Mutter verzichtet auf Unterhalt

  • Hallo zusammen,


    ich würde mir gern mal eure Meinungen zu meinem Thema anhören.


    Kontext:

    Ich bin seit Dezember 2013 Vater einer Tochter. Ich habe von Anfang an die Rolle als Vater nicht wahrgenommen und auch keinen Unterhalt gezahlt. Über die Gründe möchte ich hier nicht reden, und ich wäre auch sehr dankbar dafür, wenn das hier nicht in eine Urteilstirade ausartet. :')


    Die Kindesmutter hat mir gegenüber nie Unterhaltsanspruch geltend gemacht. Wir haben uns quasi "unter der Hand" darauf geeinigt, dass sie mein Geld nicht möchte.

    Mittlerweile hat sie geheiratet. Ihr neuer Ehemann ist finanziell sehr gut aufgestellt und kann die gesamte Familie ernähren.


    Deswegen kam sie noch einmal auf mich zu und hat klargestellt, dass sie mit der aktuellen Familie und Lage glücklich ist und mich da gerne weiterhin und auch zukünftig raushalten würde. Der Ehemann nimmt die Vaterposition ein, ich passe da nicht rein, Sorge vor Stress etc. pp. ... (bitte nicht weiter drüber reden). Eine offizielle Adoption meiner Tochter durch den neuen Ehemann hat bisher nicht stattgefunden.


    Ich würde nun gern wissen, welche Schritte ich jetzt gehen kann/sollte, damit rechtlich alles gut abgesichert ist. Ich habe schon gelesen, dass es nicht rechtens ist, dass die Mutter einfach aufs Unterhalt verzichtet. Eigentlich MUSS ich weiterhin zahlen. Was sollte ich nun am besten machen? Ich werde mich nicht vor der Zahlung drücken, sollte das der einzige Weg sein.


    Für Ratschläge bin ich dankbar. Wenn noch essenziell wichtige Fragen offen sind, werde ich diese gerne beantworten. Vielen Dank!

  • Ihr könntet die Aussage der Mutter noch verschriftlichen und auch notariell vereinbaren.


    Ich halte das persönlich für übertrieben, weil es aus meiner Sicht keinen Anlass zur Sorge gibt. Unterhalt für die Vergangenheit kann nur unter den Voraussetzungen des § 1613 BGB gefordert werden, welche nicht vorliegen, wenn man weder zur Einkommensauskunft noch zur Zahlung aufgefordert wird.


    Und das für die Zukunft bestehende Verzichtsverbot aus § 1614 BGB wird oft missverstanden. Denn dieses bedeutet lediglich, dass der Unterhaltsempfänger (das Kind) keinen wirksamen Verzicht für die Zukunft aussprechen kann. Sehr wohl darf aber der Zahlungsempfänger (die Mutter) dich von Unterhaltszahlungen freistellen. Damit haftet sie dann für alle Unterhaltsansprüche des Kindes selbst. Für die Vergangenheit könnte sie auch immer wieder einen für das Kind wirksamen Verzicht aussprechen.

  • Hi,


    die von dir genannten Bestimmungen wollte ich auch gerade anführen. Fakt ist, dass man für die Zukunft nicht auch Unterhalt verzichten kann, und dass der Verzicht auf die Geltendmachung ja nur für den Augenblick Wirksamkeit entfalten kann. Zwar könnte man die Übernahme der Verpflichtung auf finanziellen Unterhalt des Kindes durch die Mutter in einem notariell beurkundetem Vertrag niederlegen, nur, dieser würde ja auch nur für die Gegenwart Wirksamkeit entfalten. Denn wenn plötzlich der Notfall eintritt, öffentlich-rechtliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss, dann greift der Vertrag ohnehin nicht. Und wenn es sich das Kind, vertreten durch die Mutter, anders überlegt, dann kämen wir zu dem Punkt, dass wir einen Vertrag zu Lasten Dritter haben, der nicht so ohne weiteres für die Zukunft zu akzeptieren ist. Eben weil die dritte Person, die für die Vater bisher eingesprungen ist, eben nicht mehr will und auch nicht mehr muss.


    Es gibt nun mal Verpflichtungen, denen man sich nicht wirksam und sicher entziehen kann.


    TK

  • Das bedeutet also, solange wir untereinander die Einigung haben, dass ich für den Moment nicht zahlen muss, weil sie/ihr Mann genug finanzielle Mittel hat, dann kann das so weiterlaufen, aber es könnte eines Tages der Tag kommen, an dem es von mir eingefordert wird (z.B. im Notfall, bei Bezug von Sozialgeldern, oder wenn das Kind selbst alt genug und darauf angewiesen ist)?


