalts ja das eheliche Lebensniveau gehalten werden, um den Partnern in der Übergangsphase die Umstellung zu erleichtern, dem sozial Schwächeren den Aufbau eines neuen Lebens zu ermöglichen. Und, die eheliche Fürsorgepflicht existiert ja noch. Der andere Partner hätte ja ohne Trennung finanziell auch an der positiven finanziellen Entwicklung teilgenommen. Wohlbemerkt: ich schreibe von der Trennungsphase, nicht von nachehelichem Unterhalt.


    Als Folge von diesen Überlegungen macht es in der Regel wenig Sinn, während der Trennungsphase den Karrieresprung einzubeziehen. Um wieviel Geld geht es denn hier? Ich würde mich wohl eher damit beschäftigen, das Einkommen wirklich um alles zu bereinigen, was vertretbar ist (da ist keine Großzügigkeit angesagt!) und den Unterhalt auf die Zeit bis zur Scheidung zu beschränken, oder eben auf maximal ein Jahr, wenn das Scheidungsverfahren länger dauert. Dann hat man das teure Prozessrisiko ausgeklammert, bewegt sich auf sicherem Grund. Das ist rein rechnerisch in der Regel die günstigste Variante.


    Eine weitere, welche man nicht aus den Augen verlieren sollte: vielleicht kann man der Gegenseite auch eine Kapitalisierung der Unterhaltsrente anbieten? Ein erfahrener alter familienrechtlich orientierter Anwalt erklärte mir mal, dass er in streitigen Unterhaltsverfahren nach Möglichkeit mit gebündeltem Baren in Gerichtsverhandlungen oder zu Verhandlungen zum gegnerischen Anwalt gegangen sei. Diesen Aktenkoffer dann geöffnet habe, den Unterhaltsberechtigten einen Blick auf das Bargeld habe werfen lassen und erklärt, das alles könne er sofort haben, wenn damit die Unterhaltsfrage erledigt sei. Soll fast immer geklappt haben, obwohl die Barzahlung regelmäßig geringer ausfiel als der zu zahlende Unterhalt für ein Jahr. Die Geldgier hat dann wohl fast immer gesiegt, gegen alle Vernunft.


    Auf den Karrieresprung würde ich mich bei Trennungsunterhalt nur dann berufen, bzw. es versuchen, wenn da ganz erhebliche Mehrverdienste nach der Trennung hinzugekommen sind, die weit über die üblichen normalen Karrieresprünge und Gehaltserhöhungen hinaus gehen. Ansonsten wäre mir das Risiko zu groß.


    Herzlichst


    TK

  • Hi,


    also die Äußerungen des Rechtsanwalts lassen darauf schließen, dass solche Überlegungen nicht stattfanden. Es folgten abwehrende Rechtfertigungsgründe. Man ging davon aus, dass die gegenwärtige berufliche Situation seit langem bestand, ...weil es doch üblich wäre den Karierresprung immer früher zu vollziehen, ...dass der Karrieresprung erwartbar automatisch einem im Berufsleben widerfährt, ...dass es sich nicht um einen Sprung handelt.,...


    Ich wollte mein "dünne Eis" ja auch nicht hier im Forum einschätzen lassen, weil es ja generell von Fall zu Fall unterschiedlich gesehen wird,


    Es überascht mich, wenn man den Trennungsunterhalt vor einer Scheidung einstellen dürfte. Ich meine man hat bis zur Scheidung Anspruch auf Trennungsunterhalt, oder? Natürlich bestehen andere Verpflichtungen des Unterhaltsnehmers wenn die Trennungsphase länger dauert. Im ersten Jahr kann sich das z.B. auf Auszug aus der Ehewohnung beschränken, und weiterhin ohne entgeltliche Beschäftigung geschehen. Aber diese Phase soll z.B. in sich selber zu schaffendes Erwerbseinkommen übergehen.


    Ob eine Kapitalisierung der Unterhaltsrente in Frage kommt, liegt noch "in weiter Ferne". Ich vermute mal erst kommen die Zahlen auf den Tisch. Ob es vorher ein "einverehmliches" Angebot der Gegenseite weit jenseits rechtmäßigen Höchstbetrages gibt und ein Einvernehmen nur auf diesen Höchstbetrag gelingt, bleibt abzuwarten. (Ich komme darauf, weil beim Trennungsunterhalt der Anspruch auf mein hälftiges Einkommen ohne Berücksichtigung eines (erzielbaren) Einkommens der Gegenseite der Auftakt von "einvernehmlichen Angeboten" gewesen war.)


    Zurück bleibt mein mulmiges Gefühl zum Thema effektiven Rechtsbeistand, und was aus diesem Gefühl werden soll, und was ich für meine Situation in dieser Hinsicht tun soll.

  • Hi,


    Trennungsunterhalt ist für ein Jahr vorgesehen, meist geht der aber bis zur Scheidung. Muss aber nicht. Das "bis zur Scheidung" hat sich in die Köpfe der Menschen geschlichen, weil man ab einem Jahr nach der Trennung geschieden werden kann. Und wenn die Scheidung zügig erfolgt, dann ist es einfach müßig, wegen zwei oder drei Monaten noch eine Abänderung hin zu bekommen, gerade, wenn die Ehe vielleicht relativ lang dauerte, Kinder da sind u.s.w.


    Ich habe die verschiedenen Optionen nur allgemein aufgezeigt. Wie bereits geschrieben, ich kenne nur wenige Fälle, in welchen der Karrieresprung berücksichtigt wurde. Das waren Fälle, in welchen wirklich unvorhersehbar so viel Einkommen dazu kam, dass man davon ausgehen musste, dass die ursprüngliche Geschäftsgrundlage weggefallen war. Das war regelmäßig nicht der einfache Karrieresprung. Da mussten noch andere Elemente dazu kommen.


    Noch eine weitere Überlegung: ich bin eine Freundin von schnellen Erledigungen. Und geschieden wird in der Regel erst, wenn man sich in allen Punkten einig ist. Wenn man sich wegen 100 oder 200 € Trennungsunterhalt monatlich ewig streitet, deshalb die Scheidung wesentlich später kommt, kann das viel teurer werden, als wenn man die Kröte der Mehrzahlung schluckt und bald alles vorbei ist.


    Noch ein Hinweis: der Trennungsunterhalt ist nicht davon abhängig, ob der sozial schwächere Partner mehr hätte verdienen können. Das ist nur bei Kindesunterhalt von entscheidender Bedeutung.


    Herzlichst


    TK