ALG1 - Unterhalt Pfändung & Selbstbehalt

  • Liebes Forum,


    ich bekomme ein reguläres ALG1 bis Juni 2022 von 1788€. Davon wurden mir bis Ende 2021 418,80€ im Rahmen einer Rückstandspfändung durch das Jugendamt abgezogen. Eine Zahlung des aktuell anfallenden Unterhaltes wurde bis zum 31.12.2021 gestundet. Mein Sohn ist zwölf Jahre alt. Das JA hat die Vormundschaft für ihn in diesen Angelegenheiten übernommen.


    Ab dem 1.1.2022 wird nun zusätzlich zum Rückstand der aktuelle Unterhalt einbehalten, so dass sich die Pfändungshöhe auf 892 Euro beläuft. Demnach erhalte ich nur noch 896€ ALG1. Ich lebe mit einer Partnerin zusammen, mit der ich zwei Kinder habe. Im Juni dieses Jahres erwartet sie ihr drittes Kind. Wir sind nicht verheiratet.


    Eine Neuberechnung des Unterhaltes lehnte das Jugendamt stets ab - bzw. setzte mich auf den Mindestbetrag. Als Mann in einer Partnerschaft steht mir ein Selbstbehalt von knapp 890 Euro zu, das weiß ich. Meine Frage zielt allerdings eher darauf ab, ob ich mit zwei (bald drei) zusätzlichen Kindern nicht doch anders eingestuft werden müsste? Eine Änderungsklage dahingehend wurde im Juli 2021 abgewiesen. Das Urteil lautet dahingehend auf die bereits oben geschilderten Zahlungsmodalitäten. Welche Möglichkeiten stehen mir aber offen? Ja, ich bin nicht der Einzige, der finanziell trotz neuer, eigener Familie finanziell stark durch diese Zahlungen belastet wird. Trotzdem möchte ich natürlich schon wissen, wie ich mit etwa 890 Euro eine Familie ernähren soll. Soweit ich verstanden habe, kann nur die Empfängerin des Unterhaltes, hier Kindsmutter, eine Neubearbeitung des Falles im JA anstoßen. Sind mir nun alle Hände gebunden oder kann ich noch etwas zusätzlich tun?


    Herzlichen Dank für eure Antworten!
    Sebastian

  • Hi,


    hier geht einiges durcheinander. Einmal ist das Jugendamt in so Fällen nicht für den Vater tätig. Ich vermute mal, dass die Kindsmutter eine Beistandsschaft beim Jugendamt eingerichtet hat. Dies bedeutet, dass das Jugendamt ausschließlich quasi als (Schmalspur)Anwalt für das Kind tätig ist, von da kannst du nichts erwarten.


    Nun zur Höhe des zu zahlenden Betrages. Da ist für mich das Urteil nicht ganz nachvollziehbar. Allerdings müsste man sich da mal die Urteilsbegründung insgesamt anschauen. Ich vermute mal, du hast die Unterhaltsabänderungsklage alleine durchgezogen, ohne Anwalt? Ein Element, mit welchem man sich immer auseinander setzen muss, in so Situationen, das ist, der Zeitfaktor. Wenn man es über Jahre geschafft hat, überhöhten Unterhalt zu zahlen, dann ist schwer einsehbar, dass es in Zukunft nicht mehr geht, gerade, wenn es nur um den Mindestunterhalt geht. Und, die weitere Frage ist, wie es mit der Berufstätigkeit der Lebensgefährtin von dir ist, bzw. in der Vergangenheit war. Auch wäre zu klären, ob die Arbeitslosigkeit nur vorübergehend, also ein Ende absehbar ist.


    So, jetzt haben wir ein Urteil in der Welt, welches rechtskräftig ist. Abgeändert kann es, einerlei ob es materiell gesehen zutreffend ist, nur durch ein neues Urteil, welches aber nur bei wesentlicher Änderung der Rechtslage gefällt werden kann. Für mich wäre so ein Punkt bei der Geburt des dritten Kindes gekommen. Ich würde schon jetzt anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, dieses ganze Durcheinander von laufendem Unterhalt, Rückständen und Stundungen muss professionell auseinander getröselt werden. Keine Angst, du bekommst sowohl Beratungshilfe als auch Verfahrenskostenhilfe.


    Also, sofort zum Anwalt. Wirklich sofort. Und berichte uns bitte, wie es weiter geht.


