Anzeige wegen ausbleibenden Unterhalt erstatten?

  • Hallo zusammen,


    da sich der Kindsvater auf Biegen und Brechen vor dem Unterhalt drückt, habe ich vor einingen Jahren schon beim Jugendamt eine Beistandschaft eingerichtet.

    Das ist zwar eine große Unterstützung, leider arbeitet die Sachbearbeiterin aber extrem träge und sie kommt mit den ständig wechselnden Umständen des Kindsvaters nicht hinterher. So hat es erstmal fast ein Jahr gedauert, bis sein Lohn gerichtlich gepfändet wurde. Zwischenzeitlich war er Arbeitslos. Erst nach 6 Monanten wurde das Arbeitslosengeld gepfändet. Dann hat er wieder eine Arbeit begonnen, dann wieder hingeschmissen. Seit nun wieder fast 9 Monaten kommt kein Unterhalt (außer der Vorschuss) rein. Wir sind leider stark auf den Unterhalt angewiesen. Die Sachbearbeiterin beantwortet Fragen dahingehend immer nur, "dass sie dran sei" .....

    Nun überlege ich, die Beistandsschaft zu kündigen und die Sache selbst zur Hand zu nehmen, um es zu beschleunigen. Er fährt ein teures Auto und auch sonst scheint es ihm finanziell gut zu gehen, wenn man sieht wohin er im Urlaub fliegt.


    Unabhängig davon ob ich die Beistandschaft kündige (ich muss mir einen Anwalt auch leisten können), macht es Sinn parallel ihn wegen ausbleibenden Unterhalt bei der Polizei anzuzeigen?

    Ich habe davon gehört und es ist ja bekannterweise eine Straftat wissentlich Unterhaltszahlungen zu verschleppen. Macht das Sinn, setzt ihn das unter Druck?


    Hat da jemand Erfahrungen?


    Dankeschön und liebe Grüße,

    Biene

  • Hi,


    erst einmal herzlich willkommen im Forum.


    Ja, ich z.B. habe Erfahrungen. Im Augenblick sehe ich mit einer Strafanzeige wenig Aussicht auf Veränderung der Situation. Einmal ist Strafrecht primär dazu da, den Strafanspruch des Staates zu befriedigen. Nicht dazu, die zivilrechtlichen Unterhaltsansprüche des Kindes zu realisieren. Etwas anderes würde ich schreiben, wenn sich der Vater z.B. abgesetzt hätte, wohin auch immer - keiner Erwerbstätigkeit nachgehen würde. Also, es müssten noch ein paar Umstände dazu kommen; ehe eine Strafanzeige Erfolg hat. Und für so Typen ist das dann häufig ein Freibrief, es doch weiter drauf ankommen zu lassen.


    Die Sachbearbeiterin scheint hoffnungslos überlastet zu sein. Dann macht es durchaus Sinn, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, also die Beistandschaft zu kündigen. Wie nun weiter vorgehen? Du hast gegen das JA bzw. Frau JA einen Anspruch auf alle wesentlichen Unterlagen. Da hast du dann auch Vorstücke und weißt, wie du selbst eine Vollstreckung durchziehen musst. Du siehst dann auch, wie belastet die Vollstreckungsabteilung des Amtsgerichts ist, was also realistisch ist, auf der Zeitschiene. Und noch etwas: wenn Frau JA die Vollstreckung durchzieht, dann landen Zahlungen zwecks Überprüfung ja in der Regel erst einmal auf einem Konto des JA und werden dann weiter geleitet. Auch das kostet Zeit. Wir haben also eine Fülle von Verzögerungsfaktoren.


    Ein Anwalt einschalten kann bei der Beharrlichkeit, wie hier auf die Vollstreckung gewartet wird, auch sinnvoll sein. Die Anwaltskosten sind bei Vollstreckungsmaßnahmen sehr überschaubar und können zusätzlich bei der Gegenseite geltend gemacht werden. Und auch evtl. Zinsen, zumindest pauschaliert. Meist ist es in so Fällen schon sehr hilfreich, wenn der Druck so erhöht wird, dass es für den Schuldner teuer wird. Dieser Druck war ja bisher nicht da. Also, gehe es an!


    TK

  • Wie hoch waren die früheren Pfändungsbeträge aus Lohn und Arbeitslosengeld? Monatlich höher als der Vorschuss? Bei laufendem Vorschussbezug kann es unter Umständen völlig sinnlos sein, eine Pfändung einzuleiten, weil man im Ergebnis genauso viel Geld hat wie vorher, aber dafür jede Menge Aufwand. Denn jeder Zahlungseingang wird beim Vorschuss abgezogen. Werden Rückstände gepfändet, kann es damit sogar zu einer Doppeltilgung kommen. Es kann also sein, dass man Rückstände verliert, gleichzeitig aber auch laufenden Vorschuss zurückzahlen muss. Bevor man hier mit Kanonen auf Spatzen feuert, sollte man sich unbedingt beraten lassen. Der Beistand hat sein Handeln zu rechtfertigen und kann haftbar gemacht werden.

