Unterhaltsvorschuss und erhöhte Erwerbspflicht

  • Hallo Zusammen!


    habe folgenden Fall: geschieden, zwei Kinder, 13F und 9F. Bis vor kurzem waren beide Kinder bei der Mutter, 13F hat sich entschieden zu mir zu ziehen, Ummeldung ist passiert.


    Wir haben miteinander ausgemacht, dass ich Unterhaltsvorschuss beantrage, was ich auch getan habe. Kind wohnt bei mir seit dem 01.10., sprich ich muss mir keine Sorgen machen wegen Rückwirkende Zahlungen. Mindestunterhalt zahle ich für 9F weiter, habe keine Rückstände.


    Ich weiß, in der Theorie werden Eltern gezwungen bis zu 48 Stunden die Woche zu arbeiten bzw. wird das fiktiv angerechnet. Die Kindesmutter arbeitet 19,5 Stunden die Woche bei der Post und behauptet sie wäre einen Mangelfall. Sie sagt, aufgrund dass sie 9F betreuen muss und die Post ungünstige Zeiten bei Vollzeit hat (z.B., sie müsste um 06:30 anfangen zu arbeiten, kann keine Betreuung gewährleisten) wird sie nicht mehr arbeiten müssen. Studiert hat sie und danach eine Ausbildung gemacht. Sie hat sich selbständig gemacht und das lief nicht gut, weswegen sie gerade bei der Post arbeitet. Gesundheitlich gibt's auch keine Probleme. 9F geht zu eine Ganztagsschule ca. 28 Stunden die Woche und ist in der 4. Klasse. Kindesmutter arbeitet Montags nicht, dafür Samstags. Aktueller Umgang mit 9F ist jedes 2. Wochenende Freitag auf Sonntag und jeden Freitag Mittag auf Samstag Nachmittag.


    Der Antrag ist sehr frisch und ich warte logischerweise auf Rückmeldung des Amtes.


    Hat jemand evtl. praktische Erfahrungen dazu? Wird eure Meinung nach im obigen Fall die Kindesmutter verpflichtet, mehr zu arbeiten? Oder meint ihr Aufgrund der Betreuung von 9F bleiben wir bei Unterhaltsvorschuss?

  • Was erwartest du dazu für eine Rückmeldung von der Unterhaltsvorschusskasse? Unterhaltsansprüche sind zivilrechtliche Ansprüche. Diese muss man entweder selbst durchsetzen oder sich vom Jugendamt (aber nicht von der Unterhaltsvorschusskasse) oder einem Rechtsanwalt unterstützen oder vertreten lassen.


    Die Vorschusskasse zahlt einfach nur ihre Beträge aus und fordert diese anschließend bei der Mutter zurück. In welcher Höhe und in welcher Form, davon wirst du niemals etwas erfahren, wenn die Mutter nichts davon erzählt.


    Darüber hinausgehende Ansprüche musst du dir überlegen, ob du sie einforderst oder nicht.


    Zwangsarbeit gibt es in Deutschland nicht. Noch nie und nirgends wurde ein unterhaltspflichtiger Elternteil zur Arbeit verpflichtet. Was stattdessen diskutiert wird, ist die theoretische Möglichkeit einer solchen Arbeit und das daraus erzielbare theoretische Einkommen. Man kann also jemanden so behandeln als würde er/sie Vollzeit arbeiten und ihm ein fiktives Einkommen unterstellen. Das Problem dabei: Eine Unterhaltsforderung auf der Basis von fiktivem Einkommen besteht auf dem Papier; bringt aber kein Geld. Trotzdem kann man es machen und der andere Elternteil sammelt dann eben Schulden an.

  • Es gibt aus meiner Sicht grundsätzlich zwei Aussagen, die passieren könnten. Entweder sagt die Unterhaltsvorschusskasse die Mutter ist Leistungsfähig und müsste mehr arbeiten, um auf den Mindestunterhalt zu kommen. Die andere Variante ist, dadurch dass sie 9F betreut, muss ich mich zuerst damit abfinden, Unterhaltsvorschuss zu erhalten. Ich höre unterschiedliche Aussagen zu dem Thema, weswegen ich mich erkündigen wollte. Aussage meine Anwältin: Mindestunterhalt ist auf jeden Fall zu leisten und die Mutter muss dafür aufkommen, da ein weiteres Kind darunter leiden wird.


    Bezüglich meine vorherige Aussage wegen der Arbeit hast du Recht. Ich habe es in meinem Kopf richtig verstanden, mich im Post aber sehr falsch ausgedruckt, danke für die Korrektur. Ich habe noch eine Frage dazu: wird das fiktive Einkommen von der Vorschusskasse berechnet oder/auch im Streitfall vom Gericht? Ich habe Urteile gesehen, wo eine KM kein Unterhalt zahlen wollte, weil sie nich ein 14-jähriges Kind betreut (auch Geschwistertrennung) und teilzeit arbeitete. Das Gericht hat entschieden, sie muss dafür aufkommen. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen ein 9- und 14-jähriges Kind. Mit 14 ist man eigenständiger als mit 9.