    Herzlichst


    TK

  • Hallo zusammen,

    ich habe mich geirrt, es war kein Urteil, sondern ein Vergleich. Der besagt folgendes:

    - dass ich einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 100 Prozent, jeweils im Voraus zum 01. eines jeden Monats
    - Beide Hauptbeteiligte sind sich darüber einig, dass der Unterhaltsrückstand für den Zeitraum 01.07.2019 bis 28.02.2021 X Euro beträgt
    - Mir wurde die Stundung dieses Betrages bis 31.12.2021 gestattet, auf die Vollstreckung des Rückstandes wurde also verzichtet (anders demnach, wie ich geschrieben habe - erst kam der Unterhalt, nun kommt der Rückstand)

    Das JA hatte zur Abänderungsklage Stellung genommen. Hierzu hieß es u.a.:

    - Der Antragsteller hat ein Grundanspruch von ALG1 in Höhe von 1763 Euro. Da der AS im Rahmen des Zusammenlebens mit seiner Lebensgefährtin eine Haushaltseinsparung zu verzeichnen hat, ist eine Reduzierung des notwendigen Selbstbehaltes für Erwerbslose um 10 Prozent vorzunehmen. Der notwendige Selbstbehalt weicht somit um 10% vom Regelfall ab und wird mit 864 Euro zu beziffern sein. Unter Berücksichtigung von 3 unterhaltsberechtigten Kindern und der Einstufung in Einkommensgruppe I der Sächsischen Unterhaltstabelle ist eine Leistungsfähigkeit in Höhe des Mindestunterhaltes vollumfänglich gegeben.

    Weiter:

    - Da die Kindesmutter des Antragsgegners verheiratet ist, eine Unterstützung in Form von Unterhaltsvorschuss ausgeschlossen ist, war die Einleitung der Vollstreckung nach mehrfacher Mahnung geboten. Es ist nicht tragbar, dass der AS seiner beiden Kinder im Haushalt mit der Betreuung und Versorgung vollumfänglich nachkommt und sein Kind (den Antragsgegner) außerhalb des Haushaltes schlechter stellt.

    Wohngeld wurde beantragt und bewilligt. Da es mehr war als eine ALG2-Zahlung, habe ich auf die Beantragung von HartzIV verzichtet. Meine Partnerin war mit Geburt des zweiten Kindes in Elternzeit und ist danach lückenlos in den Bezug von Landeserziehungsgeld gewechselt. Heißt, sie "verdient" neben dem regulären Kindergeld für ihre zwei Kinder nur noch das monatliche Landeserziehungsgeld.


    Schöne Grüße, Sebastian

  • Hi,


    ist nicht sehr weiterführend, wenn man falsche Angaben in der Frage macht. Wirklich nicht. Ob das dritte Kind jetzt zu einer Abänderung des Vergleichs führen kann, ich würde es versuchen. Allerdings werden die Rückstände in die Berechnung nicht eingehen, denn die hast du allein zu vertreten und die können auch nicht zu einer Reduzierung der Unterhaltsforderungen des Kindes führen, denn das würde ja bedeuten, dass das Kind praktisch deine Rückstände (Säumnisse) zahlen müsste.


    Herzlichst


    TK

  • Warum hast du dich denn auf diesen Vergleich eingelassen? Damit hast du die Zahlung in entsprechender Höhe grundsätzlich erst mal selbst zugesichert. Bei der Pfändung sollten sich die weiteren Kinder aber unabhängig davon vielleicht trotzdem berücksichtigen lassen. Da hilft erst mal ein Blick in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Seite 8 und Seite 9, der dir zugestellt wurde. Und dann kann man sich unter Hinweis und Nachweis der Kinder ans Vollstreckungsgericht wenden. Einen Versuch ist es wert.

  • Vielen Dank für eure Antworten.


    Zu dem Vergleich hat mir die Anwältin geraten. Die Kinder sind im Pfändungsbeschluss bereits berücksichtigt. Pfändungen wegen Kindesunterhalt werden grundsätzlich nicht nach Pfändungstabelle gewichtet, sondern eigens eingeordnet. Heißt, Pfändung kann bis zu einem Selbstbehalt von 920 Euro für Erwerbslose erfolgen, unabhängig von Kinderzahl. Leider.


    Ich habe mittlerweile mit dem Jugendamt erneut Kontakt aufgenommen und um eine Ruhendstellung der Rückstandspfändung gebeten, alternativ eine Reduzierung auf 50 Euro. Mal sehen, was das bringt.

  • AL, gehe mal davon aus, dass TR und meine Wenigkeit die Pfändungsgepflogenheiten kennen. Die können hier aufgrund des Vergleichs aber dahingestellt bleiben. Aus dem Vergleich kann jederzeit unabhängig von der eigenen finanziellen Situation gepfändet werden. Das muss man einfach wissen.


    Es hat natürlich ein Geschmäckle, wenn man schon im ersten Monat des vollen Umsetzens des Vergleichs eine Abänderung beantragt. Zumal das dritte Kind ja noch gar nicht da ist. Mit der Ankunft des "neuen" Kindes könnten sich die Voraussetzungen so geändert haben, dass eine Neuberechnung vielleicht durchgesetzt werden kann. Nur, ansonsten ist doch keine Veränderung da. Du warst bei Vergleichsabschluss schon arbeitslos, die Verhältnisse zu Hause waren wie jetzt auch. War die jetzige Frau bei Vergleichsabschluss schon schwanger?


    Herzlichst


    TK

  • Sicher kann aus dem Vergleich jederzeit gepfändet werden, die Frage ist jedoch, ob eine Pfändung erfolgreich sein wird. Hinsichtlich des laufenden Unterhaltes , welcher vor geht, wohl schon, hinsichtlich des Rückstandes kommt es darauf an, welchen Freibetrag der zuständige Rechtspfleger dem Schuldner zugesteht.