Scheidung "einvernehmlich" - Wunsch oder möglich?

  • Hallo,


    ich bin nun auf der Suche nach Rat auf Euer Forum gestoßen, vielleicht hat jemand von Euch einen Verhaltenstipp für mich.


    Hintergrund

    Wir sind seit 23 Jahren verheiratet, haben in der Zeit ein Haus gebaut und zwei Kinder fast großgezogen (15 & 18 Jahre jung). Die Ehe hatte Höhen und Tiefen,

    wie jede eigentlich. Wir waren uns zumeist einig, haben wenig gestritten und wenn, meistens konstruktiv. Zuletzt zwei oder drei Mal heftiger, denn ich konnte verschiedene Verhaltensweisen immer weniger akzeptieren. In Erziehungsfragen waren wir nicht immer einig, ich war eher strikter, sie lockerer, denn sie fühlte sich immer sehr stark belastet, entweder von der Arbeit (kaufm Angestellte), oder von den Kindern (Dauerzustand bei ihr, es ist immer sooo viel zu erledigen in ihrer Wahrnehmung). Ich war immer Vollzeit berufstätig (auch Büromensch, mit wachsender Verantwortung, viel auf Reisen, bis zum burn-out). Sie hat zwei Mal drei Jahre Erziehungsurlaub genommen und währenddessen ihre Vollzeitstelle vertraglich auf Halbtags geändert, was ich u. a. nicht ok fand, da ich nicht eingeweiht war. Sie war ansonsten die ganze Zeit beim gleichen Arbeitgeber.

    Vor etwas mehr als vier Jahren ging ich wegen Depression aufgrund Jobverlusts nach vielen Jahren in Kur. Als ich von da verändert zurückkam, teilte ich ihr mit, daß ich so nicht weitermachen kann. Ich zog in den Keller, kurz darauf trat ich eine neue Stelle im EU-Ausland an und kam auf ihren Wunsch hin nur jedes 2. WE nach Hause, um die Kinder zu sehen. Nach wenigen Monaten Bedenkzeit stand fest, daß die Trennung endgültig sein würde. Ich zahle ihr monatlich einen Betrag und alle Nebenkosten vom Haus, in Summe etwa so viel, wie ich analog online verfügbarer Unterhaltsrechner für die Kinder zahlen müsste. Zusammen mit Kindergeld und Ihrem eigenen Einkommen geht es ihr damit recht gut (+ 3 K netto incl kostenfreiem Wohnen im Haus). Aufgrund von mangelnder Entschlussfreude, Notwendigkeit, günstigem Steuersatz etc blieben wir bis heute verheiratet. Sie hat sei ca drei Jahren einen neuen Partner, ich vielleicht seit zweieinhalb.

