Erwachsener Sohn mit Behinderung

  • Guten Morgen, ich bin erst heute diesem Forum beigetreten, da es hier gute Beiträge mit äußerst Konstruktiven Antworten gibt.

    In der Hoffnung, auch in meiner Situation ein paar nützliche Tipps und Vorschläge zu erhalten, möchte ich meine Situation kurz schildern. Ich bin seit 2007 geschieden und habe einen 22jährigen Sohn und eine 20 jährige Tochter, die seit 2005 nicht mehr bei mir leben. Meine Tochter befindet sich derzeit in einer schulischen Ausbildung. Meinem Sohn wurde eine 85%ige geistige Behinderung attestiert. Er ist seit 5 Jahren in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen beschäftigt. Beide Kinder haben Ihren Wohnsitz bei der Mutter (Ex-Frau). Meine Ex-Frau ist seit der Schwangerschaft meines Sohnes beruflich nicht mehr aktiv und bildet mit meinen Kindern eine Bedarfsgemeinschaft. Meine Unterhaltszahlungen für beide Kinder gehen zu 100% auf das Kto. meiner Ex-Frau und wird entsprechend verrechnet. Meine Tochter wird im kommenden Jahr fertig sein und da mache ich mir gar keine Sorgen. Bei meinem Sohn ist das halt anders. Er bekommt Kindergeld und eine Wiedereingliederungshilfe, die aber an seinen Arbeitgeber ausgezahlt wird. Vom Arbeitgeber erhält er dann lediglich ein Taschengeld. Den Rest muss ich mit ca. 250€ ausgleichen. Von meiner Ex-Frau kommt nichts, da sie angeblich gesundheitlich nicht in der Lage ist zu arbeiten und sie sich zudem um den Sohn kümmern muss ( der ist aber von 6:00 bis 17:00 auf der Arbeit und von 17:30 bis …,mit seinen Kumpels unterwegs). Ich würde mal gerne eure Meinungen und Tipps wissen, ob dem Jungen nicht viel mehr Rechte zustehen, inwieweit meine Ex-Frau sich beim unterhalt beteiligen muss und wie lange / ob ich überhaupt noch verpflichtet bin, Unterhalt zu zahlen. Ich habe schon mehrfach Juristen kontaktiert, ist für diese bisher ein heikles Thema gewesen. (Ich lasse die Situation aktuell eskalieren und zahle den Unterhalt z.Zt. nicht aus)

    Ich freue mich auf eure Antworten :)

  • Hi,


    erst einmal vielen Dank für die Blumen! Ich fang mal an, ich gehe davon aus, dass jemand anderes dann den Gedankenaustausch fort setzt.


    Deine Tochter ist volljährig. Da sollte die Unterhaltszahlung auf ihr eigenes Konto erfolgen, nicht auf das der Mutter; auch muss das Kindergeld voll angerechnet werden und nicht nur teilweise. Theoretisch müsste die Mutter sich ab 18 auch am Unterhalt für dieses Kind beteiligen, solange es noch priviligiert ist, also bis zum 21. Geburtstag oder bis zur Beendigung der Schule. Aber ich denke, es lohnt sich nicht, da jetzt ein Fass aufzumachen. Falls ein unbefristeter Unterhaltstitel besteht, sollte der aus der Welt geschafft werden. Denn aus dem kann die Tochter noch lange vollstrecken, und zwar unabhängig von der materiell-rechtlichen Lage.


    Nun zum schwierigeren Teil. Das behinderte Kind ist über 21, damit fällt die Verpflichtung der Mutter auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zwecks Realisierung des Unterhaltes oder aber die Anrechnung eines fiktiven Einkommens weg. Wenn das Kind intensive Betreuung benötigt, dann ist es ein Pflegefall; um die Vergütung der Pflege und Anerkennung des Pflegefalls muss sich die Mutter kümmern; bzw. der Sohn als Antragsteller selbst.


    Mir ist jetzt nicht ganz klar, was die Basis für die Berechnung ist. Denn da ist ja wohl ein Sozialhilfeträger involviert. Bitte schau doch mal in § 94 SGB XII. Wenn die Voraussetzungen von dort gegeben sind, dann wäre dein Beitrag nach oben gedeckelt, ich meine auf einen Betrag von unter 50 €. Oder es könnte die neu eingeführte 100.000 € Grenze greifen. Aber auch hier gilt: wenn ein Titel in der Welt ist, dann muss dafür gesorgt werden, dass dieser aus der Welt kommt.