    Aktuell ist es so, ich habe eine schriftliche Forderung ende September gegenüber der Kindesmutter gestellt, für Oktober (Mindestunterhalt). Unterhaltsvorschuss habe ich jetzt beantragt, da ich kein Unterhalt von der KM bekomme. Meine Anwältin hat die KM zum 31.10. gefordert, den Mindestunterhalt für 13F titulieren zu lassen. Die KM tut sich gerade schwer damit, da sie behauptet, sie wäre einen Mangelfall. Sie behauptet die Ämter "tun sich damit schwer eine Mutter ausbluten zu lassen und verlangen kein Titel". Konkret weiß ich nicht, ob man jemand zu einem Titel zwingen kann. Damals habe ich die Titel freiwillig unterschrieben.

  • Deine zwei genannten Wege passieren so nicht. Ich versuche es nochmal klarzustellen.


    Unterhalt = Zivilrecht. Die Unterhaltsvorschusskasse oder eine Behörde haben damit dem Grunde nach erst mal nichts zu tun. Du hast 100% des Mindestunterhaltes über eine Rechtsanwältin bei der Mutter eingefordert. Die Mutter muss auf diese Forderung reagieren. Sie kann sie entweder zahlen und/oder urkundlich anerkennen und/oder ignorieren und/oder über die Höhe verhandeln. Und zwar gegenüber dir bzw. der Rechtsanwältin und nicht gegenüber der Vorschusskasse. Je nach Art der Reaktion kann man dann über mögliche weitere Schritte nachdenken, z.B. das vereinfachte Gerichtsverfahren.


    Unterhaltsvorschuss = Sozial-/Verwaltungsrecht. Die Unterhaltsvorschusskasse zahlt auf Antrag einen nach oben gedeckelten Betrag aus, wenn man keinen oder nur teilweise Unterhalt vom anderen Elternteil erhält. In der ausgezahlten Höhe geht der Unterhaltsanspruch auf die Vorschusskasse über (sogenannte Rechtsnachfolge) und diese macht ihre Forderungen im eigenen Namen geltend. In dieser Höhe darf die Forderung von dir bzw. deiner Anwältin dann später nicht mehr geltend gemacht werden, sondern nur die Differenz zu deiner Forderung.


    Niemals wird die Unterhaltsvorschusskasse den Mindestunterhalt abzgl. halbes Kindergeld fordern, denn so viel zahlen sie gar nicht aus. Der Höchstbetrag der Vorschusskasse ist der Mindestunterhalt minus volles Kindergeld. Es bleibt also in diesem Fall eine Unterhaltsforderung in Höhe des halben Kindergeldes bei dir, wenn die Mutter gar nichts zahlt. Und es gibt damit zwei Gläubiger, mit denen sich die Mutter unabhängig voneinander in Verbindung setzen muss.


    Dass sich ein unterhaltspflichtiger Elternteil auf die Betreuung eines 9jährigen Kindes berufen und damit eine Unterhaltsforderung abwenden kann, ist sehr unwahrscheinlich.


    Wenn die Mutter die Forderung nicht anerkennt, muss man sie gerichtlich einfordern.

  • Wenn zwei Kinder "aufgeteilt" bei jeweils einem Elternteil leben, kann sich unter Umständen kein Leistungsanspruch nach dem UhVorschG ergeben. Auch wenn die jeweilige Altersstufe nicht deckungsgleich ist.


    Grundsätzlich trifft die Unterhaltsschuldnerin eine gesteigerte Unterhaltspflicht. Wenn sie sich auf Teilzeit beruft, muss sie dies auch substanziiert vortragen. Z.B. durch Vorlage des Arbeitsgebers, keine Stundenerhöhung oder andere Beschäftigung im Betrieb zu erhalten; durch erfolglose Bewerbungen in anderen Bereichen, ggf. auch durch Umzüge; durch Nachweise über eine fehlende Ganztagsbetreuung der Schule.


    Zu behaupten, die Kindesmutter könne sich Unterhaltszahlungen entziehen, ist zu kurz gegriffen. Zu behaupten, die Unterhaltsvorschussstelle zahle "einfach nur Geld aus" aber auch. Wir sind hinsichtlich des Rückgriffs in allen Belangen privatrechtlich unterwegs.

  • .. zztl. natürlich die Bestimmungen im UhVorschG selbst, z.B. hinsichtlich der Auskunftspflichten, die die Anforderungen im BGB übersteigen (das insoweit öffentlich-rechtlich ist).