    Ich hätte die Scheidung definitiv früher vorantreiben müssen, habe das aber versäumt, weil ich keine Notwendigkeit sah. Sie sagt, sie belaste das enorm die ganze Zeit, was ich nicht so wahrgenommen habe, mein Fehler. Über Finanzen habe ich im wesentlichen Stillschweigen bewahrt (wie immer), was sie mehrmals bemängelte (zu Recht, nehme ich an). Versuche einer Scheidungsfolgenvereinbarung scheiterten, da sie nicht sagen konnte oder wollte, was sie wollte, sondern immer gleich von Geld anfing, was mir missfiel – ich wollte erst das grundsätzliche, Haus, Auto etc klären, um darauf basierend evtl vorhandene Sparguthaben zu verteilen, keine Ahnung, warum, denn ich hatte nie vor, etwas zu verstecken. Ich teile das wenige Bare in jedem Fall, was sie mir nicht so glaubt. Wir haben es aber auch nicht wirklich nachdrücklich betrieben, das Thema kam immer wieder mal auf und verschwand dann wieder in der Versenkung. Vor zwei Wochen jedoch sagte sie mir, sie war bei einer Anwältin, die solle uns helfen, das jetzt zu regeln. Ich könnte mitmachen oder nicht (Pistole?). Wir haben immer eine einvernehmliche Scheidung angestrebt, das will sie angeblich auch jetzt noch. Leider ging sie alleine zur Anwältin, die ihr u. a. mitgab, daß der Trennungszeitpunkt ja gar nicht bestimmt sei und ich Trennungsunterhalt schulden könnte, wenn sie dem nicht zustimmt. Das hat sie so nebenbei fallen lassen, und daß sie aber keinen Stress wolle, weil sie mich als Elternteil und Freund behalten wolle. Ich habe das hingenommen, meine Unterlagen und Argumentation sortiert für einen Termin mit der Anwältin, um zu sondieren, wie eine Regelung aussehen könnte. Gestern sagt sie mir, die Anwältin habe gemeint, daß ohne Gehaltsunterlagen etc ein Termin keinen Sinn ergeben würde. Und ich bekäme vermutlich Post von der Anwältin. Ich hatte vor etwa drei Jahren mal ein Beratungsgespräch bei einem Anwalt, der mir sagte, dass ich keinerlei Unterlagen teilen dürfe, bevor keine Einigung erkennbar ist. Daher bin ich zurückhaltend und finde die Vorgehensweise recht dreist. Natürlich muss ich mich offenbaren, aber das ja nun während bzw. nach einer Einigung, keinesfalls vorab (denke ich). Mein Vorschlag, mit fiktiven Werten zu rechnen, um zu sehen, inwieweit man z. B. bei Unterhaltsberechnungen übereinstimmt, wurde quasi abgelehnt – durch meine Frau i. A. der Anwältin. Wenn es eine es einvernehmlich Regelung sein soll, muss die m. E. auch einvernehmlich herbeigeführt bzw. erarbeitet werden, stattdessen soll ich die Karten auf den Tisch legen und die Anwältin sucht dann mal aus - das ist der Eindruck, der sich mir aufdrängt. Ich empfinde Druck und Zwang. Meine Frau, ich weiss nicht, wie gierig sie durch die Anwältin werden wird (ich kann eine Verhaltensänderung feststellen), behauptet weiterhin, eine faire Einigung zu wollen. Wie aber kann ich auf so einer Basis Vertrauen entwickeln? Kann ich das oder ist es eigentlich klar erkennbar, daß ich einen eigenen Anwalt brauche, und so jede Menge Porzellan zerschlagen und Geld verbrannt werden wird, was wir doch unbedingt vermeiden wollten?

    Zum Schluss zwei sachliche Fragen:

    1. Ich habe gelesen, daß Trennungsunterhalt verlangt werden muss. Sie hat dann und wann Unterhalt verlangt, den sie ja auch bekommt. Könnte sie, aufgrund der geschilderten Lage nun Trennungsunterhalt (rückwirkend – bis 2018 – ich las, das geht nicht – richtig?) bis zum Scheidungstermin verlangen trotz mangelnder Bedürftigkeit, oder ist das, wie ich annehme, eine Finte?
    2. Wir haben das Datum des Trennungszeitpunkts nicht explizit dokumentiert, ich habe aber z. B. Whatsapp-Messages von ihr von einigen Monaten danach, wo sie mir sagt, dass wir getrennt sind. Ist so etwas gerichtsfest, oder werde ich im Zweifel meine Kinder oder die Nachbarn vor Gericht bestätigen lassen müssen, ab wann Papa nicht mehr dauernd zu Hause gewohnt hat? Zeugen befragen… ?
    3. Wie sind ihre Chancen auf dauerhaft en nachehelichen Unterhalt? Gibt es da feste Regeln?

    Alleine, das alles mal ansatzweise aufzuschreiben, tut mir schon sehr gut. Wenn jemand einen hilfreichen Rat für mich hat, wird mich das sehr freuen.

    LG

    C.

  • Spontan sehe ich da Schwierigkeiten auf einvernehmliche Einigung.

