Ehegattenunterhalt noch rechtens?

  • Hallo zusammen,


    ich bitte herzlichst um eure Meinung... folgende Situation ist gegeben:


    Trennung erfolgte 2018, Scheidung 2021. Meine Kinder sind 7 und 11 Jahre alt und leben bei der Mutter/Unterhaltsberechtigten (beide gesund und munter, Grundschule und Gymnasium). Sie lebt mit den Kindern zur Miete. Wohneigentum oder sonstiges Werte existieren bei keinem von uns, der gesamte Unterhalt berechnet sich aus unseren Gehältern.


    Ich habe ein Netto von (ja es klingt viel und trotzdem bleibt nichts übrig weswegen ich dauerhaft sehr strauchle) 5.660,-, nach Bereinigung bleiben bereinigt 4.620,-.

    Davon gehen für die Kinder je 558,- ab (Rückstufung in der Düsseldorfer Tabelle wegen Ehegattenunterhalt), Alles gut bis dahin.


    Nun aber der Punkt: Die Mutter arbeitet wieder in ihrem alten Beruf zu 30 Std. die Woche. Ihr netto beträgt aktuell 2.365,-, nach Bereinigung bleiben 1.555,- (sie rechnet u.a. 677,- Fahrtkosten an - der Job ist in einer nahegelegenen Stadt. )
    Nach Delta-Ermittlung (mein Rest nach Kindesunterhalt vs. ihrem bereinigten Einkommen) erhält sie 45% dessen, ergo 876,- Ehegattenunterhalt.


    Ich frage mich nun - ist dieser Ehegattenunterhalt noch rechtens? Ist Bedürftigkeit ihrerseits gegeben? (wenn man berücksichtigt dass ihr auch ohne den Ehegattenunterhalt für sich und zwei Kinder insgesamt

    - reales Netto 2.365,-

    - Kindergeld 2 x 250,-

    - Kindesunterhalt 2 x 558,-

    -> SUMME 3.981,-


    zur Verfügung stünden? (Würde ich keinen Ehegattenunterhalt zahlen, wäre der Kindesunterhalt ja sogar noch eine Stufe höher und betrüge 598,- statt 558,- , was zu einer Summe von 4.061,- führen würde.


    Vielen Dank für eure Einschätzung. Die Frage ist für mich ob ich einen Anwalt bemühe - was ich nur bei einer ausreichend hohen Erfolgschance tun kann weil ich ihn mir tatsächlich aktuell absolut nicht leisten kann.


    Schöne Grüsse,

    EmVau

  • Wie lange ward ihr verheiratet?

    Wie wurde der Ehegattenunterhalt vereinbart? Vor Gericht? Oder Privat?


    KG und KU darfst du nicht zum Einkommen der Mutter hinzurechnen.


    Außerdem frage ich mich, wieso du bei so einem hohen Gehalt schreibst:

    "und trotzdem bleibt nichts übrig weswegen ich dauerhaft sehr strauchle"


    Da solltest du deine Ausgaben mal genau durchgehen und alles überdenken.

  • Wie lange ward ihr verheiratet?

    -> ab 2009. Bis Scheidung also 12 Jahre.


    Wie wurde der Ehegattenunterhalt vereinbart? Vor Gericht? Oder Privat?

    ->Vor Gericht gabs einen Vergleich. Seitdem wurde der Unterhalt aber regelmässig neu berechnet wenn jemand Gehaltsveränderungen hatte.


    KG und KU darfst du nicht zum Einkommen der Mutter hinzurechnen.

    -> Na mir ging's um die Frage der Bedürftigkeit... ist ja das Kritierium warum sie Ehegattenunterhalt bekommen soll. Und da finde ich sollte man das gesamte zur Verfügung stehende Geld betrachten.


    Außerdem frage ich mich, wieso du bei so einem hohen Gehalt schreibst:

    "und trotzdem bleibt nichts übrig weswegen ich dauerhaft sehr strauchle"
    -> Jap, das is ein Drama. Zum einen gibts diverse Versicherungen die ich hauptsächlich habe damit der Unterhalt geringer wird, aber zahlen muss ich sie ja trotzdem. dann PKV (hurra) - und man muss ja trotzdem Miete etc. zahlen.



