Anforderungen an den Gehaltsnachweis

  • Servus,


    Ich benötige mal Eure Einschätzung, ob das was ich tue in Euren Augen Sinnvoll oder völliger Blödsinn ist. Gerne auch dazwischen einsortieren. Hintergrund, Streit mit dem Jobcenter welches meiner bescheidener Meinung nach falsch berechnet und unangemessene Auflagen erteilt. Mal in Stichworten aufgelistet:


    - aus 2012 besteht ein Titel in Höhe von 70 Euro.

    - ich erhalte Netto 1890 Euro im Monat

    - Kindsmutter bezieht Bürgergeld

    - berechtigte Abzüge vom Netto aus meiner Sicht:

    --- Miete übersteigt den Betrag der in den Anmerkungen der Dssd-Tabelle genannt ist um ca 60 Euro. Ich wohne seit 12 Jahren hier

    --- Schulden beim Jobcenter tilgen 15 Euro.

    --- Beiträge zur Verdi Gewerkschaft 20 Euro

    --- Fahrkosten, ich fahre an 140 Tagen hin und zurück 80 Km. Für diese Strecke benötige ich mit der Bahn rund 2,5 - 3 Stunden (ohne Verspätung) daher mMn etwa 370 Euro im Monat abzugsfähig.


    Die Fahrtkosten zur Arbeit habe ich begründet mit 2 Urteilen aus den Jahren 1998 + 2008 OLG Brandenburg, hier wurde für Recht erkannt, dass Pendelfahrten mit der ÖPNV die am Tag insgesamt 150 Minuten überschreite als unangemessen anzusehen sind. (10 WF 58/98 + X UF 194/08)


    Aktuell Zahle ich 465 Euro Unterhalt an die Kindsmutter, das Jobcenter verlangt 520 Euro. Ich habe mit neuen Nachweisen das Jobcenter, unter dem Hinweis auf den Titel aus 2012 nur noch 70 Euro zu zahlen, zu einer Neuberechnung aufgefordert. Beigelegt die erste Seite meiner letzten 12 Gehaltsabrechnungen. Da diese schon mal 10 Seiten lang sein kann, habe ich mir das erspart. Auf der ersten Seite steht das Bruttogehalt, das Nettogehalt und was auf meine Bank überwiesen wurde. Auf den Folgeseiten stehen nur Daten die mMn unter dem Schutz des §5 DSGVO stehen und für die Berechnung irrelevant sind. Prinzip der Datensparsamkeit, need to know und nicht nice to have... oder so


    Das Jobcenter fordert aber nun genau diese nach. Auch fordert es meine Steuererklärung. Diese mache ich nicht mehr, da die erlöse durch das Jobcenter gepfändet sind. Zur Abgabe der Steuererklärung bin ich nicht verpflichtet.


    Frage:

    - muss ich alle Seiten des Gehaltsnachweises an das Jobcenter senden?

    - kann das Jobcenter verlangen, dass ich eine Steuererklärung abgeben?

    - hat jemand Erfahrung mit der Durchsetzung vom Abzug hoher aber berechtigter Fahrkosten?


    Ein langer Text. Danke fürs lesen und danke für jeden Hinweis.


    Der Rentner :)

  • - Fahrtkosten sind zumindest in der Höhe streitbar, da sie objektiv unangemessen sind. Wer 20% seines Nettogehaltes dafür aufwendet, um zur Arbeitsstelle zu gelangen, der muss sich schon auch selbst mal fragen, ob das Sinn ergibt. Würde ich als Gläubiger nur anerkennen, wenn gleiche Verdienstmöglichkeiten in Wohnortnähe nicht bestehen, z.B. bei sehr spezifischen Berufen.

    - Im Gegenzug ist natürlich zwingend eine Steuererklärung zu machen, wenn man solche exorbitanten Fahrtkosten angerechnet haben will. Anderenfalls würde ich als Gläubiger eine fiktive Steuererstattung berechnen oder die Fahrtkosten ersatzweise gar nicht anerkennen. Auch die Eintragung eines Steuerfreibetrages wäre eine Option, wenn eine Pfändung die Erklärung der Nichtabgabe ist.

    - Der Hinweis auf die Pfändung ist schon grundsätzlich irreführend, ist die Steuererklärung doch dann quasi eine kostenlose Möglichkeit Schulden zu tilgen. Warum sollte man das nicht nutzen, wenn es eh schon knapp ist?

    - Auch die Mietkosten wären streitbar, wenn du doch stundenlang woanders hinfährst, um dort dein Einkommen zu erzielen. Du wärst hier in der Beweispflicht dafür, dass es keine andere Wohnung gibt und erst kürzlich ist mit dieser Sache sogar vor dem OLG München - bekanntermaßen eine der teuersten Mietregionen Deutschlands - ein unterhaltspflichtiger Elternteil gescheitert.

    - Was sollen das für Lohnscheine sein, die 10 Seiten lang sind und was steht auf den hinteren 9 Seiten? Üblicherweise stehen auf einem Lohnschein keine Daten, die aufgrund Datenschutz nicht mitgeteilt werden könnten. Art. 5 DSGVO wäre auch vermutlich keine Grundlage für die Zurückbehaltung.