    Das ist ja oft so, zuerst wird immer gesagt, "dass man keinen Stress will", aber letztlich läuft es dann doch darauf hinaus.

    Allerdings, je mehr ihr einvernehmlich regeln könnt, desto besser, schneller und günstiger.


    Der Hauptbatzen und Kostenpunkt scheint mir das Haus zu sein. Wem gehört es und wie soll es damit weitergehen?


    Trennungsunterhalt muss gezahlt werden. Die Berechnung dafür ist relativ klar (6/7 Regel).


    Trennungszeitpunkt müsst ihr euch auf einen Termin einigen.


    Nachehelicher Unterhalt? Leider nicht klar geregelt. Einzelfallentscheidung. Bei langer Ehe wird es wohl einige Jahre was geben.


    Bzgl. des Anwalts: Dies ist die Anwältin deiner Frau! Sie vertritt deren Interessen. Das musst du wissen. Also entweder du arbeitest dich soweit in die Thematik ein, dass du alleine klar kommst, oder du nimmst dir auch einen Anwalt.

  • Vielen Dank für deine Anmerkungen.


    Trennungsunterhalt muss? Ok, aber ab und bis wann? Etwa 5 Jahre rückwirkend - dann wäre ggf ein späterer Zeitpunkt günstiger? Wobei dann zusätzlich nach der Trennung entstandene Werte geteilt würden und die Rente... richtig?


    Das Haus gehört uns beiden. Es soll vereinbart werden, dass sie mit den Kindern so lange drin bleibt, wie sie will.


    Ich bin eigentlich etwas im Thema, aber ich habe kein Problem, mir einen eigenen Anwalt zu nehmen. Nur dann eskaliert das, befürchte ich.

  • Meines Wissens muss der Unterhalt ab dem Zeitpunkt gezahlt werden, ab dem man dazu schriftlich aufgefordert wird.

    s. § 1613 BGB

    Dann bis zur Scheidung.


    Haus: Ok, aber es gehört ja auch dir. Darum steht dir für 50% Nutzungsentschädigung ("Miete") zu.

    Was passiert, wenn die Kinder erwachsen sind und ausziehen? Einer ist ja schon 18.


    Kindesunterhalt muss natürlich auch noch berechnet werden (Düsseldorfer Tabelle).

  • Das mit dem 1613 hatte ich auch so verstanden. Ich richte mich also mental auf die Forderung ein.


    Fürs Haus ginge Nutzungsentschädigung oder halt Wohnvorteil, das kommt vermutlich irgendwo aufs gleiche raus.


    Es ist ein Desaster.

  • Hi, erst einmal herzlich willkommen im Forum. Zunächst eine Bitte. Es mag dir guttun, alles vom Herzen zu schreiben. Aber bitte strukturiere deine Beiträge durch. Absätze machen so Teile einfach lesbarer und dann geht auch nichts durch. Danke dir!


    So, nun zur Sache. Es gibt keinen gemeinsamen Anwalt, also das Verhalten von Ehefrau und ihrer Anwältin war absolut korrekt. Man sollte insoweit getrennt agieren. Das ist wichtig für Klarheit. Und irgendwelche fiktiven Werte, diesen Zirkus macht bei der Fallkonstellation hier auch niemand mit.


    1. Trennungsunterhalt kann nur auf einer sauberen Berechnung verlangt werden. Wenn die Frau anwaltlich vertreten ist, wird der Anwalt die entsprechenden Unterlagen von dir unter enger Fristsetzung einfordern, um zu berechnen, und ab da gilt auch die Frist. Rückwirkend gibt es da nichts.


    2. Man muss in Deutschland den Trennungszeitpunkt nicht ausdrücklich dokumentieren. Man muss nachvollziehen können, wann die Trennung auch wirtschaftlich tatsächlich erfolgte. Ist m.E. bei euch aber kein Problem. Letztlich kann das aber dahingestellt bleiben, man muss zum Zeitpunkt der Scheidung ein Jahr getrennt leben, der Antrag kann schon (je nach Gericht) drei bis vier Monate vorher eingereicht werden. Ob man also drei oder vier Jahre oder zwei im juristischen Sinn getrennt lebt, das ist letztlich einerlei.