  • Hallo,


    vielen dank für die Antworten. Da bin ich wirklich interessiert die Sache selbst in die Hand zu nehmen.


    Ich denke dass ich zuvor trotzdem das mit der Straf-Anzeige in Erwägung ziehe. Die Sache kompromislos verfahren ist, also eine "friedliche" Lösung ist insgesamt mit ihm undenkbar. Eine Anzeige provoziert zwar, was ich grundsätzlich vermeiden möchte, trotzdem möchte ich auch Härte zeigen, dass ich das nicht mehr dulde bzw. mitmachen kann. Letztendlich geht es ja auch um seine Kinder.

    Unterhaltsvorschuss bekommen wir für 3 Kinder 860 Euro, zahlen müsste er um die 1200 Euro. Uns fehlen also circa 350 Euro im Monat, Geld was wir dringend gebrauchen können, zumal sich mittlerweile wieder einige Tausend Euro Rückstand angehäuft hat.
    Ich erhoffe mir mit der Anzeige dass ein Gericht ihn ein wenig "erdet" dass es letztendlich eine Straftat ist und sogar eine Freiheitsstrafe dahinter steht.

    Er könnte ja zahlen, wenn er mitarbeiten würde. So steckt er das Arbeitslosengeld und auch wieder ein Gehalt einfach ein und macht garnichts. Und dass sein Fahrzeug nicht gepfändet wurde verstehe ich auch nicht. Dieser liegt jedenfalls weit über dem was ich im Internet so lese.


    Meine Frage wäre eher, kann ich eine Anzeige unabhängig vom Beistand des Jugendamts in die Wege leiten? Ich würde die Jugendamt Sachbearbeiterin nur informieren, weil bis dato versanden meine Anfragen zum Arbeitsstand einfach. Ich bekomme auch telefonisch meist keine wirklich Auskunft. Es heißt immer nur "wir sind dran" ....

  • Hi,


    ich würde den Beistand des JA kündigen. Natürlich ist die Strafanzeige auch so möglich. Nur das Verfahren wird sehr wahrscheinlich eingestellt werden. Und das wird dann bei vielen Schuldnern als Freibrief gesehen, und diese Erkenntnis möchte ich dir ersparen. Und so schludrig, wie das Verfahren bisher von dem JA bearbitet wurde, da wird kein Staatsanwalt viel tun.


    Mein Renner an Fällen? Vater war Rechtsanwalt. Setzte sich ab, lebte mit neuer Kanzlei weit weg. Mutter findet ihn endlich nach 5 Jahren. Da hatte er dann keine Zulassung mehr, ging auch sonst keiner Tätigkeit nach. Führte seiner neuen Ehefrau den 2-Personanhaushalt, also keine Kinder da. Nee, Berufstätigkeit war nicht geplant. Es seien halt schwierige Umstände, so mit dem regelmäßigen arbeiten. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt, geringes Verschulden. Empfand der Mann als Freispruch. Ganz klar, ich finde das nicht richtig. Nur, ich bin Realistin. Ihr habt es jahrelang schluren lassen. Das konnte er doch als Freibrief ansehen, und das geht eben in die strafrechtliche Beurteilung mit ein.


    Das, was das JA da gemacht hat, ist schlimm. Es hätte zumindest regemäßig saubere Sachstandsmitteilungen an dich leiten müssen; das ist sehr unprofessionell. Auch solltest du saubere Abrechnungen haben bzw. auf Anfrage bekommen, unter Fristsetzung von 14 Tagen. Ich würde auch überprüfen, wie lange die Zahlungen so beim JA gelegen haben (ich meine die, die direkt vom Vater kamen), ehe sie an dich weitergeleitet wurden. Auch da kann es haksen.


    TK

  • Eine Strafanzeige kann unabhängig von einer Beistandschaft gestellt werden. Zuständig sind die Polizei und die Staatsanwaltschaft.


    Wenn hier Vorschuss über 860 Euro für drei Kinder gezahlt wird, braucht man erst mal eine Quelle, aus der man monatlich mehr pfänden kann. Und erst, wenn man den vollen laufenden Unterhalt pfänden kann, kommt eine Rückstandstilgung in Frage. Ist denn eine solche Einkommensquelle vorhanden, die der Beistand hier nicht ausschöpft?