    Du schreibst von einer Bedarfsgemeinschaft. Leben die drei, abgesehen von deinen Unterhaltszahlungen vom Bürgergeld? Und bist du vom JC angeschrieben worden? Dann sind da auch noch ein paar Erklärungen erforderlich, die wir auch gerne liefern.


    TK

  • Hallo Motolaf,


    gibt es einen offiziellen Betreuer für deinen Sohn, wer regelt da die Alltagsgeschäfte?

    Welche beruflichen Perspektiven hat dein Sohn?

    Wenn dein Sohn Eingliederungshilfe bekommt, warum zahlst du dann 250€?

    Timekeeper hat schon auf das AEG hingewesen, mach dich da mal schlau.

    Siehe, BGBl I 2019, 2135


    Gruß


    frase

  • Hi,


    das Problem ist doch, dass der Betreuer die Interessen des Sohnes vertritt. Und wenn der Vater eben den genannten Betrag problemlos zahlt, dann ist das für den Betreuer okay. Ich hab wegen der Verwendung der Vokabel "Bedarfsgemeinschaft" einen ganz anderen Verdacht. Aber, um das einschätzen zu können brauchen wir die von mir angeforderten Infos. Und noch in Ergänzung: wer hat den Betrag errechnet, den du jetzt zahlst, ist insoweit ein Bescheid in der Welt?


    TK

  • Mein Sohn hat zwar einen Betreuer, der ist (soweit mir bekannt) lediglich einmal die Woche sporadisch für ihn da. Der verbringt dann aber nur ein wenig Freizeit mit ihm. Geschäftliches regelt meine EX-Frau für ihn- d.h. sie teilt ihm das Taschengeld zu, kauft ein und macht den Schreibkram. Er ist aber normal geschäftstüchtig.

    Alle Drei haben eine Bedarfsgemeinschaft angemeldet und erhalten Bürgergeld. (wobei meine Tochter inoffiziell ausgezogen ist).

    Ich habe den Verdacht, dass die aktuelle Situation nur dem Zwecke dient, dass meine Ex-Frau sich die Situation zu ihren Gunsten nutzt.

    Ich bin auch der Meinung, dass mein Sohn auf eigenen Füßen stehen könnte, wenn er die erforderliche Unterstützung bekäme. So wie alles z.Zt. läuft, wird sich auf Dauer nichts Ändern: Vom Amt habe ich noch keinen Bescheid bekommen. Allerdings wird das nicht mehr lange dauern, da ich die Unterhaltszahlungen für meinen Sohn seit Anfang des Monats nicht mehr leiste.

  • Du, ich meinte einen gerichtlich bestellten Betreuer. Der scheint nicht zu existieren. Was du da beschreibst, dass ist eher eine unterstützende Kraft zur Bewältigung des Alltagslebens. Also spielt hier in unserer Diskussion keine Rolle. Wäre schön, wenn du die Titel für die beiden Kinder finden könntest. Denn du wirst dich damit befassen müssen, zumindest dahingehend, ob die Titel befristet sind. Das ist ganz wichtig.


    Alles andere etwas später, vielleicht kommen wir dann weiter. Noch eine Frage: hat sich die Anwältin auch mit § 94 SGB XII befasst?


    TK

  • Ich werde meine Unterlagen heute Abend nach der Arbeit sichten und Dir dann weitere Infos geben. Auch in Sachen Anwältin schaue ich nochmals nach.

    Vielen Dank schon mal. :thumbsup:

  • Guten Morgen,


    ich habe mir die Unterlagen angesehen und befürchte, dass die Titel licht befristet sind. Es ist hier festgelegt, dass ich entsprechend der Düsseldorfer Tabelle für die jeweiligen Altersstufen zu Zahlen habe. Es werden diesbezüglich aber nur die ersten drei Altersstufen erwähnt - jedoch nicht ein Ende der Zahlungen beschrieben.

    Aus den Unterhaltsberechnungen aus dem vergangenen Jahr geht die Berücksichtigung des § 94 SGB XII nicht hervor.