    3. Nachehelicher Unterhalt ist bei der Dauer der Ehe durchaus nicht unwahrscheinlich. Wie lange, das ist eine Einzelfallbetrachtung. Da kommt das Wort "Billigkeit" ins Spiel. Letztlich wird da nicht nur die lange Dauer der Ehe berücksichtigt, sondern auch, dass die Frau ja neben der "Aufzucht der Brut" den gesamten Haushalt gewuppt hat.


    Ich rate dringend, ganz zeitig anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Du hast keine Erfahrung in familienrechtlichen Auseinandersetzungen, du kannst jetzt sehr viel falsch machen. Es geht hier einfach um zu viel, um da als Laie rum zu wurschteln. Und das könnte dir gewaltig auf die Füße fallen.


    TK

  • Hi,


    ich weiss, das war ganz schön viel auf einmal und sicher was durcheinander. Es sollte eigentlich auch gar nicht so lang werden.. beim nächsten Mal achte ich besser darauf.


    Danke, dass Du trotzdem geantwortet hast.


    Ich tendiere durchaus zu einem eigenen Anwalt. Ich bestreite auch gar nicht, dass diese Anwältin im Sinne meiner Frau korrekt handelt. Aber die Idee war, eine gütliche Regelung zu finden, und an so einer möchte ich beteiligt sein. Das scheint also nicht das Interesse meiner Frau zu sein, sonst liesse sie ein solches Vorgehen nicht zu.


    Was Rausgabe meine Gehaltsabrechnung etc angeht, verstehe ich richtig, dass da eh kein Weg dran vorbeiführt und ich es also gleich machen kann, und so ggf die Chancen für eine gemeinsame Einigung erhöhe?


    Gruß

    C.

  • Es reicht nicht, zu einem eigenen Anwalt zu tendieren, man muss ihn mandatieren. Und bei dem Paket benötigst du ihn. Außerdem haben Anwälte durchaus die Angewohnheit, eine gütliche Regelung herbei zu führen. Ist viel lukrativer, als den Streit um jedes Häkeldeckchen vor Gericht ausfechten zu lassen. Mach nichts alleine, weise die Anwältin der Frau darauf hin, dass du dir auch unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit einen Anwalt nimmst und dieser sich äußern wird.


    TK

  • Ich hatte wider besseren Wissens irgendwie gehofft, dass mir irgendjemand was gegenteiliges sagen würde. Am Ende bestätigt sich meine unterschwellige Annahme. Du hast Recht, ich mache morgen einen Termin.


    Danke.

  • Hallo,


    wie habt ihr denn eure Steuerangelegenheiten bisher geregelt?

    Ist dem Finanzamt eure Trennung mitgeteilt worden?

    günstigem Steuersatz etc blieben wir bis heute verheiratet

    Das ist leider kein schöner Satz und könnte noch einigen Ärger verursachen.

    Denn ihr habt der Finanzbehörde wesentliche Tatsachen verschwiegen.

    Siehe dazu §370 AO.


    Ich hatte auch keinen eigenen Rechtsbeistand vor Greicht, mich aber von einer befreundeten Anwältin beraten lassen.

    Es gab aber nicht viel zu regeln, bei euch geht es ganz klar um ganz andere Werte.


    Waffengleichheit schaffst du nur mit eigenem Rechtsbeistand.

    Das würde ich meiner Noch-Frau auch so erklären.


    Gruß


    frase

  • Hallo,


    das hat der StB geregelt, sollte alles sauber sein. In D ist sie einzeln veranlagt mit Klasse 2. Ich selber versteuere mein Einkommen nicht in D, sondern im Arbeitsland. Dort wird eine Scheidung zu sehr spürbaren Änderungen führen.


    Gruß

    C.