Kindesunterhalt Verwirkung

  • Guten Morgen,


    beim Durchstöbern des Forums haben die Antworten auf mich einen sehr fundierten Eindruck gemacht, deswegen möchte ich auch einfach mal eine Frage stellen.


    Inwiefern kann Kindesunterhalt gegenüber dem biologischen Vater (Ich) verwirken?

    Der Fall stellt sich in Kurzform so dar:


    - Kind geboren Juli 2014, die Kindesmutter (KM) hat mir das erst Ende 2014 mitgeteilt

    - es besteht meinerseits bis heute keine Vaterschaft

    - die KM hat keine offiziellen Schritte unternommen

    - seit 2015 gebe ich monatlich der KM Bargeld, in privat vereinbarter Höhe, für das Kind


    Wen die Langform interessiert:


    Nun die Frage für den Fall, dass es doch mal vor Gericht geht:

    Können zumindest die bisherigen Unterhaltsansprüche verwirkt sein, weil die Kindesmutter genau weiß, wer der Vater ist, es aber über 8 Jahre unterlassen hat, die Vaterschaft feststellen und einen Unterhaltsanspruch rechtlich klären zu lassen?


    Unterhaltspflichtig kann nur der rechtliche Vater sein, der ich nicht bin. Würde meine Vaterschaft gerichtlich festgestellt, könnte dann einfach der Unterhaltsanspruch seit Geburt des Kindes nochmals gestellt werden?


    Dagegen stehen Gesetze, die den Unterhaltspflichtigen vor sehr hohen Nachzahlungen aus langer Vergangenheit schützen sollen.


    Mein Ziel ist es nicht, gar keinen Unterhalt mehr zu bezahlen, aber wenn der Streit derart eskalieren sollte, möchte ich halt auch meine Rechte wahren, so wie es die Gegenseite auch darf.


    Ich danke euch im Voraus für eure Zeit und freue mich auf jede Antwort.


    Viele Grüße

    Daniel

  • Auf der einen Seite gibt es keine rechtliche Vaterschaft, auf der anderen Seite hat man aber Kontakt und zahlt inoffiziellen Unterhalt. Ich bin ganz ehrlich und kann aus keinerlei Blickwinkel nachvollziehen, warum man sich so verhält und sich für sein ganzes Leben mit solchen Ungewissheiten beschäftigt. Wirklich, ich erkenne nicht einen einzigen Vorteil daran. Das wäre mir so eine derbe Last im Leben, das könnte ich nicht ertragen.


    Ein sinnvolles Vorgehen wäre 1) die eigene biologische Vaterschaft mit Einverständnis der Mutter zu prüfen, 2) die rechtliche Vaterschaft mit sämtlichen Rechten und Pflichten final zu klären und dann erst 3) sich mit den Unterhaltsfragen zu beschäftigen.


    Nun läuft es aber schon 8 Jahre anders und hinterlässt damit jede Menge offene Rechtsfragen, die dir keiner ad hoc im Detail beantworten können wird, weil sie von Faktoren abhängig sind, die im Zweifel jahrelang rückwirkend zu erheben und zu beweisen wären und weil sie davon abhängig sind, wer welche Ansprüche gegen wen überhaupt einfordert. Das kann vom Kind über die Mutter oder den damaligen Scheinvater bis hin zu Sozialleistungsbehörden wie der Unterhaltsvorschusskasse zu allerlei Konstrukten führen.


    Eine Verwirkung kann hier nicht vorliegen. Die Ansprüche gegen dich sind in Ermangelung der fehlenden rechtlichen Vaterschaft bisher noch nicht mal entstanden. Sie entstehen erst nach Klärung der Vaterschaft, dann aber rückwirkend zum Zeitpunkt der Geburt in voller Höhe. Auf keinen Fall sind die gerade frisch und rückwirkend entstandenen Ansprüche dann sofort verwirkt. Entgegen deiner Auffassung ist da nämlich nicht der Unterhaltspflichtige rechtlich geschützt, sondern der Unterhaltsberechtigte. Dieser war schließlich in Ermangelung der rechtlichen Vaterschaft bisher vollständig daran gehindert, die Ansprüche einzufordern und kann sie gerade deshalb für die Vergangenheit einfordern (vgl. § 1613 Abs.2 BGB). Ob man dem Kind die fehlende eigene Klärung der Vaterschaft dann anlasten kann, darüber lässt sich vielleicht streiten.


