Anwalt, was kostet er? Teil 1

  • Hi,


    ich schreibe hier ja in lockerer Folge über das Verhältnis Anwalt/Mandanten, einfach, damit diese im Familienrecht so wichtige Beziehung funktioniert. In einem Scheidungsverfahren besteht für den Antragsteller Anwaltszwang; in anderen Familienrechtssachen vor Gericht teilweise, wenn jedoch die Gegenseite einen Anwalt hat ist es schon unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit häufig sinnvoll, einen zu mandatieren. Nur, wer zahlt ihn?


    Wie in allen Gerichtsverfahren, aber auch in außergerichtlichen Verfahren gibt es das Prinzip der Verfahrungskostenhilfe (VKH), d.h., im Fall der Bedürftigkeit kann der Betroffene erwarten, dass nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die eigenen Anwaltskosten zumindest als Darlehen übernommen werden. Im Gerichtsverfahren regelt das in der Regel der Anwalt mit, wenn es um rein außergerichtliche Tätigkeit geht, dann kann das Amtsgericht auf Antrag auch die Erstattung von Beratungskosten und außergerichtliche Korrespondenz erstatten. Also: arm = schutzlos, das gibt es in Deutschland nicht. Wenn die Beratung bzw. das Gerichtsverfahren Aussicht auf Erfolg haben, dann geht der Staat zumindest in Vorlage.


    Ob die verauslagten Kosten zurück zu zahlen sind, ist eine Einzelfallentscheidung, und greift in Gerichtsverfahren. Entweder, man bekommt bedingungslose VKH bewilligt, dann muss man sich zunächst einmal um gar nichts kümmern. Allerdings, das Gericht wird binnen der ersten 4 Jahre überprüfen, ob sich an der Bedürftigkeit etwas geändert hat, dann bekommt man die Auflage, den verauslagten Betrag entweder durch einmalige Zahlung oder aber in Raten zu begleichen. Oder aber man muss von vornherein Raten zahlen.

    Beratungshilfe- und VKH-Honorare sind geringer als die Regelhonorare von Anwälten. Abweichungen nach oben sind zwar möglich, aber im Familienrecht ist mir insoweit noch kein Fall untergekommen. Auch das muss man wissen, wobei die Differenz zu Lasten des Anwalts außergerichtlich besonders hoch ist. Deshalb sollte man vor Mandatierung auch dieses Problem ansprechen.


    So, das war der Einstieg, später geht es weiter.


    TK

  • So, weiter geht es. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, in der es im Prinzip ganz feste Regeln gab, nach denen ein Anwalt abrechnen durfte; die waren in der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) niedergelegt. Das System wurde dann vor einiger Zeit geändert, jetzt haben wir das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, welches etwas flexibler ist; es ist grundsätzlich möglich, vom RVG abweichende Regelungen zu treffen. Es gehen Festpreise oder aber auch Stundenvergütungen; die Grenzen sind da, wo mit sittenwidrigen Preisen gearbeitet wird; sei es nach oben oder nach unten. Wenn aber nichts vereinbart ist, dann gilt das RVG.


    Wir haben zwei wesentliche Hauptelemente, die für die Höhe der Gebühren entscheidend sind. Einmal ist es Gegenstandswert, und dann auch, in welcher Form ein Verfahren durchgeführt wird: außergerichtlich, oder gerichtlich: wenn gerichtlich, wird es mit Beweisaufnahme oder ohne durchgeführt; kommt ein Vergleich zustande, kommt es zum Urteil; wird das Verfahren streitig verhandelt oder aber vorab wie auch immer erledigt.


    Zum Gegenstandswert: wenn A von B 100 € Zahlung begehrt, dann ist klar, der Gegenstandswert beträgt 100 €. Wie ist der Gegenstandswert aber bei nicht finanziell ausgerichteten Anträgen, etwa einem familienrechtlichen Umgangsrecht zu bewerten? Nun, da gibt es Regelstreitwerte, die die Gerichte zugrunde legen; sie liegen normalerweise bei 3000-5000 €; das ist letztlich eine Einzelfallentscheidung. Bei Scheidungsverfahren kommt es auf den Verdienst der Ehepartner an; der 3-fache ist da wohl bundesweit die Regel. Dazu kommen dann noch die Gegenstandswerte der weiteren Anträge bzw. des Bereichs, den das Gericht unabhängig von den Anträgen zu entscheiden hat, den Versorgungsausgleich.


    Ihr seht, je mehr man über Anwalt oder Gerichte entscheiden lässt, desto teurer wird es. Da kann man keine abschließende Empfehlung geben. Einerseits sind die Kosten natürlich geringer, wenn man etwa die Hausratsaufteilung privat regelt; andererseits kann es auch wesentlich sinnvoller sein, mit der Scheidung alles abschließend und mit fachlicher Beratung zu beenden. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.


    Zur Höhe der Anwaltsgebühren: wie schon ausgeführt ist die Anwaltsgebühr einmal von den Gegenstandswerten abhängig, und auch von der Anzahl der Verfahrensabschnitte, in welchen der Anwalt benötigt wird. So, und dann kann zur Regelgebühr noch etwas dazu kommen, wenn wir einen außerordentlichen Arbeitsaufwand haben oder aber ein Fall mit erheblichem Schwierigkeitsgrad vorliegt.


    Dazu kommen dann noch Entschädigungen für Nebenkosten; also Büro, evtl. bei auswärtigen Terminen auch noch Fahrtkosten, Abwesenheitskosten.


    Aber bei doch recht vielen Unwägbarkeiten kann der erfahrene Anwalt in etwa einschätzen, was das ganze in etwa kosten kann. Ich rate immer, wirklich immer, die Gebührenfrage von vornherein anzusprechen, und zwar ehe man das Mandat erteilt; die Zahlungsmodalitäten festzulegen. Und sich überlegen, ob man sich wirklich um jedes Häkeldeckchen streiten muss.


    Es mag vielen so vorkommen, als würden Anwälte wahnsinnig viel verdienen; man muss allerdings wissen, dass es ja in der Regel keine Stundenvereinbarung trifft; der Anwalt also von der Mischkalkulation lebt; bei einfachen wenig arbeitsintensiven Fällen mit hohem Gegenstandswert bleibt viel übrig; es gibt aber auch jene Fälle, gerade im Familienrecht, in welchen sehr intensiv gearbeitet werden muss, da steht das Honorar in keinem Verhältnis zum Arbeitsaufwand.


    Und ganz zum Schluss: ich habe vor einigen Jahren mal eine EU-Studie hinsichtlich der Anwaltsgebühren gelesen. Auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Kaufkraft in den Ländern war Deutschland da doch sehr preiswert. Als sehr teuer wurden Rumänien und Italien eingestuft.


    So, jetzt wünsche ich euch von ganzem Herzen, dass ihr für euer familienrechtliches Problem den richtigen Anwalt findet.


    TK

    (die keine Anwältin ist)