Vaterschaftsanfechtung nach Ablauf der Frist - wie läuft das ab...

  • So viel Naivität, das fällt mir irgendwie schwer, das zu glauben. Also man geht zum Jugendamt, erklärt, das eheliche Kind stammt nicht von meinem Ehemann Fritzchen Schulz, sondern von Richard Gere, und schwupps schon wird der schöne und reiche Richard Gere Vater? Das soll irgend jemand einmal glauben und dann umschreiben?


    TK

  • Moin TK,


    nunja, quasi ist es so wie Du schreibst.


    Man muss allerdings betrachten (das mindert den Grad der Naivität aber nicht merklich) die Ehe bestand ja seit vielen Jahren nur noch auf dem Papier. Beide leben ihr eigenes Leben in neuen Partnerschaften - eine Scheidung kam nie in Frage weil hier auch Wohneigentum vorhanden ist und jeder befürchtete, in einen Nachteil zu geraten, drum hat man einfach alles gelassen wie es ist. Irgendwie haben beide Parteien gedacht, sie seien schlauer als die Gegenseite. Nun, mit dem Druck der neuen Lebensgefährtin des Ehemannes, kam die Lawine dann ins rollen.


    Also ich muss wirklich bestätigen, dass die Mutter tatsächlich davon überzeugt war, dass es so funktioniert. Ihr Besuch beim JA - gepaart mit der im Nachgang geplanten Anerkennung des biologischen Vaters = Kind hat neuen Papa.


    Ich muss aber zur Entschuldigung der Mutter sagen, ich selber halte mich nun nicht für völlig Banane - aber man sieht ja auch an mir, wie schwer ich mich manchmal tue, manche Zusammenhänge welche für viele völlig logisch sind, zu verstehen. Der einzige Unterschied - wenn ich etwas wissen will, dann tue ich auch alles um dies in Erfahrung zu bringen - sei es auch "nur", in einem Fachforum um Rat und Erklärungen zu bitten. Und da bin ich ja hier wirklich bestens aufgehoben.


    Beste Grüße

    Povi

  • Hallo Leute,


    ich hab da mal eine ganz andere Frage.


    Was pssiert eigentlich, wenn der juristische (nicht biologische) Vater verstirbt?


    Gruß


    frase

  • Hi,


    wenn kein Testament da ist, erbt das Kind. Es kann per Testament auf den Pflichtteil gesetzt werden, ob der Sachverhalt für eine totale Enterbung reicht, keine Ahnung. Da gibt es aber durchaus Möglichkeiten, auch ganz legale, keine schmuddeligen, den Pflichtteil auch zu verhindern.


    Noch eine Anmerkung für Povi: dass das Jugendamt aufträgt, jemandem was auszurichten, und dann so was. Äußerst unprofessionell, vorsichtig formuliert. Und, ich schreibs ja immer wieder: da will man ein paar Kröten sparen, und das kann so richtig teuer werden. Ich glaube auch nicht, dass ein Anwalt, und sei er noch so schlecht, nicht nach Kindern gefragt hat. Das ist normalerweise bei jedem, wirklich jedem Anwalt in Familiensachen die Standartfrage. Denn, je mehr Sachen zu regeln sind, desto höher wird der Verdienst. Und - es ist nirgendwo geregelt, dass eine Immobilie im Rahmen einer Scheidung abgewickelt werden muss. Mein Ex und ich haben uns etwa 15 Jahre nach der Scheidung dazu entschlossen.


    Meine Güte, eine gute ausführliche Erstberatung kostet derzeit brutto beim Anwalt so etwa 250 €, wenn man nichts anderes vereinbart. Danach weiß man bescheid und kann sich überlegen, was man ins Scheidungspaket rein packt.


    Die Bundeswehr wurde kaputt gespart. Man kann sich auch privat kaputt sparen.


    Herzlichst


    TK

  • Abstammungsangelegenheiten können in der Regel auch postmortal erfolgen.


    Der Ausschluss der Vertretungsmacht des Kindes ergibt sich aus § 1629 und § 1795 BGB. Es gibt keine inhaltlichen Anforderungen an die Ergänzungspflegschaft, außer denen, die dort stehen.


    Die Möglichkeit der Ergänzungspflegschaft ist durch die Rechtskraft der Scheidung ausgeschlossen, weil die Mutter das Kind dann wieder vertreten darf. Das hat der Bundesgerichtshof übrigens ein halbes Jahrhundert lang anders gesehen und seine eigene Rechtsauffassung nun aufgegeben. Ich empfehle die Entscheidung vom letzten Jahr (Aktenzeichen XII ZB 364/19) zum Thema der Vertretungsmacht zu lesen. Nach der alten Rechtsauffassung war die Ergänzungspflegschaft in allen Fallkonstellationen möglich - inkl. Neubeginn der Frist.


    Sehr interessant ist auch die Entscheidung aus Koblenz (13 WF 56/15). Dort hatte der bestellte Ergänzungspfleger des Jugendamtes explizit versucht die Ergänzungspflegschaft zu verhindern. Das Kind war bereits 10 Jahre alt. Dazu hat sich das Oberlandesgericht sehr deutlich wie folgt geäußert: "Die Anordnung der Ergänzungspflegschaft hat auch nicht deshalb zu unterbleiben, weil ein Anfechtungsantrag von vornherein wegen Versäumung der Anfechtungsfrist keinen Erfolg hätte. An sich - darauf ist ausdrücklich hinzuweisen - darf dies bei der Frage, ob Ergänzungspflegschaft anzuordnen ist oder nicht, keine Rolle spielen. (...) Vielmehr spricht alles dafür, dass die Anfechtungsfrist nicht versäumt ist."


    Eine Rechtsbeugung könnte nur durch das Gericht erfolgen, nicht durch die Beteiligten. Das ist bei der Diskussion um zulässige Anfechtungsfristen weit hergeholt und ein schwerer Vorwurf, den man lieber unterlassen sollte.