    Da solltest du deine Ausgaben mal genau durchgehen und alles überdenken.

  • Hi,


    die erste Frage wie immer in diesen Fällen: existiert ein Titel?


    Unabhängig davon ein paar allgemeine Ausführungen, die vielleicht weiter helfen, sonst bitte auf den Punkt genau nachfragen; wir helfen ja gerne. Zunächst einmal solltest du nicht in absoluten Zahlen rechnen; du kannst die Unterhaltszahlungen der Kinder nicht einfach als Einkommen rechnen; Kinder kosten, und zwar gewaltig. Selbst Bürgergeld (also die Armutsgrenze) geht beim Alter deiner Kindere von minimal 348,- € im Monat aus, zuzüglich Sonderzahlungen + Warmmietanteil. Das muss einem einfach klar sein.


    So, nun zu deiner Ex. Es gibt zwei Kategorien von nachehelichem Unterhalt. Einmal den Betreuungsunterhalt wegen der Kinder, und dann den nachehelichen Unterhalt, einfach als "Spätfolge" der ehelichen Fürsorgepflicht.


    Zunächst zum Betreuungsunterhalt. Der ist bei einem 7-jährigen Kind dann noch zu leisten, wenn die Mutter aufgrund der Betreuung ihre Stundenzahl bei der Arbeit reduzieren muss. Der Klassiker für mich ist: Betreuung des Kindes vor Schulbeginn. Oder eben auch nach Hortschließung am Nachmittag. Es ist wohl kaum mit dem Kindeswohl vereinbar, wenn neben Schule und Hort noch weitere Fremdbetreuung erfolgt. Aber, Kinder haben die wohltuende Eigenschaft älter zu werden; und irgendwann reduziert sich dieser Unterhalt kontinuierlich und fällt weg. Wichtig ist, dass die Mutter insoweit darlegen muss, dass sie eben wegen der Schul/Hortzeiten ihren Job nur mit reduzierter Stundenzahl durchziehen kann.


    So, nachher geht es weiter.


    TK


  • Hi,


    dass Kinder Geld kosten ist mir schon klar. Aber ich verstehe halt nicht wie rund 4.000 im Monat (und letztendlich HAT sie das Geld ja trotzdem incl. Unterhalt und KG) noch "Bedürftigkeit" rechtfertigen können.

    Achso ja, einen Titel gibts, aber nur für den Kindesunterhalt.

    Und lustig ist auch: Sie arbeitet jetzt 30 Wochenstunden. Ich hab anhand der letzten Unterhaltsberechnung mal grob hochgerechnet... sie bekommt jetzt durch den Ehegattenunterhalt ca. 30% MEHR Geld von mir als wenn sie Vollzeit arbeiten würde. Das torpediert doch das Prinzip oder? Ich verstehe nicht warum sowas nicht gedeckelt ist.

    Bezüglich "irgendwann reduziert sich dieser Unterhalt kontinuierlich und fällt weg." - dazu gibts ja so gar keine verlässlichen Infos, wann das soweit sein wird. Ich hab mal was gelesen dass wenn das jüngste Kind 12 ist, man Vollzeit erwarten darf. Ist dem so?


    Danke und Grüsse,

    EmVau

  • Hallo EmVau,


    wurde der nacheheliche Unterhalt zeitlich befristet oder ist dieser unbefristet?


    Bzg. den Fahrtkosten ein Hinweis. Wie weit ist die Arbeitsstelle entfernt?

    In den Richtlinien der OLG ist geregelt: 0,42 EUR pro gefahren Kilometer für die ersten 30km (einfache Strecke) angesetzt werden kann und ab 30km (einfache Strecke) nach unten auf 0,28 EUR abgewichen werden kann.

    Evtl. ist das ein Ansatzpunkt.

