Gericht Titel und Ablauf

  • Hallo alle zusammen,


    heute habe ich das erste Schreiben vom Gericht erhalten bezüglich meiner Klage gegen meinen Exmann, weil er deutlich zu wenig Unterhalt zahlt.

    Das ist das erstmal, dass ich mit dem Gericht etwas zu tuen habe, deshalb zwei Fragen.


    Erstens: Ich bin ja schon länger bei einer Anwältin, das ganze Mahnen, die Ausreden und wieder mahnen zieht sich jetzt schon über ein halbes Jahr hin.

    In der Stellungnahme der Gegenseite tauchen jetzt wieder Posten wie Fahrtkosten um das Kind zu sehen, Miete (sogar warm), Kosten Auto, diverse Versicherungen die laut meiner Anwältin nicht unterhaltsrelevant sind, auf. Das alles dient natürlich dazu, dass er auf Stufe 1 der Düsseldorfer Tabelle kommt (schafft er auch so knapp). Statt auf Stufe 3, das wäre sein Nettogehalt. Natürlich wird auch angefochten, dass es eine Stufe (4) höher zahlen müsste, da er nur ein Kind hat.

    Ist das alles Strategie? Die Anwältin der Gegenseite sollte theoretisch ja das gleiche wissen wie meine Anwältin. Oder kann man da doch was reinrechnen? Ich meine ich arbeite Teilzeit (einer muss sich ja ums Kind kümmern) verdiene deutlich weniger und muss schließlich auch Miete, Auto und Co zahlen. Und wenn er wegzieht und nun höhere Fahrtkosten hat, sollte das doch sein Problem sein oder?


    Zweitens: Wie läuft so eine Gerichtsverhandlung ab? Ich habe nicht wirklich eine Vorstellung davon, wie sowas abläuft. Im Internet habe ich wenig dazu gefunden. Eigentlich könnte man meinen, dass alle Ihre Unterlagen zu Gericht schicken, der Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet und festgesetzt wird. Oder ist das wie im Film, dass man im Gerichtssaal sitzt, ohne Zeugen natürlich, mit Anfangs und Schlussplädolye, und in 10 Sitzungen!?


    Vielen Dank für die kommenden Antworten und frohe Weihnachten

  • Franzi931693

    Hat den Titel des Themas von „Gericht Titel“ zu „Gericht Titel und Ablauf“ geändert.
  • Ein halbes Jahr von der Forderung bis zur Klage. Das ist zunächst mal eher schnell und keineswegs langsam.


    Natürlich versucht die Anwältin der Gegenseite alles herauszuschlagen, was möglich ist. Das ist ihre Aufgabe. Genau das gleiche macht deine Anwältin auch. Gesetzlich geregelt ist nur der Mindestunterhalt = 100%. Alles darüber hinaus ist Verhandlungssache. Die Düsseldorfer Tabelle ist ein gerichtlich gebilligtes und anerkanntes Hilfsmittel, aber nicht rechtlich bindend. Versicherungen, Umgangskosten, Mietkosten, Umgruppierungen. Das sind alles verhandlungsfähige Themen. Insbesondere wenn sich oberhalb des gesetzlichen Mindestunterhaltes gestritten wird. Mit der richtigen Argumentation und Verhandlungsgeschick wird die Anwältin des Vaters daher ggf. etwas herausholen können.


    Das Gericht ordnet in der Regel das schriftliche Vorverfahren an. In diesem werden die Parteien nochmals ihre Standpunkte vortragen. Wenn das Gericht genug gelesen hat, wird es einen Verhandlungstermin anberaumen. Da weder das Gericht Lust hat, eine eigene Entscheidung zu treffen noch die Rechtsanwälte sich ewig damit befassen wollen, wird bei diesen Verhandlungen sehr oft ein Vergleich geschlossen. Die Anwälte dürfen bei Vergleichsabschluss eine erhöhte Gebühr abrechnen und das Gericht muss nichts weiter machen als den Vergleich in Schrift zu fassen. Ende der Geschichte.


    Wer von seiner Forderungshöhe vollständig überzeugt ist und sich nicht auf einen Vergleich einlassen will, der muss entweder auf das Wohlwollen des Gerichts hoffen und/oder eine starke Argumentation haben und/oder Rechtsmittel beim Oberlandesgericht einplanen.

  • Das Problem ist, dass es kein Gesetz gibt, dass DEN Unterhalt definitiv festlegt.

    Es ist alles Verhandlungssache und Einzelfallentscheidung.

    Düsseldorfer Tabelle ist nur Richtlinie, kein Gesetz.

    Keine Ahnung, warum das so ist. Bafög ist ja auch Gesetz.


    Die Punkte, die du nennst, wird das Gericht vermutlich alle zu deinen Gunsten entscheiden.

  • Hi,


    auch im Bafög gibt es Variablen. Zwar ist der Betrag nach oben gedeckelt, aber, was von Unterhaltszahlungen der Eltern (z.B.) in die Berechnung einfließt, das ist dann immer wieder unterschiedlich.


    Ich hab es hier neulich schon mal geschrieben. Wir befinden uns im Zivilrecht. Da greift der Staat durch Gesetze nur ein, um Regelungen zu treffen, falls man streitet. Es geht also nur um den Rechtsfrieden. Und wenn sich die Eltern einigen, dann interessiert es niemanden, wie die Eltern ihre Verpflichtungen untereinander verteilen. Wenn sie sich nicht einigen können, dann (und zwar erst dann) ist die gerichtliche Entscheidung gefragt.


    Nun zur Gerichtsverhandlung: wahrscheinlich hast du zu viele Gerichtsschows im TV gesehen. Wir haben es hier mit einem Zivilverfahren zu tun, da werden keine Plädoyers gehalten. Das Gericht schaut, wer da ist, dann werden die Anträge gestellt oder aber der Richter/die Richterin legt erst einmal ihre Ansicht dar. Dann folgt ein Gedankenaustausch und das Gericht tariert aus, ob man das Verfahren wirklich streitig zum Ende bringen will. Wenn es nicht durch einen Vergleich endet, wird das Gericht einen Verkündungstermin festlegen und das wars.


    Musst also keine Angst haben. Du stehst nicht am Pranger, wirst nicht vorgeführt.


    Herzlichst


    TK