    Vom Bauchgefühl erscheint der Fall eher so, dass hier ggf. ein zu hoher Titel besteht und der Vater unter Umständen gar nicht leistungsfähig ist. Für den Mindestunterhalt für 3 Kinder braucht man je nach Altersstufe ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2515-3010 Euro monatlich.


    Mit einer Strafanzeige läuft man deshalb nicht nur Gefahr, das der Vater vom Vorwurf freigesprochen wird und die Einstellungsverfügung als Freifahrtsschein missversteht. Es besteht zusätzlich die Gefahr, dass der Vater sich anwaltlich vertreten lässt und ein Abänderungsverfahren auf den Unterhaltstitel betreibt. Je nachdem wie der bestehende Unterhaltstitel zustande gekommen ist, sitzt man also ganz schnell selbst im Gericht. Dieses Risiko sollte einem bewusst sein und deshalb sollte man diese Einschätzung auch den Experten des Jugendamtes oder einem Rechtsanwalt überlassen. Hat der Vater ein entsprechendes Einkommen, dann ist das Risiko natürlich gering. Allerdings liest sich das hier nicht so.


    Es ist auch gar nicht klar, ob die Vorschusskasse im Hintergrund nicht längst alles abschöpft. Davon bekommen die Kinder als Gläubiger nämlich nichts mit.

  • TN, ob das JA alles mögliche abschöpft, das ist mir eigentlich einerlei. Wenn es zu viel ist, dann muss er sich um eine Abänderung des Titels kümmern. Und es wird ja wohl von Zeit zu Zeit eben mehr als der Unterhaltsvorschuss ausgezahlt; folglich ist mehr gepfändet worden. Wie lange das Geld noch wo beim JA ruhte, keine Ahnung. Auch das ist zu klären. Es kann ja auch sein, das diese zögerlichen Zahlungen von dort zu vertreten sind. Ist selbst in meinem doch recht engen Erfahrungskreis schon wiederholt vorgefallen. Und die Auskunft von Frau JA, sie arbeite dran, das geht doch gar nicht. Wirklich nicht.


    Deshalb jetzt lückenlose Aufklärung (Nachweis) anfordern, was wann gezahlt wurde. Und die Sache selbst in die Hand nehmen. Wenn keine Reaktion kommt, ab zum Anwalt.


    TK

  • Hallo, das ist in der Tat ein berechtigter Einwand.

    Also Leistungsfähig wäre er schon. Eigentlich hatte er mal gut verdient, das Gehalt lag bei knapp 4tsd Euro Netto.

    Seinen Job ist er aus unbekannten Gründen los, nun scheint es zu wechseln zwischen Arbeitslos, Krankengeld oder neuer Job. Da kommt eben das Jugendamt nicht hinterher und ich weiß auch nichts. Wie auch immer, scheint er erfolgreich nicht zu zahlen, sonst würde ich nicht nur den Vorschuss erhalten. Und so geht es nun seit Jahren.

  • Wenn es zu viel ist, dann muss er sich um eine Abänderung des Titels kümmern.

    Absolut richtig, genau das habe ich ja geschrieben. Und im Rahmen eines Strafverfahrens ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich ein Anwalt auch der Unterhaltssache annimmt.


    nun scheint es zu wechseln zwischen Arbeitslos, Krankengeld oder neuer Job. Da kommt eben das Jugendamt nicht hinterher und ich weiß auch nichts.

    Wie gesagt, ins Blaue hinein zu pfänden bringt halt nichts. Wenn am Ende 500 Euro vom Arbeitslosengeld abgeführt werden (nur als Beispiel), dann kriegst du 500 Euro weniger Vorschuss. Ist es jeden Monat unterschiedlich, musst du jeden Monat einen anderen Betrag an die Vorschusskasse zurückzahlen. Viel Aufwand für gar nichts.


    Für dich ist nur interessant, ob der Beistand hier wirklich pennt und dicke Pfändungsquellen nicht abschöpft oder ob das Warten vielleicht sogar günstig für dich ist. Dazu wäre eine vernünftige Kommunikation mit dir natürlich hilfreich.

  • Hallo zusammen,


    danke nochmals für eure Antworten. Meine Erkentnisse sind nun, dass eine Anzeige nur bedingt sinnvoll ist und ein Schuss nach hinten losgehen kann.

    Ich überlege mir somit noch, aber das hängt davon ab ob ich diese Sachbearbeiterin nochmal erwische, ob ich die ausbleibenden Unterhaltszahlung selbst in die Hand nehme (ich lasse mich dahingehend anwaltlich nochmal beraten) oder doch noch die nötige Geduld aufbringe.


    Leider sehr mühselig alles.


    Danke nochmal und liebe Grüße,

    Biene