    Und wie genau würde das ablaufen, wenn der "Stiefvater" sich doch für die Adoption entscheidet?

  • Du kannst mit der Kindesmutter einen (notariellen) Verzicht auf Geltendmachung von Unterhalt vereinbaren. Dieser gilt auch für die Zukunft.

    Der Verzicht müsste im Bedarfsfall gerichtlich aufgehoben/abgeändert werden.


    Unterhält kann - auch seitens einer Behörde von dir nicht gefordert werden. Schadensersatzpflichtig ist die Kindesmutter.


    Das Kind kann dir gegenüber Unterhalt geltend machen und auch notfalls gerichtlich betreiben. Schadensersatzpflichtig ist die Kindesmutter.

  • Hallo zusammen, danke für die Ratschläge.


    Mittlerweile hat sie sich wohl von ihrem Mann getrennt und wird die Scheidung einreichen.

    Ich denke, die Unterhaltszahlung wird dann doch auf mich zukommen. Damit hat sich der ganze Trouble dann erledigt. :)
    Ich gehe nicht davon aus, dass ihr noch-Ehemann als Stiefvater in der Nachehe auch für ein Kind unterhaltspflichtig wäre, welches nicht von ihm ist.

  • Das ist kompletter Unsinn.

    Ein solcher Verzicht wäre unwirksam.


    Vereinbaren könnte man allenfalls,

    dass die die Mutter den Vater frei stellt.

    Dies Bedarf aber weder einer notariellen Beurkundung, noch würde dies Sozialleistungsträger binden.

  • Das ist es nicht.

    Ein solcher Verzicht ist nicht unwirksam, es regelt die Rechtspositionen der Eltern. Das Kind bindet es freilich nicht.

    Der Sozialleistungsträger kann den Unterhalt nicht mehr geltend machen, Ansprüche sind ausgeschlossen.


    Bitte nachlesen.

  • Frau S., man muss nicht nur nachlesen können, sondern auch verstehen und das ins juristische System einbinden können. Vielleicht mal als Einstieg mit dem Problem der Verträge zu Lasten Dritter befassen, dann mit der Vernetzung von Familienrecht/Sozialrecht. Und dann sehen wir weiter, einverstanden?


    TK

  • Na, wenn Sie das sagen. Haben Sie sich mit dem Thema befasst?

    Ich arbeite seit mehreren Jahren im Unterhaltsvorschuss und habe davor im SGB II gearbeitet. Zu meiner Lektüre gehören nicht nur die gesetzlichen Grundlagen, sondern auch Rechtssprechung und Dienstanweisungen.

    Ich glaube wirklich, ich weiß wovon ich rede. Und Sie so?

  • Hi,


    mich wundert schon sehr, was da qualitativ in Ämtern so alles rumwurschteln darf. Ja, ich habe durchaus die Qualifikation so etwas zu schreiben hier, und zwar in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Regelungen. Mag vielleicht an der Befähigung zum Richteramt liegen, die ich habe, und wenn man dann noch ca. 40 Jahre in dem Bereich so tätig ist bzw. war ..... die juristische Methodenlehre durchaus beherrscht ....., dann weiß man schon, was man schreibt.


    TK

  • Hi,


    wenn das diskreditieren ist, dann diskreditieren alle Widerspruchsbehörden, Gerichte, die Fehlentscheidungen korrigieren, die Verfasser. Du hast recht, das geht gar nicht. Schaffen wir diese Einrichtungen ab, schaffen rechtsfreie Räume für Leute mit deiner Ausbildung und gut ist.


    TK

  • Hi,


    ich wurde doch gefragt (von wem nur?), ob ich weiß, wovon ich rede unter Hervorkehrung der eigenen beruflichen Qualifikation.


    So, zurück zum Fall, in kleinen Schritten nochmal erklärt: Vereinbarungen im Familienrecht entfalten zunächst einmal nur Wirkung zwischen den Vereinbarenden. Einerlei, ob mit notarieller Beurkundung oder ohne. Die notarielle Beurkundung ist nur in den seltensten Fällen erforderlich, in der Regel hilft sie nur einem, dem Bankkonto des Notars. Jedenfalls können durch so Vereinbarungen nicht andere Ansprüche entstehen.