  • Hi,


    ne wurde nix befristet... hab ich vermutlich bei der Scheidung übersehen. :-/


    Danke für den Tipp, aber das ist leider schon alles richtig berechnet, also mit diesen Sätzen.


    VG

  • ok, dann könntest du versuchen die Fahrtkosten minimieren/streichen zu lassen mit dem Hinweis das sie auch den ÖPNV (falls Verbindungen vorhanden) nutzen muss, Stichwort 49 EUR Ticket!

    Gerade erst gesehen das nur der Kindesunterhalt tituliert ist. Ist der nacheheliche Unterhalt dann gem. Vergleich gar nicht vollstreckbar? Dann müsste sie ja tätig werden wenn du nicht mehr bezahlst. Im gleichen Atemzug könntest du dann auch versuchen den nachehelichen Unterhalt befristen zu lassen.


    Die Frage die du dir stellen musst ist ob du Lust hast nochmals einen Rechtsstreit einzugehen, auch bzgl. anfallender Kosten für Anwalt und Gericht.

  • Hi, ich war doch noch nicht fertig. Ich mach jetzt da weiter, wo ich vorhin aufgehört habe.


    Das oben betrifft nur den Betreuungsunterhalt. Da noch ergänzend: nein, eine feste Zeitschiene gibt es da nicht. Das Problem ist halt, dass Horte und Schulen eben nur zu festen Zeiten geöffnet haben und die wenigsten Eltern direkt neben der Schule, Kita, Hort arbeiten, sondern von dort eben noch zum Job kommen müssen, das wird häufig vergessen. Also, Einzelfallentscheidung.


    Nun, nun zur zweiten Kategorie von Exenunterhalt. Den gibt es, weil eben die Ehe unter besonderem Schutz des Grundgesetzes steht und eben deshalb auch noch "nachwirkt." Der sozial schwächere Partner soll in die Lage versetzt werden, den Lebensstandart noch eine gewisse Zeit zu halten bzw. sich umzustellen. Auch hier gibt es keine festen Regeln, es kommt darauf an, wie lange man verheiratet war, wie die individuellen Lebensumstände zu bewerten sind.


    So, und erst wenn wir dahin kommen, dass noch ein Unterhaltsanspruch besteht, kommen wir zum rechnen. Betreuungsunterhalt, das ist relativ einfach. Die Zeit, die man unter Berücksichtigung des Kindeswohls nicht arbeiten kann, die sind zu zahlen. Komplizierter ist es bei der zweiten Kategorie. Hier muss man sich den Fall insgesamt anschauen. Und, natürlich werden die zwei Kategorien nicht additiv gezahlt. Das sollte sich ein Fachmann anschauen.


    Wie die Einkommen zu bereinigen sind, da gibt es genug Muster im www. Auch die Richtlinien des zuständigen Oberlandesgerichts sind da sehr hilfreich. Aber auch da hilft der Fachmann.


    TK

  • ok, dann könntest du versuchen die Fahrtkosten minimieren/streichen zu lassen mit dem Hinweis das sie auch den ÖPNV (falls Verbindungen vorhanden) nutzen muss, Stichwort 49 EUR Ticket!

    Gerade erst gesehen das nur der Kindesunterhalt tituliert ist. Ist der nacheheliche Unterhalt dann gem. Vergleich gar nicht vollstreckbar? Dann müsste sie ja tätig werden wenn du nicht mehr bezahlst. Im gleichen Atemzug könntest du dann auch versuchen den nachehelichen Unterhalt befristen zu lassen.


    Die Frage die du dir stellen musst ist ob du Lust hast nochmals einen Rechtsstreit einzugehen, auch bzgl. anfallender Kosten für Anwalt und Gericht.

    Da wäre halt die Frage: Mit dem Auto braucht sie ca. 1 Stunde einfache Strecke zur Arbeit - deswegen arbeitet sie ja auch nur 30 Std.