  • So, ich taste mich mal vorwärts.


    Wenn du bei der Tochter das Kindergeld voll abziehst, nicht nur hälftig, würde ich die ganze Sache so bis zum (absehbaren) Ende der Schule so weiter machen; sie dann oder schon jetzt bitten, dir den Titel heraus zu geben und dann ist ja je nach Zukunftsplanung ohnehin neu zu rechnen. Wie die Mutter die Bedarfsgemeinschaft abrechnet mit dem JC, das kann dir einerlei sein, solange der Titel von dir bedient wird. Kritisch wird es erst, wenn wer auch immer (JC oder Tochter) irgend was fordern. Dann müsste man sich da näher mit befassen.


    Nun zum Sohn. Hier blicke ich immer noch nicht durch, denn es muss ja eine Basis für die Unterstützung durch einen Sozialträger geben. Kannst du uns da weiter helfen? Wer finanziert den Sohn neben Dir? Auf welcher Basis hat die Anwältin gerechnet? Ich vermute mal, man hat einfach den Betrag aus dem Titel genommen, geschaut, was von woanders kommt, und lässt das nunmehr auf den austitulierten Betrag durch dich aufstocken. Ist in dieser Berechnung das volle Kindergeld enthalten? Wenn man davon das Kindergeld in Abzug bringen würde, kämen wir ja wieder in etwa auf den Höchstbetrag nach § 94 SGB XII. Wenn in deinem Fall nicht die 100.000 € Regelung greift und gar nichts zu zahlen ist. Aber, solange der Titel in der Welt ist .....


    Ich vermute mal, dass das JC sich die Titel angeschaut hat, den Bedarf nach sozialrechtlichen Regelungen errechnet hat, dem die Einnahmen gegenüber gestellt hat, und das wars. Ist solange okay, wie der Titel da ist. Das JC würde mehr zahlen, wenn eben die vorrangige Unterstützung des Sohnes durch dich wegfallen würde oder reduziert würde. Damit ist eigentlich klar, wie weiter vorgegangen werden muss.


    So, nachher geht es weiter.


    TK

  • Vermutlich handelt es sich um zwei sehr alte Titel, ggf. in dynamischer Regelbetragshöhe. Bei derartigen Titeln müsste man zunächst mal einen Profi fragen, wie hoch diese jetzt eigentlich sind. Denn Regelbetragstitel werden in den Mindestunterhalt umgerechnet und noch unterschieden in Ost/West. Der Kindergeldabzug (halb oder voll) ergäbe sich zunächst aus der konkreten Formulierung im Titel. Hat man das alles beisammen und kennt die titulierte Höhe, so weiß man, was jeden Monat fällig ist. Unterhaltstitel enthalten eine Vollstreckungsklausel. Jeder nicht gezahlte Betrag, der auch nicht verwirkt oder verjährt ist, ist damit sofort vollstreckbar, ggf. auch für mehrere Jahre in der Vergangenheit. Die Einstellung der Zahlung ist damit höchst risikobehaftet.


    Nach Schilderung befindet sich dein Sohn im Jobcenterleistungsbezug. Damit gehen nicht erfüllte Ansprüche auf Unterhalt auf das Jobcenter über. Dieses kann sich den (vermutlich auf das Kind ausgestellten) Titel umschreiben lassen und die Zwangsvollstreckung veranlassen. Völlig unabhängig vom materiell-rechtlichen Bestand einer Unterhaltsforderung.


    § 94 SGB XII spielt beim Jobcenter keine Rolle. Maßgebend ist § 33 SGB II.


    Was kann man tun?

    Man sollte sich zunächst mal selbst fragen und dazu entscheiden, ob der noch Sohn noch unterhaltsberechtigt ist oder nicht. Darüber kann man sich bei Menschen mit Behinderung streiten. Es gibt Menschen mit Behinderung, die trotzdem eine Ausbildung abschließen und sich verselbstständigen können. Es gib aber auch solche, die ggf. dauerhaft keine eigene Lebensstellung erreichen können und damit theoretisch auch dauerhaft Unterhalt verlangen dürften. Es gibt zu dieser Frage kaum Rechtsprechung.