    1. Beispiel: Ehepaar vereinbart bei Trennung Ausschluss von Unterhaltsansprüchen. Dadurch wird ein Partner bedürftig. Da Ansprüche gegen die öffentliche Hand subsidiär sind, wird diese Vereinbarung bei einem Antrag auf Bürgergeld nicht greifen, einerlei ob mit oder ohne notarielles Siegel. Allerdings wird das Job Center nur insoweit in Anspruch nehmen, wie auch Gelder an den Bedürftigen ausgekehrt werden. Die Berechnungsweise von JC und Familiengerichten sind ja da durchaus unterschiedlich. In so Fällen kann die Vereinbarung also sozusagen teilweise greifen. Es kommt übrigens gar nicht so selten vor, dass Ehepartner glauben, sie können dadurch ein gutes Geschäft machen, so unter dem Motto: "eigentlich müsste ich dir 2000 € Trennungsunterhalt zahlen, wir treffen die Vereinbarung, du bekommst dann vom Staat ca. 1000 €, unter der Hand gebe ich dir noch 1000 €, und alle haben ein gutes Geschäft gemacht."


    Da greift der Grundsatz: Vereinbarungen zu Lasten Dritter (hier der Staat) sind in der Regel nicht wirksam.


    Anders sieht es aus, wenn wir eine Gerichtsentscheidung haben, die entfaltet natürlich auch Wirkung gegenüber externen Behörden.


    2. Vereinbarungen hinsichtlich Kindesunterhalt: hier ist die Situation noch komplexer. Zwar kann ein Elternteil sein Kind in Unterhaltsfragen allein vertreten, auch wenn das andere Elternteil ebenfalls Inhaber des Sorgerechts ist. Aber, dieses Elternteil kann keine wirksame Vereinbarung zu Lasten des Kindes treffen. Also etwa so: "Ich verzichte auf Unterhaltszahlungen im Namen meines Kindes." Und dann marschiert man zur Unterhaltsvorschusskasse oder zum Job-Center (je nach Konstellation) und lässt die zahlen. Auch das funktioniert nicht.


    Was man machen kann: man kann sich mit dem anderen Elternteil dahingehend einigen, dass derzeit kein Unterhalt geltend gemacht wird. Also, dass man als betreuendes Elternteil auch noch die Funktion des Zahlers übernimmt. Allerdings macht eine solche Vereinbarung nur Sinn, wenn kein Unterhaltstitel in der Welt ist. Wenn ein solcher vorliegt, dann kann jederzeit draus vollstreckt werden.


    Auch hier gilt: wenn eine Gerichtsentscheidung vorliegt, die einen Unterhaltsanspruch des Kindes ausschließt, dann ist das auch von den Behörden zu akzeptieren.


    So, ich denke (hoffe), jetzt ist alles etwas klarer.


    TK

  • timekeeper

    Ihre Ausführungen verwirren mehr, als dass sie Klarheit schaffen und sind unvollständig.


    Auf den Aspekt einer Freistellung gehen Sie nicht ein.

    Eine Freistellung ggü. dem Jobcenter greift nicht.

    Eine Freistellung gg. dem Jugendamt / Unterhaltsvorschuss greift - Unterhaltsvorschuss ist ausgeschlossen, wenn eine Freistellungsvereinbarung vorliegt. Wichtig dabei ist allenfalls, ob der pflichtige Elternteil leistungsfähig oder leistungsunfähig ist.

  • Der Vollständigkeit halber muss man jedoch sagen, dass sich die Wirkung der Freistellungsvereinbarung als Ausschlussgrund für Unterhaltsvorschuss nicht aus dem Gesetz ergibt, sondern lediglich aus alter Rechtsprechung - insbesondere eines Urteils des OVG Lüneburg. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits im Jahr 2013 (in anderer Frage) die dort getroffene Feststellung "als nicht vereinbar mit der gesetzgeberischen Konzeption" bezeichnet. Es dürfte daher höchst fraglich sein, ob eine weitere VG/OVG/BVerwG Entscheidung zur Frage des Anspruchsausschlusses auf Unterhaltsvorschuss bei getroffener Freistellungsvereinbarung zwischen den Eltern tatsächlich nochmals so entschieden werden würde. Aber wo kein Kläger, da kein Richter.


    Für den hier gefragten Fall ist es letztlich wahrscheinlich auch nicht relevant, da bisher ohnehin keine schriftliche Freistellungsvereinbarung getroffen wurde und sich die Sachlage nun durch Trennung der Mutter vom Ehemann wohl verändert hat.