    Würde sie ÖPNV fahren, wären es wohl ca. 2,5 Std. einfach. Bei der Argumentation mit Betreuung und Kindswohl und so würde das dann vermutlich bedeuten dass sie ihre Stunden auf die Hälfte reduzieren müsste womit die 45% vermutlich so eklatant steigen würden dass es mich vermutlich noch teurer zu stehen käme oder?


    Und das mit dem Rechtsstreit ist genau das Thema weswegen ich hier schreibe - wenn es irgendwelche Erfolgssichten gäbe würde ich sofort... wenn nicht dann nicht - ich hab leider kein Geld das Geld für einen Anwalt auf gut Glück zu verblasen :-/

  • Hi,


    danke dir - wenngleich das überaus deprimierend klingt was die nächsten Jahre angeht.

    Jo Einkommensbereinigung etc. kenn ich alles.


    Andere Frage noch: Sie ist nach der Trennung zurück in die Stadt ihrer Eltern gezogen womit zwischen mir und den Kindern 105km liegen. Ergo sind das pro Wochenende immer runde 420km die ich fahre. Die Kosten dafür liegen komplett bei mir. Diese Woche habe ich mir auf Kredit ein uraltes Auto gekauft (hatte früher Firmenwagen, jetzt keins mehr und Mietwagen ist auf Dauer auch zu teuer), das ich jetzt abzahlen muss. Habe ich eine realistische Chance Anteile davon in die Unterhaltsberechnung zu zwingen?

    ÖPNV ist hier keine Option, das wären einfach ca. 4,5 Std. - das kann ich auch den Kindern nicht antun.


    Danke,

    EmVau

  • Hi,


    wenn sie die Entfernung gesetzt hat, sollte sie sich am Transport der Kinder beteiligen. Wie geschrieben, man müsste mal genau gucken, wie das mit der Betreuung bei der Kleinen läuft, ob man da auch mit einem fiktiven Gehalt bei der Frau arbeiten kann. Also, es wird immer weniger werden. Aber das jetzt in die richtigen Wege zu leiten, das sollte der Fachmann tun.


    TK

  • Hi,


    wenn sie die Entfernung gesetzt hat, sollte sie sich am Transport der Kinder beteiligen. Wie geschrieben, man müsste mal genau gucken, wie das mit der Betreuung bei der Kleinen läuft, ob man da auch mit einem fiktiven Gehalt bei der Frau arbeiten kann. Also, es wird immer weniger werden. Aber das jetzt in die richtigen Wege zu leiten, das sollte der Fachmann tun.


    TK

    Hi,

    ok das wäre ja schon mal was.


    Aber noch eine Frage: "es wird immer weniger werden" - wodurch denn? Längere Betreuungszeiten oder entsprechende Zumutbarkeit? Weil ihr Gehalt wird wohl kaum sehr viel weiter steigen.


    Danke dir,

    EmVau

  • Hi,


    aus zweierlei Gründen: die Kinder haben die wohltuende Eigenschaft, im Laufe der Zeit immer "pflegeleichter" zu werden. D.h., sie können sich irgendwann in der Früh alleine fertig machen, da muss niemand mehr da sein. Und man muss nachmittags auch nicht zwingend um punkt 15.00 Uhr aufhören mit der Arbeit, weil der Hort schließt, die Kinder können ihren Nachmittag alleine organisieren. Das ist so ein Ansatzpunkt. Und diese Flexibilität macht natürlich die Berufstätigkeit der Betreuungselternteile wesentlich einfacher. Man wird durch mehr Flexibilität auch für Führungspositionen interessanter.


    So, und was die zweite Kategorie angeht, dauert dieser Schutz ja auch nicht ewig. Kommt eben auf die Dauer der Ehe an, evtl. noch auf andere Faktoren. Aber, das ist zu berechnen. Der Schutz nimmt ab; denn die Idee bei uns ist ja, dass man grundsätzlich nach einer Scheidung alleine für sich sorgen soll.


    Also, alles nicht so schlimm. Nur man sollte da nicht alleine rum wurschteln, sondern einen Fachmann aufsuchen, der insoweit mit der Rechtsprechung des eigenen OLG vertraut ist.


    TK