    Summa summarum ist bei dir nach deiner Schilderung relativ klar, dass der Mindestunterhalt von 520 Euro nicht gefordert werden kann, völlig egal wie man die vorgenannten Punkte nun im Detail betrachtet. Eventuell wären sogar die 465 Euro zu hoch. Das wird auch das Jobcenter als Gläubiger einsehen müssen. Dennoch könnten sie den gerichtlichen Weg einschlagen und du müsstest dich mit anwaltlicher Vertretung dagegen wehren. Die 465 Euro könntest du titulieren, um den Streitwert zu reduzieren.

  • Hi,


    noch in Ergänzung zu TR: man hat entweder eine Teilzeit-Stelle oder arbeitet nicht täglich an seinem Arbeitsort (Home Office?). Da müsste schon sehr genau dargelegt werden, wieso bei so wenig Präsenz im Monat am Arbeitsplatz gleichwohl dieser Betrag zustande kommt. Und bei teilzeitiger Beschäftigung, wieso man nicht ganztags arbeitet.


    Abgesehen davon: zu teure Wohnung, zu teure Entfernung vom Arbeitsplatz, wieso soll das Kind für dieses Missmanagement aufkommen oder auch für die Schuldenregulierung? Es ist nach meiner groben Einschätzung möglich, dass weniger zu zahlen ist als jetzt geltend gemacht wird, mit Sicherheit aber deutlich mehr, als 70 €, die man ja wohl anpeilt.


    TK

  • Servus


    vielen dank euch beiden für die Antworten.


    Ich muss zugeben, dass ich den ein oder anderen Punkt der ggf. wichtig sein könnte, gestern Abend nicht mehr auf dem Schirm hatte.


    Ich arbeite bei einem ehemaligen Staatsunternehmen und in den vergangenen Jahren wurde immer wieder ein Standort verlagert oder geschlossen. So kommt es das der ursprüngliche Arbeitsweg von 20 Minuten Fahrrad (8Km) nun seit 06/2023 bei 40 Km liegt.

    Will sagen: Die enormen Fahrtkosten gibt es erst seit letzten Sommer und sind nicht eigenverschuldet.


    Wir arbeiten in einem Mobile Working System in dem ich zwar überwiegend im Office bin, aber eben nicht jeden Tag. Mit Urlaub im Abzug kam ich in 2023 auf etwa 140 Tage die ich fahren musste.


    EDV Systeme werden immer weiterentwickelt, so kommt es das auf der Abrechnung auch mal Berichtigungen vorheriger Monate stehen. Das ist leider regelmäßig bei uns und führt oft zu mehrseitigen Abrechnungen, die wir übrigens digital und nicht per Post bekommen


    Ich bezahle warm 580 Euro Miete. Ende 2022 ist diese von 460 Euro gestiegen, davon 60 Euro Miete und 60 Euro gestiegene Nebenkosten, die nicht aus Verbrauch resultieren, sondern Versicherungen Steuern oder Dienstleister rund um das Haus. Die Miete ist in meiner Gegend eher als sehr günstig anzusehen. An meinem Arbeitsort sind die Mieten bis zu 80% höher, Großstadt eben, da gibt es für 1000 Euro nichts. Außerdem wäre ich dann noch weiter von meinen Kindern weg, was die Sache auch nicht besser macht.


    Steuererklärung. In den vergangenen Jahren habe ich die nicht gemacht, da ich immer draufzahlen musste, siehe Gehaltsabrechnung, das passte irgendwie nie. Ich hab also Geld für die Erklärung in die Hand genommen und musst zur Belohnung noch mal Geld zum Fiskus schleppen.

    In 2021 habe ich dann mal ein Paket Taxman geschenkt bekommen, für 2017, 18 + 19, die Erklärung gemacht und eingereicht. Für die 3 Jahre kamen keine 200 Euro zusammen, da bin ich die lange Strecke ja noch nicht gefahren. Ich werde natürlich mal grob überschlagen was mit der Fahrerei rumkommt, Die Schulden am Jobcenter belaufen sich auch nur auf etwa 1000 Euro also keine Unsummen. Dazu kommt noch, dass ich ab Sommer 2022 in Altersteilzeit arbeite, da steht lt einigen Kollegen wohl auch noch mal eine Steuernachzahlung an. Solange das FA mir nicht auf die Füße springt wollte ich eben diese Stillhalten. Von Kollegen in gleicher Entgeltgruppe habe ich eine Summe genannt bekommen, die ich laufend als Rücklage bilde, sofern der Fiskus doch mal an der Tür kratzt.


    So schon wieder ein sehr langer Text.


    Abschließend vielleicht noch der Hinweis, bis auf wenige Jahre am Anfang der Trennung habe ich immer das gezahlt, was das Jobcenter verlangt hat. Nach den extremen Preissteigerungen ab 2022 wird es aber nun auch bei mir eng und ich habe angefangen, die Berechnung zu hinterfragen. Trotzig wie ich bin, sah ich nicht ein, dass das JC mir ein Gehalt unterstellte, welches nachweislich über 200 Euro höher war, als das was auf meiner Gehaltsabrechnung stand.


    In diesem Sinne, Servus, der Rentner :)