    Hat man sich entschieden, den Sohn weiterhin zu unterstützen, sollte man Unterhalt mindestens in der titulierten Höhe zahlen. Glaubt man, dass kein Unterhaltsanspruch mehr besteht, muss man das Kind um Herausgabe des Titels oder eine Verzichtserklärung bitten. Wird das Kind nicht tätig, kann der Titel nur gerichtlich geändert werden.

  • Also Basis für die Unterstützung ist das Jobcenter. hier wird ein Regelbedarf festgelegt. Davon wird das zu berücksichtigende Einkommen, das anteilige Kindergeld (ca. 1/3 - 2/3 wird bei meiner Ex veranschlagt) und meine Unterhaltszahlungen gegengerechnet. Vom JC wird in diesem Falle nichts ausgezahlt, da hier keine Differenz zwischen Grundbedarf und Einnahmen besteht. (das ist m.E. sehr fragwürdig, oder sehe ich das falsch?)


    Nun nochmal zum Titel. Ich habe ja nun keine Zahlungen mehr veranlasst. Ich habe nun Bedenken, dass mir das Thema kurzweilig um die Ohren fliegt, oder würde ich vor der Pfändung Benachrichtigungen / Zahlungserinnerungen o.ä. erhalten?

  • § 94 SGB XII spielt beim Jobcenter keine Rolle.

    Für den UHP aber schon.


    Ich würde in beiden Fällen versuchen, die Titel aus der Welt zu schaffen.

    Entweder durch Herausgabe, durch schriftliche Verzichtserklärung oder eben eine gerichtliche Entscheidung.


    Für die Tochter wird es vermutlich unproblematisch sein.

    Was das behinderte Kind angeht, da sehe ich sonst langfristige Probleme auf dich zukommen, wenn der Sohn sich nicht selber finanzieren kann.


    Genau für solche Fälle ist auch das AEG eingeführt worden.

    Wenn du also unter 100.000€ Jahresbrutto hast, dann solltest du aktiv werden.


    Die bloße Einstellung der Zahlung ist wie ein Bummerang.


    Gruß


    frase

  • § 94 SGB XII (und das Angehörigenentlastungsgesetz) spielt nur dann eine Rolle, wenn auch Leistungen nach SGB XII ausgezahlt werden. Das ist hier laut Schilderung aber gar nicht der Fall. Das Jobcenter zahlt keine SGB XII Leistungen aus, sondern SGB II Leistungen.


    Diese SGB II Leistungen wurden zuletzt scheinbar auch nicht gezahlt, weil die Gesamteinnahmen des Kindes samt Kindergeld und Unterhalt zu hoch waren. Woher der Fragesteller das so genau weiß, ist offen. Genauso wie sämtliche Details zum Titel.


    Ob man eine Zahlungserinnerung vor einer Pfändung erhält, hängt von der Nettigkeit des Gläubigers ab. Vorgeschrieben ist diese jedenfalls nicht. Da du mit der gesamten Materie offensichtlich stark überfordert bist, solltest du dich für ein gefahrloses weiteres Vorgehen an einen Rechtsanwalt wenden.

  • Der Fragestelle schreibt aber auch von Eingliederungshilfe, das wäre dann SGB IX.

    Es scheinen also verschieden Töpfe zu sein, der Rat zum Profi ist angebracht.


    Gruß


    frase

  • Hi, ich versuche ja seit gestern herauszufinden, auf welcher Basis welche Leistungen erbracht werden. Und habe mal einen gedanklichen Ansatzpunkt geliefert.


    Nein, es war keine gute Idee, einfach die Zahlungen einzustellen. Da kann jederzeit aus dem Titel vollstreckt werden. TR hat insoweit für den Augenblick recht mit dem Hinweis auf § 33 SGB II. Nur, wenn Leistungen erfolgen, die eben im § 94 SGB XII genannt sind, dann kann man sich mit Erfolg um eine Abänderung des Titels bemühen; dann ist der materiell-rechtliche Anspruch des Sohnes nämlich ein anderer, sofern er überhaupt noch besteht.


    TK

  • Erst einmal vielen Dank an Euch alle. Ich werde mich nun erst einmal das Wochenende hinsetzen müssen und recherchieren. Ich schätze mal dann ist der Weg zum Profi unabdingbar. Ich halte Euch auf dem Laufenden.