Verständnisproblem beim Psychologischen Gutachten

  • Hallo zusammen,


    ich befinde mich aktuell in einem Verfahren wegen des Aufenthaltsbestimmungsrechts für eine meiner Töchter. Im Oktober ist die große Schwester zu mir gezogen. Jetzt geht es um die Kleine. Die Kindesmutter ist vom ursprünglichen Wohnort umgezogen.


    Es wurde ein psychologisches Gutachten durchgeführt. Eines meiner Probleme ist die mangelnde Bindungstoleranz der Mutter. In der Vergangenheit gab es viele Fälle, in denen die Kindesmutter den Kontakt zu den Kindern untersagt hat. Teilweise hat sie die Kinder sogar mit der Polizei bedroht und ihnen gesagt, sie sollen nicht mit mir reden, etc.


    Im Gutachten steht nun, dass beide Elternteile bindungstolerant seien. Ich weiß, dass das Kind uns beide liebt und nichts Schlechtes über uns sagen wird. Trotzdem gibt es objektive Beweise für die Bindungsintoleranz der Mutter. Meine Beschwerden waren unmisverständlich.


    Wie kann es sein, dass so etwas festgestellt wird? Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, wie das so betrachtet wird.

    Ich weiß, dass ich mich darüber beschweren kann. Trotzdem ist es für mich nicht nachvollziehbar, wie das so bewertet wurde. Hat jemand Erfahrungen damit?

  • Hi,


    Gutachter sind unabhängig. Sie sind nur dem Gericht verpflichtet und sonst niemandem. Gutachten haben die Eigenschaft, dass 50% der Betroffenen sie für falsch halten. Ein Gutachten muss nicht unbedingt die Basis der Entscheidung des Gerichts sein, es besteht immer die Option, den Gutachter zum Gericht zu laden, ihn dann zu befragen. Außerdem kann man auch vorher Stellung nehmen, schriftlich. Dein Anwalt wird dich beraten.


    TK

  • Ja, ich verstehe schon deine Punkte und wird um Stellungnahme bitten.


    Mein Punkt ist der, ich verstehe wirklich nicht, wie die Kindesmutter als Bindungstolerant bezeichnet werden kann. Sie hat häufig und teils nachweislich bei den Kindern schlecht behandelt und damit meine ich das Kind um es sich im Verfahren handelt. Beispiele sind:


    Bedrohungen mit Polizei

    Ihr dürft mit dem Papa nicht reden

    Papa hat euch nicht lieb

    Papa will euch nicht

    Papa will uns vor Gericht ziehen, ich will das nicht


    Ob das jetzt was am Ergebnis ändert spielt für mich keine Rolle. Ich kann nur nicht verstehen, wie dieses Verhalten als Bindungstolerant bezeichnet wird.


    Meine Vermütung ist die Sicht, dass Bindungstoleranz im Auge des Gerichts "nur" mit Umgangsverweigerung zu tun hat und nicht mehr. Ein Kind sitzt bereits in der Psychatrie wegen der Kindesmutter und ich verstehe, dass die Kinder getrennt betrachtet werden. Schließlich hat das zweite Kind aktuell kein Schaden.

  • Hi,


    es geht nicht darum, was du im Augenblick verstehst und was nicht. Die Gutachterin hat ihre Einschätzung für die Zukunft abgegeben. Wie sie dazu kommt, dass kann man im Termin erfragen, dafür sind die Termine da.


    Noch ein Hinweis: Kinder wollen artig sein. Sie wollen von beiden Elternteilen geliebt werden. Und sie sagen häufig bei beiden Elternteilen das, was diese erwarten. Denn die Erwartungshaltung, die wird einfach gespürt. Für mich ist das keine Bösartigkeit der Kinder, wirklich nicht. Es ist ein Indiz dafür, dass die Kinder unter einem enormen Druck stehen.


    Also, die mündliche Verhandlung gut vorbereiten und dann sieht man weiter.


    TK

  • Hi DSX


    Ein Gutachter hat auf wissenschaftliche Weise, d. h. mit wissenschaftlichen Methoden seiner Disziplin eine Beweisfrage zu beantworten.

    Der Beweisfrage hat eine Anknüpfungstatsache zu Grunde zu liegen. Keine Vermutung oder Behauptung.


    Eine wissenschaftliche Methode basiert auf anerkannten Grundsätzen (Tatsache). Die verarbeiteten Daten müssen die Sache betreffend nachweisbar richtig sein.

    Ein Test muss anerkannt valide, reliabel, objektiv und für ein Gerichtsverfahren auch transparent sein. Der Test muss geeignet sein, die Beweisfrage zu beantworten. Metrische Testverfahren sind wegen der Objektivität zu bevorzugen.


    Für die "Bindungstoleranz" gibt es kein Testverfahren.

    Bindungstoleranz lässt sich mit Psychologie weder nachweisen noch ausschließen.


    Bindungstoleranz wird mehr oder weniger logisch aus dem gewünschten, dem vereinbarten und dem realisierten Umgang festgestellt. Dabei wird berücksichtigt, mit welcher Begründung der Umgang vereitelt wird. Welcher Tatsachen kann der Verweigerer für die Begründungen vorweisen.

    Dies ist aber nicht Arbeit eines Gutachters. Oft reicht Mathematik.


    Also wie ein Gutachter nun darauf kommt, dass einer oder beide bindungstolerant sind, kann wohl hier keiner beantworten. Der Gutachter ist vom Gericht ausgewählt und beauftragt worden, das Gericht wird ihn bezahlen. Und wie timekeeper schon schrieb, er ist nur dem Gericht verpflichtet.


    IN