    Sollte der Anspruch festgestellt werden, wirst du erhebliche Probleme haben, die bisherigen und in meinen Augen völlig sinnlosen Barzahlungen als Erfüllung einzuwenden.


    Sollte die Mutter Sozialleistungen beziehen, wie z.B. Unterhaltsvorschuss oder ALG II / Bürgergeld, so könnte sich hieraus ein erheblicher Sozialleistungsbetrug ergeben, welcher mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren geahndet werden kann. Und an diesem hättest du im Zweifel einen nicht unerheblichen Anteil.

  • Hallo,

    danke, dass du dir die Zeit genommen und geantwortet hast.


    Unterhaltsvorschuss hat sie meines Wissen nicht beantragt. Können wir bei der Betrachtung außen vor lassen.

    Genauso die Einkommensverhältnisse der KM (Wohngeld oder was auch immer).


    Bin gespannt, ob andere Foristen das mit der Verwirkung auch so sehen. Vollständig gehindert war die KM nicht, wusste sie doch wer der Vater ist.

    Meine Adresse ist bekannt und hat sich in den ganzen Jahren auch nicht geändert.


    Auf manchen Seiten findet man sinngemäß auch:

    Es steht anzunehmen, dass eine unterhaltsbedürftige Person diesen auch zeitnah einfordert. Wird dies unterlassen, benötigt sie anscheinend keinen Unterhalt.

  • Nun, deine Gedanken sind nicht völlig abwegig. Nur sicher beantworten kann sie halt keiner.


    Durchaus haben das Gerichte schon genauer beleuchtet oder bejaht, z.B. das OLG Saarbrücken mit Beschluss vom 21.07.2014 - 9 WF 49/14. Dort ging es um ein mittlerweile schon 25jähriges Kind und eine Verwirkung des Minderjährigenunterhaltes wurde bejaht. Beim Lesen der Entscheidung entsteht für mich jedoch der Eindruck, dass die Gerichte dem Kind den Anspruch gar nicht geben wollten. Denn es bezog in der Vergangenheit bereits lebensunterhaltssichernde ALG II Leistungen und war damit ggf. nicht mal legitimiert für Forderungen und zudem kümmerte es sich jahrelang überhaupt nicht um eine eigene Ausbildung. Ein anderes Kind und ein anderer Sachvortrag hätten hier nach meinem Gefühl zu einer anderen Entscheidung geführt.


    Auch das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 10.04.2018 - 16 UF 5/18 eine Verwirkung schon mal bejaht. Dort brauchte es mehrere Abstammungsverfahren, ehe es überhaupt zur Vaterschaft kam. Bis heute unklar ist, warum das erste Gutachten die Vaterschaft ausschloss. Es wurden sogar die Fingerabdrücke untersucht. Jedenfalls konnte der später dann doch festgestellte Vater darauf vertrauen, dass er nicht für Unterhalt in Anspruch genommen werde, wenn sein Gutachten negativ ist und das Abstammungsverfahren zurückgenommen wird.


    ....also man benötigt schon ein bisschen Rechtskunde und einen außergewöhnlichen Fall, in jedem Fall benötigt man aber einen Rechtsanwalt und ggf. zwei Gerichtsinstanzen, Geld und jede Menge Nerven um sich einer solchen Forderung zu erwehren.

  • Hallo,


    klingt alles nicht ganz erfreulich.

    Kann ich nur hoffen, dass es zumindest so weiterläuft, wie bisher. Die Hälfte ist ja fast geschafft.

    Mit zunehmendem Alter des Kindes ergeben sich vielleicht auch andere Möglichkeiten.


    Ich bezahle Stufe 1 der DT für das entsprechende Alter.


    Trotzdem danke für eure Antworten.